Achtung: Statistik
Woher kommt die falsche Zahl?

Bei Statistiken, die sehr oft und über lange Zeit wiederholt werden, neigt man leicht dazu, diese irgendwann als bestätigte Wahrheiten hinzunehmen und nicht weiter zu hinter- fragen. So auch bei der folgenden: „Frauen erbringen 66% der Arbeit, erzeugen 50% der Nahrungsmittel, erhalten aber nur 10% des Einkommens und besitzen nur 1% aller Immobilien.“ Bekannt geworden ist diese Statistik vor allem durch die massenhafte Verbreitung durch seriöse Organisationen wie dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) oder Oxfam, einem Verbund von verschiedenen Hilfs- und Entwicklungsorganisationen. Auch von deutschen Medien werden die Zahlen – besonders vor dem Hintergrund des kürzlich stattgefundenen Weltfrauentags – immer wieder aufgegriffen. Und in der Tat ist diese Zusammenstellung ja auch aufrüttelnd und einprägsam.

Aufgrund der starken Verbreitung hat ein Reporter der Washington Post sich jetzt intensiver mit der Herkunft dieser Zahlen beschäftigt. Dabei fand er heraus, dass drei der vier Zahlen (66% der Arbeit, 10% des Einkommens und 1% aller Immobilien) ihren Ursprung in einem Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) haben. Dieser stammt allerdings aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts und selbst damals wurde keinerlei Quelle für diese Behauptungen angegeben. Es ist also sehr fragwürdig, ob die schon damals zweifelhaften Zahlen 40 Jahre später so korrekt sind. Und in der Tat sprechen alle neueren Statistiken gegen die Behauptungen. So gaben etwa bei einer Befragung in Afrika 39% der Frauen und 48% der Männer an, Land zu besitzen, die meisten davon gemeinsam, aber immerhin 12% der befragten Frauen sagten, alleinige Besitzer zu sein. Auch dass  Frauen nur 10% des weltweiten Einkommens erzielen, scheint mindestens um den Faktor 3 untertrieben zu sein. Inzwischen verwenden auch das UNDP und Oxfam die Zahlen nicht mehr. Da diese aber so lange in der Welt waren, werden sie immer noch oft aufgegriffen und weiter verbreitet. Dies ist besonders unverständlich, wenn man bedenkt, dass durchaus genug seriöse Zahlen vorhanden sind, die die Ungleichbehandlung von Frauen in weiten Teilen der Welt zweifelsfrei belegen.

 

Björn Christensen und Sören Christensen
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