Inflation ist (auch) VerteilungskampfExogene Schocks, aggressive Gewerkschaften und abhängige Notenbanken

„Die Inflation kommt nicht über uns als ein Fluch oder als ein tragisches Geschick; sie wird immer durch eine leichtfertige oder sogar verbrecherische Politik hervorgerufen.“ (Ludwig Erhard)

Die Gewerkschaften haben ein Problem. Ihre relativ moderate Lohnpolitik der letzten Jahre stößt an Grenzen. Das Jahr 2022 war für ihre Mitglieder schmerzhaft. Die Tariflöhne stiegen 2022 zwar durchschnittlich um 2,7 %, die Inflation erhöhte sich aber um 7,4 %. Unterm Strich fielen die Reallöhne um 4,7 %. Einen weiteren Einkommensverlust wollen die Gewerkschaften ihren Mitgliedern nicht zumuten. Sie wollen die Lasten der Inflation, die durch monetäre und fiskalische Nachfrage- sowie corona- und kriegsbedingten Angebotsschocks entstanden sind, nicht allein tragen. Auch 2023 wird die Inflation hoch bleiben. Die EZB erwartet 5,3 %. Das ist weit weg vom angestrebten Inflationsziel von 2 %. Dieser Prognose trauen die Gewerkschaften nicht. Und sie haben auch allen Grund. Die Energiepreise sinken zwar, die Kerninflationsrate steigt aber weiter. Kein Wunder, dass sie so hohe Löhne fordern, wie in den 70er Jahre nicht mehr. Es drohen neue Kluncker-Runden. Ver.di hat gerade bis zu 17 % bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwei Jahren durchgesetzt, die IG-Metall will 8,5 % mehr. Mit flächendeckenden Streiks und innovativen Streikstrategien untermauerten Ver.di und die EVG ihre Forderungen. Ein neuer Verteilungskampf würde die Inflation weiter befeuern. Es droht eine Preis-Lohn-Spirale.

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GastbeitragWie stark ist die unterliegende Inflation?Das Ende des Zinserhöhungszyklus ist nah

Der für die kommenden Monate allgemein erwartete Rückgang der Inflationsrate reicht vielen EZB-Ratsmitgliedern für ein Ende des Zinserhöhungszyklus nicht aus, wenn er nur auf eine geringere Teuerung bei einzelnen Gütern wie Energie zurückzuführen ist. Vielmehr müsse auch der unterliegende Preisdruck nachlassen. Ein Blick auf die von den Notenbankern diskutierten Maße für diese „unterliegende Inflation“ zeigt, dass von ihnen bisher die Mehrheit kein Nachlassen des Inflationsdrucks anzeigen. Allerdings werden die Tauben im EZB-Rat in den kommenden Monaten alle Signale einer sich abflachenden Inflation nutzen, um den Zinserhöhungszyklus in absehbarer Zeit zu beenden.

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Godot kam dann doch nochInflation, Lohn-Preis-Spiralen und Finanzmarktinstabilitäten

„Wer Preisniveaustabilität aufgibt, um Finanzmarktstabilität zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ (Alte Volksweisheit)

Totgesagte leben länger. Das gilt auch für die Inflation. Noch in den 70er Jahren war sie gefürchtet. 20 Jahre später hatte sie ihren Schrecken verloren. Manche Notenbanken fürchteten, dass ihnen die Arbeit ausgehe. Aber sie fanden einen Ausweg. Sie kultivierten die Angst vor Deflation. Die Finanz-, Euro- und Corona-Krisen kamen wie gerufen. Immer mangelte es (scheinbar) an Nachfrage. Schuldenfinanzierte Rettungspakete kamen in Mode. Die Notenbanken stiegen ein, sie zu finanzieren, „whatever it takes“. Sie experimentierten mit der Geldpolitik. Quantitative Lockerungen dominierten. Der Preisstabilität tat das zunächst keinen Abbruch. Die Inflation kam nicht. Ab Mitte 2021 war sie aber plötzlich da. Die Inflationsraten schossen nach oben. Der Ukraine-Krieg wirkte wie ein Brandbeschleuniger. Der Geist der Inflation war aus der Flasche. Seither sind die Notenbanken in der Bredouille. Die Inflation ist hartnäckig hoch, die Finanzmärkte sind wieder instabil, die Notenbanken in der Zwickmühle. Stabilisieren sie konsequent die Preise, kommen Banken und Staaten ins Trudeln. In der EWU steht auch der Euro wieder auf dem Spiel. Stützen sie Banken und Staaten, stabilisieren sie zwar die Finanzmärkte, begünstigen aber eine Lohn-Preis-Spirale. Die Inflation verhärtet sich. Was ist also zu tun, den Geist der Inflation wieder in die Flasche zurück zu kriegen?

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PodcastInflationWie kommt der Geist zurück in die Flasche?

Die Inflationsraten kommen aus extremer Höhe wieder zurück. Sie sind dennoch weiterhin viel zu hoch. Auch die Kernraten der Inflation (ohne Energie- und Lebensmittelpreise) signalisieren, dass die Gefahr noch nicht gebannt ist. Die Geldpolitik bleibt also gefordert. Durch die Unruhe im Bankensektor (u.a. Silicon Valley Bank, Credit Suisse) müssen die Zentralbanken neben der Preisstabilität nun aber auch die Finanzstabilität im Auge haben. Was ist das richtige Vorgehen? Wie kommt der Inflationsgeist zurück in die Flasche?

Ein Gespräch zwischen Prof. Dr. Aymo Brunetti (Universität Bern), Prof. Dr. Norbert Berthold (JMU) und Dr. Jörn Quitzau (Berenberg).

