Wie können Demokratie und Freiheit miteinander in Einklang gebracht werden? Unter Demokratie verstehen wir die Herrschaft des Volkes – also eine Staatsform, die letztlich alle Bürger an den Entscheidungen des Staates beteiligt. Dass die Bürger mit Mehrheit – vielleicht sogar mit einfacher Mehrheit – entscheiden können, ist jedoch kein Definitionsmerkmal der Demokratie, auch wenn es Rousseau und der demokratische Sozialismus so darzustellen versuchen. Auch das Einstimmigkeits- oder ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis ist demokratisch. Das beste Beispiel ist die schweizerische Konkordanzdemokratie, die de facto selbst in der einfachen parlamentarischen Gesetzgebung zu qualifizierten Mehrheiten führt.
Der Schutz der Leistungseliten verlangt ein hohes Quorum. Unter den Ökonomen hat dies vor allem Knut Wicksell 1896 in seinem berühmten Aufsatz „Über ein neues Prinzip der gerechten Besteuerung“ in eindringlicher und geradezu prophetischer Weise formuliert:
„Jene Bewegung nun, welche der politischen Geschichte unseres Jahrhunderts mit wenigen Ausnahmen ihr Gepräge aufgedrückt hat, ist das stetige Fortschreiten zu parlamentarischen und demokratischen Formen des öffentlichen Lebens . . . Das Ziel dieser Bewegung ist die rechtliche Gleichstellung, die größtmögliche Freiheit sowie das ökonomische Gedeihen und friedliche Zusammenwirken aller; sie hat nicht zum Zweck, und sie käme mit dem Geiste, der sie von Anfang an beseelte, in Widerspruch, wenn sie es versuchte, das Joch freiheitsfeindlicher und lichtscheuer Oligarchien, welches sie ganz oder teilweise abzuschütteln wusste, durch eine kaum weniger drückende Tyrannei der zufälligen Majorität einer Volksversammlung zu ersetzen“(S. 110 f). „Wenn einmal die unteren Klassen definitiv in Besitz der gesetzgebenden und steuerbewilligenden Gewalt gelangt sind, wird allerdings die Gefahr vorliegen, dass sie ebensowenig uneigennützig verfahren werden wie die Klassen, welche bisher die Macht in den Händen hatten, daß sie m. a. W. die Hauptmasse der Steuern den besitzenden Klassen auflegen und dabei vielleicht in der Bewilligung der Ausgaben, zu deren Bestreitung sie selbst nunmehr nur wenig beitragen, so sorglos und verschwenderisch verfahren, daß das bewegliche Kapital des Landes bald nutzlos vergeudet und damit die Hebel des Fortschritts zerbrochen sein werden . . . Gegen Mißbräuche der erwähnten Art liegt aber zweifellos die beste, ja die einzig sichere Garantie im Prinzip der Einstimmigkeit und Freiwilligkeit der Steuerbewilligung. Eben deshalb sollten andererseits die, welche nur widerstrebend und mit bösen Ahnungen sich den immer lauter werdenden Forderungen der Demokratie unterwerfen, um so eifriger bemüht sein, jenes Prinzip schon in der heutigen Steuergesetzgebung zur Geltung zu bringen“ (S. 122 f).
Wicksells Tyrannei der Mehrheit ist zur Zeit vor allem in der Europäischen Union zu beobachten. Im Ministerrat überstimmt werden am häufigsten Großbritannien, Schweden und Deutschland oder allgemeiner der Norden vom Süden (Mattila, Lane 2001; Mattila 2004). In einer der neuesten Untersuchungen heißt es dazu: „A clear majority… of the… issues where there are significant divisions between Northern and Southern delegations concern choices between free-market and regulatory alternatives… In general, the Northern delegations tend to support more market-based solutions than the Southern delegations“ (Thomson et al., 2004, pp. 251, 255f.). Mit anderen Worten: die Mehrheit der hoch regulierten Staaten zwingt der Minderheit ihr höheres Regulierungsniveau auf. In der politisch-ökonomischen Literatur wird dies als „strategy of raising rivals’ costs“ bezeichnet. Auch die Geschichte des Föderalismus liefert dafür viele Beispiele. So zwangen die Nordstaaten der USA den Südstaaten einen föderalen Mindestlohn auf (Stigler 1970), und im wilhelminischen Kaiserreich überzog die von Preußen angeführte Mehrheitskoalition die liberaleren Staaten des Westens (Hamburg, Bremen, Lübeck, Oldenburg, Baden, Württemberg, Hessen) mit einem Netz unerwünschter Regulierungen und Zölle. (Roland Vaubel, „Federation with Majority Decisions: Economic Lessons from the History of the United States, Germany and the European Union“, Economic Affairs, 24, December 2004; S. 53-59)
Das Einstimmigkeitsprinzip ist in kleinen Gruppen – zum Beispiel im Ministerrat der Europäischen Union – praktikabel und bei Regulierungs- und Finanzbeschlüssen auch notwendig. Aber in großen Gruppen sind die Verhandlungskosten zu hoch und Probleme mit pathologischen Querulanten allzu wahrscheinlich. Geht man aber zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen über, so mag jedes konkrete Quorum als willkürlich erscheinen. Sollen es zwei Drittel wie bei unseren Grundgesetzänderungen oder 65 Prozent wie jetzt für den EU-Ministerrat beabsichtigt oder 62 Prozent wie vom Europäischen Konvent empfohlen oder 72,3 Prozent wie im Vertrag von Nizza sein?
Aus ökonomischer Sicht könnte es effizient sein, das Quorum bei Ausgabenentscheidungen an der Steuerbelastung festzumachen, denn die Staatsausgaben sind – wie Wicksell darlegt – zu hoch, wenn die Entscheidungen nicht von denen getroffen werden, die dafür bezahlen müssen. Deshalb sind die Ökonomen für das fiskalische Äquivalenzprinzip. Zum Beispiel könnte das Quorum bei Ausgabenentscheidungen 100 Prozent abzüglich der Hälfte des Anteils betragen, den die Einkommenssteuerpflichtigen an der Zahl der Wahlbürger haben. Oder man könnte auf den Anteil derer abstellen, die sich im progressiven Bereich des Einkommenssteuertarifs befinden. Aber diese Regelung wäre recht unscharf und eher einer direkten Demokratie angemessen. In der repräsentativen Demokratie müsste man auf die persönliche Interessenlage der Abgeordneten abstellen. In der Republik Venedig (1297-1797) zum Beispiel waren alle Ratsmitglieder, die kirchliche Ämter innehatten, von der Mitentscheidung über die Kirche berührende Fragen ausgeschlossen. Heute wird man Befangenheit vor allem bei den Abgeordneten vermuten, die aus dem öffentlichen Dienst kommen und dort beurlaubt sind. Sie sind aus einem eigennützigen Interesse an zu hohen Staatsausgaben und zu weitreichenden Regulierungskompetenzen interessiert. Es ließe sich daher gut rechtfertigen, bei Finanzierungs-, Ausgaben- und Regulierungsentscheidungen des Bundestages zusätzlich eine (einfache) Mehrheit unter denjenigen Abgeordneten zu verlangen, die nicht aus dem öffentlichen Dienst stammen (Prinzip der doppelten Mehrheit). Oder man legt das Quorum so fest, dass es dem Anteil der Abgeordneten aus dem öffentlichen Dienst (zur Zeit 38 Prozent) plus der Hälfte der anderen Abgeordneten entspricht, also zur Zeit 70 Prozent betragen würde. In einer Reihe von Landtagen liegt der Anteil der Öffentlichbediensteten übrigens noch höher – zum Teil sogar weit über 50 Prozent.
Wenn die Verfassung Beschränkungen der Freiheit nur mit einer hohen qualifizierten Mehrheit zuließe, so würde daraus folgen, dass diese Beschränkungen der Freiheit von einer qualifizierten Minderheit wieder aufgehoben werden könnten. (Roland Vaubel, „Konsenspflicht aus ökonomischer Sicht: Die liberale Alternative“, in: Hans Hattenhauer, Werner Kaltefleiter (Hg.), Mehrheitsprinzip, Konsens und Verfassung, Heidelberg 1986, S. 115-135, bes. S. 123.) Aus der Sicht des Verfassungsökonomen ist es daher unsinnig, für alle Verfassungsänderungen eine qualifizierte Mehrheit – zum Beispiel eine Zwei-Drittel-Mehrheit – zu verlangen. Eine solche Regelung zementiert den Status Quo, aber sie schützt nicht die Freiheit in der Demokratie. Dafür ist eine asymmetrische Regel notwendig: Da Eingriffe in die Freiheit durch eine hohe qualifizierte Mehrheit legitimiert werden müssen, reicht es für ihre Rücknahme aus, dass diese qualifizierte Mehrheit nicht mehr vorhanden ist. Die Ermächtigung kann daher von einer qualifizierten Minderheit widerrufen werden. Diese Einsicht findet sich auch im neuesten Verfassungsvorschlag der European Constitutional Group (2004).
Anstatt ein hohes Quorum festzulegen, kann man die Leistungseliten aber auch dadurch schützen, dass man ein Zwei-Kammer-System einführt und diejenigen, die die Hauptlast der (direkten) Besteuerung tragen, eine der beiden Kammern wählen lässt. Bei allen Finanzierungs- und Ausgabenentscheidungen müssen dann beide Kammern zustimmen, wird ein Konsens von Arm und Reich erforderlich. Eine mit dem Gesetzgebungsveto ausgestattete Repräsentation der Hauptsteuerzahler gab es in mindestens drei historisch höchst erfolgreichen Demokratien: Im Athen der Solonischen Verfassung (ab 593 v. Chr.) war dies der Areopag (Der Areopag war allerdings nicht eine legislative Kammer, sondern das höchste Gericht. Sein Gesetzgebungsveto ergab sich aus seiner Normenkontrollkompetenz.), in der römischen Republik lange Zeit der Senat und in der britischen Demokratie das House of Lords. Die doppelte Repräsentation hat den Vorteil, dass nicht um Prozente gefeilscht, sondern nur die Wahlberechtigung für das Oberhaus geklärt werden muss. Aber die Geschichte zeigt auch, dass jedes dieser Oberhäuser früher oder später sein Zustimmungsrecht verlor und nur noch beratende Funktion hatte. Denn auch bei der Zwei-Kammer-Lösung sind die Abgrenzungsschwierigkeiten ein häufiger Stein des Anstoßes.
