88 Millionen Euro an Subventionen aufgewendet – und dennoch wandern die 2300 verbliebenen Bochumer Nokia-Arbeitsplätze nach Rumänien ab. Dabei hatte das Unternehmen zu Beginn der Förderung im Jahre 1995 versprochen, langfristig 2856 Arbeitsplätze in der Region zu erhalten. Im September 2006 lief die Bindungsfrist aus, und kaum ein Jahr später sah Nokia die Verpflichtung zur langfristigen Arbeitsplatzerhaltung als erfüllt an.
Welche wirtschaftspolitischen Lehren sind aus diesem Fehlschlag zu ziehen? Soll eine öffentliche Empörung angezettelt werden, die das Unternehmen als Subventions-Heuschrecke brandmarkt und die deutsche Kunden dazu bringt, auf Konkurrenzprodukte auszuweichen? Doch zu welchen Ersatzprodukten soll man raten? Zu Siemens/BenQ-Geräten ja wohl kaum. Auch besser nicht zu Motorola-Handys, denn deren Produktion ist schon früher – wenn auch weniger geräuschvoll – aus Deutschland abgewandert. Dann doch lieber zu Produkten von Sony Ericsson, die zwar nie Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut, aber dafür auch nie welche aufgebaut haben? So verständlich und berechtigt die Empörung über das wenig feinfühlige Vorgehen von Nokia auch sein mag – zur Beeinflussung der Unternehmenspolitik ist sie eine stumpfe Waffe.
Ein zweiter Ansatzpunkt zur nachhaltigen Sicherung der Arbeitsplatzeffekte der Subventionspolitik könnte die Vereinbarung sehr langfristiger Arbeitsplatzgarantien und die Absicherung dieser Garantien durch empfindlich hohe Vertragsstrafen sein. Doch auch eine solche Strategie erscheint wenig erfolgversprechend, denn sie ist in früheren Jahren schon einmal in großem Maßstab fehlgeschlagen, und zwar bei den Treuhand-Privatisierungen ehemals staatseigener Betriebe in den neuen Bundesländern. In zahlreichen Fällen wurden damals die Betriebe unter Wert verkauft, wenn sich die Investoren verpflichteten, eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen für eine bestimmte Mindestdauer zu erhalten. Bewehrt wurden diese Vereinbarungen durch kräftige Vertragsstrafen, doch diese Strafen wurden in der Praxis so gut wie nie vollstreckt. Denn in aller Regel konnten die Unternehmen, die trotz der Vereinbarungen Arbeitsplätze abbauten, darauf verweisen, dass ihre finanzielle Situation bei Eintreibung der Strafgelder völlig hoffnungslos würde und dadurch noch mehr Arbeitsplätze wegfallen würden.
Natürlich sollten Bund und Land im Nokia-Fall alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um zumindest einen Teil der Subventionsgelder zurückzuholen. Doch eine wirksame Vorkehrung gegen den Abbau subventionierter Arbeitsplätze sind Vertragsstrafen und Subventionsrückforderungen nicht, denn geringe Strafgelder bleiben wirkungslos, und hohe Vertragsstrafen können unerwünscht große Folgeschäden durch die finanzielle Schwächung der betroffenen Unternehmen auslösen.
In die Irre führt auch der dritte öffentlich diskutierte Ansatzpunkt, der auf eine Reduzierung der Europäischen Regionalpolitik abzielt. Argumentiert wird, dass Rumänien durch diese Fördergelder überhaupt erst in die Lage versetzt worden sei, Nokia aus Deutschland weg ins eigene Land zu locken. Doch man mag die Europäische Regionalförderung als bürokratisch, schwerfällig, ineffizient und teilweise auch als intransparent bezeichnen, aber sie erlaubt es den begünstigten Ländern keineswegs, direkte Ansiedlungsprämien an Unternehmen zu zahlen. Wenn Rumänien mit EU-Geldern seine Infrastruktur verbessert und damit attraktiver für Investoren wie Nokia wird, so ist dies politisch durchaus gewollt und auch legitim. Sollten im konkreten Fall des 33 Millionen Euro teuren Nokia-Parks in Siebenbürgen doch direkte Subventionen aus EU-Fonds an das Unternehmen geflossen sein, kann darauf vertraut werden, dass die EU-Kommission diesen Vorwürfen nachgeht und gegebenenfalls eine Rückzahlung der Fördermittel durchsetzt.
Die Entscheidung für die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten war ohne Zweifel zugleich eine Entscheidung dafür, Osteuropa als Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen – in manchen Fällen zu Lasten der Standorte in den alten EU-Ländern. Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat dies auf die knappe Formel gebracht, dass die Nokia-Arbeitsplätze durch die Norderweiterung der EU von Finnland nach Deutschland und durch die Osterweiterung von Deutschland nach Rumänien gebracht worden seien.
Die einzig tragfähige Lehre aus dem Nokia-Fall lautet, dass eine gewerbliche Ansiedungspolitik durch massive Subventionsprogramme insgesamt einen verfehlten Ansatz darstellt. Wer verhindern will, dass Unternehmen staatliche Subventionen einsacken und mit diesem Sack auf dem Rücken zum nächsten Standort weiterziehen (um dort vielleicht sogar den Sack erneut aufzuhalten), der darf nur solche Förderungsmaßnahmen ergreifen, die von den begünstigten Unternehmen nicht eingesackt und davongetragen werden können. An erster Stelle sollten dabei Maßnahmen zur allgemeinen Verbesserung der Standortqualität eines Landes stehen. Essentiell sind dabei Rechtssicherheit und Vertragsfreiheit, eine unbürokratische öffentliche Verwaltung, der Verzicht auf konfiskatorisch hohe Steuern und Abgaben sowie vor allem die Verfügbarkeit qualifizierter und motivierter Arbeitskräfte. Wem dies zu wenig ist, der könnte auch in die Verbesserung der regionalen Infrastruktur investieren, wenn davon nachhaltige positive Beschäftigungswirkungen zu erwarten sind. Doch auch diese Maßnahmen sollten nicht auf einzelne Unternehmen, sondern auf potentielle Investoren in der Region insgesamt zugeschnitten sein. Autobahn- und Gleisanbindungen oder ein attraktives Wohnumfeld für qualifizierte Mitarbeiter bleiben der Region erhalten, auch wenn die Unternehmen, die ursprünglich damit angelockt werden sollten, zu anderen Standorten gezogen sind.
Da auch für die Wirtschaftspolitik gilt, dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, erhöht jeder bei den direkten Ansiedlungsubventionen eingesparte Euro das Potential dafür, den eigenen Wirtschaftsstandort für international mobile Investoren attraktiv zu machen, ohne dass diesen Investoren die Möglichkeit geboten wird, die Subventionen einzukassieren und sich anschließend dankend zu verabschieden.
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aus „der Spiegel“:
….“Das ist und bleibt eine Riesensauerei“, sagte Betriebsratschefin Gisela Achenbach. „Wir haben 2007 wesentlich dazu beigetragen, dass dieses exzellente Ergebnis im Konzern zustande kam“, sagte sie vor dem Werkstor, wo die Zahlen des Mobilfunkkonzerns mit Pfiffen und Buhrufen quittiert wurden. (…)
Alle sind empört und streiken mit Pfiffen und Buhrufe??? das ist ja lustig. In Frankreich wäre es hochwahrscheinlich anders gelaufen.
Tja…. die mächtigen Kinder spielen auf dem Globalisierungsspielplatz.