In der Öffentlichkeit scheint sich mehr und mehr die Meinung durchzusetzen, dass die jetzt anstehende Reform der Bankenregulierung internationale Absprachen zwischen den Regierungen oder Aufsichtsbehörden notwendig macht. Dem muss widersprochen werden.
Die einen meinen, gemeinsame Probleme seien auch gemeinsam zu lösen. Dieser Schluss ist nicht zulässig. Die Menschen haben viele gemeinsame Probleme (zum Beispiel gelegentliche Zahnschmerzen), aber lösen kann sie meist jeder am besten für sich (mit seinem Zahnarzt).
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Die anderen denken, wenn die Finanzmärkte international integriert sind, müsse auch die Finanzmarktpolitik international integriert sein. Auch dies ist ein Trugschluss. Das zeigt die sogenannte „Assignment Solution“ (Zuordnungslösung) von Robert Mundell, der – auch dafür – 1999 den Nobelpreis erhielt. (Eine gute Darstellung findet sich bei J.D. Patrick im Journal of International Economics von 1973). Danach ist dezentrale Wirtschaftspolitik auch bei internationaler Interdependenz der Märkte effizient, wenn jeder Staat jedem seiner wirtschaftspolitischen Ziele das jeweils effektivste wirtschaftspolitische Instrument zuordnet. Jede Regierung achtet dann darauf, was die anderen Regierungen tun, und sie reagiert darauf. Die Regierungen können und sollten einander zwar informieren, aber sie treffen keine Absprachen. Das Ergebnis dieses „nicht-kooperativen Spiels“ ist ein „Nash-Gleichgewicht“, das zugleich stabil und effizient ist.
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Eine solche eindeutige Zuordnung von Instrument und Ziel ist nicht nur möglich, sondern auch wünschenswert. Denn sie macht klar, wer bei Zielverfehlungen verantwortlich ist und daher zur Rechenschaft gezogen werden muss. Nur so kann demokratische Kontrolle funktionieren.
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Ein möglicher Einwand ist nun, dass die Zuordnungslösung zwar optimal („first-best“) ist, dass sie aber in der Realität keine Chance hat, weil die Politiker den Hals nicht voll bekommen können, d.h., mehr Ziele als Instrumente haben. Zum Beispiel wollen sie mit dem Instrument Bankenregulierung nicht nur das Ziel Finanzmarktstabilität erreichen, sondern auch den Weltmarktanteil der heimischen Banken maximieren, weil das für mehr Beschäftigung und höhere Steuereinnahmen sorgt. In einer solchen „second-best world“ bietet sich eine Technik an, die in der quantitativen Theorie der Wirtschaftspolitik als „Optimierung bei flexiblen Zielen“ bezeichnet wird. (Eine gute Darstellung findet sich in dem Lehrbuch „Grundlagen der quantitativen Wirtschaftspolitik“ von Peter Kuhbier.) Bei diesem Verfahren werden die konkurrierenden Ziele gewichtet und der Verlust aus den Zielverfehlungen minimiert.
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Wenn nun jede Regierung den Weltmarktanteil der heimischen Banken maximieren will und sich die Bankenregulierung negativ auf diesen Marktanteil auswirkt, fürchten viele einen internationalen Wettlauf zum regulatorischen Nullpunkt („race to the bottom“). Das ist ein Denkfehler. Denn die Regulierung der Banken hat ja für die Regierungen nicht nur Kosten (beim Marktanteil), sondern auch einen Nutzen: Finanzmarktstabilität, ein öffentliches Gut. Der Deregulierungswettbewerb zwischen den Staaten löst daher nicht einen Wettlauf zum Nullpunkt, sondern einen Wettlauf zum Nash-Punkt aus. Das Problem ist nur, dass der Nash-Punkt bei der Optimierung flexibler Ziele nicht optimal ist.
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Die Frage ist aber, ob die Finanzmarktstabilität wirklich ein flexibles Ziel ist. Denn keine Regierung hat ein Interesse daran, durch übermäßige Deregulierung Banken anzulocken, wenn sie erwarten muss, dadurch eine Finanzkrise auszulösen. Wenn es trotzdem – wie in diesem Jahr – zu einer Panik kommt, so kann der Grund nicht ein „Laschheitswettbewerb“ (H.W. Sinn, Wirtschaftswoche, 10.11.08), sondern nur ein Irrtum sein. Wenn die Deregulierung der Finanzmärkte überhaupt eine notwendige Bedingung für den Ausbruch der Finanzmarktkrise war, so war sie also nicht eine Folge falscher Anreize, sondern falscher Erwartungen. Die Regierungen hätten die Wirkungen der Deregulierung nicht richtig eingeschätzt.
