Ohne Schuldenerlass wird es wohl (Hyper)Inflation geben

Zuviel Kredit und Geld, jahrelang bereitgestellt zu niedrigen Zinsen, hat die internationale Kreditkrise verursacht. Von Mitte 1997 bis zum zweiten Quartal 2010 stieg das amerikanische Volkseinkommen in realer Rechnung um knapp 33 Prozent, während die Bankkredite um 139 Prozent und die Geldmenge M2 um 117 Prozent zunahmen. Im Euroraum wuchs das Einkommen um rund 14 Prozent, während die Bankkredite um 113 Prozent und die Geldmenge M3 um 102 Prozent stiegen.

Vom Beginn der internationalen Kreditmarktkrise etwa Mitte 2007 bis Mitte 2010 blieb die Güterproduktion in den Vereinigten Staaten nahezu unverändert, während die Bankkredite um 10,7 Prozent und die Geldmenge um 18,2 Prozent zulegten. Im Euroraum fiel das Einkommen um 1,9 Prozent, und dennoch stiegen die Bankkredite um 17,2 Prozent und die Geldmenge um knapp 15 Prozent. Vor allem die Regierungen treiben die Schulden.


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Nach der Kreditkrise sind es nicht mehr die Privaten, sondern die Staaten, die ihre Verschuldung im Zuge von „Rettungspaketen“ in die Höhe treiben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass die amerikanischen Staatsschulden im Verhältnis zum Einkommen auf 110 Prozent in 2015 von etwa 62,1 Prozent in 2007 steigen werden. Im Euroraum werden die Schuldenquoten auf 95 Prozent von 65,7 Prozent anwachsen.

Die Kapitalmärkte haben begonnen, die Kreditqualität staatlicher Schuldner anzuzweifeln. Um die damit einhergehenden Zinssteigerungen und den unbändigen Kreditappetit der Staaten zu stillen, kaufen jetzt die Zentralbanken Staatsanleihen auf und geben dafür neues Geld aus.

Eine Krise, die durch zuviel Kredit verursacht wurde, lässt sich nicht durch noch mehr Verschuldung aus der Welt schaffen, vor allem nicht, wenn es der Staat ist, der sich immer weiter verschuldet. Eine solche Politik sorgt allenfalls für kurzfristige Scheinbesserungen. Weil dadurch aber immer mehr knappes Kapital fehlgeleitet wird, nimmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unweigerlich ab. Die Hoffnung, aus der Schuldenbelastung „herauszuwachsen“, schwindet zusehends.

Spätestens wenn die Wirtschaften nicht mehr wachsen, kommt es – und die Währungsgeschichte gibt dafür reichhaltiges Anschauungsmaterial – zur Streichung der Staatsschulden oder zur Inflationspolitik. Das Inflationieren ist jedoch vermutlich die volkswirtschaftlich teuerste Form, um die realen Staatsschuldenlasten auf Kosten der Gläubiger zu reduzieren, und sie artet allzu leicht in Hyperinflation aus. Gleichwohl scheint sie meist die Politik des „geringsten Übels“ zu sein.

Ist es erst einmal zu einer Überschuldung gekommen, sollte es zur Umschuldung oder zum (Teil)-Schuldenerlass kommen. Die Gläubiger erleiden dann Verluste, eine bedauerliche, aber vertretbare Folge ihrer schlechten Investitionsentscheidungen. Gleichzeitig wird jedoch die produktive Wirkung des Geldes erhalten, und das unterstützt die Neuordnung der Produktion und nachfolgend nachhaltiges Wirtschaften.

Angesichts der Entwicklungen in vielen Währungsräumen sollte rasch über Schuldenerlass nachgedacht werden, anstatt die Verschuldung und die Geldmenge weiter in die Höhe zu treiben, denn die unabwendbaren Kosten der Bereinigung werden so noch weiter steigen. Die deutsche Bundesregierung verdient Unterstützung, wenn sie im Euroraum ein Insolvenzrecht für Staaten einfordert.

