Die Rauchwarnmelderpflicht zwischen Freiheit und Effizienz

Die Verpflichtung zur Installation von Rauchwarnmeldern schränkt nicht nur die Freiheit der Wirtschaftssubjekte ein, sie schafft auch nicht-kompetitive Einkommen und scheint ineffizient zu sein.

Der vorbeugende Brandschutz in Wohngebäuden stellt eine zentrale Maßnahme zum Schutz von Leben und Sachwerten dar. In Deutschland ist die Installation von Rauchwarnmeldern gesetzlich vorgeschrieben und in den Landesbauordnungen der 16 Bundesländer geregelt. Diese Vorschriften zielen darauf ab, durch frühzeitige Branderkennung die Flucht- und Rettungsmöglichkeiten für Bewohner zu verbessern und Brandfolgen zu minimieren. Seit dem 1. Januar 2021 gilt die Rauchmelderpflicht bundesweit für Neubauten und Bestandsgebäude gleichermaßen (Im Freistaat Sachsen gilt die Rauchmelderpflicht seit dem 01.01.2016 in neu errichteten und umgebauten Wohnungen und Eigenheimen; alle bestehenden Wohnräume mit Rauchmeldern mußten bis Ende 2023 mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden.). Die Landesbauordnungen schreiben vor, daß insbesondere Schlafräume, Kinderzimmer sowie Flure, die als Rettungswege fungieren, mit Rauchwarnmeldern auszustatten sind (vgl. z. B. Art. 46(4) BauO Bayern; § 47(2) BauO NRW). In einigen Bundesländern werden darüber hinaus weitere Räume wie offene Küchenbereiche oder Treppenräume einbezogen. Die Verantwortung für den Einbau und die Instandhaltung der Rauchwarnmelder liegt grundsätzlich bei den Eigentümern oder Vermietern der Immobilien. In einzelnen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen wird die Wartung auch dem Mieter übertragen.

Technisch sind die Rauchwarnmelder in Deutschland an europäische und nationale Normen gebunden. Die DIN EN 14604 legt die grundlegenden Anforderungen an Rauchmelder fest und ist Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung der Geräte. Ergänzend regelt die DIN 14676 die Installation, den Betrieb und die Wartung von Rauchwarnmeldern in Wohngebäuden. Nur Geräte, die diesen Normen entsprechen, erfüllen die gesetzlichen Anforderungen. Die Nichtbeachtung der Rauchmelderpflicht kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Versicherungen können im Schadensfall Leistungen kürzen oder verweigern, wenn ein Brandschaden durch fehlende Rauchwarnmelder begünstigt wurde. Zudem können Eigentümer haftungsrechtlich in Anspruch genommen werden.

Aus ökonomischer Sicht weist die Vorschrift zum verpflichtenden Einbau drei beachtenswerte Aspekte auf:

  1. Eine strafbewehrte Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern schränkt die Handlungsspielräume der beteiligten Akteure ein.
  2. Da Ressourcen der Knappheit unterliegen, ist zu prüfen, ob die für die Installation und Wartung von Rauchmeldern aufzuwendenden Ressourcen nicht woanders eine bessere Verwendung gefunden hätten.
  3. Durch die besondere rechtliche Konstellation auf dem Wohnungsmietmarkt kann die Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern und insbesondere deren Wartung die Ertragsmöglichkeiten bestimmter Akteure auf eine nicht-kompetitive Weise verbessern.

