Eine Staatsquotenbremse für Deutschland!

Die öffentlichen Schuldenberge steigen unaufhörlich. Die sogenannte Schuldenbremse soll, falls sie überhaupt wirksam wird, die die Zukunft belastende Mittelbeschaffung des Staates über Kreditfinanzierung begrenzen. Dahinter steht der wohllöbliche Gedanke, daß die Bürger von morgen vor den Lasten des hemmungslosen öffentlichen Konsums von heute geschützt werden müssen. Anders gewendet: Die überhöhte Gegenwartspräferenz der heutigen Konsumgesellschaft muß zugunsten einer erhöhten Zukunftspräferenz des Sparens gesenkt werden.


Nachdem ihre Vorgängerregierungen der Schuldenexplosion freien Lauf gewährten, scheint auch die neue Bundesregierung diesbezüglich keinen signifikant abweichenden  konzeptionellen Durchbruch zu versprechen: Das auf den Weg gebrachte sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist zuallererst ein expansives Ausgabenprogramm, das mit neuen Schulden finanziert wird.

Der Staat braucht Fesseln für sein Tun. Schuldenbegrenzung ist die eine. Sie ist notwendig, aber ist sie auch wirksam, also hinreichend? Immerhin kann ja der Staat, wenn er seine Ausgaben nicht reduziert oder gar erhöht, auf Steuerhöhungen ausweichen. Bei den „nicht merklichen“, also indirekten Steuern ist der Steuerwiderstand ja erfahrungsgemäß nicht so heftig. In Kombination mit zusätzlichen Schulden war dies die Strategie der schwarz-roten Vorgängerregierung.

Aber Steuererhöhungen widersprechen allen empirischen Erfahrungen, daß nämlich ein zusätzlicher Euro im staatlichen Budget von den Politikern und Beamten im Zweifel verschwenderischer ausgegeben wird als ein zusätzlicher Euro im privaten Budget, über das zumeist der spitze Rechenbleistift herrscht. Zudem gilt, daß ein Euro in privater Disposition mehr Innovation und Dynamik, also mehr Wachstum, entfaltet als ein staatlich verwalteter Euro. Das gilt grundsätzlich auch nach und trotz der Krise. In diesem Sinne sind Steuersenkungen prinzipiell willkommen.

Um bei Wirksamkeit der Schuldenbremse das Drehen an der Steuerschraube oder auch das Unterlassen von Steuersenkungen zu verhindern, müssen die Ausgaben begrenzt werden: Staatsausgabenbremse! Im Gegensatz zur Schuldenbremse läßt sie keine Ausweichmöglichkeiten zu und ist insofern wirksamer. Dies impliziert natürlich, daß Schattenhaushalte obsolet sind.

Wenn, wie dies heute üblich ist, Indizes und Quoten gefordert sind, die die konkrete Umsetzung und Durchsetzung dieser Konzeption politisch befördern, dann beinhaltet das Konzept der Staatsausgabenbremse die Fixierung einer maximalen Staatsquote. Diese verkörpert die Staatsquotenbremse, die in Deutschland so dringend vonnöten ist, um den Wildwuchs der Staatsaugaben einzudämmen.

Es gibt – ebenso wie bei der Schuldenbremse – keine objektiven Maßstäbe für eine maximale Staatsquote. Aber viele empirische Erfahrungen zeigen, daß es gut ist, wenn der Staat erheblich weniger als die Hälfte des Produktionspotentials einer Volkswirtschaft für sich beansprucht: etwa zwischen 35 und 40 %. In Deutschland liegen wir jetzt wieder bei rund 50%, also viel zu hoch.

Die Staatsquotenbremse bedeutet, daß die Zunahme der Staatsausgaben zunächst unterhalb des nominalen BIP-Wachstums bleibt. Dadurch sinkt die Staatsquote. Diese unterproportionale Staatsausgabenexpansion muß so lange durchgehalten werden, bis das anvisierte Staatsquotenmaximum erreicht ist. Danach können die Staatsausgaben gemäß dem BIP-Expansionspfad steigen oder – besser noch – auch darunter bleiben.

Es hilft alles nichts: Die Crux der Staatsschuldenexplosion in Deutschland indiziert zugleich das Dilemma der Staatsausgabenexpansion. Diese gilt es zu bremsen. Die dafür notwendige Installierung einer Staatsquotenbremse über die Fixierung einer maximalen Staatsquote bedeutet ein hartes politisches Geschäft, weil sie eine Barriere für die populistischen Aktivitätsfelder der Politiker enthält. Das aber darf kein Grund sein, die Staatsquotenbremse in Konzeption und praktischer Ausgestaltung nicht mit Nachdruck in den öffentlichen Diskurs und in den politischen Entscheidungsprozeß einzubringen.

Wenn die neue Koalition, wie sie vehement betont, die Zukunftsfähigkeit ihrer Politik, einer Politik der Wachstumsstimulierung, in den Fokus nimmt, dann kommt sie um ein neues Ausgabenmanagement der Staatsquotenbegrenzung nicht herum.