Thorsten Polleit
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4 Antworten auf „Ohne Schuldenerlass wird es wohl (Hyper)Inflation geben“

  1. Das Problem ist doch aber auch folgendes; und da geht es um viel mehr als nur Geldpolitik und Preissetzung.

    Wir stehen wirklich vor einmaligen Ereignissen in der Weltgeschichte. Nachdem das britische Reich mehr oder minder unter ging, folgt nun das amerikanische. Durch die Durchdringung des US-Finanzsystems im 20igsten Jahrhunderts ist es folglich nur allzu logisch, dass man interne Probleme durch das internationale Finanzsystem auf andere Staaten abwälzen will. Die Frage ist nur ob dies gelingt und wie man es erreichen will. Professor Steve Hanke hat kürzlich einen Artikel veröffentlicht, indem er beschrieb und darlegte, wie die USA in den 1930igern die Chinesen in eine Depression „zwangen“ ( und natürlich auch andere, aber darüber schrieb er nichts … ). Ich bezweifle, dass sich die Geschichte genauso wiederholt, aber die Parallelen sollte man nicht ausser Acht lassen. Es geht also um nichts anderes als die Weltgleichung. Ziemlich krank, oder …

    Nichtsdestotrotz stimme ich Ihnen natürlich mit der Annahme zur Inflation oder Hyperinflation überein. Nachzulesen wird dies wohl offiziell nie sein, aber wenn die Währungen in sich zusammenfallen, wird man wohl merken, was schief läuft. Aber da habe ich so meine Zweifel …

  2. Auch wenn ich mich anhöre wie ein Besserwisser vor 2 Jahren schrieb ich schon:
    http://fdominicus.blogspot.com/2008/12/nicht-die-marktwirstschaft-steckt-in.html

    Immer wieder habe ich die Frage gestellt wie kann noch mehr Kredit eine Genesung bewirken wenn zuviel Kredit der Grund der Krankheit ist?

    Wir haben aber ein fundamentaleres Problem. Die beliebige Manipulierbarkeit der Währungen. Muß ich wirklich darauf hinweisen, daß sogar die EZB mitgemacht hat als sie JunkBond der Griechen als Sicherheit akzeptierten? Und was ist mit den 700 Mrd vom ersten Bailout? Wo ist das Geld geblieben wenn doch Anfang der Woche schon wieder 700 Mrd verfeuert werden sollen. Zusätzlich kommt noch das massive Problem was hier
    http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=4528 behandelt wurde.

    Offensichtlich wollen wir verfahren wie in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Protektion etc als „Gerechtigkeitsmittel“… Das Gegensatz wird passieren ohne Handel werden die Schulden schon gar nicht mehr bedienbar zu sein noch nicht einmal mit einer niedrigeren Bedienquote. Arne Krueger hat die Probleme ja auch benannt.

  3. Weil dadurch aber immer mehr knappes Kapital fehlgeleitet wird, nimmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unweigerlich ab.

    Welches knappe Kapital? Finanzkapital kann ja wohl nicht gemeint sein (davon gibt’s viel zuviel) – und Realkapital (also „echte“ Produktionskapazität) gibt’s ebenfalls genug, wie Millionen Arbeitslose belegen.

    Dieses Fehlallokations-Argument trifft nur in einem Angebotsregime zu, also dann wenn die Wirtschaft an ihren Kapazitätsgrenzen operiert (vulgo Vollbeschäftigung) und genug Nachfrage nach Gütern herrscht, sodass es genug lohnende (Real-) Investitionsmöglichkeiten gibt. Nur haben wir dieses Regime etwa in den 70er Jahren des vorigen Jh. verlassen.

    In einem Nachfrage-Regime mit Unterkonsum und struktureller Arbeitslosigkeit wie wir’s heute haben sind Fehlallokationen kein Thema, denn die Alternative zu „schlechten“ Allkoationen ist nicht eine „bessere“ sondern schlicht „gar keine“ Allokation – also brachliegende Ressourcen.

    Ist es erst einmal zu einer Überschuldung gekommen, sollte es zur Umschuldung oder zum (Teil)-Schuldenerlass kommen.

    Nicht dass ich da etwas dagegen hätte. Aber wenn man sich noch nichteinmal zu dem viel gelinderen Mittel einer geordneten fiskalischen Lösung (d.h. wirksame Steuern auf Nominalvermögen) durchringen kann oder 2008 zugegriffen hat, als die Möglichkeit zumindest für den Privatsektor auf den Präsentierteller lag (man hätte nur die „Bankenrettung“ unterlassen, bis zur Konsolidierung die Realwirtschaft direkt mit staatlichen Krediten versorgen und das gesparte Geld in Konjunkturprogramme stecken müssen), dann wird die Politik erst recht keinen geordneten Schuldenerlass hinkriegen.

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