Eleganter ist daher ein System, in dem beide Kammern von allen Bürgern gewählt werden, aber mit unterschiedlichen Gewichten. Auch dieses System wurde in der römischen Republik praktiziert. Für die eine Kammer, die comitia tributa, galt das allgemeine und gleiche Wahlrecht, in der anderen, der comitia centuriata, wurde nach Abteilungen (centuriones) abgestimmt, so dass die Landbesitzer, die zunächst die Hauptsteuerlast trugen, das Übergewicht hatten. Denn für die höheren centuriones, die jeweils als erste und en bloc ihre Stimme abgaben, gab es viel weniger Wahlberechtigte als für die unteren centuriones.
David Hume in seinem Essay „Of some remarkable customs“ (1752) sah darin das Erfolgsgeheimnis der römischen Republik, „the most active, triumphant and illustrious commonwealth that ever yet appeared“. (David Hume, Essays: Moral, Political and Literary, hg. von Eugenc F. Miller, Liberty Fund, Indianapolis 1985, S. 371.) Lord Acton (1878) führt dieses System auf Aristoteles – sein Spätwerk “Поλιτικά“ – zurück: „He advised that power should be distributed to high and low; to the first according to their property, to the others according to numbers“. (John E. E. Dalberg-Acton, Essays in the History of Liberty, ed. by J. Rufus Fears, Liberty Fund, Indianapolis 1985, S. 63.)
Bitte verwechseln Sie dieses System nicht mit dem viel zitierten preußischen Drei-Klassen-Wahlrecht, das 1850 eingeführt wurde. In Preußen fehlte eine nach gleichem Wahlrecht gewählte zweite Kammer. Die andere Kammer – das Herrenhaus – war im Gegenteil ganz den Angehörigen der besitzenden Klasse vorbehalten. Und weder in der römischen Republik noch in Preußen waren die Zuständigkeiten der nach dem fiskalischen Äquivalenzprinzip zusammengesetzten Kammer auf Finanzierungs- und Ausgabenentscheidungen beschränkt. Auch gab es nicht das Prinzip der geheimen Wahl.
Abgesehen von Zwei-Kammer-Systemen und qualifizierten Mehrheitserfordernissen finden wir in der Verfassungsgeschichte noch eine dritte Lösungsmöglichkeit, wie die Leistungseliten vor der Tyrannei der Mehrheit geschützt werden können. Auch sie geht auf Solon zurück und mag zum Aufstieg Athens beigetragen haben. Solons Verfassung unterschied zwischen dem aktiven und dem passiven Wahlrecht. Zwar waren alle vier Klassen von Wahlbürgern – insgesamt weniger als 15 Prozent der athenischen Bevölkerung – in der Volksversammlung gleichermaßen stimmberechtigt, aber Mitglieder der untersten Klasse durften nicht für politische Ämter kandidieren. Ähnlich konnten in der römischen Republik zunächst nur Patrizier von der comitia plebis zu Volkstribunen gewählt werden. Wussten Sie, dass auch unser Grundgesetz – Art. 137, Abs. 1 – Beschränkungen des passiven Wahlrechts (für Angehörige des öffentlichen Dienstes!) zulassen würde?
Welche Vorkehrungen trifft unsere Verfassung, um die Leistungseliten vor der Mehrheit zu schützen? Sie garantiert Grundrechte, eine unabhängige Gerichtsbarkeit und den Föderalismus. Der Grundrechtsschutz ist jedoch äußerst lückenhaft. Die Vertragsfreiheit zum Beispiel wird nicht in der Verfassung genannt. Sie kann nur indirekt aus der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2) abgeleitet werden. Wenn die Vertragsfreiheit ausdrücklich durch das Grundgesetz geschützt würde und nur durch ein Gesetz beschränkt werden könnte, würde sie nicht mehr so hemmungslos verletzt. Vertragsfreiheit auf dem Arbeitsmarkt würde Wunder wirken – ein zweites „Wirtschaftswunder“ wäre die Folge. Die Vertragsfreiheit darf und muss nur dann eingeschränkt werden, wenn der Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen wird (zum Beispiel ein Kartellvertrag) oder wenn er die Vertragsfreiheit oder die körperliche Unversehrtheit eines Vertragsschließenden verletzt, dieser sich also zum Beispiel in die Sklaverei begibt oder seiner eigenen Verstümmelung zustimmt. Der Grundrechtsschutz ist allerdings höchst unvollkommen, solange die Mehrheit der Verfassungsrichter von der parlamentarischen Mehrheit benannt wird. Solche Richter mögen zwar unabhängig sein, aber sie sind nicht politisch neutral. Unsere Grundrechte wären besser geschützt, wenn die Verfassungsrichter von Richtern – den Mitgliedern der anderen höchsten Gerichte – gewählt würden.
Mehr Schutz bietet der Föderalismus, denn er zwingt die Politiker, um die Gunst der Leistungseliten zu konkurrieren. Noch wirksamer ist der Standortwettbewerb zwischen unabhängigen Staaten. Immanuel Kant (1784), Edward Gibbon (1787), Lord Acton (1877) und Max Weber (1923) oder zu unserer Zeit Eric Jones (1981) und Douglass North (1998) haben darin das historische Erfolgsgeheimnis Europas gesehen. (Immanuel Kant, „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“, in: Kurt Rossmann (Hg.), Deutsche Geschichtsphilosophie von Lessing bis Jaspers, Birsfelden – Basel 1959, S. 42-85, bes. S. 58f.; Edward Gibbon, The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, Basel 1787, Vol. VI, ch. 38, S. 329; Lord Acton, a.a.o., S. 21; Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, München, Leipzig 1923, S. 288; Eric Jones, The European Miracle, Cambridge 1981 (in dt. Übersetzung: Das Wunder Europa, Tübingen 1991); Douglass C. North, „The Rise of the Western World“, in: Political Competition, Innovation and Growth: A Historical Analysis, hg. von P. Bernholz, M.E. Streit und Roland Vaubel, Berlin etc. 1998, S. 13-28.) Die Dezentralisierung politischer Macht schuf den Kaufleuten, den Wissenschaftlern, den Juden und den Protestanten die Möglichkeit der Entfaltung. Auch zwischen den Stadtstaaten des griechischen Altertums und der italienischen Renaissance war die Mobilität der Eliten außerordentlich groß, wie vor allem Jakob Burckhardt (1860, 1898-1902) betont hat. (Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, Basel 1860, bes. S. 127; ders., Griechische Kulturgeschichte, Basel 1898-2002, Band 1. Vgl. auch seine Betonung des „Agonalen“ in der griechischen Kultur (z.B. S. 319f.).) Heute sprechen wir von der Globalisierung, und darin liegt die große Chance der Leistungseliten. Umso erstaunlicher ist es, dass unsere Verfassung zwar die Freizügigkeit im Bundesgebiet (Art. 11), aber nicht das Recht der Auswanderung und den freien Kapitalverkehr garantiert.
Es ist doch recht erstaunlich, wie man in Volkswirtschaftslehre promoviert sein kann udn dann nicht mal die Grundzüge der Theorie optimaler verstanden haben kann. Die Aussage: es wird ja beim Nehmer versteuert – und nicht beim Geber – ist ökonomisch hochgradigster Unsinn. Also bitte, Herr Dr. Henrichs, das kann doch nicht ihr ernst sein…. Das ganze ist hochgradig irrelevant!
Davon abgesehen:
„Im übrigen ist die Sparquote in Deutschland sowieso zu hoch.“
Was soll eine solche Aussage?! Das gesamte Steuersystem in Deutschland ist so ausgestaltet, dass wir eine systematische Verzerrung zugunsten des Konsums haben! Nachdem Sie ansonsten immer irgendwelche Zahlen bereit haben, mit denen Sie ihre teilweise äußerst dürftigen Argumente zu untermauern suchen, kommt jetzt eine Aussage, die einfach mal so in den leeren Raum gestellt wird.
„Eine Besteuerung von Hartz 4 wäre steuersystematisch korrekt nur zu hoher Aufwand.“
Auch das ist falsch. Hartz IV wird besteuert und das nicht zu knapp… das ganze nennt sich dann „Transferentzugsrate“, was nicht anders als eine Steuer wirkt.
„Eben nicht. Aufgrund von Herstellung von innerer Sicherheit u.ä. erhält der Erbe durchaus eine Kompensation. Eine ähnliche Kompensation erhält jeder Steuerzahler vom Staat. Problematisch wird es erst dann, wenn der Staat Steuern eintreibt, ohne eine Kompensation in Form von innerer Sicherheit etc. zur Verfügung zu stellen.“
Das ist genau ein Argument, weshalb eine Erbschaftssteuer falsch ist. Der Staat hat bereits bei der Entstehung des Einkommens des Erblassers kräftig zugegriffen. Außerdem zahlt der Erbe bei seinem Konsum Stuern und bei Anlage des Vermögens trägt er die Steuern auf seinen Kapitalertrag, was ebenfalls steuersystematisch völlig falsch ist. Gerade hier entsteht eine Vielfachbelastung des Kapitals, wobei Eigenkapital steuerlich sogar noch stärker heran gezogen wird als Fremdkapital. Auch dies eine völlig unnötige Verzerrung der Investitionsentscheidung! Letztlich bereichert sich der Staat bei einem Erbe völlig ohne Gegenleistung!