9 Antworten auf „Eine Staatsquotenbremse für Deutschland!“

  1. Ich denke die Schuldenbremse könnte recht einfach sein. Wenn die Oberhoheit von staatlichen Organen und Gruppierungen über die Zentralbanken aufhört. Es ist offenbar akzeptabel das Geld jedes Jahr weniger wert wird. Und so hat heute ein Euro gerade mal noch ein Drittel des Wertes einer Euro von 69 wenn man eine 3 % Inflation zugrunde legt. Nun es ist gibt wohl nur einen Schuldner der 40 Jahre lang Schulden hat, und das ist der Staat. Rechnen wir einfach weitere 40 Jahre in die Zukunft dann sind ohne Schuldenanstieg (natürlich utopisch) die Schulden nur noch ca 500-600 Mrd heutige Euros Wert….. Also ist die Richtung klar, eine gewisse Inflation kann politisch nur erwünscht sein und als Argumente um diese zu erreichen kann dann alles herhalten. Von Wirtschaftkrise über Preise für landwirtschaftliche Produkte, EEG, Atomkraftwerke und Ihr Abbau, Förderung von regenerativen Energien, die Forderungen der EG, Nato was und was weiß ich noch….

    Es gibt nur eine konkrete Frage die ich gerne beantwortet sähe: “
    Wie kann es sein, daß ein „knappes“ Gut wie Geld jedes Jahr an Wert verliert?“

  2. Sehr geehrter Herr Friedrich,
    lassen Sie mich auf Ihre Frage, die sich ja auf meinen Bloginhalt nicht direkt bezieht, eingehen: Wenn „Geld jedes Jahr an Wert verliert“, dann ist es eben nicht knapp (genug). Sie kennen sicher Milton Friedmans berühmte Pointierung, daß Inflation immer und überall ein monetäres Phänomen sei. Das ist mittel- und vor allem langfristig richtig. Wenn in diesen Wochen und Monaten trotz massivster Geldmenexpansion die Inflationraten in der Welt noch Null bis mäßig hoch sind, so sind die Inflationswirkungen für die Zukunft schon angelegt – es sei denn, die Zentralbanken sammeln die zu hohen Geldmengenbestände baldmöglichst wieder ein.
    Wolf Schäfer

  3. Was ich nur damit sagen wollte. Aber ich denke das passt schon mit den Schulden, denn damit werden Sie ja laufend „entwertet“ was ja nichts anderes ist als eine Entschuldung. Deshalb denke ich, daß es schon zu Ihrem Eintrag paßt. Was wohl paßt ist ja wohl die „üblen“ Machenschaften was Schattenhaushalte etc angeht, das war ja gerade bei den Koalitionsverhandlungen „diskutiert“ worden.

    Wie Sie ja schrieben:
    „Die Crux der Staatsschuldenexplosion in Deutschland indiziert zugleich das Dilemma der Staatsausgabenexpansion. “

    Wenn sich der Staat nicht mehr durch „weniger werthaltiges“ Geld sanieren kann, bleiben Ihm nur noch 2 Möglichkeiten. Einnahmenerhöhung durch Steuern, (was wohl nicht mehr ganz so leicht sein dürfte wenn man die Rechtsprechung des BVG folgt) oder weniger ausgeben…..

    Ich frage Sie aber mal ganz direkt, glauben Sie das hier eine „Selbstverpflichtung“ helfen wird?

    Zu Ihrem Kommentar: “
    es sei denn, die Zentralbanken sammeln die zu hohen Geldmengenbestände baldmöglichst wieder ein.“

    Wie soll das mit den derzeitigen Programmen diesseits und jenseits des Atlantik klappen? Sie lesen doch noch überall über Kreditklemme etc…. Ich denke mit dem einsammeln ist es nicht weit her und eine derartige Geldmengenausweitung wie in 2008/2009 hat es seit langer Zeit nicht mehr gewesen. Die Ergebnisse von der Zeit sind bekannt….

  4. Naja, das mit dem „weginflationieren“ der Staatsschulden funktioniert nur, wenn die Realzinsen negativ sind, also die Inflation über dem für die Staatsschulden gültigen Zinssatz liegt. Damit wäre man dann bei etwa 4 Prozent Inflation, um den Realzins zumindest auf 0 zu bringen. Um dann die von Ihnen angesprochene jährliche Entwertung der Staatsschulden von 3 Prozent zu erreichen, müsste die Inflation auf etwa 7 Prozent ansteigen. Kurzfristig hätte die Regierung sicherlich einen Vorteil, langfristig würden die Kosten (Signalwirkung des Preismechanismus funktioniert nicht mehr, Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, soziale Unruhen,…) einer solchen Inflationspolitik den Nutzen bei weitem übersteigen.
    Und außerdem würde die EZB sofort gegensteuern, auch wenn dadurch der ganze Euroraum in die Rezession gestürzt würde.

