Der sektorale Strukturwandel in Deutschland nimmt Fahrt auf. Was bei BASF, Bosch, Thyssen-Krupp, Continental, ZF und VW geschieht, ist nur die Spitze des Eisberges. Es kommt noch mehr. Der industrielle Sektor ist in ernsten Schwierigkeiten. Deutschland ist ein Nachzügler im Strukturwandel. Mit dem „Geschäftsmodell Deutschland“ gelang es, sich lange vom internationalen Muster des strukturellen Wandels abzusetzen. Dekarbonisierung, Digitalisierung, Demographie und der Wandel in China setzen nun aber dem deutschen Geschäftsmodell ebenso zu, wie die schleichende De-Globalisierung. Der „sektorale Strukturstau“ löst sich auf, schneller als uns lieb sein kann. Der Industriestandort Deutschland gerät in schwere Fahrwasser, ökonomisch, sozial und gesellschaftlich. Und die Politik hat nichts Besseres zu tun, als Öl ins Feuer des sektoralen Strukturwandels zu gießen. Eine missratene Energiepolitik, ein ruinöses Verbrennerverbot, ein bürokratielastiges Lieferkettengesetz und eine verzerrende EU-Taxonomie sind einige Beispiele. Das alles beschleunigt die De-Industrialisierung noch. Es drohen Wohlfahrtsverluste, Arbeitslosigkeit und soziale Verwerfungen. Da hilft auch keine subventionslastige Industriepolitik. Sie kostet viel, hilft aber wenig. Intel, Northvolt, Thyssen-Krupp sind Zeichen an der Wand. Helfen kann nur eine „(Angebots)Politik für den Strukturwandel“. Das Rezept ist nicht neu, die Medikamente, die es auflistet, wirken aber: Nationale immobile Faktoren müssen für internationale mobile interessant werden (Herbert Giersch). Der inter-sektorale Strukturwandel wird nicht weiter künstlich aufgehalten, er verläuft aber in geordneteren Bahnen. Effiziente Anpassungen werden möglich. Ohne Friktionen geht es trotzdem nicht ab. Der (Sozial)Staat muss helfen, sie adäquat abzufedern.
Prof. Dr. Norbert Berthold (JUM) im Gespräch mit Prof. Dr. Oliver Holtemöller (IWH)
Die Teilnehmer:
Prof. Dr. Oliver Holtemöller ist stellvertretender Präsident des Instituts. Er ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Leiter der Abteilung Makroökonomik am IWH.
Prof. Dr. Norbert Berthold ist Professor (em.) für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsordnung und Sozialpolitik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er war an den Universitäten Freiburg, Basel, Münster, Hamburg, Konstanz, Düsseldorf und Würzburg tätig. Norbert Berthold ist Initiator und Betreiber des Ökonomen-Blogs „Wirtschaftliche Freiheit“ und damit auch Namensgeber und Initiator dieses Podcasts.
Blog-Beitrag zum Thema:
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