Also jetzt muss ich doch wieder Wikipedia bemühen: „Mit dieser These gilt Eucken als Begründer des Ordoliberalismus, der auch als deutsche Variante des Neoliberalismus bezeichnet wird.“
Natürlich erhält der Steuerzahler keine Kompensation. Dein Beispiel mit der Inneren Sicherheit hakt gleich mehrfach. 1. Gibt es ohne Markt kein Mass dafür, wieviel „Innere Sicherheit“ und in welcher Qualität diese nachgefragt wird. Damit lässt sich auch nicht sagen, inwiefern der Staat diese Dienstleistung überhaupt erbringt. 2. Kann man nicht einfach irgendwas produzieren und dann beliebig Gelder dafür erzwingen – das hat mit Kompensation nichts zu tun. Das wäre wie wenn BMW von jedem Bundesbürger 50% vom Einkommen verlangt, weil sie ja schliesslich Autos produzieren. Hier gibt es keinen Gegenseitigkeit des Leistungsverhältnisses. Es wäre auch lächerlich zu behaupten, dass der Staat unzählige Milliarden von seinen Bürgern eintreibt, nur um Bundespolizei und Verfassungsschutz zu betreiben.
Auch in einer Demokratie ist es keineswegs egal, wenn Menschen ausgebeutet werden. Nach modernem Verständnis darf die Demokratie nicht in eine Diktatur der Mehrheit über die Minderheit entarten.
Du scheinst zu verkennen oder ignorieren, dass ein wesentliches Problem der Erbschaftssteuer die Doppelbesteuerung ist. Natürlich wird auch der Geber besteuert – es sei denn, Du würdest dessen Einkommen, soweit es dem Ansparen dient, von der Einkommenssteuer befreien.
Die Tatsache, dass es in anderen Länder auch Einkommenssteuern gibt, widerlegt weder deren Sittenwidrigkeit noch deren averse ökonomische Anreize. Eine „zu hohe“ Sparquote kann es in einer Marktwirtschaft nicht geben, da nur der Sparer über die Höhe seiner Rücklagen zu entscheiden hat. Du empfindest sie möglicherweise als zu hoch, da Du keinen Wert auf Investitionen und Arbeitsplätze oder Innovationen legst. Unter dieser Voraussetzung ist die Zerstörung von Vermögen natürlich in der Tat kein Problem. Unter dieser Voraussetzung würde es aber auch reichlich düster um die künftige wirtschaftliche Entwicklung der BRD stehen…
„Also bitte, Herr Dr. Henrichs, das kann doch nicht ihr ernst sein…. Das ganze ist hochgradig irrelevant!“
Das ist überhaupt nicht irrelevant. Wäre dem so, dann wären die Steuereinnahmen des Staates gleich, ob 1 Mio. Euro auf 1 oder auf 10 Personen vererbt wird. Das ist aber nicht so.
„Das gesamte Steuersystem in Deutschland ist so ausgestaltet, dass wir eine systematische Verzerrung zugunsten des Konsums haben!“
Z.B. die 3%ige Mehrwertsteuererhöhung bildet eine systematische Verzerrung zugunsten des Konsums, nicht wahr?
„Hartz IV wird besteuert und das nicht zu knapp… das ganze nennt sich dann “Transferentzugsrate“, was nicht anders als eine Steuer wirkt.“
Ja, bei Hinzuverdiensten. Ich bin jetzt halt vom einfachsten Fall ausgegangen. Dass es im deutschen Steuerrecht immer Ausnahmen gibt und es natürlich nie einfach ist, ist ja bekannt.
„Der Staat hat bereits bei der Entstehung des Einkommens des Erblassers kräftig zugegriffen.“
Irrelevant. Der Erblasser wird ja nicht besteuert sondern der Erbe.
„Außerdem zahlt der Erbe bei seinem Konsum Stuern“
Irrelevant. Das gleiche Argument würde dann auch gegen die Lohnsteuer gelten. Wenn du deinen Lohn ausgibst, zahlst du auch Mehrwertsteuer oder Kapitalertragssteuer, wenn du sie anlegst. Wenn du nicht gleichzeitig die komplette Lohn- und Einkommensteuer abschaffen willst, kannst du dieses Argument nicht bei der Erbschaftssteuer verwenden.
„Also jetzt muss ich doch wieder Wikipedia bemühen: “Mit dieser These gilt Eucken als Begründer des Ordoliberalismus, der auch als deutsche Variante des Neoliberalismus bezeichnet wird.““
Ich sage ja wikipedia.de. Lies mal wikipedia.org, da liest du nichts von diesem Quatsch. Oder bezeichnest du deine Ehefrau auch als Weib?
„Natürlich erhält der Steuerzahler keine Kompensation. Dein Beispiel mit der Inneren Sicherheit hakt gleich mehrfach. 1. Gibt es ohne Markt kein Mass dafür, wieviel “Innere Sicherheit“ und in welcher Qualität diese nachgefragt wird. Damit lässt sich auch nicht sagen, inwiefern der Staat diese Dienstleistung überhaupt erbringt. 2. Kann man nicht einfach irgendwas produzieren und dann beliebig Gelder dafür erzwingen – das hat mit Kompensation nichts zu tun.“
Das Ausmass der Kompensation wird im demokratischen System ausgehandelt. Im übrigen definiert sich Steuer gerade dadurch, dass der Steuerzahler keinen direkten Anspruch auf Gegenleistung hat. Dass dieser Anspruch nicht existiert, ist bei keiner Steuer ein Problem. Bei einer Erbschaftssteuer soll dies also plötzlich ein Problem darstellen?
„Du scheinst zu verkennen oder ignorieren, dass ein wesentliches Problem der Erbschaftssteuer die Doppelbesteuerung ist.“
Es gibt bei der Erbschaftssteuer keine Doppelbesteuerung. Schon alleine weil der Geber gar nicht besteuert werden kann, weil zu diesem Zeitpunkt verstorben.
„Eine “zu hohe“ Sparquote kann es in einer Marktwirtschaft nicht geben, “
Selbstverständlich. Lies mal Keynes.
Zunächst einmal schließe ich mich dem Beitrag von Ralf Henrichs hundertprozentig an. Er bringt die Sache auf den Punkt: Wer erbt, erhält ein (leistungsloses) Einkommen.
Nun was zu Herrn Triller, der sich angeblich nicht an der vorhergehenden Diskussion beteiligen will, es dann aber doch tut: Lieber Herr Triller, ihre Definition von „Leistungsträgern“ ist absolut nicht die des Professors oder der meisten anderen hier. „Leistungselite“ oder „Leistungsträger“ im neoliberalen Sinne (und auch im Sinne des Artikels!) ist, wer Geld hat. Punkt. Dies bedeutet umgekehrt, dass es eben NICHT um den Schutz desjenigen geht, der keines hat, aber sich sein Vermögen noch erarbeiten will. Der ist nämlich KEIN Leistungsträger.
Zu Christian Hoffmann: Ich gehe hier aus technischen Gründen (Postinglänge) nur auf deine Kernfragen ein, lasse ggf. Punkte bewusst weg. Wenn das nicht in deinem Sinne ist, einfach nachhaken, ich werde mich um keine Frage drücken. Bevor ich anfange, nochmal zur Klarstellung: Doch es gibt definitiv einen Unterschied zwischen meiner Definition, und EURER Definition von Leistungselite. Dieser Unterschied manifestiert sich exakt darin, dass für Euch der strunzend dumme und faule Millionenerbe im Zweifelsfall Vorrang genießt vor dem qualifizierten Ingenieur, Facharbeiter o.ä., der sich sein Vermögen erst noch erarbeiten muss. Und um es klar zu sagen, es gibt ein IHR und ein EUCH, und es lässt sich EXAKT an diesen Punkten festmachen! Eure Vertreter in Politik und Wirtschaft haben und werden IMMER im entscheidenden Moment dem letztgenannten im Stich lassen, wenn es denn den ohnehin schon Begüterten hilft. Das haben die Entscheidungen und Entwicklungen der letzten Jahre deutlichst gezeigt, in denen z.B. die extrem arbeitnehmer- und unternehmerfeindlichen Abgaben ausschließlich in Sonntagsreden gesenkt wurden. Stattdessen hat der Staat dann zwar in der Tat auf etliche Milliarden jährlich verzichtet, aber nur bei den Steuern. Jubilieren darf jeder, der sein Geld mit Zinsen verdient – wer dafür arbeitet, darf weiterkotzen.
Was es deine Einschätzung meiner Ansichten betrifft, unterliegst du übrigens einem drastischen Missverständnis: Ich halte die derzeitige Belastung der Arbeitnehmer und Selbstständigen in der Tat für abartig drastisch, bin aber auch ein äußerst scharfer Gegner jeglicher Vermögenssteuern. Einnahmen aus Vermögen besteuern ist für mich ok, das Vermögen selbst hingegen sollte in Ruhe gelassen werden. Ich finde es genau richtig, dass die Vermögenssteuer gekippt wurde. Wer aber ein Vermögen erbt, der hat in dem Moment eindeutig ganz stinknormale Einnahmen, und die gehören gefälligst mindestens so stark besteuert, wie gleichhohe Einnahmen aus Arbeit. Das Argument mit dem „bereits besteuertem Geld“ zieht übrigens absolut nicht! Wenn DAS in irgendeiner Form valide wäre, dann frage ich mich doch ernsthaft, wieso ich zweieinhalb Stunden arbeiten muss, um jemanden mit gleichen Marktwert auch nur für eine einzige Arbeitsstunde bezahlen zu können! Warum bloß? Ich meine, mein erarbeitetes Geld wurde doch bereits mit Abzügen belegt, nämlich in Form von Steuern UND Abgaben (=verdeckte Form einer besonders ungerechten Besteuerung). Als ob DA auch nur irgendein Arsch nach fragen würde. Ganz im Gegenteil, gerade die ganz realen Neocons bzw. Neoliberalen aus CDU und FDP sind die treibende Kraft hinter weiteren drastischen Erhöhungen in dem Bereich. (Mal eben 4,5 Mrd. EUR Zuschuss zur GKV streichen, obwohl Kindermitversicherung und Arbeitslosen-GKV-Beiträge eindeutig Aufgaben ALLER Bürger wären, und nicht die der Beitragszahler!)
Um in deinem Duktus zu bleiben: Ist Arbeiten deines Erachtens falsch oder böse? Etwas, das durch den Staat zu bestrafen ist? Denn genau das ist es, was heute passiert. Würden die heutzutage in Deutschland vererbten Vermögenswerte genauso besteuert (von Abgaben rede ich hier nicht einmal!), wie die durch Arbeit erwirtschafteten Einkommen, dann könnte die Steuerlast der Arbeitnehmer und Selbstständigen auf einen Schlag um 10 Prozent gesenkt werden. Mit Verlaub, da bin ich meines Erachtens vollkommen zu recht stinkig, aber so was von!