  5. Haha, ja die EZB wird gegensteuern… Matthias die Zentralbanken sitzen alle im gleichen Boot. Sie können nur eines: drucken. Der Realzins ist doch schon längst negativ. Zentralbanking ist die destruktivste Kraft die es je in einer Ökonomie gegen hat. Weisst Du, Greenspan hat in den 90iger Jahren des letzten Jahrhunderts, als die Produktivität stieg, gesagt, man könne nun Geld drucken ( oder den leverage Anteil im Bankensystem erhöhen ) eben weil wir Produktivitätssteigerungen hatten. Aber was ist besser ? Fallende Preise bei steigender Produktivität oder stabile ? Ich meine es ist ersteres.

    Im Übrigen ist es völlig irrwitzig eine nominale Schuldenbremse einzuführen, wenn die versteckte Steuer ( die Inflation ) nicht im Zaum gehalten wird. Weisst Du wie hoch money supply in der Eurozone ist ? Ich meine es waren letztens noch 12,7 %, also mehr als expansiv ( obwohl natürlich weltweit alle das gleiche machen ).

    Vielleicht hast Du Lust ( und Zeit ) Dir dies hier einmal anzusehen:

    http://www.cato.org/event.php?eventid=5753

    Grüße,

    Arne

  6. Wo bitte bekommen sie bei Deutschen Staatsanleihen 4%? Tagesgeld liegt bei etwas über 1%. Also ich sehe da eine klare Entwertung wenn wir von „nur“ 2% Inflation ausgehen. Ich bitte auch zu beachten von dem 1% geht bei Spitzenverdienern 50% ab dann sind wir bei realen 0,5 % mit 2 % Inflation bei -1,5%. Gehen wir mal von 4% Kupon aus (bei 100% Wert der Anleihe) dann sind wir be gerade 0% „Rendite“….

    Wenn ich da was übersehen, können Sie mich gerne korrigieren. Ich sehe nur eine Geldschöpfung ohne gleichen mit keinerlei Anstrengung hier „gegenzuhalten“ jedenfalls nicht von der politischen Seite und die EZB wird solange nichts tun solange die Inflation noch moderat ist. Was aber auch schon 2% sein können….

  7. Naja, am langen Ende bekommt man für deutsche Staatsanleihen sogar mehr als 4 Prozent.
    Dass die Politik nur einen kurzfristigen Zeithorizont hat und eher an höheren Inflationsraten interessiert ist, ist klar.
    Das mit der Geldschöpfung ohne gleichen stimmt (für den Euroraum) nur bedingt. Die EZB-Bilanz wurde seit August „nur“ um knapp 50 Prozent ausgeweitet (Fed: 148 Prozent), wobei sie seit einigen Monaten wieder zurückgeht. M3 ist seit 2007 nur im 8 Prozent gestiegen, in den letzten Monaten geht die Wachstumsrate sogar gegen null, allerdings nimmt M1 seit einigen Monaten wieder deutlich zu.

  8. Hallo Matthias,

    Ja das stimmt natürlich. Aber ich gebe den öffentlichen Statistiken sowieso nicht sehr viel Kredit, da wir ja alle hier wissen was die eigentliche Objektive von diesen ist.

    Aber ( ohne jetzt wieder vom Thema abzukommen ) möchte ich Dich trotzdem fragen: warum hat man denn diese Ausweitungen vorgenommen ? Und wie will man sie jemals ( ohne Geld, in welcher Form auch immer, neu zu erschaffen ) wieder zurückführen ? Wenn ich nur daran denke, mit welchen Methoden Ratings verteilt wurden, dann graut es mir jetzt schon wieder.

    Das Problem was uns bevorsteht ist eigentlich folgendes: durch die hohe indebtedness unserer Gesellschaften und die kläglichen Versuche diese durch fiat money wieder zu negieren, lässt dies auch die Preise für Staatsanleihen und Anleihen im allgmeinen kollabieren und die Zinsen steigen. Aber in einer Ökonomie, die von Kredit abhängt, wie kann dann ein Anstieg von Zinsen ( zu erst ! ) positiv sein ? Im Gegenteil, es wirkt kontraproduktiv. Nun, ich gebe zu, durch die OMO´s der Zentralbanken ( Thema langes Ende ) kann man auch hier den Preis unendlich lang künstlich oben halten; jedoch impliziert dies einen rapiden Fall der Währung ( und damit zum Beispiel einen weiteren Anstieg von Importpreisen ). Das kommt dann wahrscheinlich in den USA ( und passiert ja schon teilweise ), auch wenn die Fed Offiziellen jetzt noch von einem Abschluss der Operationen sprechen … Ich meine das ist ja jedem bekannt und ist in unterschiedlichsten Jurisdiktionen immer wieder angewandt worden; funktioniert hat es nie.

    Alles in allem kann man den Preis- und Zinsmechanisms nicht umgehen; irgendwo im System schlägt sich dieser immer nieder. Und meine Meinung war schon immer, dass Zentralbanker ( wenn sie nicht „unabhängig“ sind ) nur ein „tool“ haben: Preisfixing.

    Wir haben nur eine Wahl: wir müssen das System arbeiten lassen und die bad debts abschreiben. Natürlich tut dies weh, aber lieber short term pain und long term gain als short term gain und long term pain, findest Du nicht auch ?

    schönes Wochenende,

    Arne

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