Deutschland diskutiert über die Deindustrialisierung. Wir haben bei drei großen Industrieverbänden (VCI, VDMA, ZVEI) nachgefragt: Was sind die Hauptprobleme? Welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen wären besonders wichtig? Auffällig ist dabei: Es gibt keinen Ruf nach Subventionen.
Was sind die größten Probleme?
Für die Industrie sind zunächst einige exogene Faktoren eine Herausforderung. Die geopolitischen Konflikte und Unsicherheiten gehören dazu, aber auch die teilweise Rückabwicklung der Globalisierung (Lokalisierung, Protektionismus). Der Druck steigt auch durch neue Wettbewerber – insbesondere aus China –, die teilweise von staatlichen Subventionen und unfairen Handelspraktiken profitieren, die aber inzwischen auch mit höherer Produktqualität punkten können.
Neben diesen exogenen Faktoren leidet die Industrie unter einer Reihe ungenügender heimischer Standortfaktoren. Die ausgeprägte Bürokratie, Berichtspflichten und die hohe Regulierungsdichte führen zu einem erheblichen Erfüllungsaufwand. Dabei spielen nationale Vorgaben, aber auch solche von der EU eine ausgeprägte Rolle. Neben den Kosten, die durch Bürokratie und Regulierung verursacht werden, treiben auch die Energie- und Arbeitskosten die Produktionskosten am Standort Deutschland in die Höhe. Hinzu kommen Defizite bei Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung. Der Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangel rundet das Bild ab. Im Ergebnis leiden Teile der Industrie unter einer geringen Kapazitätsauslastung und einem gravierendem Auftragsmangel.
Was ist wirtschaftspolitisch zu tun?
Die befragten Industrieverbände setzen auf bessere Angebotsbedingungen für die Wirtschaft, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des Standortes insgesamt zu verbessern. Dabei ist es wichtig, die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten der vergangenen Jahre abzuschütteln.
Ganz oben auf der wirtschaftspolitischen Reformagenda stehen Bürokratieabbau und Deregulierung. Es geht auch darum, den „Regulierungstsunami“ aus Brüssel zu bremsen. Darüber hinaus werden kostensenkende Maßnahmen angemahnt, wie zum Beispiel eine Unternehmenssteuerreform, um die im internationalen Vergleich hohe Steuerbelastung zu reduzieren. Die energieintensive Industrie braucht zudem niedrigere Energiekosten. Damit müsste die Energiewende auf den Prüfstand gehoben werden.
Insgesamt fällt auf, dass die Industrieverbände keinen Bestandsschutz in Form von Erhaltungssubventionen fordern. Vielmehr geht es ihnen darum, Rahmenbedingungen zu bekommen, die Aufbruchstimmung vermitteln und mit denen die Unternehmen ihre Geschäftsmodelle entfalten und im internationalen Wettbewerb bestehen können.
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Links zu den vollständigen Beiträgen:
Dr. Johannes Gernandt (VDMA, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau): https://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=38905
Dr. Andreas Gontermann (ZVEI, Verband der Elektro- und Digitalindustrie): https://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=38649
Dr. Henrik Meincke (VCI, Verband der Chemischen Industrie): https://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=38803
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