Gastbeitrag
Mitarbeiterkapitalbeteiligung hat eine Mehrheit in Deutschland!

Mitarbeiterkapitalbeteiligung hat eine Mehrheit in Deutschland – das zumindest ist das Ergebnis der jährlich erstellten Umfrage von Allianz Economic Research unter mehr als 1.000 Bürgern. Während sich knapp 23% uneingeschränkt vorstellen können, sich an ihrem Unternehmen zu beteiligen, würden dies weitere knapp 31% mit einer steuerlichen Vergünstigung tun. Wie die Auswertung der Umfrage zeigt, ist die Bereitschaft zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung damit noch einmal gegenüber der Umfrage von 2021 gestiegen. Das dürfte damit zusammenhängen, dass die „Brücke zwischen Kapital und Arbeit“ nicht nur deutlich auf der politischen Agenda nach vorne gerückt ist, was die Wahrnehmung verstärkt, sondern dass auch die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessert und der Freibetrag angehoben wurde.

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Geradezu idealtypisch zeigt sich, dass besonders bei den jüngeren Kohorten, der sogenannten „Gen Z“ und den „Millienials“ die Zustimmung am größten ist. Während besonders bei der „Stillen Generation“, den Rentnerjahrgängen, die Ablehnung dominiert.

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Es zeigt sich auch, dass die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ein Katalysator für die Aktienbeteiligung insgesamt sein kann, denn sie hat deutlich mehr Interessenten, als es Aktionäre in Deutschland gibt. Gemäß der jüngsten Zahlen des Deutschen Aktieninstituts besaßen 2021 knapp 12,1 Millionen Menschen in Deutschland Aktien, Aktienfonds oder ETFs auf Aktien. Das ist zwar der dritthöchste Stand seit 1997, allerdings hat immer noch nur jeder sechste Bürger über 14 Jahre in irgendeiner Form Aktien. Der Weg zu einer Aktienkultur ist also noch weit. Die Umfrage zeigt auch, dass die Jüngeren – und damit die am wenigsten Renten nahen Jahrgänge – das stärkste Interesse daran haben, sich an den Unternehmen zu beteiligen, bei denen sie auch arbeiten.

Das große und weiter gestiegene Interesse der Beschäftigten verbindet sich mit der Bereitschaft der Unternehmen, die Mitarbeiterkapitalbeteiligung weiter auszubauen. Eine Umfrage des Deutschen Aktieninstituts in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – AGP, an der sich 85 Unternehmen beteiligt haben, zeigt ein ganz aktuelles Stimmungsbild: Obwohl der Freibetrag erst letztes Jahr erhöht wurde, schöpfen 47% der Unternehmen diesen bereits jetzt vollständig aus. Bei künftigen Beteiligungsangeboten geben sogar 55% der Unternehmen an, dass sie die 1.440 EUR komplett nutzen wollen. 51% der befragten Unternehmen sprechen sich zudem für eine weitere Erhöhung des Freibetrags aus, 25 % reicht der neue Freibetrag aus, 24 Prozent machen hierzu (noch) keine Angabe.

Eine weitere politische Förderung dieser Form des Aktienkapitals stößt also auf eine große Aufnahmebereitschaft und wäre auch ein wichtiger Beitrag für mehr Vermögensbildung und gegen die Ungleichheit. Denn wie die Historie zeigt, ist es die von Aktien gegenüber Anleihen erzielte Risikoprämie, welche die Renditen treibt.

Ein steigender Freibetrag hätte eine erhöhte Motivation sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zur Folge, Mitarbeiterkapitalbeteiligung erstmals anzubieten bzw. nachzufragen. Für Arbeitnehmer ohne Zugang zu Mitarbeiterkapitalbeteiligung wäre die kompensatorische Erhöhung der Arbeitnehmer-Sparzulage bei gleichzeitiger Anhebung der Einkommensgrenzen für deren Bezug der richtige Weg, wie es im Eckpunkte-Papier von BMF und BMJ vorgeschlagen wird.

Um dem Klumpenrisiko zu begegnen, könnten „Teilhaberfonds“ helfen, das Kapital zu diversifizieren, ohne die Eigentumsrechte zu verwässern. So könnten die Unternehmensanteile in einem derartigen Fonds gepoolt werden. Jeder Anteilseigner wäre an Risiko und Ertrag gemäß seiner Fondsanteile beteiligt. Die Stimmrechte der Unternehmen würden aber auf die in den jeweiligen Firmen Beschäftigten übertragen, damit sie diese wahrnehmen können. Im Digitalisierungszeitalter ist das kein Problem.

Um die Mitarbeiterkapitalbeteiligung zu forcieren, sollten die Ratingagenturen diese auch in ihren ESG-Kriterienkatalog aufnehmen. Das wäre ein wichtiger Beitrag für einen „inklusiven Kapitalismus“ („inclusive capitalism“).

Heinrich Beyer und Hans-Jörg Naumer

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