EZB-Politik: Wie einige wenige auf Kosten vieler gewinnen

„… soviel Geld läßt sich, weiß Gott, nicht mit etwas Gutem verdienen.“

““Friedrich Schiller (1759 – 1805),

Kabale und Liebe, Fünfter Akt, Fünfte Szene, Miller.

Auf einer Konferenz erzählte mir ein Anleger (nennen wir ihn Herrn X) freudestrahlend, wie „wunderbar“ die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) doch sei. EZB-Präsident Mario Draghi sei sein „bester Freund“, er habe ihn „reich“ gemacht.

Und das kam so: Am 27. Juli 2012 erfährt Herr X über die Nachrichtenagenturen, Herr Draghi habe in London gesagt, die EZB werde alles tun, um den Euro zusammenzuhalten. Für Herrn X ist die damit verbundene “Botschaft“ klar.

Die EZB kauft bald Anleihen maroder Staaten, koste es, was es wolle. Also kauft Herr X diese Papiere, weil er damit rechnen kann, dass deren Kurse ansteigen werden. Er kauft die Schulden von Griechenland, Spanien, Portugal und natürlich auch von Italien.

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Das habe sich für ihn ausgezahlt, so Herr X. Die Kursgewinne waren immens: Beispielsweise erbrachten ihm allein die Kursgewinne der griechischen Staatsanleihen eine Rendite von sage und schreibe 390 Prozent.

Doch, so raunte mir Herr X zu, seine Rendite sei noch viel höher ausgefallen. Denn er habe die Anleihen auf Kredit gekauft. Schließlich hätte ja Herr Draghi versichert, die EZB werde die Euro-Zinsen dauerhaft niedrig halten.

Die Rendite, die er durch den kreditfinanzierten Kauf von Griechenlandanleihen verdient habe, belaufe sich auf atemberaubende 3.898 Prozent. Mit dem Kauf von deutschen Staatsanleihen auf Pump habe er immerhin noch 1.147 Prozent erzielt.

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Was Herr X mir da berichtete, ist symptomatisch für die Wirkung der EZB-Geldpolitik. Sie führt eine gewaltige, nicht-markkonforme Umverteilung von Einkommen und Vermögen herbei, bei der einige wenige auf Kosten vieler gewinnen.

Wer seit Sommer 2012 keinen derart großen Zuwachs seines Konto- und Depotvermögen zu verzeichnen hat, ist bereits ein Opfer der EZB-Politik geworden. Doch Halt! Ist eine solche Sicht nicht zu einseitig?

Die EZB-Geldpolitik verhindert Zahlungsausfälle von Staaten und Banken und wendet eine schwere Rezession-Depression ab. Ist das nicht positiv? Wer kurzfristig denkt, wird das vermutlich bejahen, nicht aber, wer die längerfristigen Konsequenzen der EZB-Politik vor Augen hat.

Die Tiefzins- und Geldmengenvermehrungspolitik wird nämlich bestenfalls einen neuerlicher Scheinaufschwung („Boom“) in Gang setzen, der nachfolgend in einem noch schwereren Zusam-menbruch („Bust“) enden wird.

Durch Zinsherabdrücken und Geldmengenausweitung schafft die EZB keine Wohlstandsmehrung. Sie setzen vielmehr einen Bereicherungswettlauf unter den Wissenden in Gang, die die Unkenntnis der breiten Masse auszunutzen suchen. Das bleibt nicht folgenlos.

Die Geschädigten werden sich gegen ihre Verarmung wehren. Wenn sie dabei nicht ein Anhalten der elektronischen Notenpresse, sondern „korrigierende“ Eingriffe des Staats verlangen, wird das bisschen, was von der Marktwirtschaft noch übrig ist, auch noch zerstört werden.

Thorsten Polleit
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4 Antworten auf „EZB-Politik: Wie einige wenige auf Kosten vieler gewinnen“

  1. Wissenschaft: Einem ist sie die hohe, die himmlische Göttin, dem andern eine tüchtige Kuh, die ihn mit Butter versorgt.
    – Friedrich Schiller –

    Nachdem sich die Prognose von der bevorstehenden Hyperinflation infolge der verantwortungslosen Geldpolitik von Herrn Draghi und der EZB zunächst noch nicht materialisiert hat, wird uns mit dem aktuellen Beitrag von Herrn Polleit nun die Zerstörung der Marktwirtschaft [sic!] prophezeit.

    In der Geschichte von Herrn Polleit wird „ die Unkenntnis der breiten Masse“ von einem anonymen Anleger Herr X ausgenutzt. Dieser Finanzspekulant brüstet sich gegenüber dem Autor, dass er die Handlungen der EZB in einer Investitionsstrategie frühzeitig antizipiert und seinen Gewinn durch „kreditfinanzierten Kauf von Griechenlandanleihen“ vertausendfacht hat. Statt dem Herrn X zu seinem Glück oder Können zu gratulieren, ortet Herr Polleit „nicht-marktkonforme Umverteilung von Einkommen und Vermögen“. Dieses Schurkenstück endet in der Zerstörung der Marktwirtschaft, weil sich die “Geschädigten … gegen die Verarmung wehren“.

    Als geneigter Leser dieses Blogs fragt man sich dann doch, ob es nicht auch noch ein bisschen schlichter geht?

    Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen – Den Vorhang zu und alle Fragen offen
    – Bert Brecht: Der gute Mensch von Sezuan –

  2. Die nächste Krise bahnt sich an, sobald die Zinsen wieder signifikant angehoben werde. Zuerst kommt aber die USA und hebt ihren Leitzins wie versprochen dieses Jahr noch an. In Europa wird es erst nächstes oder übernächstes Jahr soweit sein, ist meine Meinung dazu. Und dann wird es mit den Anleihen und Aktien nach unten gehen. Aktuell verdienen noch einige Menschen viel Geld damit aufs richtige Pferd zu setzen. Wenn es aber wieder nach unten geht, passiert das sehr schnell und hier werden solche Anlege wie in diesem Beitrag viel oder sogar fast alles wieder verlieren. Man sollte aussteigen wen es am schönsten ist. Gruß Aderius

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