Ad 1) Rational agierende Individuen werden im Zusammenhang mit den Rauchmeldern abwägen, ob aus ihrer Sicht der Nutzen von Rauchmeldern die Kosten einer Installation und Wartung derselben übersteigt und auf Basis dieser Abwägung handeln. So könnte ein Vermieter oder Eigentümer von Wohnraum zu dem Ergebnis kommen, daß derartige Vorrichtungen durchaus als vorteilhaft anzusehen sind, da sich dadurch evtl. höhere Mietpreise erzielen oder andere Unannehmlichkeiten vermeiden lassen. Auch Mieter von Wohnraum werden eine derartige Überlegung anstellen und prüfen, ob ihnen das durch die Installation von Rauchmeldern erzeugte Sicherheitsgefühl mehr wert ist als die damit verbundenen Kosten einer Installation und Wartung. Da in einer marktwirtschaftlichen Ordnung der Einheit von Handlung und Haftung (Eucken, 1952) ein vornehmlicher Stellenwert zukommt und damit die handelnden Akteure als eigenverantwortlich anzusehen sind, wäre demzufolge auf eine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern zu verzichten.

Ad 2): Um die Effizienz einer derartigen Vorschrift zu prüfen, bieten sich verschiedene Instrumente an. Neben einer Kosten-Nutzen-Analyse wären Kosten-Nutzwert- und Kosten-Effektivitätsanalysen Instrumente, mit denen entsprechende Aussagen gewonnen werden können. Hier soll eine vereinfachte Kosten-Nutzwertanalyse verwendet werden, um tiefere Einsichten in den Sachverhalt zu bekommen. Kosten-Nutzwertanalysen dienen der wirtschaftlichen Bewertung von Maßnahmen, bei der die Kosten verschiedener Handlungsoptionen in Relation zu einem spezifischen, nicht monetär bewerteten Nutzen ins Verhältnis gesetzt werden (Drummond et al., 2015). Der Nutzen wird dabei meist in qualitätsgewichteten Lebensjahren (QALYs – Quality-Adjusted Life Years) bemessen. Ein QALY ist vereinfachend ein Jahr, das in perfekter Gesundheit verbracht wird. Auf diese Weise kann unter mehreren Alternativen jene Maßnahme identifiziert werden, die ein definiertes Ziel mit dem geringstmöglichen Ressourceneinsatz erreicht. Als Entscheidungskriterium wird dabei das Verhältnis von entstehenden Kosten zum erzielten Effekt, ausgedrückt in QALYs, herangezogen. Der Effekt wird also dabei nicht in monetäre Größen umgewandelt.

Ein maßgeblicher Effekt von Rauchmeldern ist die Reduzierung des Todesrisikos in Folge eines Haus- bzw. Wohnungsbrands. So sterben in Deutschland etwa 400 Personen bei Bränden und etwa 300 Personen bei Wohnungsbränden (o. V., 2023). Die überwiegende Anzahl – zwischen 80% und 95% – fällt einer Rauchvergiftung zum Opfer (GDV, 2021; o. V., 2023). Die Studie von Festag und Meinert aus dem Jahre 2020 kommt zu dem Ergebnis, daß in Deutschland bedingt durch die Einführung von Rauchmeldern im Mittel 68 Personen pro Jahr weniger zu Tode kommen (Festag & Meinert, 2020). Die Autoren vermuten, daß zukünftig durch diese Maßnahme noch mehr Menschenleben gerettet werden könnten. Andere – weniger fundierte – Schätzungen gehen von höheren Werten aus (z. B. DFV, 2011).