Letztlich läuft es auf die Frage hinaus, wer diesen Staat bezahlen soll: Diejenigen, die für ihr Geld Leistung erbringen, oder jene, die ihr Einkommen ohne Eigenleistung erwerben. Abhängig von der Antwort werden wir entweder in einem Staat leben, in dem es immer schwerer werden wird, sich hochzuarbeiten (=Zustand heute), oder aber in einem Land, welches uns garantieren kann, dass nicht die Herkunft deiner Eltern, sondern maßgeblich deine eigene Lebensleistung über deinen finanziellen Status entscheiden wird.
Die Antwort wird aufgrund der negativen Seiteneffekte der beiden Extrempositionen letztlich irgendwo in der Mitte liegen müssen, aber im Moment tut sie das nicht. Von 100 Milliarden Einkommen durch Erbfälle landen 5% beim Fiskus, von Erarbeitetem hingegen 35%. Wohlgemerkt OHNE die Abgaben, die in Wirklichkeit Schattensteuern darstellen! Das mindeste, was man wohl fordern dürfte, wäre eine Gleichverteilung dieser Lasten! Dann könnte die Steuerbelastung der Arbeitnehmer und Selbstständigen um 10% sinken, und die Erben hätten immer noch zwei Drittel ihres leistungslos erworbenen Einkommens zur Verfügung.
Herr Henrichs!
Sie weichen mehrfach meinen Fragen aus: Bitte gehen Sie eindeutig auf die von Ihnen beschriebene Relevanzthese ein! Aus ihren vorherigen Aussagen war zu entnehmen, dass es einen Unterschied macht, ob der Erbe oder der Erblasser die Steuer bezahlt. Das hätte ich jetzt gerne mal ökonomisch begründet!
Wenn sie polemisch von einer Verzerrung des Konsums ausgehen, dann hätte ich gerne mal folgende Aussagen: welche intertemporalen Nutzenfunktionen unterstellen Sie hierbei? Wie begründen Sie die Relevanz einer unterstellt sicheren Konsumsteuer? Wir reden hier explizit nicht (!) von der ÄNDERUNG der Mehrwertsteuer, sondern von der Existenz“
Wieso gehen Sie an der Stelle bzgl H4 vom einfachsten Fall aus? Ansonsten haben Sie doch (siehe bisherige Diksussionen) immer auf die theoretische, realitätsferne Diskussion verwiesen? Äußern sie sich bitte mal explizit, inwiefern Sie den theoretisch einfachsten Fall für angemessen halten, wenn eine implizite Besteuerung von H4 von über 90% (!!!) existiert! Inwiefern erachten Sie diese Relavanz denn bitte als Ausnahme? Oder sind Sie nicht doch der Meinung, dass diese doch irgendwie wesentlich ist?!
Wieso erachten Sie die Besteuerung des Erblassers als Irrelevant? Sagen Sie mir mal bitte, an welcher Stelle die Irrelvanz auftritt und inwiefern eine tatsächliche Verzerrung der Investitionsentscheidungen nicht (!!!) auftritt.
Der Vergleich zwischen Lohnsteuer und Mehrwertsteuer ist volkommen falsch! Die Lohnsteiuer ist eine Vorauszahlung auf die Einkommenstuer von daher, bis auf vernachlässigbare Effekte (Zinseffekte), völlig egal! Selbiges gilt auch für sie Kapitalertragsteuer!
Außerdem besteht selbstverständlich ein Unterschied zwischen Einkommensteuer und Erbschaftsteuer! Davon abgesehen waren es SIE, die von einer PSEUDO-Systematik des deutschen Steuersystems geschrieben haben, die in diesem Sinne nicht existiert und existieren kann!
Und zu dem tollen Zitat von Keynes:
Bitte erläutern Sie der interessierten Leserschaft doch mal, welche keynes’sche These Sie auf die heutige Situation anwenden! Hierzu würde ich auch gerne mal erfahren, weshalb diese These den stark ausgeprägten Steuereffekt überlagern sollte und in Deutschland auch tatsächlich überlagert!
NEIN, BEN!
Nur weil es Herr Henrichs sagt, ist Erbe noch lange kein Einkommen. Weder Herr Henrichs noch du verstehen auch nur näherungsweise die Grundprinzipien der Besteuerungstheorie!
Es ist ja OK, wenn man sagt: „Ich finde Raub sehr gerecht!“ oder „Ich habe das mit dem deutschen Steuersystem nich ganz verstanden und bin halt neidisch.“ Das ist deine Meinung! Aber das ganze irgendwie zu rechtfertigen geht schon in Richtung einer ausgeprägten Perversion der Tatsachen!
Dies Aussage „Erbe ist gleich Einkommen“ ist komlett unnütz! Man kann ja auch guten Gewissens behautpten „Laute Musik über 120 dB=Einkommen“. Das ist nicht weniger sinnvoll als die vorhergegangene Aussage. Es ist immer wieder deprimierend, wenn Leute mit einem erstaunlich minderen Verständnis des Steuersystems oder der Theorie der optimalen Besteuerung Aussagen treffen, die vollkommen an dem eigentlichen Problem vorbei gehen und dann nicht mal die Ehrlichkeit besitzen zu sagen: „Ja, ich bin neidisch.“ und „ja, ich möchte staatlichen Raub ohne jedwede Begründung.“ Herr Henrichs, Ben: Seid ehrlich. macht euch diese Aussagen zu eigen und die Diskussion ist erledigt!
@ Jens Maul,
ja, ich habe schon darauf gewartet, wer hier als erster mit seiner ökonomischen Argumentation nicht mehr weiterkommt und zum Totschlagargument „Neid“ greift. Nein, ich bin nicht neidisch. Aber der Admin muss sich schon fragen lassen, warum er ein solches Posting durchlässt, das inhaltlich zur Diskussion nichts beiträgt sondern sich nur in Beleidigung ergeht. Aber sei’s drum. Ich bin bei Internet-Diskussionen durchaus härteres gewohnt. Damit kann ich gut leben.
Inhaltlich: Wir reden (bewusst?) aneinander vorbei. Das Erbe ist steuerökonomisch natürlich kein Einkommen. Ansonsten müssten Sie aufs Erbe Einkommensteuer zahlen.
Ich beziehe mich aber auf die ökonomische Theorie. Y=C+I sagt Ihnen was, ja? Danach ist Y das Einkommen. Wie wollen Sie diese grundlegende Gleichung jemals in Einklang bringen, wenn das Erbe für Sie kein Teil des Y ist?
Ihnen sagt Milton Friedman etwas? Friedman hat die permanente Einkommenstheorie, wonach die Menschen ihr Konsumverhalten am Lebenseinkommen orientieren. Und in dieses Lebenseinkommen soll das erwartbare Erbe nicht eingehen?
„Aus ihren vorherigen Aussagen war zu entnehmen, dass es einen Unterschied macht, ob der Erbe oder der Erblasser die Steuer bezahlt.“
1. Ich habe schon gesagt: es macht einen Unterschied, ob 1 Mio. auf eine Person oder auf 10 Personen vererbt wird.
2. Der Erblasser kann keine Steuern bezahlen, da tod.
3. Der Erblasser hat für das Geld, was er vererben will, eine Leistung erbracht (in der Regel), für den Erben ist dies leistungsloses Einkommen.
„Wenn sie polemisch von einer Verzerrung des Konsums ausgehen, dann hätte ich gerne mal folgende Aussagen: welche intertemporalen Nutzenfunktionen unterstellen Sie hierbei? Wie begründen Sie die Relevanz einer unterstellt sicheren Konsumsteuer? Wir reden hier explizit nicht (!) von der ÄNDERUNG der Mehrwertsteuer, sondern von der Existenz“
Ja, und? Die Mehrwertsteuer verzerrt ja wohl zuungunsten des Konsums. Vor allem wenn keine Vermögensteuer existiert. Wenn Sie 1 Mio. Euro haben und dies gleich in Konsum stecken, zahlen Sie 19% Steuer (heute). Und jetzt bitte nicht mit dem Argument kommen, dass es wegen 7% Mehrwertsteuer auch weniger sein könnte. Man kann hier in der Kürze nicht auf alle Sonderfälle eingehen.
Wenn Sie aber sparen, können Sie daraus (so Sie es gut anlegen) irgendwann 1,19 Mio. Euro (+Inflation) machen. Dann haben Sie die Steuer im Prinzip gespart.
Insgesamt ist es ja schon drollig, wenn in einem Land mit einer so hohen Sparquote behauptet wird, es wird steuersystematisch zugunsten des Konsums verzerrt.
„Wieso gehen Sie an der Stelle bzgl H4 vom einfachsten Fall aus?“
In einer Internet-Diskussion kann man schlecht alle Sonderfälle erläutern. Aber ok, ich war hier ungenau.
„Wieso erachten Sie die Besteuerung des Erblassers als Irrelevant?“
Schauen Sie sich einfach mal die USA und GBR an. Ich habe nicht den Eindruck, dass die dortigen Erbschaftssteuern dazu führen, dass kein Vermögen mehr vererbt wird. Auch habe ich nicht den Eindruck, dass die zukünftigen Erblasser dort weniger Vermögen anhäufen, weil ihre Erben im Todesfall darauf Steuern zahlen müssen.
„Der Vergleich zwischen Lohnsteuer und Mehrwertsteuer ist volkommen falsch!“
Ich habe Lohnsteuer und Erbschaftssteuer verglichen, insofern verstehe ich die Bemerkung nicht.
„Außerdem besteht selbstverständlich ein Unterschied zwischen Einkommensteuer und Erbschaftsteuer!“
Warum? Dass diese BESTEHT, ist ja richtig. Die Frage ist nur, ob dieser bestehen SOLLTE.
