Die EZB erhöht die Leitzinsen wohl auch deswegen so zögerlich, weil sie den „gleichgewichtigen“ Zins, bei dem die Geldpolitik die Wirtschaft weder anschiebt noch bremst, viel zu niedrig schätzt. Diese von uns seit langem vertretene Einschätzung wurde zuletzt vom prominenten Ökonomen Ricardo Reis mit zusätzlichen Argumenten unterfüttert. Unseres Erachtens spricht seine Analyse nicht nur dafür, dass die EZB bei Zinsanhebungen zu sehr zögert, sondern auch mit dem neuen „Transmission Protection Instrument“ falsche Anreize setzt.
Gastbeitrag
Podcast
Inflation, Lohn-Preis-Spirale und Konzertierte Aktion
Die Zeiten haben sich geändert. Eine lange Phase niedriger Inflationsraten ist vorbei. Die Inflationsraten entwickeln sich auch in der EWU sehr dynamisch. Das ist keine ganz neue Entwicklung. Sie lässt sich schon seit geraumer Zeit beobachten. Der Ukraine-Krieg war ein Brandbeschleuniger. Die Hoffnung vieler, dass hohe Inflationsraten allenfalls eine temporäre Erscheinung seien, hat sich zerschlagen. Sie sind gekommen, um noch eine ganze Weile zu bleiben. Die EZB, zuständig für Preisstabilität in der EWU, ist nur widerwillig bereit, den dynamischen Prozess der Inflation zu bremsen. Sie geht geldpolitisch nur wenig vom Gas, sie bremst nicht. Eine länger hohe Inflationsrate schürt aber die Angst vor einer Lohn-Preis-Spirale. Die Gefahr ist groß, dass sich die Inflation verfestigt, auch weil sich die Preiserwartungen entankern. Der Preis einer anhaltend hohen Inflationsrate wäre erheblich. In der Not verfällt die Politik auf Instrumente aus einer längst vergangenen Welt, aus der Zeit der Globalsteuerung. Alte Glaubenssätze haben politisch wieder Konjunktur. Eine Konzertierte Aktion soll helfen, inflationäre Tendenzen im Zaum zu halten.
Prof. Dr. Norbert Berthold (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) im Gespräch mit Prof. Volker Wieland, Ph.D. (IMFS, Goethe-Universität Frankfurt am Main)
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Transmission Protection Instrument
Ende der „monetären Dominanz“ in der Eurozone
Der EZB-Rat hat sich auf das neue „Transmission Protection Instrument“ (TPI) verständigt, was es dem Eurosystem künftig erlaubt, am Sekundärmarkt Anleihen öffentlicher (und ggf. privater) Emittenten in ex ante unbegrenzter Höhe anzukaufen (ECB, 2022). TPI wird eingesetzt, sobald Anzeichen für eine „ungerechtfertigte, ungeordnete Marktdynamik“ bestehen und der EZB-Rat die geldpolitische Transmission innerhalb der Eurozone als gefährdet ansieht. Als Indiz für ungeordnete Marktdynamiken gelten steigende Renditeabstände für Staatsanleihen auf Sekundärmarkten, die auf eine zunehmende Fragmentierung der Finanzmärkte hindeuten und aus Sicht der EZB die Transmission geldpolitischer Impulse behindern.
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Gastbeitrag
Der Dreifach-Schock einer verfehlten EZB-Politik
Europa bewegt sich in eine bedrohliche wirtschaftliche Krisensituation. Schuld daran ist nicht nur die von Russland ausgelöste Energieverknappung. Auch die bisherige Geldpolitik der EZB verschärft die Situation vieler Bürger und bewirkt einen dreifachen Schockverstärker.
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Gastbeitrag
EZB-Transmission-Protection-Mechanism
Je effektiver, desto illegaler
Das neue EZB-Instrument zur Bekämpfung der Fragmentation hat zwar bereits einen Namen, aber seine Ausgestaltung wird noch diskutiert. Diese wird auch durch rechtliche Fragestellungen beeinflusst werden. Eines ist klar: Mit der Effektivität dieses neuen Programms steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB mit ihm ihr geldpolitisches Mandat überschreitet.
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„Konzertierte Aktion“ gegen galoppierende Inflation
Wunderwaffe oder Ladenhüter?