Diesem Nutzen stehen Kosten gegenüber, die durch die Installation und die Wartung der Rauchmelder entstehen. Während sich die Beschaffungskosten eines Rauchmelders auf 20 bis 30 Euro belaufen, müssen für die Installation 10 bis 20 Euro veranschlagt werden. Die Wartung eines Rauchmelders durch externe Dienstleister schlägt zwischen 5 und 15 Euro p.a. zu Buche. Nimmt man hier die Mittelwerte und geht davon aus, daß der Rauchmelder ohne Batteriewechsel nach zehn Jahren ausgetauscht werden muß, entstehen jährliche Kosten pro Rauchmelder von 14 Euro (durchschnittl. Beschaffungskosten: 25 Euro; durchschnittl. Installationskosten: 15 Euro. Diese einmaligen Kosten von 40 Euro werden über 10 Jahre verteilt und die durchschnittl.  jährlichen Wartungskosten von 10 Euro addiert). Geht man weiterhin davon aus, daß es in Deutschland etwa 42 Mio. Haushalte gibt und daß jeder Haushalt etwa drei Rauchmelder hat, ergeben sich jährliche Kosten von 1,764 Mrd. Euro (= 42 Mio. * 3 * 14 Euro). Bei dieser einfachen Berechnung werden weitere Nutzen- (Verhinderung von Rauchvergiftungen ohne Todesfolge, Verhinderung von Sachschäden etc.) und Kostenbestandteile (Verwaltungskosten, Falschalarme, Präsenz bei Einbau und Überprüfung von Rauchmeldern usw.) vernachläßigt. Geht man weiterhin davon aus, daß das durchschnittliche Alter der Bevölkerung etwa 47 Jahre und die Lebenserwartung Neugeborener etwa 81 Jahre beträgt, gehen pro Todesfall im Durchschnitt 34 Lebensjahre verloren. Diese Schätzung fällt vergleichsweise großzügig aus, da die Todesopfer eines Wohnungsbrandes überwiegend Senioren sind (DFV, 2023). Damit lassen sich die geretteten Lebensjahre in einem Jahr berechnen; diese belaufen sich auf 68 Personen * 34 Jahre = 2.312 Lebensjahre. Gehen wir wiederum davon aus, daß die 2.312 Lebensjahre in voller Gesundheit verbracht worden wären, dann würde dies 2.312 QALYs entsprechen. Diese Annahme ist insbesondere vor dem Hintergrund, daß es sich um Senioren handelt, die durchaus eine geringere Lebensqualität aufgrund von Erkrankungen aufweisen, sehr großzügig. Dividiert man nun die durch die Rauchmelder in einem Jahr verursachten Kosten durch die Anzahl der gewonnenen QALYs, erhält man einen Wert von rd. 763.000 Euro/QALY (=1,764 Mrd. Euro/2.312 QALYs).

Da hier ein konkreter Vergleichsmaßstab fehlt, wollen wir uns des Maßstabs des britischen National Health Service bedienen, der einen Schwellenwert (cost-effectiveness threshold) bei Medikamenten von etwa 30.000 Pfund pro QALY annimmt (McCabe et al., 2008; Claxton et al., 2015). Demnach gelten Medikamente, die einen Wert von mehr als 30.000 Pfund pro QALY haben als nicht effizient und werden entweder nicht zugelassen oder deren Preis wird nachverhandelt. Nun sind 763.000 Euro weit mehr als das 20fache des Werts von 30.000 britischen Pfund.

Wie muß nun diese Berechnung interpretiert werden? Zuvorderst ist zu beachten, daß zum einen bestimmte Nutzen- und Kostenbestandteile weggelassen wurden und zum anderen sind viele der Daten Schätzgrößen. Um also eine belastbare Aussage über die ökonomische Effizienz der Rauchmelderpflicht zu machen, müßten diese Größen evaluiert werden. Die Größenordnung von 763.000 Euro pro QALY spricht allerdings dafür, daß mit einer anderen Verwendung der aufgebrachten Summe etwa im Gesundheitswesen oder in der Verkehrsinfrastruktur deutlich höhere Effekte zu erzielen wären. Mit anderen Worten: Es ist zu vermuten, daß die aufgewendete Summe von 1,764 Mrd. Euro im Jahr in anderen Verwendungen mehr Menschenleben retten würde als dies bei der Pflicht, Rauchmelder zu installieren, der Fall ist. Die Rauchmelderregelung scheint (!) also nicht effizient zu sein.

