Im ersten Halbjahr 2025 verlor der US-Dollar gegenüber dem Euro rd. 12 Prozent an Wert. An den Finanzmärkten wird davon gesprochen, dass dies auf einen wachsenden Zweifel an der zukünftigen Bedeutung des Dollar als Anlage- und Reservewährung zurückzuführen ist. Was aber begründet diese Eigenschaften? Eine solche Währung übt zwei zentrale Funktionen aus. Erstens wird sie bei internationalen Transaktionen häufig als Rechnungs- und Zahlungseinheit verwendet. Zweitens übernimmt sie die Funktion der Wertaufbewahrung, d.h. Investoren legen signifikante Teile ihres Portfolios in dieser Währung an und Zentralbanken halten erhebliche Teile ihrer Devisenreserven in dieser Währung.
Damit eine Währung diese beiden zentralen Funktionen übernehmen kann, muss sie drei entscheidende Merkmale aufweisen. Zum einen muss es sich um eine Währung handeln, die zu niedrigen Transaktionskosten frei handelbar, d.h. konvertibel, ist. Zum zweiten muss sie die Währung eines ökonomisch und politisch bedeutenden Landes mit einem großen und liquiden Kapitalmarkt sein. Zum dritten muss es die Währung eines Landes mit hoher wirtschaftlicher und politischer Stabilität sowie Rechtssicherheit sein, sodass Investoren insbesondere in Zeiten von Krisen und Unsicherheit Zuflucht in dieser Währung suchen (sog. „safe haven“).
Vor diesem Hintergrund lassen sich vor allem drei Gründe dafür anführen, warum das Vertrauen in den Dollar in den letzten Monaten abgenommen hat. Ein erster Grund ist die hohe und stark zunehmende Staatsverschuldung der USA. Der amerikanische Staat ist mit rd. 120 Prozent des BIP verschuldet, wodurch jährliche Zinskosten von rd. 4 Prozent des BIP entstehen. Durch das Anfang Juli verabschiedeten Steuer- und Ausgabenprogramm der amerikanischen Regierung („Big Beautiful Bill“) wird die Verschuldung bis 2030 auf geschätzt 170 Prozent des BIP ansteigen. Wenn sich Investoren nach Alternativen umschauen, werden die Zinsen für amerikanische Anleihen ansteigen. Ein zweiter Grund ist die von Donald Trump favorisierte Abwertung des Dollars. Internationale Investoren verbinden damit Wertverluste der Staatsanleihen in ausländischer Währung sowie das Risiko höherer Inflation und auch hierdurch höherer Zinsen, was die amerikanische Volkswirtschaft belasten würde. Ein dritter Grund ist die angestiegene Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik von Donald Trump: die Unberechenbarkeit seiner Politik, die Entwicklung der USA hin zu einer Autokratie, die die Gewaltenteilung abzuschaffen droht, sein Unwissen über ökonomische Zusammenhänge, wie sie sich etwas in der Zollpolitik niederschlägt, die geäußerten Überlegungen, Eigentümer amerikanischer Staatsanleihen mit einer „Gebühr“ auf die Zinszahlungen amerikanischer Staatsanleihen zu belasten, und der befürchtete Verlust der Unabhängigkeit der amerikanischen Zentralbank Fed lassen die Finanzmärkte befürchten, dass die USA nicht mehr in gleicher Weise wie früher ein Land mit zuverlässiger und berechenbarer Wirtschaftspolitik sind.
Der Vertrauensverlust in den Dollar hat bei zahlreichen Investoren die Motivation erhöht, den Anteil der amerikanischen Vermögenswerte in ihren Portfolios zu reduzieren. Allerdings belaufen sich die in Dollar gehaltenen Währungsreserven der Zentralbanken noch immer auf 57 Prozent der globalen Währungsreserven und auch der private Sektor hält wegen der enormen Größe, Offenheit und Liquidität des amerikanischen Kapitalmarkes Anlagen vor allem in Dollar.
Selbst wenn sich der Wunsch der Investoren verstärkt, ihre Vermögen in andere Währungen umzuschichten, wird dies aufgrund fehlender Alternativen nicht sehr schnell gelingen. Der Euro, der mit Abstand die zweitwichtigste internationale Währung ist, kann die Funktion einer Anlage- und Reservewährung nur sehr begrenzt übernehmen: der Kapitalmarkt ist deutlich kleiner und es fehlt in Europa noch immer eine Kapitalmarktunion. Ferner gibt es bei weitem nicht das Volumen von gesamtschuldnerischen EU-Anleihen, die für Investoren Alternativen zu amerikanischen Staatsanleihen sein könnten. Für eine größere Bedeutung des Euro würde es auch einer größeren Wachstumsdynamik und mehr Innovationskraft bedürfen.
Für die im Titel gestellte Frage folgt aus den voranstehenden Überlegungen, dass die Bedeutung des Dollars abnehmen wird, aber eher langsam. Für Europa bietet sich die Chance einer größeren Bedeutung an den Finanzmärkten, erfordert aber noch deutliche Veränderungen.
Hinweis: Der Beitrag erschien als Leitartikel (Heft 8, 2025) der Fachzeitschrift WiSt.
Podcast zum Thema:
Gibt es ein Leben nach dem Dollar? Wie sieht es aus? Prof. Dr. Norbert Berthold (JMU) im Gespräch mit Prof. Dr. Michael Frenkel (WHU)
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