Wirtschaftspolitik heute
Viel ordnungspolitischer Unfug

„Die Soziale Marktwirtschaft ist die schlechteste Wirtschaftsordnung, ausgenommen aller anderen, die schon ausprobiert wurden.“(nach Winston Churchill)

Die deutsche Wirtschaftspolitik der Nachkriegszeit war ein Erfolgsmodell. Die wettbewerbliche Ordnung und eine regelgebundene Wirtschaftspolitik waren wichtige Elemente. Das hat Deutschland das „Wirtschaftswunder“ und die Wiedervereinigung beschert. Seither geriet allerdings die regelbasierte und stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik mit distributivem Augenmaß auf Abwege. Seit dem Jahr 2007 haben multiple Krisen diese regelvergessene Entwicklung verstärkt. Drei Ereignisse werfen ein Schlaglicht auf die Verwahrlosung der Ordnungspolitik: In Berlin will eine Mehrheit der Wähler privates Immobilieneigentum teilweise verstaatlichen, um die Wohnungsknappheit zu beseitigen. Die Garantie des Privateigentums wird obsolet, ein Grundpfeiler der Marktwirtschaft. Auch die Makro-Politik steht Kopf. Die EZB operierte lange mit Null- und Negativzinsen. Nun hat sie die Kontrolle über die Inflation verloren (Otmar Issing). Die Inflation galoppiert. Nicht mehr die Geld-, die Fiskalpolitik soll es richten, Inflation zu bekämpfen. Das wirtschaftspolitische Assignment wird auf den Kopf gestellt. Auch in der Politik der sozialen Gerechtigkeit sind ordnungspolitische Tabubrüche gang und gäbe. Es geht immer weniger um existentielle staatliche Hilfe zur Selbsthilfe. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird heute ernsthaft diskutiert.

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Podcast
Der Staat expandiert, der Markt stagniert
Wege aus der ordnungspolitischen Verwahrlosung

Wirtschaftliche Not kennt kein ordnungspolitisches Gebot. Geht es nach der Politik, sind wir wirtschaftlich immer in Not. Die Staatsquote steigt nachhaltig, die (explizite und implizite) staatliche Verschuldung explodiert, der Staat reguliert zunehmend flächendeckend, monetäre Staatsfinanzierung wird wieder salonfähig. Der Anteil des Sozialen an den staatlichen Ausgaben nimmt zu. Staatliche (Humankapital)Investitionen kommen weiter unter die Räder. Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen sind institutionell inkongruent. Es dominiert organisierte Verantwortungslosigkeit. Weiche Budgetrestriktionen begünstigen staatlichen Schlendrian und das Leben auf Kosten künftiger Generationen. Es ist grob fahrlässig, bestehende Fiskal- und Äquivalenzregeln aufzuweichen, die Bürger von morgen vor den Lasten des hemmungslosen öffentlichen Konsums von heute schützen sollen. Das Gegenteil ist angesagt: Wir müssen sie schärfen.

Prof. Dr. Norbert Berthold (Julius Maximilians-Universität Würzburg) im Gespräch mit Prof. Dr. Christoph A. Schaltegger (Universität Luzern und Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik)

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Wird alles anders?
COVID-19 als Auslöser von wirtschaftspolitischen Paradigmenwechseln

Bild: Sumanley xulx auf Pixabay

Vor wenigen Wochen schien es noch, als seien wir auf dem Weg in einen sanften Abschwung. Nach einem Jahrzehnt kontinuierlichen Wachstums erschien dies als eine wenig dramatische Entwicklung, die schon bald wieder in positive Wachstumsraten münden würde. Seit dem Februar wissen wir aber, dass es anders kommt. COVID-19 erwies doch nicht das damals noch von vielen Medizinern erwartete unspektakuläre Problem, sondern als eine ernste Gefahr.

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Die Zukunft des Sozialstaates (1)
Das Ideal*

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“ (Albert Einstein)

Die Welt ist voller Gefahren, gefühlten und tatsächlichen. Das Feuilleton singt täglich ein Lied davon. Die Zeiten scheinen lange vorbei, in denen es überall in Europa ökonomisch nur aufwärts ging. „Wohlstand für Alle“ ist für viele ein fränkischer Slogan aus einer längst versunkenen Welt. Das wirtschaftliche Wachstum dümpelt schon lange vor sich hin. Besserung ist nicht in Sicht. Massenhafte Arbeitslosigkeit ist in Europa weiter unbesiegt. Sie hinterlässt hässliche Narben in vielen Erwerbsbiographien, vor allem in denen der Jugend. Deutschland ist die Ausnahme, zumindest bisher. Auch das Gespenst der Armut geht weiter um. Es spukt in der Phase der Erwerbstätigkeit und in der Zeit des Ruhestandes. Einkommen und Vermögen sind ungleicher verteilt als je zuvor. Sie konzentrieren sich am oberen Ende der Verteilung. Der Einfluss auf die Politik liegt nahe. „Crony capitalism“ ist eine Wachstumsbranche. Die Gefahr wächst, dass die politische Ordnung destabilisiert wird.

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Markt und Moral

Ist der Markt moralisch?

In Deutschland verliert der Markt an politischer und gesellschaftlicher Reputation. Ganz gewiss nicht unschuldig am Sinken des Vertrauens in die Marktwirtschaft sind die internationalen Finanzkrisen ab 2007/08, ebenso auch die Betrugskrisen der Autobauer und erst recht die „klimaschädigende Profitgier“ der Energieproduzenten, ganz abgesehen von den sehr eigenständigen Politikvarianten der Marktwirtschaft des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Sie zeigten doch, dass es keine Moral im marktwirtschaftlichen Kapitalismus gebe.

