Social Media und Cancel Culture
Einige eigentumsethische Bemerkungen

Ausgangslage

Das Oberlandesgericht Dresden beschloss jüngst die Zahlung einer Strafe in Höhe von 100.000 EUR gegen die Videoplattform YouTube (hierzu ausführlich Brause, 2021). Ein Nutzer hatte ein Video hochgeladen, in dem Demonstranten gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie Aussagen tätigten, die nach Ansicht des Unternehmens den „Richtlinien zu medizinischen Fehlinformationen über COVID-19“ der Plattform widersprachen. YouTube hatte das Video daraufhin gelöscht. Der Nutzer aus Sachsen beschritt den Rechtsweg und das Oberlandesgericht Dresden gab ihm Recht. Da YouTube das Video jedoch nicht zeitnah freigab, wird es nun die o.g. Strafe zahlen müssen.

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Die Vertreibung aus der Freiheit

Bild: Pixabay

Nach einer weit verbreiteten Vorstellung, die im Alten Testament ihren Niederschlag gefunden hat und durch die archäologische Forschung gestützt wird, waren die Menschen ursprünglich Jäger und Sammler. Erst vor etwa 10.000 Jahren, mit Beginn der Jungsteinzeit, wurden die ersten Menschen sesshaft und betrieben Ackerbau und Viehzucht. Adam und Eva hatten die Früchte des Gartens Eden gesammelt und verzehrt – auch verbotene. Ihre Söhne, Kain und Abel, wurden Ackerbauern oder und hüteten Schafe. Die Menschen bestellten das Feld “im Schweiße ihres Angesichts” und der Acker “trug Dornen und Disteln”. Ackerbau und Viehzucht kamen einer Strafe gleich. Auch die Archäologen betonen, dass die Sesshaftigkeit nicht nur Vorteile hatte. Zwar stieg die Produktivität und wuchs die Bevölkerung, denn es war nun möglich, mehr Kinder zu ernähren. Aber die Menschen starben früher, waren kleiner und weniger frei.[i] Dafür gibt es Erklärungen. Die kürzere Lebenserwartung wird darauf zurückgeführt, dass der tägliche Umgang mit Haus- und Zuchttieren und das Leben auf engem Raum bei mangelnder Hygiene die Ausbreitung von Krankheiten erleichterte. Besonders ansteckend und für den Menschen gefährlich sind die Krankheiten der Schweine, Rinder, Schafe und Ziegen. Die geringere Körpergröße könnte eine Folge der andersartigen Ernährung sein, oder sie setzte sich in der Evolution durch, weil sie bei der Feldarbeit von Vorteil war. Und die Menschen verloren ihre Freiheit, weil nur starke Herrscher in der Lage sind,  Eigentumsrechte an Land, Wasser und Vieh durchzusetzen. Vielleicht wegen dieser Nachteile, wandten sich die Menschen sogar vorübergehend wieder von der Landwirtschaft ab.

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Der deutsche Wohlfahrtsstaat als Allmende?
The Tragedy of the Commons

1. Der Kampf um die Ressourcen auf dem Mars

Im Fernsehkanal des National Geographic läuft zurzeit die dreiteilige Serie „Mars“. Es handelt sich nicht nur um Science Fiction, sondern auch um die am Rande wissenschaftlich  begleitete Phantasiegeschichte der Besiedelung des Mars durch den Menschen und dessen Kampf um die Mars-Ressourcen. In absehbarer Zeit findet, vielleicht in sieben Jahren, wohl tatsächlich der erste Flug zum Mars statt. Ich habe mich bereits angemeldet, denn ich möchte dort noch vor Elon Musk der Erste und Einzige sein und bin gespannt, was ich dort vorfinde. Ich vermute, dass ich neben ein paar Robotern, die dort von der Erde mit naturwissenschaftlichen Aufträgen ferngesteuert herumgeistern, kein Schild vorfinde: Betreten verboten oder Betreten auf eigene Gefahr oder Eintritt nur mit gültigem Ausweis. Auf dem Mars wird die Freiheit wohl grenzenlos sein. Der Mars gehört niemandem. Er gehört aber, wenn ich da bin, sozusagen mir allein, er bildet mein und nur mein eigenes Verfügungsterrain. Also große Chancen für mich, daraus etwas zu machen: eine Hütte bauen, Messgeräte installieren, Wege planieren, Gesteinsproben nehmen, wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen. Aber es gibt auch Risiken: Wenn nach mir andere Weltraumreisende ankommen, die dasselbe wollen wie ich. Plötzlich gibt es Abgrenzungsprobleme, meine totale Freiheit ist dahin. Dürfen alle Neuankömmlinge meine planierten Wege und wissenschaftlichen Erkenntnisse ohne meine Erlaubnis und Kostenbeteiligung benutzen? Und wie ist es denn, nach einiger Zeit, auch umgekehrt? Es entsteht Konkurrenz, Wettbewerb. Am besten könnte es vielleicht auch sein, in einzelnen Aktivitäten zu kooperieren, also Coopetition zu betreiben.

