Gastbeitrag
Populistische Regierungen
Wohlstand in Gefahr!

Populismus ist ein politisches Phänomen, das in den letzten Jahrzehnten vor allem in Form des Rechtspopulismus weltweit an Bedeutung gewonnen hat. In Europa ist der Stimmanteil populistisch klassifizierter Parteien von 2000 bis 2023 von 12 auf mehr als 24 Prozent gestiegen. Die Strategie der Populisten beruht auf einem behaupteten Gegensatz zwischen „dem Volk“ und „den Eliten“. Als vermeintlich einzig legitime Interessenvertreter des Volkes polarisieren Linkspopulisten mit Kampagnen gegen Finanzeliten und für Umverteilung, während Rechtspopulisten typischerweise gegen ethnisch und religiöse Minderheiten sowie Ausländer agitieren. Populisten versprechen oft schnelle und einfache Lösungen für komplexe soziale und wirtschaftliche Probleme. Während die Ursachen für den Erfolg des Populismus, darunter wirtschaftliche Ungleichheit, Verlustängste, kulturelle Unsicherheit und politische Entfremdung, vielfach untersucht wurden, existiert bisher nur wenig Forschung zu den langfristigen Folgen populistischer Politik. Im Fokus stehen dabei insbesondere deren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Stabilität demokratischer Institutionen.

Populismus gibt es seit mehr als einem Jahrhundert. Besonders ausgeprägt war er während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren und in den 2010er Jahren, wobei er 2018 einen historischen Höhepunkt erreichte, als 25 Prozent der Länder weltweit von populistischen Regierungen geführt wurden.  Bemerkenswert ist, dass Populisten mit 7,5 Jahren durchschnittlich fast doppelt so lange im Amt bleiben wie nicht populistische Führer mit einer Amtszeit von vier Jahren. Zudem weisen Länder, die in der Vergangenheit populistische Regierungen hatten, eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit auf, erneut populistisch regiert zu werden. Dies deutet darauf hin, dass Populismus sich selbst verstärkt, indem er insbesondere das demokratische System schwächt. Die Erosion demokratischer Institutionen führt dazu, dass populistische Regierungen häufig in autoritäre Systeme abgleiten und sich langfristig an der Macht halten können. Indem sie den Prozess des Machtwechsels untergräbt, kann eine populistische Regierung die Voraussetzungen für die nächste schaffen. Beispiele für seriellen Populismus sind Argentinien, Italien und Ecuador. Dort hat der Populismus über Jahrzehnte hinweg immer wieder politische Dominanz erlangt, und zwar unabhängig davon, ob die Regierungen ideologisch links oder rechts orientiert waren.  In einigen Fällen kam es sogar zu einem Wechsel zwischen links- und rechtspopulistischen Führungen, ohne dass der grundlegende Politikstil sich änderte.

Populismus hat gravierende ökonomische Folgen. So sinkt das reale BIP pro Kopf unter populistischen Regierungen im Durchschnitt langfristig um mehr als zehn Prozent im Vergleich zu nicht populistisch regierten Ländern. Dies gilt unabhängig von der ideologischen Ausrichtung der Regierung – links- oder rechtspopulistisch –, der geografischen Lage und der historischen Epoche. Ein zentraler Erklärungsfaktor für die erheblichen Wachstumseinbußen ist der wirtschaftliche Nationalismus, der häufig von populistischen Regierungen propagiert wird. Dieser äußert sich in einer verstärkten Abschottung gegenüber dem Welthandel, beispielsweise durch protektionistische Maßnahmen wie Importzölle oder die Beschränkung internationaler Finanztransaktionen. Dies führt zu einer geringeren Handels- und Finanzintegration, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der betreffenden Volkswirtschaften schwächt. Hinderlich für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit wirkt sich auch eine von populistischen Parteien favorisierte restriktive Migrationspolitik aus, die insbesondere hoch qualifizierte und besonders produktive Arbeitskräfte abschreckt. Zudem setzen populistische Regierungen häufig auf kurzfristig erfolgversprechende makroökonomische Maßnahmen, die mittelfristig die wirtschaftliche Stabilität untergraben. Dazu gehört eine expansive Fiskalpolitik, die zu steigender Staatsverschuldung und einer höheren Inflation führt, die die Kaufkraft der Bevölkerung schwächt und das Vertrauen in Wirtschaft und staatliche Institutionen untergräbt.

Langfristig negative Wachstumswirkungen ergeben sich dadurch, dass populistische Regierungen das demokratische System erheblich schwächen und versuchen, die Gesellschaft zunehmend zu spalten. So erschweren sie die Kontrolle der Exekutive durch die Justiz, beeinträchtigen freie und faire Wahlen und schränken die Presse-freiheit ein.  Dies schreckt internationale Investoren ab, was zu Kapitalflucht und dem Verlust hochqualifizierter Arbeitskräfte führen kann und die wirtschaftlichen Probleme verschärft.

Im Kampf gegen den Populismus sollten die demokratischen Institutionen gestärkt werden, um die Gewaltenteilung, die Pressefreiheit und die Integrität der Wahlen zu gewährleisten. So könnten unabhängige Instanzen zur wirksamen Kontrolle der Exekutive gefördert und Mechanismen geschaffen werden, die den Einfluss der Regierung auf Medien und öffentliche Institutionen begrenzen. Wirtschafts- und Finanzpolitik sollten auf eine Stärkung des Wachstums ausgerichtet werden, die Handelspolitik internationale Investitionen und eine stärkere Integration in globale Märkte fördern. Zudem sollten die für die Bürgerinnen und Bürger besonders spürbaren Defizite in der Infrastruktur und der öffentlichen Verwaltung beseitigt werden.

Eine effektive und transparente Politik, die wirtschaftliche und soziale Probleme frühzeitig löst oder zumindest spürbar lindert und sich darauf konzentriert, die langfristigen Wachstumskräfte zu sichern, kann dazu beitragen, das Vertrauen in die Demokratie zu erhalten und populistischen Tendenzen entgegenzuwirken.

Hinweis: Dieser Policy Brief entstand auf Grundlage des ECONWATCH-Meetings „Populistische Regierungen: Wohlstand in Gefahr?“ mit Prof. Dr. Moritz Schularick (Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft).

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