Die gesamtwirtschaftlichen Investitionen sind in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zurückgegangen. Dabei sind Investitionen die Grundlage für künftiges Wachstum. Insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es für Deutschland zentral, die Investitions- und Innovationskraft der Volkswirtschaft zu stärken, um den künftigen Wohlstand zu sichern. Die private Investitionstätigkeit hängt wesentlich von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ab: Neben einem einfachen Steuersystem mit niedrigen Sätzen spielen der Abbau von Beschäftigungshürden auf dem Arbeitsmarkt, eine demografiefeste Finanzierungsstruktur der sozialen Sicherungssysteme und eine effiziente Gestaltung der Energiewende eine entscheidende Rolle. Daher sollte eine „Investitionsstrategie“ darauf ausgerichtet sein, diese Rahmenbedingungen zu verbessern, und so mehr Anreize für private Investitionen zu schaffen.
Ob investiert wird oder nicht, hängt von der jeweils erwarteten Rendite ab. Diese wiederum wird von vielen Faktoren beeinflusst. So wirken sich verbesserte Renditeerwartungen im Ausland bereits auf die Investitionstätigkeit im Inland aus, ohne dass sich die Renditeerwartungen im Inland geändert haben. Um beurteilen zu können, ob eine bestimmte Investitionsquote angemessen ist oder nicht, müsste sie mit der „optimalen Investitionsquote“ verglichen werden. Eine „optimale Investitionsquote“ lässt sich jedoch schwerlich kalkulieren, denn sie dürfte von Land zu Land unterschiedlich sein und sich auch innerhalb eines Landes im Zeitablauf ändern. Auch sind bei internationalen Vergleichen die unterschiedlichen Abgrenzungen von öffentlichen und privaten Investitionen zu berücksichtigen. So werden in Deutschland Investitionen in den Wohnungsbau zum größten Teil privat durchgeführt, während diese in Frankreich vorwiegend staatlich getätigt werden. Umgekehrtes gilt für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Frankreich und Deutschland – internationale Vergleiche sind so nur schwer möglich.
Um die notwendige private Investitionstätigkeit in Deutschland anzukurbeln, sollte die Wirtschaftspolitik die Rahmenbedingungen für Investitionen verbessern. Der Fokus sollte auf Maßnahmen liegen, die das Wachstumspotenzial erhöhen. Beschäftigungshürden auf dem Arbeitsmarkt sollten abgebaut oder zumindest keine neuen Regulierungen eingeführt werden. Die Steuerpolitik sollte wachstumsfreundlich ausgerichtet und die sozialen Sicherungssysteme demografiefest ausgestaltet werden. Die Energiepolitik sollte stärker auf Effizienz und Wettbewerb setzen, um die Kosten zu begrenzen. Dazu gehört auch eine stärkere Einbettung in den Europäischen Energiebinnenmarkt. Schließlich sollte das Bildungssystem gestärkt und die Innovationsbedingungen verbessert werden, z. B. durch eine Verringerung des Bürokratieaufwands bei Genehmigungs- und Zulassungsverfahren. Der Idee, private Investitionen mit öffentlichen Zuschüssen anzukurbeln, ist hingegen mit Vorsicht zu begegnen: Eine künstliche Verbesserung der Rendite durch staatliche Unterstützung führt zwar für den Einzelnen dazu, dass er seine Investition rentabel durchführen kann – sie kann aber gleichzeitig gesamtwirtschaftlich sinnvollere Projekte verdrängen. Die notwendigen öffentlichen Mittel für die Förderung sind von der Allgemeinheit aufzubringen, die auch die Risiken mitträgt. Durch diese Verzerrung kann langfristig sogar ein geringeres Wachstum resultieren, da lukrative Investitionen nicht getätigt werden.
Neben den privaten Investitionen spielen auch öffentliche Investitionen eine wichtige Rolle. Die öffentlichen Nettoinvestitionen sind in Deutschland seit 2003 negativ. Die abnehmende Investitionstätigkeit bei gleichzeitig hoher Ausstattung mit öffentlich finanzierter Infrastruktur führt zu einem zunehmenden Erneuerungs- und Erhaltungsbedarf der öffentlichen Infrastruktur. Marode Straßen und sanierungsbedürftige Schulgebäude legen davon Zeugnis ab. Allerdings wird aufgrund des demografischen Wandels der Bedarf an öffentlicher Infrastruktur wie z. B. Schulgebäuden auch weniger. Dennoch sollten auch die öffentlichen Investitionen wieder angepasst werden. Mit der abnehmenden Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand ging ein Anstieg der konsumtiven Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen einher.
Diese Verschiebung der Ausgabenschwerpunkte sollte auf den Prüfstand gestellt werden, um wieder mehr Spielraum für Investitionen zu schaffen.
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