Gastbeitrag
Die Klimakonferenz ist tot, es lebe der Klimaklub

Die Weltklimakonferenz in Dubai ist mit einem Minimalkompromiss zu Ende gegangen, welche dem Weltklima vermutlich wenig helfen wird. Das liegt nicht an der Unfähig- oder Unwilligkeit der Akteure, sondern an der Systematik der Konferenz. 

Was ich damit meine.  

Die Vereinbarungen der Weltklimakonferenzen beruhen auf Freiwilligkeit. Sie bleiben in der Folge regelmäßig hinter den notwendigen Maßnahmen zurück. Es wird zu wenig getan. Weil jedes Handeln in der kurzen Frist Geld, Ressourcen, Wohlstand kostet. Und weil die einen hoffen, dass die anderen handeln. Weil das am profitabelsten ist. Nichts tun und trotzdem profitieren.

Freiwilligkeit ist nicht die Lösung des globalen Klimaproblems, sie ist deren Ursache. 

Es sei die einzige Möglichkeit, die wir haben, sagen viele. Wir hätten eben keine Weltregierung, die eine konsistente Klimapolitik durchsetzen könnte. Das stimmt. Und vielleicht ist das auch gut so, denn was wäre zum Beispiel, wenn diese Weltregierung eine nicht-demokratische wäre?

Der Punkt aber ist: Wir brauchen gar keine Weltregierung, um alle Staaten zum effektiven Mitmachen beim Klimaschutz zu bewegen.   

Die Ökonomik hat schon lange erkannt, warum es das Klimaproblem gibt und was dagegen zu tun ist. 

Das Mitmach-Problem der Staaten liegt am sogenannten Trittbrettfahrer-Verhalten (free-rider behavior). Es ist ein typisches Dilemma menschlicher Interaktion. Es entsteht, wenn etwas geschaffen oder vorhanden ist, das von allen genutzt werden kann, eben auch von denen, die zu deren Bereitstellung nichts beigetragen haben und die bei der Mitnutzung nicht belangt werden können. 

Viele dieser „Güter“ sind so selbstverständlich, dass wir darüber nie nachdenken. Warum etwa ist die Straßenbeleuchtung kein privates Gut? Warum gibt es nicht Anbieter von Straßenbeleuchtung, die von denen nachgefragt werden, die sich Straßenbeleuchtung wünschen? Warum also gibt es keinen Markt für Straßenlaternen? Weil Straßenbeleuchtung ein öffentliches Gut ist. Würde es wie ein privates Gut behandelt, würde sich ein Trittbrettfahrerverhalten einstellen. Nicht alle Nutzer dieser Güter wären bereit, für deren Entstehungs- und Unterhaltskosten aufzukommen. Warum soll ich Straßenlaternen kaufen, wenn andere sie kostenlos mitnutzen können? Sollen doch andere ihr Geld dafür ausgeben! Das Ende vom Lied: In der Stadt wäre es nachts weitgehend dunkel. Es gäbe viel zu wenig Straßenlaternen, obwohl sich doch fast alle eine Straßenbeleuchtung wünschen. Jeder handelt aus seiner Sicht bestmöglich, im Ergebnis stellen sich alle schlechter. Ein Dilemma.

Weil es öffentliche Güter gibt, braucht es den Staat. Er löst das Dilemma auf, er repariert das Marktversagen, wie Ökonomen sagen. Der Staat stellt die Straßenbeleuchtung bereit und finanziert sie über Abgaben und Steuern. Zum Wohle aller.

Die Straßenbeleuchtung ist nur ein Beispiel. Das Trittbrettfahrer-Problem gibt es in vielen Bereichen menschlichen Zusammenlebens. Die übermäßige Nutzung unserer Lebensgrundlagen gehört ebenfalls dazu. Die Abholzung von Wäldern, die Überfischung der Meere und eben auch der viel zu hohe CO2-Ausstoß. 

Jedes neuere Lehrbuch der Ökonomik kennt diese Beispiele. Und jedes enthält auch Lösungen. Und zwar eben auch, wenn das Trittbrettfahrerverhalten über Ländergrenzen hinweg stattfindet, wenn also die CO2-Reduzierungsbemühungen des einen Landes dazu führen, die Reduzierungsbemühungen des anderen Landes zu schmälern, weil eben dieses andere Land von den Anstrengungen des CO2-reduzierenden Landes profitiert, ohne selbst die Kosten dafür tragen zu müssen. 

Appelle und Zielvereinbarungen, wie sie etwa auf Weltklimakonferenzen beschlossen werden, zählen nicht zu diesen ökonomischen Lösungsvorschlägen. 

Was dagegen die Ökonomik rät: Findet Regeln, die es für alle Beteiligten lohnend machen, sich am Klimaschutz zu beteiligen!

Denn Menschen wie Staaten stehen auf Anreize. Können sie ihre eigene Situation besser machen, tun sie das in der Regel. Profitieren dagegen vom eigenen Aufwand vor allem Dritte, wird die Bereitschaft deutlich niedriger ausfallen.

Was wir also brauchen, ist ein weltweites System, das CO2-Einsparung lohnend macht, und zwar konkret für jene, die CO2 einsparen. Wie aber lösen wir also das Trittbrettfahrer-Problem, wenn es keine Weltregierung gibt?

Indem willige Klimaschutz-Länder einen Klimaklub gründen. Der Ökonom William Nordhaus hat unter anderem dafür den Nobelpreis erhalten. Die Klimaklub-Länder vereinbaren Reduktionsziele für jedes Klubland; noch besser, sie gründen einen Emissionshandelssystem an dem sich alle Klubstaaten beteiligen. Wer sich an die vereinbarten Ziele hält, ist Teil des Klubs. Und erhält Klubvorteile. Wer nicht dabei ist, hat mit deutlichen Nachteilen zu rechnen. So großen Nachteilen, dass es sich lohnt, Teil des Klimaklubs zu werden. 

Die Vorteile für Klubstaaten wären im Kern der Freihandel innerhalb dieser Staaten. Wer nicht dabei ist, müsste für seine (CO2-intensiven) Importe in die Klubstaaten eine Steuer bezahlen. Und zwar eine so hohe Steuer, dass es sich lohnt, Teil des Klubs zu werden – und damit sich den Emissionszielen zu verpflichten. Sanfter Druck statt Weltregierung. Anreize statt Appelle. Die Europäische Union geht aktuell mit ihrem CO2-Grenzausgleichssystem bereits in diese Richtung.  

Klimarettung würde so zur Win-Win-Situation für alle. Das Ringen um Zielvereinbarungen auf Klimakonferenzen, von denen schon bei der Unterschrift jeder weiß, dass sie erstens nicht ausreichend sind und zweitens in vollem Umfang nie erfüllt werden, würde so Geschichte werden. 

Das wäre dann nicht schlimm, wenn die Krise als Chance gesehen würde. Hin zu mehr Ordnungspolitik in der Weltpolitik. Die setzt nicht auf Appelle, sondern auf Regeln und Anreize. Gesellschaften leben dann in Wohlstand, wenn diese so gesetzt sind, dass individuelles Handeln zum Wohle aller führt. Wir sollten dieses Prinzip auch bei der Rettung des Klimas anwenden. Minimalkompromisse wie bei der COP28 in Dubai helfen der Politik, ihr Gesicht zu wahren. Sie werden vermutlich nicht das Weltklima retten.

Johannes Eber

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