„Bitte erläutern Sie der interessierten Leserschaft doch mal, welche keynes’sche These Sie auf die heutige Situation anwenden!“
Och nö. Ich werde jetzt hier nicht mal eben die „Allgemeine Theorie“ wiedergeben. Nur so viel: Für Sie scheint I=S zu gelten (Ersparnis ist immer gut, weil dies zu höheren Investitionen führt). Für Keynes gilt I=S nicht. Bei S > I schadet Ersparnis. Und das ist der Fall (hohe Ersparnis, geringe Binnenlandinvestition), den wir heute haben.
Hierzu würde ich auch gerne mal erfahren, weshalb diese These den stark ausgeprägten Steuereffekt überlagern sollte und in Deutschland auch tatsächlich überlagert!
Jens, es ist unfassbar, dass Typen wie du ernsthaft Einfluss in der öffentlichen Debatte gewinnen konnten. Erbschaften einerseits partout nicht als Einkommen anzuerkennen, und dann auch noch die unverschämte Frechheit zu besitzen, anderen mangelnde Kenntnis zu unterstellen. Was soll’s, letztlich entspricht dein Auftreten genau dem Menschenbild, was ich von Euch habe. Bevor du (ausgerechnet Du!) weiter von „Ehrlichkeit“ redest (was meinst du damit, vielleicht „brutalstmögliche Aufklärung“ im Snne Roland Kochs?), zitiere ich einfach mal aus Wikipedia, Begriff „Einkommen“:
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Einkommen in der Mikroökonomie
Als Einkommen wird der Reinvermögenszugang einer natürlichen Person oder eines Haushalts im volkswirtschaftlichen Sinne innerhalb eines bestimmten Zeitraums (i.A. ein Kalenderjahr bzw. ein Geschäftsjahr) verstanden.
Einkommen und Reinvermögen: Das Einkommen besteht in dem Unterschied des Reinvermögens am Ende des Jahres zum Reinvermögen am Anfang des Jahres zuzüglich des während dieser Zeit Konsumierten.
* Einkommen = Reinvermögen (31.12) – Reinvermögen (1.1.) + Konsum (1.1. bis 31.12)
Arbeitseinkommen und Kapitaleinkommen: Arbeitseinkommen entsteht durch die Produktion oder den Tausch von Gütern, Leistung abhängiger Arbeit gegen Arbeitsentgelt und anderen Ansprüchen in einem Markt. Kapitaleinkünfte entstehen durch Zinsen, Dividenden, Einnahmen durch Miete und Pacht.
Transfereinkommen: Als Transfereinkommen bezeichnet man Einkommen, welches durch den Staat oder andere Institutionen bereitgestellt wird, ohne dass eine konkrete Gegenleistung erfolgt. (Beispiel: Sozialhilfe, Arbeitslosengeld etc.) Das Gegenstück dazu sind Steuerzahlungen und Einzahlungen zur Sozialversicherung.
Aber auch durch Erbschaft oder Schenkungen lässt sich Einkommen erzielen.
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Das wirst du so sinngemäß auch in anderen Lexika oder Lehrbüchern finden. Aber das sind gewiss alles Idioten, nur du hast den Durchblick und bist hier ehrlich. Jeder weitere Kommentar überflüssig.
Es ist schon amüsant, wenn Anhänger des Interventionsstaates für sich definieren, was Neoliberalismus ist – und dann wild und undifferenziert andere mit diesem Label behaften. Mit der selben Logik könnte ich sagen – jeder, der für Umverteilung ist, ist irgendwie ein Kommunist. Als sind Dr. Henrichs und Ben Kommunisten – und ich lehne EURE Position ab (die ich mir natürlich vorher selbst ausgedacht habe). Das ist Diskussion auf Kindergartenniveau.
@Ben: Wenn Du schon so richtig erkennst, dass der Staat die Arbeiter und gering Verdienenden im Stich lässt, dann sei doch bitte so konsequent und lehne den Staat ab. Gib ihm nicht noch mehr Macht und Kompetenzen!
Ich werde jetzt sicher nicht beginnen, die eine Form der Steuer zu rechtfertigen, um eine andere zu kritisieren. Um einen Ex-Landesinnenminister zu zitieren: „Das hiesse Sch… nach Geruch zu sortieren.“ Natürlich ist es ungerecht, wenn Du Steuern auf einen Lohn zahlen musst, der im Grunde schon einmal besteuert wurde. Aber dann lehne bitte dieses ungerechte System ab, und versuche nicht, es auf weitere Bereiche auszuweiten! Also, ja, Du bist zu recht „stinkig“, ja, unser Staat bestraft systematisch Arbeit – wobei das nicht nur CDU und FDP, sondern auch Grünen, SPD und PDS anzulasten ist!
Ich kann mir nicht helfen, dass mir dennoch das Besteuern eines Erbes, also eines Vermögens, das gezielt angespart wurde, um den Nachkommen etwas hinterlassen zu können, zutiefst unethisch erscheint. Es ist ein Bruch des Letzten Willens und schlicht sittenwidrig. Der Fall Erbschaftssteuer zeigt, wozu unser Staat im Stande ist. Er zeigt auch, dass er sich permanent über die Regeln von Anstand und Moral hinwegsetzt, die unter Privatpersonen eine Selbstverständlichkeit sind.
Das Erbe ist daher eben kein Einkommen im Sinne von Lohn, es ist eine Schenkung ohne Gegenleistung. Es wird hier kein ökonomischer Mehrwert geschaffen, der vom Staat irgendwie abzuschöpfen wäre. Die Erbschaftssteuer geht einfach an die Substanz, wie die Vermögenssteuer.
@Dr. Henrichs: Aus Wikipedia.org: „His son Walter Eucken became a famous founder of neoliberal thought in economics.“ Ich weiss wirklich nicht, warum Sie sich so dagegen verwehren – vielleicht weil Ihr Verständnis von Neoliberalismus etwas absonderlich ist? Und ich verstehe auch nicht, was Herr Eucken mit möglichen Kosenamen für meinen Partner zu tun hat…
Die Tatsache, dass jede Steuer eine kompensationslose Zwangszahlung ist, ist immer ein Problem, genau. Sie waren ja derjenige, der eine solche Kompensation „erfunden“ hat, nicht ich.
Wenn Sie die Doppelbesteuerung im Falle der Erbschaftssteur nicht sehen wollen, kann ich dem natürlich auch nicht abhelfen.
Finally: OK, ich lese mir Keynes auch noch ein zweites Mal durch, wenn Sie mir dafür versprechen Mises, Rothbard oder zumindest Hazlitt zu lesen – „Economics in One Lesson“, das würde so manch einem als Diskussionsgrundlage sicher nicht schaden…
Eine Verzerrung durch eine Konsumsteuer zuungunsten des Konsums existiert nur dann, wenn ein Endvermögen existiert, das als solches (!) in die Nutzenfunktion eingeht. Da aber das Erbe an eine neue Person übergeht, die dieses wiederum konsumiert, bzw. wieder vererbt, besteht eben keine Verzerrung zu Ungunsten des Konsums!
Die Theorie der optimalen Besteuerung beschäftigt sich damit, wie eine Bemessungsgrundlage ausgestaltet werden muss um möglichst geringe Verzerrungen zu erreichen. Entsprechende Diskussionen des Einkommensbegriffs entsprechen dann auch dem, was ich meine.
Des Weiteren wird hier immer diskutiert, dass der Erbe das Vermögen ohne Gegenleistung erhält. Dies ist natürlich ökonomisch auch nicht schlüssig. Der Erblasser wird ja nur dann eine Erbe ansparen, wenn ihn der Nutzengewinn durch das Vererben für den entgangenen Konsum kompensiert. Da dies offensichtlich in der Person des Erbers begründet liegt, leistet er eben durchaus eine Leistung dadurch, dass er dem Erblasser Nutzen stiftet, so dass dieser anspart. Wenn dem nciht so wäre, würde das Erbe gar nicht erst entstehen. Vielmehr würde der Erblasser sein Vermögen gegen eine Leibrente eintauschen, die er dann konsumiert. Allein die EXISTENZ eines ERbes spricht dafür, dass der Erblasser einen Nutzenzuwachs erhält, welcher durch den Erben oder auch das Vererben veranlasst wird. Darin liegt dann tatsächlich die Leistung des ERben begründet. Unter diesem Aspekt wäre es natürlich korrekt, das ERbrecht deutlich zu lockern, so dass ein gesetzlicher Erbe auch enterbt werden kann, bzw. der Erblasser das Vermögen an denjenigen Vererben kann, der ihm den höchsten Nutzen stiftet. Wobei ich nochmals darauf hinweise, dass er sich der Pflicht der Vererbens entziehen kann, indem er sein Vermögen in eine Leibrente umtauscht.
Davon abgesehen:
Gehen wir mal davon aus, dass Erbe als Einkommen zählt. In der logsichen Senkunde vor dem Tod des Erblasseres, hat er also ein negatives Einkommen in Höhe seines Vermögens, der Erbe hat in derselben SEkunde ein positives Einkommen in gleicher Höhe. Er erbt somit aber auch den Steueranspruch aus dem Vermögensverlust des Dahingeschiedenen, was sich dann genau mit seinen Stuerschulden ausgleicht.
„Aber dann lehne bitte dieses ungerechte System ab, und versuche nicht, es auf weitere Bereiche auszuweiten!“
Das ist doch ein Statement. Sie sind nicht gegen die Erbschaftssteuer sondern gegen jede Steuer. Nur gegen die Erbschaftssteuer sind Sie eben noch mehr. Damit wird Ihre Position deutlich und damit kann man die Diskussion auch beenden. Denn wenn mit jemanden, der prinzipiell gegen Steuern ist, braucht man nicht über den Sinn einzelner Steuern zu diskutieren.
„Die Erbschaftssteuer geht einfach an die Substanz,“
An welche Substanz? Selbst bei einer 100%igen Abschöpfung würde doch nicht die Substanz beim Steuerzahler besteuert werden.