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Donald Trump, der Rent-Seeker

Donald Trump hat im Wahlkampf bereits viele seltsame Dinge gesagt. Sein oft unberechenbares, aber doch berechenbar extrem narzisstisches Verhalten und Reden führt in den Vereinigten Staaten gar zu einer angeregten Diskussion über die psychische Gesundheit des Kandidaten. All das sind wohl bereits gute Gründe sich, wenn auch eher resigniert als begeistert, Frau Clinton als nächste amerikanische Präsidentin zu wünschen. Aber aus ökonomischer Sicht gibt es da noch einen weiteren Punkt, der in deutschen Diskussion bisher etwas unterbelichtet ist: Trump als Präsident wäre vermutlich ein fürchterlicher Wirtschaftspolitiker.

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Am aktuellen Rand
If you don’t like the game, change the rules
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum griechischen Schuldenschnitt 2012

Obwohl Flüchtlings-, Terrorismus- und Bankenkrisen in der jüngeren Vergangenheit die Schlagzeilen bestimmen, hat Griechenland den langjährigen Krisenmodus nicht wirklich verloren. Allen anders lautenden Beschwörungsformeln zum Trotz wird der formale Staatsbankrott unverändert nur durch subventionierte Kredite verhindert, die dem Land auch einen – quantitativ freilich eng beschränkten – Zugang zum Kapitalmarkt ermöglichen. Eigentlich war der Insolvenzfall bereits 2012 eingetreten, nur wurde seine offizielle Feststellung durch eine brisante Mischung aus Verhandlungen und rückwirkenden Regeländerungen verhindert, was auch in diesem Blog seinen Niederschlag fand (hier):

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum griechischen Schuldenschnitt 2012
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Rentiere, Renten, Realitäten

Fragt man heute jemanden, was ihm beim Wort „Rentier“ einfällt, dann denkt er an Weihnachtspostkarten und an Skandinavien. Ein Rentier war früher aber ein Haushaltsname für eine Person, die vom Vermögens- nicht vom Erwerbseinkommen lebte. Sie musste weder alt sein, noch das Vermögen selbst erworben haben. Eine Rente war etwas, das man sicher hatte, ohne dafür etwas tun zu müssen.

Vermögend in dem Sinne zu sein, dass man zu leben vermag, ohne dafür etwas tun zu müssen, war und ist auch heute eines der größten Privilegien. Damit ist nicht nur gemeint, dass man nicht arbeiten muss, um den Lebensunterhalt zu verdienen, man muss auch nichts Nennenswertes tun, um das Einkommen gegen Wegnahme zu sichern. Es gehört zu den erstaunlichen Errungenschaften der westlichen Privatrechtsgesellschaften, dass sie es Bürgern erlauben, rechtlich zuverlässig geschütztes Eigentum und nicht nur flüchtigen, stets bedrohten Besitz erwerben zu können.

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Es geht nur mit Kapitalismus

„Kein Mensch bekämpft die Freiheit; er bekämpft höchstens die Freiheit der anderen.“ Karl Marx (1818 – 1883)

I.
Derzeit leben 7,3 Milliarden Menschen auf diesem Globus. Schenkt man den Schätzungen der Vereinten Nationen Glauben, werden es in 2050 9,7 Milliarden sein, in 2100 11,2 Milliarden. Sie alle wollen essen, sich kleiden, wohnen, ihre materiellen Lebensverhältnisse verbessern. Dazu müssen sie die knappen Ressourcen dieser Welt beanspruchen. Wie lässt sich eine friedvolle und produktive Kooperation zwischen den Menschen national wie international gewährleisten? Welche Möglichkeiten gibt es, die Umweltbelastung verträglich gestalten?

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Gastbeitrag
Marktwirtschaft und Umweltschutz: So fern und doch so nah

Schon in der Schule lernen Kinder häufig, dass unsere marktwirtschaftliche Wohlstandsgesellschaft mit einem nachhaltigen Schutz der Umwelt unvereinbar sei. Zwangsläufig würde das Streben nach Gewinn den Blick für die Umwelt und den Erhalt der natürlichen Ressourcen versperren. Nahezu die gesamte Umweltbewegung, die Medien und die politische Klasse folgen diesem Paradigma, genährt von theoretischen Erklärungsansätzen der Ökonomie, die Umweltverschmutzung als Folge des Versagens von Märkten klassifizieren. Der Markt scheint als Übeltäter ausgemacht, weshalb in Sachen Umweltschutz an einem starken Staat kein Vorbeikommen zu sein scheint. Mit der Mühe für den zweiten Blick verliert dieses allseits akzeptierte Bild jedoch an Überzeugungskraft und die Realität zeigt, dass ohne Märkte kein echter Umweltschutz denkbar ist. Weil sich die Umweltpolitik allzu oft nicht der individuellen Anreize und Kreativität der Marktakteure bedient, sichert sie oft nur ihre eigene Existenz zu Lasten der Umwelt und der Menschen.

Gastbeitrag
Marktwirtschaft und Umweltschutz: So fern und doch so nah“
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