Ad 3): Die besondere rechtliche Konstellation auf dem deutschen Wohnungsmietmarkt – insbesondere die Verpflichtung zum Einbau und zur regelmäßigen Wartung von Rauchwarnmeldern gemäß Landesbauordnungen und DIN-Normen – führt dazu, daß Meßdienstleister wie ISTA und Techem ihre Position erheblich stärken konnten. Diese Unternehmen bieten nicht nur die Installation, sondern auch die jährliche Wartung der Rauchwarnmelder als Teil umfassender Servicepakete an. Die Möglichkeit, diese Kosten als Betriebskosten auf die Mieter umzulegen (§ 2 Nr. 17 BetrKV), vermindert den Anreiz der Vermieter,die Anschaffung, Installation und Wartung möglichst kostengünstig zu gestalten. Hier liegt also ein typisches Third-Party-Payer-Modell mit all seinen Nachteilen vor: Durch gesetzlich geschaffene Pflichten entsteht eine Situation, in der die Mieter zwar die Kosten der Dienstleister und der von ihnen beschafften und bepreisten Rauchwarnmelder tragen müssen, aber keinen Einfluss auf deren Auswahl (und deren Preise) haben. Damit verbessert sich die Ertragslage der Anbieter in einer nicht-kompetitiven Weise, die auf regulatorischen Rahmenbedingungen und nicht auf freiem Marktgeschehen basiert. Diesehr hohen Netto-Umsatzrenditen der großen Meßdienstleister sind zumindest teilweise auf diese Konstellation zwischen beauftragendem Vermieter und zahlendem Mieter zurückzuführen

Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen?

Es zeigt sich, daß die Verpflichtung zur Installation von Rauchmeldern zum einen die Freiheit der Wirtschaftssubjekte einschränkt und zum anderen zu nicht-kompetitive Einkommensquellen bei den Meßdienstleistern führt. Zudem darf bezweifelt werden, daß die Regelung effizient ist, m.a.W., eine Verwendung der in die Installation und Wartung von Rauchmeldern gelenkten Ressourcen an andere Stelle würde vermutlich höheren Nutzen bringen.

Quellen

Claxton, K. et al. (2015), Methods for the estimation of the National Institute for Health and Care Excellence cost-effectiveness threshold, Health Technol Assess, 19(14), 1-503, v-vi. doi: 10.3310/hta19140. PMID: 25692211; PMCID: PMC4781395.

Deutscher Feuerwehrverband (DFV) (2011), 13. Mai: Aktionstag „Mein Rauchmelder. Mein Leben“, Zugriff am 30.07.2025 unter https://www.feuerwehrverband.de/13-mai-aktionstag-mein-rauchmelder-mein-leben/

Deutscher Feuerwehrverband (DFV) (2023), Über 60 Prozent der Brandtoten zuhause sind Senioren, Zugriff am 30.07.2025 unter https://www.feuerwehrverband.de/ueber-60-prozent-der-brandtoten-zuhause-sind-senioren/

Drummond, M., et al. (2015), Methods for the Economic Evaluation of Health Care Porgrammes, Oxford.

Eucken, W. (1952), Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Tübingen.

Festag, S., & Meinert, M. (2020), Wirksamkeit der Rauchwarnmelderpflicht, Zugriff am 30.07.2025 unter https://www.hekatron.de/fileadmin/user_upload/Studie_Wirksamkeit_der_Rauchwarnmelderpflicht_03-2020-_v0.6.pdf.

Gesamtverband der Versicherer (GV) (2021), Rauchmelder – Lebensretter in der Wohnung, Zugriff am 30.07.2025 unter https://www.gdv.de/gdv/themen/schaden-unfall/rauchmelder-lebensretter-in-der-wohnung-14358.

McCabe, C., Claxton, K. & Culyer, A. J. (2008), The NICE cost-effectiveness threshold: What it is and what that means, Pharmacoeconomics, 26(9), 733-44. doi: 10.2165/00019053-200826090-00004. PMID: 18767894.

o. V. (2023), Faktencheck: Falsche Annahmen rund um Wohnungsbrände, Zugriff am 30.07.2025 unter https://www.rauchmelder-lebensretter.de/faktencheck-falsche-annahmen-rund-um-wohnungsbraende/?utm_source=chatgpt.com

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