„Ich weiss wirklich nicht, warum Sie sich so dagegen verwehren – vielleicht weil Ihr Verständnis von Neoliberalismus etwas absonderlich ist? Und ich verstehe auch nicht, was Herr Eucken mit möglichen Kosenamen für meinen Partner zu tun hat…“
Nicht? Das ist doch einer der beliebtesten Tricks der Neoliberalen. Es gab Eucken, dessen Lehre zu seiner Zeit Neoliberalismus genannt wurde (obwohl eigentlich Ordoliberalismus). Und es gab die Chicago Boys um Friedman, deren Lehre zu ihrer Zeit Neoliberalismus genannt wurde. Nur hat die eine Lehre mit der anderen nichts zu tun. Ebenso wie beim Begriff „Weib“ hat sich eine Begriffsverschiebung ergeben.
Das wird auch an der Praxis deutlich: die Wirtschaftspolitik in Deutschland unter Adenauer hatte wirklich nicht viel mit der Wirtschaftspolitik in Chile unter Pinochet zu tun.
Aber da man den späteren Neoliberalismus moralisch nicht wirklich verteidigen kann, vermischt man ihn mit dem früheren Neoliberalismus, der immer noch einen guten Klang hat.
Zum Unterschied zwischen Neoliberalismus Euckens und Neoliberalismus Chicago Boys siehe unter anderem:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=2109
„Die Tatsache, dass jede Steuer eine kompensationslose Zwangszahlung ist,“
Natürlich gibt es für die Steuerzahlung eine Kompensation, nur eben keine „direkte Gegenleistung“. Die Kompensation ist z.B. die Bereitstellung von innerer und äußerer Sicherheit.
„Wenn Sie die Doppelbesteuerung im Falle der Erbschaftssteur nicht sehen wollen, kann ich dem natürlich auch nicht abhelfen.“
Dann erklären Sie mir doch mal, wo bei der Erbschaftssteuer die Doppelbesteuerung beim STEUERZAHLER besteht.
„OK, ich lese mir Keynes auch noch ein zweites Mal durch, wenn Sie mir dafür versprechen Mises, Rothbard oder zumindest Hazlitt zu lesen“
Warum sollte ich meine Zeit mit dritt- oder viertklassigen Ökonomen (Hazlitt war noch nicht einmal Ökonom) verschwenden? Wenn Sie Ihr Hirn mit dem Lesen von solchem Quatsch vollgekleistert haben, wundern mich Ihre Antworten nicht.
@Dr. Henrichs: Niemand zwingt Sie, mit mir zu diskutieren – es ist ein freier Blog 😉 Und natürlich gestehe ich Ihnen gerne die Kompetenz zu, für sich zu bestimmen, dass Keynes ein grosser Ökonom, Mises dagegen „dritt- oder viertklassig“ sei – ein objektiveres Urteil können wir getrost den realen Auswirkungen ihrer unterschiedlichen Empfehlungen überlassen. Hazlitt hat übrigens im genannten Werk auch keine eigenen Theorien entwickelt, sondern lediglich die unterschiedlichen Ansätze etwa von Keynes und Mises referiert – hierzu war er als ökonomisch gebildeter Journalist sehr wohl in der Lage.
Es tut mir ja sehr leid, dass im gängigen deutschen Sprachgebrauch der Ordoliberalismus die hiesige Form des Neoliberalismus darstellt. Wenn der Begriff so uneindeutig ist, dann sollte man Kampfvokabeln vielleicht besser beiseite lassen und über konkrete Inhalte reden. Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht Mitglied einer „neoliberalen Verschwörung“ zur Verfälschung oder Umdeutung bestimmter Begriffe bin.
Es ist übrigens nicht ganz richtig, dass die Wirtschaftspolitik Adenauers und Pinochets sehr unterschiedlichen waren – bei waren, von unterschiedlichen Ausgangspunkten natürlich – durchaus ordoliberal.
Warum die „Innere Sicherheit“ keine Kompensation für eine unfreiwillige Zahlung sein kann, habe ich oben bereits, offenbar vergeblich, versucht zu erleutern.
Die Doppelbesteuerung besteht darin, dass das Erbe Erspartes aus bereits besteuertem Einkommen darstellt. Diese ersparte Substanz wird durch die Erbschaftssteuer beim Steuerzahler (wem sonst) abgeschöpft.
„Eine Verzerrung durch eine Konsumsteuer zuungunsten des Konsums existiert nur dann, wenn ein Endvermögen existiert, das als solches (!) in die Nutzenfunktion eingeht. Da aber das Erbe an eine neue Person übergeht, die dieses wiederum konsumiert, bzw. wieder vererbt, besteht eben keine Verzerrung zu Ungunsten des Konsums!“
Wow! Um das hinzubekommen, musst du also vom Erbe des Erbe des Erbes… ausgehen. Also von einem unendlichen Zeitraum. Und wie sieht es mit der Verzerrung aus, wenn du einen etwas kürzeren Zeitraum betrachtest (sagen wir ein Jahr)?
„Entsprechende Diskussionen des Einkommensbegriffs entsprechen dann auch dem, was ich meine. “
Ich sagte ja, wir reden aneinander vorbei. Ich ging vom Einkommensbegriff der Makroökonomik aus.
„Da dies offensichtlich in der Person des Erbers begründet liegt, leistet er eben durchaus eine Leistung dadurch, dass er dem Erblasser Nutzen stiftet, so dass dieser anspart.“
Noch einmal: die Realität sieht anders aus. Diese Frage würde ja nur bei einer Erbschaftssteuer von 100% entstehen. Nehmen wir ein Erbe von 1 Mio. und 10% Erbschaftssteuer an, hat der Vererber die Wahl zwischen 900.000 Euro an seinen Erbe (und 100.000 Euro an den Staat) oder 0 Euro an seinen Erbe und vorher alles konsumieren. Auch wird diese Theorie unrealistisch bei sehr hoher Erbmasse, die gar nicht konsumierbar ist.
„Darin liegt dann tatsächlich die Leistung des ERben begründet.“
Selbst wenn wir dies annehmen: dann handelt es sich nicht um leistungsloses Einkommen, was aber für die Frage der Besteuerung keine Rolle spielt.
„Gehen wir mal davon aus, dass Erbe als Einkommen zählt. In der logsichen Senkunde vor dem Tod des Erblasseres, hat er also ein negatives Einkommen in Höhe seines Vermögens, der Erbe hat in derselben SEkunde ein positives Einkommen in gleicher Höhe. Er erbt somit aber auch den Steueranspruch aus dem Vermögensverlust des Dahingeschiedenen, was sich dann genau mit seinen Stuerschulden ausgleicht.“
Im Ernst? Wenn dir dein Arbeitgeber einen Lohn auszahlt, erhältst du auch einen Anspruch aus dem entgangenen Gewinn, der sich aus dieser Auszahlung ergibt. Wo ist denn da die Logik?
„Wow! Um das hinzubekommen, musst du also vom Erbe des Erbe des Erbes… ausgehen. Also von einem unendlichen Zeitraum. Und wie sieht es mit der Verzerrung aus, wenn du einen etwas kürzeren Zeitraum betrachtest (sagen wir ein Jahr“
Der unendlich lange Zeitraum ist vollständig egal. Solange ich weiß, dass mein Gespartes beim Konsum mit der Mehrwerststeuer belastet wird, habe ich keine Verzerrung!!! Solange ich kein Endvermögen unterstelle (wann auch immer), das in meine Nutzenfunktion eingeht, gibt es keine Verzerrung. Bei einr Betrachtung von einem Jahr ändert das nichts an der Aussage!
„Ich sagte ja, wir reden aneinander vorbei. Ich ging vom Einkommensbegriff der Makroökonomik aus.“
Der makroökonomische Einkommensbegriff kann nicht als Grundlage für ein steuersystem gelten, da DAS makroökonomische Einkommen NICHT besteuert werden kann. Die Besteuerung muss (!) immer (!) auf individueller Ebene greifen. Man kann zwar durchaus makroökonomische Effekte eines Steuersystems beurteilen, aber man kann nicht ein Steuersystem darauf aufbauen.
„Noch einmal: die Realität sieht anders aus. Diese Frage würde ja nur bei einer Erbschaftssteuer von 100% entstehen. Nehmen wir ein Erbe von 1 Mio. und 10% Erbschaftssteuer an, hat der Vererber die Wahl zwischen 900.000 Euro an seinen Erbe (und 100.000 Euro an den Staat) oder 0 Euro an seinen Erbe und vorher alles konsumieren. Auch wird diese Theorie unrealistisch bei sehr hoher Erbmasse, die gar nicht konsumierbar ist.“
Falsch! Eine Erbschaftssteuer verzerrt systematisch die „Vererbungsneigung“. Auch ihr letztes Argument ist so nicht richtig! Wieso sollte jemals eine so hohe Erbmasse entstehen, die nicht konsumierbar ist. Allein aus der Begründung, dass der Erblasser durch die Anhäufung eines Erbes einen Nutzen erfährt!
„Selbst wenn wir dies annehmen: dann handelt es sich nicht um leistungsloses Einkommen, was aber für die Frage der Besteuerung keine Rolle spielt.“
Gut! Dann halten wir das mal so fest: Erben ist NICHT leistungslos! Wollen sie durch Ihre Aussage etwa eine Lanze für Substanzsteuern brechen?!
„Im Ernst? Wenn dir dein Arbeitgeber einen Lohn auszahlt, erhältst du auch einen Anspruch aus dem entgangenen Gewinn, der sich aus dieser Auszahlung ergibt. Wo ist denn da die Logik?“
Ja, in der Tat. Arbeitseinkommen ist beim Arbeitgeber Betriebsausgabe. Das ist von der Systematik her nichts anderes!
@ Christian Hoffmann,
es ist schon drollig mit Ihnen zu diskutieren. Jetzt behaupten Sie sogar, dass Adenauers Wirtschaftspolitik im Ausgangspunkt faschistisch war, um Ihre Thesen zu halten.
Sie mögen ja kein Teil der „neoliberalen Verschwörung“ sein, durchaus nicht, aber sind Sie diesen Thesen schon so sehr auf den Leim gegangen, dass Sie offensichtlich nicht begreifen, dass sich Begriffe mit der Zeit ändern können. Und man schon auf den Inhalt sehen sollte.
„Die Doppelbesteuerung besteht darin, dass das Erbe Erspartes aus bereits besteuertem Einkommen darstellt.“
Wann genau? Wann hat der Steuerzahler (der Erbe!) denn schon eine Steuer auf das Erbe vor der Zahlung der Erbschaftssteuer bezahlen müssen?
