Tschüss Verbrennungsmotor, adieu Gasheizung: Mit Verboten soll das Klima gerettet werden. Gleichzeitig subventioniert der Staat Wärmepumpen und Elektroautos. Doch wie sinnvoll ist diese Strategie?
Das Bundeswirtschaftsministerium ist seit Beginn der Legislatur auch für das Klima zuständig; es heißt nun offiziell Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Das löste bei mir anfangs so etwas wie Begeisterung aus, weil es damit möglich schien, die Themen Klimafreundlichkeit und wirtschaftliche Effizienz zu verbinden.
Anders gewendet: Es bestand Hoffnung, dass die deutsche Klimapolitik nun die ideologischen Scheuklappen verliert und zum erfolgreichen Vorbild werden kann, weil sie mit Augenmaß und wirtschaftspolitischem Sachverstand betrieben werden würde. Marktwirtschaftlicher Klimaschutz schien in Reichweite.
Leider ist dieser Gedanke ein bloßer Wunsch geblieben. Anstatt Klimaschutz zum Geschäftsmodell zu machen und Investitionen in vielfältige Technologien zum Ersatz der Nutzung fossiler Brennstoffe für Wärme- und Stromerzeugung sowie für Mobilität zu stimulieren, legt sich die Bundesregierung, angetrieben vom BMWK, auf ganz wenige Technologien fest und will alles andere verbieten. Dessen Vorstellungen zufolge soll kein Verbrennungsmotor mehr verkauft werden und keine Gasheizung mehr eingebaut werden dürfen. Wärmepumpen und Elektromobilität sind offenbar die einzig zulässigen Technologien.
Insgesamt setzt der grüne Teil der Bundesregierung genau wie die europäische Kommission auf die Elektrifizierung und scheint dabei alle anderen Technologien zu verteufeln.
Leider werden hier zwei Dinge in eklatanter Weise durcheinandergebracht, nämlich ein Ziel und der Weg dahin. Man hat den Eindruck, dass für die Akteure im BMWK das Ziel die Elektrifizierung ist. Dabei muss das (einzige) Ziel die Klimaneutralität sein. Jedes Mittel, dieses wichtige Ziel zu erreichen, muss ausprobiert werden, nichts darf man von vornherein ausschließen. Wie man zum Ziel kommt, darf auch kein Minister vorschreiben wollen, denn er weiß nicht mehr als die versammelten Ingenieure. Hier maßt sich jemand Wissen an, das er (oder sie, denn die Umweltministerin ist genauso beteiligt) nicht haben. Diese eigenartige Verengung der Perspektiven hat erhebliche negative Konsequenzen – und zwar für Wohlstand und das Klima!
- Verbote geben negative Anreize und senden die falschen Signale. Wer darauf setzt, signalisiert, dass Klimaschutz nur mit Verzicht und harten Auflagen möglich ist; die Menschen müssen darunter leiden. Das wird politisch nicht durchzuhalten sein. Der Verzicht darauf, die Kreativität und den Unternehmergeist der Bevölkerung vollständig für den Klimaschutz zur Gänze zu nutzen, dürfte den Klimaschutz verteuern und darüber hinaus die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft gefährden. Schon jetzt wird weltweit sehr intensiv an synthetischen Brennstoffen geforscht. Wenn hierzulande Verbrennungsmotoren verboten sind, wird es zunehmend weniger Anreize für deutsche Automobilzulieferer und Forschungsinstitute geben, sich an dieser Forschung zu beteiligen.
- Wenn ab dem kommenden Jahr der Ausfall einer Gastherme hohe Kosten zum Beispiel für Altbaubesitzer bedeutet, die nicht nur eine Wärmepumpe erwerben und das gesamte Heizungssystem austauschen, sondern auch viel mehr sehr teuren Strom als zuvor zum Betrieb der Pumpe kaufen müssen, werden sie entweder arm, oder aber sie tun alles, um ihre alten Systeme weiterhin am Leben zu halten. Das schadet dann dem Klima, zumal angesichts des faktischen Forschungsverbots an anderen Technologien (siehe oben) neue Lösungen schwerer zu erhalten sind.
- Da weder Wärmepumpen samt Zubehör noch Ladestationen für Millionen Elektrofahrzeuge ausreichend zur Verfügung stehen, muss mit überhöhten Preisen für diese Technologien gerechnet werden. Diese sorgen immerhin in der langen Frist für entsprechendes Angebot, bedeuten aber auch eine enorme Umverteilung von den Mietern und Hauseigentümern zu den Herstellern. Das kann gar nicht alles durch sozialpolitische Maßnahmen aufgefangen werden.
- Hinzu kommt, dass wenn diese besonders invasiven Eingriffe wie Verbote und vorgeschriebene Technologien zu wirtschaftlichen Einbußen in Deutschland führen beziehungsweise beitragen, wird dies die Bereitschaft in anderen Teilen der Welt, Klimapolitik zu betreiben, vermutlich verringern. Klimapolitik, die arm macht, ist kein Vorbild.
- Die Antwort des Ministeriums auf solche Probleme, die ja bereits jetzt sichtbar sind, besteht bislang in hohen Subventionen für Wärmepumpen und dazugehörige Heizungssysteme, die wiederum die Steuerlast hochtreibt und die Wettbewerbsfähigkeit anderer Industrien gefährdet. Außerdem sorgen Ankündigungen von Subventionen für Mitnahmeeffekte und Abwarten, sodass der Klimaschutz weiter verlangsamt wird.
Man erkennt, dass eine vordergründig einleuchtende Maßnahme (Verbot von „Dreckschleudern und Klimakillern“) eine Reihe von unbeabsichtigten Problemen erzeugt, die nur in Kauf nimmt, wer nicht rational an das Problem Klimawandel herangeht. Mit dieser Sturheit gefährdet die Bundesregierung überdies das heimische Klimaziel, denn es ist klar, dass gegen breite Teile der Bevölkerung keine Klimapolitik möglich ist – es sei denn, man schafft die Demokratie mit dem Wohlstand gleich mit ab. Gedanken in diese Richtung braucht man den Akteuren der Bundesregierung nicht zu unterstellen.
Allerdings sorgt diese Art von bevormundender, ineffektiver und zugleich viel zu teuren Klimapolitik auch nicht dafür, das gesellschaftliche Klima zu schonen. Vor diesem Hintergrund kann man nur an die Regierung appellieren, die breiten Erkenntnisse aus der technischen und sozialwissenschaftlichen Klimaforschung in der Politik zu berücksichtigen. Verbote schaden dem Klima!
Hinweis: Der Beitrag erschien am 10. März 2023 in der Online-Ausgabe der Wirtschaftswoche.
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