„Vom »runden Tisch«, so merkte ich bald, war es nur ein kurzer Weg zur »langen Bank«“ (Hans-Olaf Henkel)
„Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen.“ (Milton Friedman)
Seit der Finanzkrise leben die Notenbanker in ständiger Angst vor deflationären Entwicklungen. Isabel Schnabel, ein deutsches Mitglied des Direktoriums der EZB, meinte noch zu Ende des Jahres 2021, die Inflation in Europa sei zu niedrig. Da stiegen die Preise in der EU schon um fast 5 %. Die EZB war (und ist?) im „Team Transitory“. Spätestens Anfang 2022 sollte der inflationäre Spuk vorbei sein. Doch es kam anders. Das „Team Persistent“ sollte Recht behalten. Die Inflation ging nicht zurück, sie stieg immer weiter an. Sie war gekommen, um zu bleiben. Mit dem Ukraine-Krieg verschärfte sich die Lage an der Preisfront. Seither droht die EZB, die Kontrolle über die Inflation zu verlieren. Sollte das Virus der Inflation auf die Tarifpartner überspringen, wäre der inflationäre „worst case“ erreicht. Eine Lohn-Preis-Spirale würde die Inflationserwartungen entankern. Die EZB gleiche einem Auto auf abschüssiger Strecke, das ohne Bremse unterwegs sei (Hans-Werner Sinn). Um diesen inflationären GAU zu verhindern, hat der Bundeskanzler eine Neuauflage der „Konzertierten Aktion“ vorgeschlagen. Nun sei gemeinsames Handeln gefragt. Tarifpartner, Regierung und EZB sollen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung die Inflation unter Kontrolle bringen.
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Klimaschutz durch Geldpolitik – Geht das?
Der EZB-Rat hat im Zuge der Neuausrichtung seiner geldpolitischen Strategie angekündigt, künftig Klimaschutzaspekte in seinen Handlungsrahmen einfließen zu lassen und bei geldpolitischen Geschäften stärker zu berücksichtigen. Er hält dies als mit seinem Mandat für vereinbar, das Preisstabilität als vorrangiges Ziel ansieht, aber das Eurosystem zugleich verpflichtet, die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union zu unterstützen, wozu auch der Klimaschutz gehört. Klimaschutzmaßnahmen fördern aus Sicht des EZB-Rats die Preisstabilität, weil sie stabilisierend auf die Inflations- und Outputdynamik wirken, die mit Klimawandel verbundenen physischen Risiken und Transitionsrisiken mindern und einen Rückgang des natürlichen Zinssatzes verhindern (Schnabel, 2021).
Gastbeitrag
Folgt die EZB weiterhin ihrem Preisstabilitätsziel?
Vor dem Hintergrund hoher und sich festsetzender Inflation im Euroraum hat die Europäische Zentralbank (EZB) am 9. Juni 2022 ihre jüngsten geldpolitischen Entscheidungen getroffen. Sie wird ihre Netto(!)-Anleihekäufe zum 1. Juli 2022 einstellen; kündigt jedoch an, dass sie Netto-Käufe im Rahmen des Pandemie-Kaufprogramms PEPP jederzeit wieder aufnehmen werde, falls sie dies für erforderlich halte. Ferner sollen die Leitzinsen im Juli um 0,25 Prozentpunkte steigen; d.h. die Zinsen auf Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB bleiben weiter negativ.
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Pro & Contra
Bleibt die Inflation dauerhaft erhöht?
Der Inflationsdruck in Deutschland und Europa ist auch 2022 sehr hoch. Zum Jahreswechsel gab es kein Abflauen, obwohl das manche aufgrund von Einmaleffekten prognostiziert hatten. So lag die Inflationsrate in Deutschland im Februar wieder bei über 5%. Europaweit betrug sie sogar knapp 6%. Gründe sind vor allem explodierende Energiepreise und steigende Ausgaben für Lebensmittel. Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft der Menschen und nagt an den Ersparnissen.
Der Ukraine-Krieg dürfte den Preisdruck im Sommer weiter nicht so schnell abebben lassen – nicht nur wegen steigender Energiepreise, sondern auch aufgrund von Materialmangel und Lieferengpässen. Doch was passiert danach? Die Ökonomen Gunther Schnabl und Sebastian Dullien sind unterschiedlicher Meinung, ob die Inflation dauerhaft erhöht bleibt und inwieweit ein Eingreifen der Politik, allen voran der EZB, geboten ist.
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Gastbeitrag
EZB – Plädoyer für M3
Die EZB tut sich zurzeit wegen der vielen Unsicherheiten bei der Prognose der Inflation schwer mit ihren geldpolitischen Entscheidungen. Obwohl die Geldmenge wie in der Vergangenheit wertvolle Orientierung geben könnte, scheint die EZB die Erkenntnisse aus M3 erneut nicht zu beachten. Diese signalisieren einen kräftigen unterliegenden Inflationsdruck, was für ein zügiges geldpolitisches Gegensteuern spricht.