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Die Ökonomen und die Liebe zum Markt

Wenn ein Geologe sagt, daß er die Berge liebt, die er wissenschaftlich untersucht, dann wird ihm daraus niemand einen Strick drehen. Im Gegenteil, man wird die Aussage so verstehen, daß wir es mit einem hochmotivierten, von seinem Forschungsgegenstand begeisterten Wissenschaftler zu tun haben. Und das, obwohl wir alle wissen, daß Berge auch Probleme bereiten können. Murgänge können ganze Dörfer verschütten, Lawinen können Skifahrer töten, Steinschläge können Wanderer ins Grab bringen. Und noch bis vor hundert Jahren stellten die Berge ein schweres Hindernis für den europäischen Reiseverkehr dar, welches über die Jahrhunderte sicher tausende Italienreisende das Leben kostete. Die Schattenseiten der Berge sind also ziemlich ernst, aber dennoch: Einen Geologen, der die Berge liebt, wird niemand anstößig finden.

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Wirtschaftspolitisches Handeln: Thesen zu den Notwendigkeiten und Grenzen

1. Die Notwendigkeiten und  Grenzen wirtschaftspolitischen Handelns lassen sich aus der ordnungspolitischen Perspektive einfacher aufzeigen als unter Berücksichtigung politökonomischer Zusammenhänge.[1]

Ordnungspolitische Perspektive: drei originäre Staatsaufgaben

2. Erstens: Der Staat muss einen funktionsfähigen Wettbewerb der Anbieter gewährleisten. Das ist einfacher gesagt als getan, weil  Produzenten, Handwerker und Freiberufler häufig nicht gerade Freunde des Wettbewerbs sind und gegenüber dem Staat einen aufwendigen Lobbyismus betreiben, damit ihnen unliebsame Konkurrenten vom Hals gehalten werden (durch spezifische Regulierungen, Subventionen, Importbarrieren).

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BücherMarkt
Ökonomischer Liberalismus als politische Theorie
Besprechung des gleichnamigen Buches von Gerhard Wegner

Einige Liberale hatten und haben ein schwieriges Verhältnis zur Demokratie. Vielfach wird sie als Herrschaft (oder Tyrannei) der Mehrheit, als Basar der Partikularinteressen, als Geschacher oder ähnliches dargestellt, bei prominenten libertären Autoren schlägt ihr regelrechte Ablehnung entgegen. Zweifelsfrei ist der Zusammenhang zwischen der von Liberalen befürworteten Marktwirtschaft und der Demokratie komplex, und es ist sicher berechtigt, der „realexistierenden Demokratie“ unserer westlichen Welt einen Konflikt mit der Entfaltung der Marktwirtschaft vorzuwerfen. Das Buch von Gerhard Wegner hat demgegenüber zum Ziel, die vielschichtige Beziehung zwischen ökonomischer und politischer Freiheit systematisch zu untersuchen und zu zeigen, unter welchen Bedingungen diese Beziehung nicht nur nicht als konfliktär, sondern als notwendigerweise komplementär angesehen werden kann.

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Ökonomischer Liberalismus als politische Theorie
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Krise und Ordnung: Vom Markt zum Staat

Unsere Wirtschaftsordnung ist im Wandel. Bestimmten bis in die 1980er Jahre die Gütermärkte die wirtschaftliche Entwicklung, nehmen jetzt die Finanzmärkte eine zentrale Rolle ein. Sie treiben überschwängliche Boomphasen, die in hässliche Krisen münden. Im Verlauf von Krisen übernimmt der Staat das Ruder. Banken werden nationalisiert und durch günstige Liquidität vorm Kollaps gerettet. Im Ergebnis regiert nicht mehr der Markt, sondern der Staat. Die Entscheidungen über das Fortleben von Finanzinstituten und Banken werden von Regierungen und Notenbanken getroffen. Leben wir bereits in einer neuen Wirtschaftsordnung, in der der Staat die zentrale Rolle spielt?

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Varianten des Kapitalismus
Globalisierung und Sozialstaat
Wettbewerb oder Koordination?

Im Motorsport gilt das geflügelte Wort, Rennen werden „auf der Bremse“ entschieden. Das ist übertrieben, ohne kräftigen Motor geht nichts. Die Kombination aus beidem macht den Erfolg aus. Das gilt auch für die Globalisierung. Unbestritten sind weltweit offenere Märkte ein bärenstarker Motor des wirtschaftlichen Wohlstandes. Die Empirie ist eindeutig. Umsonst ist allerdings wachsender Wohlstand nicht. Offenere Märkte beschleunigen den Prozess der „schöpferischen Zerstörung“. Den wirtschaftlichen Akteuren wird einiges an Anpassung abverlangt: „There is no gain without pain“. Die Menschen sind eher bereit, auch hohe Kosten der Veränderung auf sich zu nehmen, wenn sie sicher sein können, im Falle des wirtschaftlichen Scheiterns nicht ins Bodenlose zu fallen. Der Sozialstaat soll helfen, dass dies nicht geschieht, ohne den Motor des Wohlstandes abzuwürgen. Wie sich die Menschen zur Globalisierung stellen, hängt auch davon ab, was sie dem Sozialstaat zutrauen. Je effizienter er ist, je geringer seine Nebenwirkungen sind, desto schneller kann auch die wohlstandssteigernde weltweite Öffnung der Güter- und Faktormärkte voranschreiten.

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Globalisierung und Sozialstaat
Wettbewerb oder Koordination?
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