In Simbabwe hat das Militär den Despoten Robert Mugabe aus dem Amt geputscht. Nun steht das Land vor einer Zerreißprobe. Es kann zu alter Stärke zurückfinden – wenn es ein paar Bedingungen erfüllt.
Mitte letzter Woche hat das Militär in Simbabwe den greisen Präsidenten Robert Mugabe aus dem Amt geputscht. Offiziell geschah das, um die Stabilität des Landes wiederherzustellen. Doch es ist fraglich, ob eine neue Regierung aus Mitgliedern der politischen Elite hier wirklich helfen kann. Schließlich hat genau diese Elite seit den 1990er Jahren kein Interesse mehr an einer positiven Entwicklung des Landes – sondern arbeitet vor allem für sich selbst.
Dabei waren die Voraussetzungen nach der Unabhängigkeit im Jahr 1980 gut. Beim Übergang der Regierung von Ian Smith auf Robert Mugabe funktionierte sowohl die Verwaltung als auch das Bildungssystem. Mugabe begann sehr liberal, sorgte weiterhin für gute Bildungspolitik und zog Kapital aus dem Ausland an. Simbabwe war das Vorzeigeland Afrikas. Das änderte sich aber spätestens im Verlauf der 1990er Jahre. Mugabe und seine Gefolgsleute fingen an, das Land auszubeuten.
– Gerade die Landwirtschaft verfiel zusehends, neuesten Schätzungen zufolge ist die Produktivität der Farmen in den vergangenen 15 Jahren auf ein Viertel gefallen. Die angekündigte und durchgesetzte Landreform bestand zuvorderst in der Enteignung und Ermordung weißer Farmer und der Weiterreichung des Landes an Mitglieder der Elite. Die aber hatten an der Landwirtschaft weder Interesse noch irgendwelche Kenntnisse davon.
– Die Gelpolitik Mugabes brachte vor etwa zehn Jahren die letzte Hyperinflation auf dem Globus (heute ist Venezuela einer solchen nahe) hervor. Sie führte zur Aufgabe des Simbabwe-Dollars und zur Einführung des US-Dollars. Auch zuletzt hat die Regierung Simbabwes wegen der chronischen Finanznot wieder die Notenpresse angeworfen.
– Hinzu kommen Gewaltexzesse gegen Oppositionspolitiker, die im Völkermord an Anhängern des wesentlichen Kontrahenten Mugabes in den 1980ern gipfelten. Aber auch in der jüngeren Vergangenheit ist Gewalt gegen Oppositionelle alltäglich gewesen, insbesondere vor Wahlen.
– Nicht zuletzt deshalb sind in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Simbabwer aus ihrem Land geflohen.
Das gute Bildungssystem im Land allerdings produziert weiterhin Erfolge. Immer noch sind die jungen Menschen aus Simbabwe im Vergleich zu ihren Altersgenossen aus der Region sehr gut ausgebildet. Davon kann man sich in Südafrika ein Bild machen, wo viele Simbabwer leben und arbeiten. Sie genießen bei den Arbeitgebern und Geschäftspartnern einen ausgezeichneten Ruf.
Vor diesem Hintergrund sind die Aussichten für die Zukunft des Landes äußerst unsicher. Sie schwanken zwischen der Einschätzung, dass die korrupten Eliten genauso weitermachen werden wie bisher, und der Hoffnung auf eine deutliche Verbesserung der Bedingungen und einen nachhaltigen Aufschwung.
Die Persönlichkeiten der beiden momentan hoch gehandelten Präsidentschaftskandidaten und deren bisheriges Verhalten lassen zunächst nur sehr begrenzte Hoffnung aufkeimen. Sowohl Militärchef Constantino Chiwenga als auch sein vermutlicher Konkurrent, der bisherige Vizepräsident Emmerson Mnangagwa, haben bislang keine Reputation als Reformer. Stattdessen gelten sie als brutal in der Durchsetzung ihrer Interessen und als korrupt bis ins Mark.
Die neue Regierung wird im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen
Trotzdem besteht ein wenig Hoffnung, dass der neue Präsident das Land doch reformieren und voranbringen wird. Die neue Regierung wird im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen – und braucht Erfolge nach innen und außen. Das betrifft zum einen die enorme Spaltung innerhalb der Bevölkerung entlang der Stammeslinien und zum anderen die wirtschaftliche Lage des Landes.
Man muss und kann nicht erwarten, dass vergangenes Unrecht vollständig aufgearbeitet und gesühnt wird. Man könnte aber vielleicht so vorgehen, wie es Südafrika vor etwa 25 Jahren mit der Wahrheits- und Versöhnungskommission vorgemacht hat: Versöhnung statt Rache. So lässt sich die Spaltung des Landes mit kleinen Schritten vielleicht doch überwinden.
Was die wirtschaftliche Lage angeht, sollte die Regierung die gut ausgebildeten Simbabwer im Ausland umgarnen. Viele wollen zurück. Die Befreiung von Robert Mugabe wird entsprechende Kräfte freisetzen und Dynamik erzeugen. Dies kann die neue Regierung nutzen.
Zudem wird die Bereitschaft, Simbabwe zu unterstützen, in den OECD-Ländern nach dem Fall Mugabes sicher außergewöhnlich hoch sein. Dabei sollte es aber nicht so sehr um Entwicklungshilfe, sondern vor allem um wirtschaftliche Zusammenarbeit gehen. Mit Kooperation auf Augenhöhe kann ein dynamischer Reformprozess erheblich befördert werden.
Die Bundesregierung sollte in diesem Zusammenhang schnell sein und sofort offensiv auf die Regierung in Harare, aber auch auf die deutsche Wirtschaft zugehen. In Simbabwe stecken große Chancen für die dortige wie auch für die deutsche Wirtschaft. Allerdings nur, wenn es gelingt, eine neue Regierung in ihrem Bemühen um eine Verbesserung der Regierungsführung und des Lebensstandards der Bevölkerung zu unterstützen. Eine solche Chance haben vor allem die Menschen in Simbabwe verdient.
Hinweis: Der Beitrag ist am 17. November 2017 in der Wirtschaftswoche erschienen.
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