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GastbeitragUS-Inflationsupdate – Disinflation stockt

Die Märkte haben erfreut aufgenommen, dass US-Notenbankchef Powell zuletzt häufig davon sprach, eine „Disinflation“ habe eingesetzt, der Inflationsdruck also nachlässt. Die jüngsten Daten bestätigen dies aber nur teilweise. Entsprechend wird die Fed die Zinsen wohl noch mehrmals anheben.

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Podcast
Vor den US-Zwischenwahlen
Wie ist die Stimmung in den USA?

Am 8. November finden in den USA die Zwischenwahlen statt, die sogenannten Midterm Elections. Die Welt schaut gebannt nach Amerika und erhofft sich Hinweise für die Präsidentschaftswahl 2024. Wie steht es heute um die amerikanische Gesellschaft? Wie gespalten ist das Land? Welche Politiker sind für die Präsidentschaftswahl 2024 im Auge zu behalten?

Ein Gespräch zwischen Dr. Jackson Janes (German Marshall Fund) und Dr. Jörn Quitzau (Berenberg).

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Deutschlands glühend heiße Inflation
Ursachen, Formen und Lösungsansätze

Die EZB und das aktuelle Inflationsumfeld

Die Konsumentenpreisinflation im Euroraum ist stark angestiegen. Die Erwartung der Deutschen Bundesbank (2022), dass die Inflationsraten in Deutschland bald zweistellig sein würden, ist eingetreten. Der Verbraucherpreisindex (VPI) für Deutschland ist im September 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,0% gestiegen, der Harmonisierte Konsumentenpreisindex (HVPI) um 10,9% (siehe Abbildung 1).

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Gewinninflation und Inflationsgewinner

Die Inflation ist zurück. Aktuell (Juli 2022) liegen die Verbraucherpreise (gemessen am Preisindex für die Lebenshaltung) um 7,5% höher als vor einem Jahr, und die Einzelhandelspreise sind binnen Jahresfrist sogar um 9,3% gestiegen. Vor allem Energie (+43%) und Kraftstoffe (+23%), aber auch Nahrungsmittel (+15%) sind deutlich teurer geworden. Viele Menschen plagen Sorgen, dass sich ihr bisheriger Lebensstandard deutlich verringern könnte, und bei vielen auch durchaus zu Recht.

Die hohen Preissteigerungsraten werden gemeinhin auf höhere Beschaffungskosten der Unternehmen zurückgeführt. Tatsächlich sind insbesondere die Einfuhrpreise stark gestiegen, im Zuge dessen auch die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte. So lag im 2. Quartal 2022 der Deflator der Importe um knapp 20% höher als ein Jahr zuvor. Es ist aber zur kurz gegriffen, dies allein auf den Ukraine-Krieg und die dadurch verursachten Kostensteigerungen zurückführen zu wollen, denn der beschleunigte Preisanstieg bei importierten Gütern setzte bereits im Frühjahr 2021 ein. Die Exportpreise sind demgegenüber deutlich schwächer gestiegen. Dieser negative „Terms-of-Trade-Effekt“[1] hat dafür gesorgt, dass Deutschland trotz eines Zuwachses des (preisbereinigten) Bruttoinlandsprodukts (Wachstumsrate 1,8% gegenüber Vorjahr im 2. Quartal 2022) insgesamt ärmer geworden ist: Der Realwert des Bruttoinlandsprodukts lag zuletzt um 0,5% unter dem Wert des Vorjahres, der Realwert der Verfügbaren Einkommen sogar fast 2% niedriger.

Die höheren Beschaffungspreise für importierte Waren sind jedoch nicht der alleinige Grund für die gestiegene Inflation. Vielmehr scheinen einige Unternehmen den Kostenschub auch als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine noch stärkere Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern. Dies legen jedenfalls die Daten der amtlichen Statistik zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und der daraus errechenbaren (impliziten) Deflatoren wichtiger Aggregate nahe.

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Podcast
Inflation, Lohn-Preis-Spirale und Konzertierte Aktion

Die Zeiten haben sich geändert. Eine lange Phase niedriger Inflationsraten ist vorbei. Die Inflationsraten entwickeln sich auch in der EWU sehr dynamisch. Das ist keine ganz neue Entwicklung. Sie lässt sich schon seit geraumer Zeit beobachten. Der Ukraine-Krieg war ein Brandbeschleuniger. Die Hoffnung vieler, dass hohe Inflationsraten allenfalls eine temporäre Erscheinung seien, hat sich zerschlagen. Sie sind gekommen, um noch eine ganze Weile zu bleiben. Die EZB, zuständig für Preisstabilität in der EWU, ist nur widerwillig bereit, den dynamischen Prozess der Inflation zu bremsen. Sie geht geldpolitisch nur wenig vom Gas, sie bremst nicht. Eine länger hohe Inflationsrate schürt aber die Angst vor einer Lohn-Preis-Spirale. Die Gefahr ist groß, dass sich die Inflation verfestigt, auch weil sich die Preiserwartungen entankern. Der Preis einer anhaltend hohen Inflationsrate wäre erheblich. In der Not verfällt die Politik auf Instrumente aus einer längst vergangenen Welt, aus der Zeit der Globalsteuerung. Alte Glaubenssätze haben politisch wieder Konjunktur. Eine Konzertierte Aktion soll helfen, inflationäre Tendenzen im Zaum zu halten.

Prof. Dr. Norbert Berthold (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) im Gespräch mit Prof. Volker Wieland, Ph.D. (IMFS, Goethe-Universität Frankfurt am Main)

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