Kleiner Nachtrag zum Thema „Einkommen“.
Sie unterstellen ja, Erbe wäre Einkommen, richtig? Bitte erläutern Sie doch bitte einmal, wie sich das Volkseinkommen durch einen Erbfall ändert! Nur durch den Erbfall….
Und noch eine Bemerkung:
Existiert dann nicht auch beim Lohn eine Doppelbesteuerung? Da dies aus dem Umsatz eines Unternehmens gezahlt wird, von dem das Unternehmen vorher ja auch in der ein oder anderen Form eine Steuer entrichten musste.
Aber auch das Unternehmen hat den Umsatz ja nur aus Zahlungen genieren können, die aus Einkommen der Kunden herrühren, für die sie schon in der ein oder anderen Form Steuern bezahlt haben (z.B. Lohnsteuer).
Oder die Mehrwertsteuer? In der Regel finanziert man den Konsum aus seinem Lohn, für den man ja schon Lohnsteuer gezahlt hat.
Wenn man so argumentiert, wie Sie, gibt es nur Doppel-, Dreifach- und Vierfachbesteuerung.
Nein, man muss schon sehr genau hinsehen: hat der Steuerzahler, um den es geht, für den Steuertatbestand, um den es sich handelt, schon Steuern bezahlt oder nicht. Und daher bleibt meine Frage: wo hat der Steuerzahler (der Erbe!) für den Steuertatbestand (das Erbe!) schon vor der Zahlung der Erbschaftssteuer eine Steuer entrichten müssen?
„Solange ich weiß, dass mein Gespartes beim Konsum mit der Mehrwerststeuer belastet wird, habe ich keine Verzerrung!!!“
Genau das ist ja nicht der Fall solange es keine Vermögensteuer gibt. Dann kannst du die Steuer für den Konsum praktisch aus den Ersparnissen zahlen.
„Der makroökonomische Einkommensbegriff kann nicht als Grundlage für ein steuersystem gelten, da DAS makroökonomische Einkommen NICHT besteuert werden kann.“
Sorry, der Ausgangspunkt hier war, ob das Erbe Teil des Einkommens ist. Ist das Erbe Teil von Y in der Makroökonomie?
„Man kann zwar durchaus makroökonomische Effekte eines Steuersystems beurteilen, aber man kann nicht ein Steuersystem darauf aufbauen.“
Fein. Darum ging es mir: um die makroökonomischen Effekte eines Steuersystems.
„Eine Erbschaftssteuer verzerrt systematisch die “Vererbungsneigung“.“
Dann weisen Sie mir doch mal nach, dass die „Vererbungsneigung“ in den USA und in GBR signifikant geringer als in Deutschland ist.
„Gut! Dann halten wir das mal so fest: Erben ist NICHT leistungslos! Wollen sie durch Ihre Aussage etwa eine Lanze für Substanzsteuern brechen?!“
Natürlich gehört auch das Vermögen besteuert. Will man ein gerechtes Steuersystem, muss man jedes Einkommen besteuern.
„“Im Ernst? Wenn dir dein Arbeitgeber einen Lohn auszahlt, erhältst du auch einen Anspruch aus dem entgangenen Gewinn, der sich aus dieser Auszahlung ergibt. Wo ist denn da die Logik?“
Ja, in der Tat. Arbeitseinkommen ist beim Arbeitgeber Betriebsausgabe. Das ist von der Systematik her nichts anderes!“
Und Sie als Arbeitnehmer haben dann einen Anspruch aus dem entgangenen Gewinn durch Ihren Lohn? Beispiel: Sie können nachweisen, dass das Unternehmen, das Ihren Lohn auszahlt, durch Ihre Lohnauszahlung einen Verlust schreibt, können Sie diesen Verlust in Ihrer Steuererklärung steuermindernd geltend machen?
Ich schrieb doch von der permanenten Einkommenshypothese. Beispiel: Ein 20-jähriger überlegt sich, ob er studieren soll. Dafür muss er erst einmal Schulden aufnehmen und ob er anschließend einen angemessenen Job hat, ist heute nicht mehr sicher. Daher wird er sich anders entscheiden, wenn er seine Schulden langfristig aufgrund eines sicheren Einkommenszugangs sicher zurückzahlen kann, als wenn er dies nicht kann.
Insofern geht das erwartbare Erbe in dieses Einkommen ein. Oder wollen Sie wirklich sagen, dass Friedman Unrecht hatte?
Daher können die Auswirkungen dieses Einkommenszugang beträchtlich sein, auch wenn sie nicht ins BSP eingeht.
@Dr. Henrichs: Ich finde diese Unterstellungen nicht getätigter Aussagen etwas mühsam. Ich habe nie von einer „faschistischen“ Wirtschaftspolitik gesprochen. Ich habe, im Gegenteil, die unterschiedlichen Ausgangspunkte der Adenauerschen und Pinochetsen Politik betont. Sie haben behauptet, dass die auf die Chicago Boys gestützte Chilenische Wirtschafts(!)Politik eine wesentlich andere gewesen sei, als die Adenauer/Erhardsche. Das wage ich zu bezweifeln – beide Ansätze waren durchaus ordo-/neoliberal. Die eine wurde in einer stark zentralisierten, faktisch präsidentialen Jungdemokratie etabliert, die andere in einer Militärdiktatur, das ist mir schon auch klar. Ich kann aber nicht erkennen, wo der wesentliche Unterschied dieser beiden Wirtschafts(!)politiken liegen soll.
Es fällt mir zugegebenermassen schwer, die „Logik“ einer Steuer zu beschreiben, da die grundlegende Logik ist „Ich nehm dir was weg und entscheide dann wie’s mir passt, ob und was du dafür zurück bekommst“. Aber wir hatten ja schon festgestellt, dass ich kein Freund von Steuern bin. Dennoch hatte ich ehrlich gesagt den Eindruck, dass die „Logik“ der Einkommenssteuer oder Mehrwertsteuer die ist, dass eine Transaktion, ein Tausch belastet wird, der einen Mehrwert erzeugt. Wenn Arbeit gegen Lohn oder Geld gegen Ware getauscht wird, stellen sich beide Tauschpartner subjektiv besser, es wird Wert geschaffen. Der Staat „beteiligt“ sich an diesen Transaktionen, indem er sich bereichert oder einen Teil dieses Mehrwerts abschöpft. Die Erbschaft ist ebenso wie die Schenkung eine einseitige Vermögensübertragung, kein Tausch. Es wird hier kein Wert generiert, es gibt nichts, was der Staat „abschöpfen“ könnte. Die Logik, dass jede Vermögensbewegung durch Steuern bestraft werden soll, führt in letzter Konsequenz zu einer statischen Gesellschaft mit minimalem zwischenmenschlichem Austausch. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes asozial.
Im Falle des Lohns kommt noch hinzu, dass dieser ja auch als Kostenfaktor steuermindernd geltend gemacht werden kann…
@ Christian Hoffmann,
nein, sie haben vom Ausgangspunkt von Pinochets Wirtschaftspolitik gesprochen. Dieser Ausgangspunkt war nun mal ein faschistischer. Da meines Erachtens Adenauers Wirtschaftspolitik nicht faschistisch war, denke ich nicht, dass man die beiden Wirtschaftspolitiken seriös gleichsetzen kann – auch nicht in ihrem Ausgangspunkten.
Der Einsatz der chilenischen Wirtschaftspolitik ließ sich ja nur in einer Militärdiktatur verwirklichen. Die Chicago Boys um Friedman mussten erst die Demokratie beseitigen, um ihre Wirtschaftspolitik zum Unglück eines Volkes durchzusetzen. Moralisch sind die Chicago Boys und Friedman seither völlig diskreditiert.
„Dennoch hatte ich ehrlich gesagt den Eindruck, dass die “Logik“ der Einkommenssteuer oder Mehrwertsteuer die ist, dass eine Transaktion, ein Tausch belastet wird, der einen Mehrwert erzeugt. Wenn Arbeit gegen Lohn oder Geld gegen Ware getauscht wird, stellen sich beide Tauschpartner subjektiv besser, es wird Wert geschaffen.“
Das ist richtig. Bei der Erbschaftssteuer stellt sich die eine Seite in der Regel nicht besser. Weil die Bedingung hierfür ja ist, das ist stirbt. In der Regel ja kein erstrebenswerter Zustand. Ist aber irrelevant, da hier eine Wertung einbezogen wird. Wertfrei wird es erst, wenn der Staat alle Einkommenszunahmen besteuert, egal woher dieser Einkommenszuwachs kommt.
„Die Logik, dass jede Vermögensbewegung durch Steuern bestraft werden soll, führt in letzter Konsequenz zu einer statischen Gesellschaft mit minimalem zwischenmenschlichem Austausch.“
Erstens: warum bestrafen? Ich habe mich immer gefreut, wenn ich Steuern zahlen durfte und damit etwas gutes für die Allgemeinheit tun konnte. Zweitens: Betrachten Sie doch mal die Realität. In den USA und GBR gibt es eine Erbschaftssteuer (und Vermögenssteuer und – zumindest in GBR, für die USA weiss ich es nicht – eine Börsenumsatzsteuer). Haben wir dort eine „statische Gesellschaft mit minimalem zwischenmenschlichem Austausch“? Ich habe den Eindruck, Sie unterstellen stets eine Erbschaftssteuer von 100%. Darum geht es doch gar nicht.
Liebe Kommentatoren!
Die Kommentare sind inzwischen inhaltlich weit von dem ursprünglichen Thema entfernt. Sie können gerne jeweils noch einen (!) abschließenden Kommentar zu diesem Thema abgeben. Eine entsprechende Diskussion ist zielgerichteter, falls einmal ein Beitrag zum Thema Erbschaftssteuer erscheinen sollte.
In jedem Fall vielen Dank für Ihre bisherigen Äußerungen. Bitte versuchen Sie weiterhin polemische und diffarmierende Äußerungen – auch bei den anderen Themen – zu vermeiden.
