US Präsidentschaftswahlen (1)
Die wachstumsfeindlichen Programme von Harris und Trump

Die Wirtschaftsprogramme beider Präsidentschaftskandidaten sind mit wachstumsfeindlichen Vorschlägen gespickt. Die Agenda von Joe Biden, mit dem Kamala Harris vermutlich antreten wird, ist eine aufgeblasene Version der typischen Politik der Demokraten. Es beinhaltet erhebliche Steuer- und Ausgabenerhöhungen. Donald Trump hingegen schlägt vor, die Ausgaben- und die derzeitige Steuerpolitik beizubehalten. Er würde aber die Zölle erhöhen und eine wirtschaftlich destruktive Einwanderungspolitik betreiben. Die Widerstandsfähigkeit und der Einfallsreichtum des amerikanischen Privatsektors sind bemerkenswert. Aber warum sollte man ihn mit diesen unsinnigen Vorschlägen auf die Probe stellen?

Keiner der beiden Kandidaten scheint viel aus der Geschichte gelernt zu haben. Etwa alle 100 Jahre setzt der protektionistische Flügel der Republikanischen Partei deutlich höhere Zölle durch. Das Ergebnis war nie gut. Im Jahr 1930, zu Beginn der Großen Depression, erließ der Kongress den Smoot-Hawley Tariff Act. Erklärtes Ziel war es, die US-Industrie zu schützen und die Überschüsse zu absorbieren, die aus den Produktivitätsfortschritten der 1920er Jahre resultierten. Die Zölle verschlimmerten die dramatische Weltwirtschaftskrise und wurden zwei Jahre später wieder aufgehoben. Der Zolltarif von 1828 – der so genannte „Tariff of Abominations“, der die Zölle um bis zu 50 % anhob – verschärfte die Kluft zwischen dem industrialisierten Norden und dem landwirtschaftlich geprägten Süden und wurde drei Jahre später weitgehend rückgängig gemacht. Warum werden die Lehren aus der Geschichte nicht beherzigt?

Zölle sind Gebühren, die auf von US-Unternehmen importierte Waren erhoben werden. Diese höheren Kosten führen in der Regel zu höheren Verbraucherpreisen. Die Hoffnung ist, dass der Anstieg der Importpreise zu einer Verlagerung hin zu im Inland produzierten Waren führen wird. Die Vorteile einer solchen Verlagerung werden durch Nebeneffekte jedoch mehr als aufgehoben – durch Ineffizienzen, die höheren Kosten für die inländischen Verbraucher und die üblicherweise auftretenden ausländischen Vergeltungsmaßnahmen. Das Ergebnis ist häufig eine Verlangsamung des Welthandels, was für die USA nicht gut ist.

Im Jahr 2018 verhängte Trump Zölle in Höhe von 25 % auf Stahlimporte und 10 % auf Aluminiumimporte und erklärte: „Handelskriege sind gut und leicht zu gewinnen.“ China schlug auf verschiedene Weise zurück, und Trumps Versprechen, dass Arbeitsplätze im Verarbeitenden Gewerbe plötzlich in die USA zurückkehren würden, erwies sich als wertlos. Der Welthandel und die Produktion gingen zurück, und die Zahl der Arbeitsplätze im Verarbeitenden Gewerbe in den USA nahm ab. Zölle verstoßen gegen das einfache, aber treffende Gesetz des komparativen Vorteils. Es mag sinnvoll sein, den Handel mit sensiblen Gütern im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit zu verbieten, aber Trumps Furcht vor bilateralen Handelsdefiziten mit ausländischen Partnern ist schlicht wirtschaftlicher Unsinn.

Auf Seiten der Demokraten enthält das wirtschaftspolitische Programm von Biden und Harris eine Reihe von Steuererhöhungen, die auf wohlhabende Steuerzahler abzielen. Angeblich sollen diese Steuererhöhungen die Einnahmen erhöhen, um die kostspieligen Ausgabenprioritäten der Demokraten zu finanzieren. Einige Vorschläge sind einfache Arbeitsplatzkiller. Andere sind wirklich bedrohlich. Erheblich höhere Unternehmenssteuern (einschließlich höherer Tarifsätze), eine annähernde Verdoppelung des Steuersatzes auf Global Intangible Low-Taxed Income (GILTI) und eine Anhebung der Steuern für einkommensstarke Angestellte in Privatunternehmen würden die erwarteten Kapitalerträge verringern. Darunter würden die Expansions- und Einstellungspläne der Unternehmen leiden.

Wenn es das Ziel ist, den Aktienmarkt aufzumischen, muss man nur die Konzepte aus der Agenda von Biden und Harris umsetzen: zum Beispiel langfristige Kapitalgewinne und Dividenden als normales Einkommen für Steuerzahler mit hohem Einkommen besteuern und eine effektive Steuer von 20 % auf ein erweitertes Maß des bereinigten Bruttoeinkommens erheben, das nicht realisierte Kapitalgewinne für Steuerzahler mit sehr hohem Nettovermögen umfasst. Die negativen Rückkopplungseffekte auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Wirtschaft insgesamt durch einen derart beeinträchtigten Aktienmarkt wären erheblich.

Inzwischen haben beide Kandidaten versprochen, die Leistungen und Strukturen der Sozialversicherung und des Medicare-Systems nicht anzutasten. Diese sind aber die Hauptursachen für hohe Defizite und steigende Staatsschulden. Das Versprechen, diese Programme nicht anzutasten, mag politisch auf kurze Sicht klug sein, aber es ist auch unverantwortlich schlechte Ökonomie.

Ich habe die Wirtschaftsprogramme der Präsidentschaftskandidaten seit 1992 Seite für Seite verglichen. Ein Blick auf diese Vergleiche macht zwei Dinge deutlich. Erstens: Die Demokratische Partei hat sich spürbar nach links bewegt. Die meisten Mitglieder der Partei 2024 würden Hillary Clintons Wirtschaftsprogramm von 2016 wohl als konservativ bezeichnen. Der Schwerpunkt des Biden-Harris-Programms auf Einkommens- und Vermögensumverteilung erinnert an die Agenda von Bernie Sanders von 2016 und 2020.

Zweitens: Während Trumps Steuer- und Ausgabenprogramm dem Standardprogramm der Republikaner entspricht, entfernen sich seine Vorschläge zu Zöllen und Einwanderung von der traditionellen Einstellung der Partei zum freien Unternehmertum. Sein Plan zur Massenabschiebung ist nicht praktikabel und steht im Widerspruch zu den Wachstumsperspektiven einer Nation, deren Bevölkerung altert.

Diese polarisierten und polarisierenden Programme sind wirklich nicht gesund. Wirtschaftswissenschaftler sollten die Kandidaten zu Erklärungen drängen. Wähler, die in einer wachsenden Wirtschaft leben wollen, sollten fragen: Was ist mit dem gesunden Menschenverstand geschehen?

Mickey Levy ist Gastwissenschaftler an der Hoover Institution und Mitglied des Shadow Open Market Committee. Der Beitrag basiert auf dem Artikel „The Antigrowth Agendas of Harris and Trump” im Wall Street Journal vom 25. Juli 2024. Jörn Quitzau hat ihn ins Deutsche übertragen. Besten Dank!

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