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Daraus folgt: das Ziel der Finanzmarktstabilität ist im kritischen Bereich nicht flexibel, sondern fix, und es hat Vorrang vor der Maximierung des Weltmarktanteils. Damit ist aber Mundells Assignment-Lösung wieder anwendbar. Dezentrale Regulierung funktioniert.
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Nur in dem Bereich, in dem die Regulierung über das für die Finanzmarktstabilität notwendige Maß hinausgehen würde, hängt die von der Regierung gewählte Regulierungsintensität davon ab, wie stark die anderen Regierungen die Banken regulieren. Deshalb führen internationale Absprachen, denen keine Bank entkommen kann, zu einer Überregulierung – d.h. zu einer Regulierungsintensität, die über das für Finanzmarktstabilität notwendige Niveau weit hinausgeht.
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Eine weitere Komplikation kommt hinzu. Welche Bank hat ein Interesse daran, sich in einem Land anzusiedeln, dessen Finanzmarktstabilität wegen mangelnder Regulierung ernsthaft gefährdet ist? Das heißt: selbst wenn jede Regierung für ihr Instrument Bankenregulierung nicht ein Ziel, sondern zwei Ziele – Finanzmarktstabilität und einen möglichst großen Weltmarktanteil im Bankgeschäft – hätte, so wären diese Ziele nicht voneinander unabhängig, sondern positiv miteinander verknüpft. Jede Regierung würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Auch in diesem Fall ist Mundells Assignment-Lösung anwendbar.
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Sinn sieht ein weiteres Problem darin, dass die Käufer der Finanzprodukte zum Teil im Ausland sitzen. Aber weder die Banken noch die Regierungen haben ein Interesse daran, das lukrative Auslandsgeschäft zu verlieren.
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Schließlich meint Sinn, dass die Bankenregulierung zu „lasch“ sei, weil die Käufer der Finanzprodukte keine Lobby haben, während die Banken gut organisiert und politisch schlagkräftig sind. Diese Asymmetrie gibt es natürlich, aber auf internationaler Ebene ist sie noch viel stärker. Für die Interessengruppen ist es nicht schwer, sich auf europäischer oder atlantischer Ebene zu organisieren. Die Anleger können dem nichts entgegensetzen – sie verstehen noch nicht einmal, was in Brüssel oder Washington gespielt wird.
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Nicht Zentralisierung, sondern dezentrale Wirtschaftspolitik tut not:
-Â Auf dezentraler Ebene verfügt die Politik über die besseren Informationen.
-Â Auf dezentraler Ebene funktioniert die demokratische Kontrolle besser.
- Auf dezentraler Ebene werden die internationalen Unterschiede in den Präferenzen und Bedürfnissen  besser berücksichtigt.
-Â Dezentrale Wirtschaftspolitik lässt den Bürgern mehr Freiheit.
-Â Eine Vielzahl von Experimenten ist gut für die Innovation.
Daher das Subsidiaritätsprinzip.
Vermutlich ist dies ein recht unverständlicher Artikel, wenn man nicht gerade in Mannheim oder woanders Volkswirtschaftslehre studiert, aber dennoch ein interessanter und sinnvoller Beitrag zum Status Quo.
1) Für das breite Publikum wird die wirtschaftliche Freiheit dadurch leider nicht attraktiver. Der Medianwähler braucht einfache Sätze (oder Wahrheiten), die seine Entscheidung gegen den Sozialismus verfestigen. Es stehen immer Wahlen vor der Tür.
2) Es braucht nur eine Bundestagswahl und das soziale Marktsystem verliert seine Freiheit. Freiheitlich gesinnte Politiker müssen Überzeugungsarbeit leisten. Guido Westerwelle und seine Gefährten sind unfähig und peinlich. Eine volksnahe Darstellung der Ereignisse mit schwarzer Einfärbung befindet sich als Artikel in diesem Blog. Roland Koch spricht zum Volk.
3) In letzter Konsequenz sollte es eine „konzertierte Aktion“ der Wissenschaftler (dieses Blogs) geben, damit fiskalpolitische Experimente und andere Fehler nicht passieren. Steinbrück mag viele Fehler machen, aber momentan steht er allein im Wald. Ein Sozialdemokrat verteidigt die Freiheit … und die anderen stehen ganz still und stumm im Wald herum.
Spaß beiseite:
3) Was man momentan sieht, ist das Revival keynsianischer Wirtschaftpolitik (weltweit). Der Staudamm „Steinbrück“ hält die Massen mit 70 Millarden Euro zurück. Vorerst. Das Tal der Freiheit und gewonnenen Erkenntnisse bedroht durch eine Flut.
Wie schön wäre es, wenn „deus ex machina“ aus dem Himmel herabfährt und sagt: „Die Finanzkrise ist eigentlich eine Liquiditätskrise. Die Krise ist nun vorbei.“