Alexander Brunner
@ Alexander Brunner,
Sie haben Recht, die Diskussion hier abzubrechen. Ich werde demnächst versuchen, stets darauf zu achten, wie sehr sich mein Beitrag noch auf das Ursprungsthema bezieht. Dies war am Ende tatsächlich nicht mehr der Fall.
Ich bin der, der Meritokratie und Gott in die Diskussion vergeblich geworfen hatte! Mich wurmt immer noch das Kleinkapitalisten nur auf Grund ihrer nationalen Herkunft maximale Renditen mit Hilfe unserer Demokratie trotz brillianter liberaler oder sozialistischer Standpunkte herauspressen können!
Alle sind wir einig ,dass Unterschiede zwischen Menschen beseitigt werden dürfen!
Liberale oder sozialistische Phrasen werden dann aber nicht die ökologische und ökonomische Stampede von 5 Milliarden Menschen aufhalten–wie uns auch der irrsinnige Blogverlauf zeigt!!
Wer lernen will der lerne!!___
Da es inzwischen mehr Transferempfänger als Steuerzahler gibt, ist eine Diskussion über das demokratische Zustandekommen von Mehrheiten zur Verteilung der Steuern nur legitim.
Die Abschaffung das Wahlrechts würde sicherlich zu weit gehen aber warum nicht eine Gewichtung der „Wahlstimmen“ anhand der gezahlten Steuer (das was verteilt wird).
Mit dem jährlichen Steuerbescheid wird der Wahlschein ausgestellt:
0-2000 Euro eine Stimme
2001-4000 Euro zwei Stimmen
4001-8000 Euro drei Stimmen
usw.
Mit diesen Stimmen wählt man direkt einen Finanzminister oder einen „Finanzrat“ der aus seinen Reihen einen Finanzminister bestimmt. Einzige Beschränkung für den Finanzminister: Es darf nur ausgegeben werden was eingenommen wird.
Zugegeben kann ich aus terminlichen Gründen leider erst recht spät antworten – ich muss halt für mein Geld arbeiten. 😉 Ich möchte es mit ein paar grundsätzlichen Dingen beschließen.
@Jens Maul:
Ich sehe ein, dass hinter dem Erbe durchaus eine Leistung stehen kann. Ihre Beispiele waren mal wieder fragwürdig, aber mir fallen bessere ein, die Ihre Argumentation durchaus stützen. Zum Beispiel, wenn die Erben sich zwei Jahrzehnte um die Instandhaltung des vererbten Hauses gekümmert haben.
Das Erbe kann sicherlich als Entlohnung für eine Leistung angesehen werden, das stimmt. Und stützt damit meine Argumentation fast noch besser als vorher. Einkommen aus Leistung wird hierzulande besteuert, und es gibt keinen Grund, hier unterschiedliche Maßstäbe anzulegen. Bevor Sie hyperventilieren, ein kleiner Trost: Ihr Argument hat mich insbesondere dahingehend überzeugt, dass ein im Vergleich zu normalen Arbeitseinkommen höherer Steuersatz nicht fair wäre. Das ist etwas, was ich vorher nicht ausgeschlossen hätte, jetzt aber schon. Meine Kernthese stützen Sie allerdings de facto, wenn auch ungewollt:
Es gibt keinen vernünftigen Grund, Arbeits-
einkommen mit mehr Abzügen zu versehen,
als Einkommen aus Schenkungen oder Erb-
schaften.
Sehr lustig, und typisch neoliberal war hingegen die Rechnung mit der negativen Steuerschuld. Wenn mein Arbeitgeber mir aus seinem bereits besteuertem Vermögen einen Lohn auszahlt, erhält er auch keine auf mich übertragbare negative Steuerschuld. Selbst dann nicht, wenn er wollte.
Was es Christian betrifft:
> Wenn Du schon so richtig erkennst, dass
> der Staat die Arbeiter und gering Verdienenden
> im Stich lässt, dann sei doch bitte so konsequent
> und lehne den Staat ab. Gib ihm nicht noch
> mehr Macht und Kompetenzen!
Ich lehne diverse heutige Zustände im Staat ab, finde seine generelle Existenz aber erstrebenswert. Letztlich handelt es sich beim Staat nur um ein ziemlich großes Feld von Regeln und mehr oder weniger danach handelnden Akteuren. Auch du lehnst den Staat nicht ab, sondern nur die Regeln, die dir nicht gefallen. Würdest du als einzige Regel gelten lassen, dass es keine Regeln und keine „Schiedsrichter“ gibt, dann würde der nächste Straßenräuber, der dir einen Kopfschuss gibt, und sich dafür dein Vermögen nimmt, ebenfalls regelkonform verfahren.
Generell (und das geht an alle) möchte ich eine Gesellschaft, in der das Individuum seinen Platz weitgehend durch seine Leistung bestimmt, und in der gleichwertige Leistungen möglichst gleichwertig belohnt werden. Insbesondere sollte der Einfluss der eigenen Leistung weit wichtiger sein, als die Herkunft. Ich bin der festen Überzeugung, dass davon langfristig das Wohl aller abhängt. Die großen Imperien sind allesamt zu einem Zeitpunkt in ihre Endphase eingetreten, zu dem Macht und Vermögen zu stark bei Einzelpersonen konzentriert waren – zu Ungunsten aller anderen. Die oben gemachten Vorschläge des Professors führen, konsequent durchgedacht und rationales Verhalten der Beteiligten vorausgesetzt, irgendwann in eine Gesellschaft, in der die prozentualen Abzüge der Wohlhabenden und Wohlverdienenden deutlich unter den Abzügen der ärmeren Bevölkerung, insbesondere aber der Mittelschicht bleiben werden. Die Implosion dieser Schicht wäre eine fast zwangsläufige Folge – und somit würde das Tor zum Aufstieg durch Leistung mal wieder zugeschlagen. Aber nun gut, wer denkt, dass er auf der Gewinnerseite stehen wird, für den ist die Aussicht auf einen neuen Feudalismus natürlich extrem attraktiv. Mir bleibt persönlich, dass ich in dieser Diskussion beobachten konnte, wie diverse Vorurteile meinerseits bezüglich Argumentationsniveau und Ethik von modernen Neoliberalen nicht nur in ihrer Richtung bestätigt, sondern sogar noch von der Realität als zu milde deklassiert wurden.
„Neoliberalismus“ in Deutschland:
Zur Aufklärung gegen verbreiteten Bildungsnotstand von Bsirske bis Geißler und …die Originale selbst, auf die man sich so gern beruft, zu Unrecht oder zu Recht, wie Otto Graf Lambsdorff, das im Bundestag für die FDP getan hat, Professor Uwe Jens als wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD, bevor die SPD ihn ablöste:
1. Ludwig Erhard, nicht irgendwann oder irgendwo, sondern in seiner Gedenkrede auf den neoliberalen Gründungsvater der Bundesrepublik Deutschland, vor der Universität Marburg am 17. Juni 1967, auf Röpke:
„Wilhelm Röpkes Bücher und Schriften sind getragen und erfüllt von strengen Ordnungsvorstellungen. Ja, man kann schlechthin sagen, daß dieses Ordnungsdenken das verbindende Element aller Nationalökonomen ist, die sich bewußt zum sogen. ‚Neo-Liberalismus‘ bekennen oder ihm doch ‚zugeordnet‘ werden.“
(Daher auch das Motto des Neffen und Schülers von Wilhelm Röpke, des wissenschaftlichen Enkels von Walter Eucken, Hans Willgerodt: „Nationalökonomie ist Charaktersache.“)
Ludwig Erhard weiter:
„Dieser große, alle Lebensbereiche der Menschen und Völker umspannende Geist …, mein Freund Wilhelm Röpke (hat; H.W.) sich darin erschöpft, den Menschen… wieder einen festen Halt zu geben und sie zu innerer Gläubigkeit an den Wert und Segen von Freiheit, Recht und Moral hinzuführen.“ (Wer will da noch von einem Gegensatz zwischen angeblichen „Wirtschaftsliberalen“ und „Rechtsstaatsliberalen“ reden?! (H.W.))
Und zu „Freiheit braucht Mut und Charakter“ Röpke selbst „im September 1930 in einem Aufruf an das niedersächsische Landvolk“:
„Niemand, der am 14. September nationalsozialistisch wählt, soll später sagen können, er habe nicht gewußt, was daraus entstehen könnte. Er soll wissen, daß er Chaos statt Ordnung, Zerstörung statt Aufbau wählt. Er soll wissen, daß er für den Krieg nach innen und nach außen für sinnlose Zerstörung stimmt… Wählen Sie! Aber wählen Sie so, daß Sie sich nicht mitschuldig fühlen können an dem Unheil, das möglicherweise über uns hereinbricht!“ (Zitiert von Eva Röpke in „Wilhelm Röpke, Briefe, Erlenbach-Zürich 1976, S. 7.)
@ MarkH,
dass es mehr Transfergeldempfänger als Steuerzahler gibt, ist ein Mythos. Zum einen werden im ersten Fall Kinder mitgezählt, die naturgemäß keine (direkten) Steuern zahlen, zum anderen werden als Steuerzahler nur die betrachtet, die direkte Steuern zahlen. Würde man diejenigen betrachten, die z.B. Mehrwertsteuer zahlen, wäre eine solche Betrachtung naturgemäß nicht möglich. Ob bei den Transfergeldempfänger auch Doppelzählungen herausberechnet worden sind, möchte ich mal anzweifeln.
Absurd ist auch die Überlegung, dass nur ausgegeben werden darf, was auch eingenommen wird. Denn das hiesse: der Staat wirft Geld in Boomzeiten zum Fenster raus und kürzt in der Rezession.
@ Horst Werner,
wie Sie richtig schreiben: Erhard hat sich so 1967 geäußert. Da mittlerweile dieser Begriff eine Inhaltsveränderung erfahren hat, ist dieses Zitat schlicht irrelevant, will man erklären, was HEUTE unter Neoliberalismus verstanden wird.
„Neoliberalism refers to a historically-specific reemergence of economic liberalism’s influence among economic scholars and policy-makers during the 1970s through 1990s.“
http://en.wikipedia.org/wiki/Neoliberalism