Gastbeitrag
Globalen Wohlstand nicht durch Machtpolitik riskieren

Bild: Pixabay

Mit angedrohten und tatsächlichen Schutzzöllen und seiner Abkehr vom Multilateralismus hat US-Präsident Donald Trump Einiges dazu beigetragen, internationale Handelskonflikte zu schüren und die multilaterale Welthandelsordnung zugunsten bilateraler „Deals“ zu untergraben. Ein Auslöser für diese Politik ist der Aufstieg Chinas in der Weltwirtschaft und der neue Systemwettbewerb zwischen liberal-marktwirtschaftlichen Demokratien westlicher Prägung und autoritärem Staatskapitalismus, wie er in China anzutreffen ist. Sowohl das geostrategische Dominanzdenken der USA als auch das chinesische Wirtschaftsmodell stehen im Widerspruch zum multilateralen, regelbasierten Welthandelssystem, das der Welt in den letzten Jahrzehnten enorme Wohlstandsgewinne beschert hat. Angesichts der weiter anhaltenden wirtschaftlichen Dynamik Chinas besteht die Gefahr, dass Wachstum und Wohlstand zugunsten machtpolitischer Erwägungen geopfert werden und das multilaterale Handelssystem zusammenbricht. Die Politik sollte besonnen handeln und Handelskonflikte nicht eskalieren lassen. Sie sollte versuchen, das internationale Handelssystem wieder zu stärken, so dass Wohlstandsgewinne realisiert werden können.

Von Anfang der 1990er Jahre bis zum Ausbruch der Weltfinanzkrise haben die zunehmende Globalisierung durch Abbau von Handelsschranken sowie marktwirtschaftliche Reformen in vielen Ländern der Welt zu einer starken Konvergenz der Volks- wirtschaften geführt. Insbesondere China hat von der zunehmenden internationalen Arbeitsteilung profitiert. So hat sich der Anteil Chinas am Welthandel innerhalb von 20 Jahren verzwanzigfacht und China ist Exportweltmeister geworden. Der Anteil der großen Industrienationen am Welt-BIP hat sich spiegelbildlich verringert. Projektionen gehen davon aus, dass sich diese Konvergenz in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird. Ab 2021 könnte China die größte Volkswirtschaft der Welt sein.

Der rasante Aufstieg insbesondere Chinas hat dazu geführt, dass sich die globalen Kräfteverhältnisse verschoben haben. Und China demonstriert mit Projekten wie der „Neuen  Seidenstraße“  und  der  Strategie „Made in China 2025“ seinen globalen Machtanspruch. Ziel der chinesischen Industriestrategie ist es, bis zum Jahr 2025 in zehn Hightech-Industrien weitgehend unabhängig und global führend zu sein. Dabei greift China auf Instrumente wie Subventionen, Protektionismus und den Kauf von ausländischen Hochtechnologieunternehmen zurück. Im Inland helfen staatseigene Betriebe dabei, die Strategie umzusetzen. Dieser neue Systemwettbewerb stellt die westliche Welt und das kooperative, multi- laterale Handelssystem vor große Herausforderungen. Statt die protektionistische und interventionistische Strategie Chinas zu kopieren, sollte sich der Westen dafür einsetzen, dass China den Regeln des Welthandelssystems folgt und insbesondere fairen Marktzugang gewährt. Zudem sollte er attraktive Rahmenbedingungen für Forschung, Bildung und Investitionen schaffen. Damit kann er wettbewerbsfähig bleiben, seine Innovationskraft erhalten und auch längerfristig für Wachstum und Wohlstand sorgen.

Insbesondere US-Präsident Trump hat wesentlich dazu beigetragen, machtpolitische Erwägungen und Nationalismus in die internationale Politik zu tragen. Mit seinem „Make America great again“-Ansatz und vielfältigen protektionistischen Maßnahmen stellt er geostrategische  Machtansprüche ins Zentrum seiner Politik. Mögliche Einbußen an Wachstum und Wohlstand nimmt er dabei in Kauf. Der Rückgang der Globalisierung und zunehmender Protektionismus lassen sich allerdings nicht erst seit dem Amtsantritt von Präsident Trump beobachten. Bereits seit 2009 nehmen protektionistische Maßnahmen zu und die Wertschöpfungsketten haben sich  verkürzt.  Knapp 50 Prozent der Maßnahmen waren dabei Handelsschutzmaßnahmen und Subventionen. Der Anteil der Zölle betrug im Zeitraum  2009  bis  2018   lediglich   knapp 15 Prozent. Allerdings hat Präsident Trump auch der Zollpolitik zu einer Renaissance verholfen. So sind Dreiviertel des Anstiegs der globalen durchschnittlichen Zölle der letzten zwei Jahre auf US-Zölle zurückzuführen. In der Folge hat sich das weltweite Zollniveau auf das Niveau von 2003 verschlechtert.

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat sich bisher nur moderat auf die wirtschaftliche Entwicklung in den beiden Ländern ausgewirkt. In dem Maße, in dem der Konflikt zunimmt und China mit Retorsionsmaßnahmen reagiert, müssen  jedoch beide Volkswirtschaften mit Einbußen beim Bruttoinlandsprodukt rechnen, wenngleich diese in China deutlich größer ausfallen dürften. Andere Volkswirtschaften, darunter die EU, können zumindest kurzfristig aufgrund von handelsumlenkenden Effekten moderat von der Auseinandersetzung zwischen den USA und China profitieren. Allerdings wirkt die zunehmende Unsicherheit über weitere protektionistische Maßnahmen für sich bereits wie ein Zoll gegen- über allen Handelspartnern auf alle Güter und kann sich so negativ auf die konjunkturelle Entwicklung auswirken. Zudem drohen weitere Länder in die Handelskonflikte hineingezogen zu werden.

Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas hat die Kräfteverhältnisse in der Welt verändert. Machterhalt und nationale Sicherheit dominieren insbesondere die Politik der USA. Die Logik, dass die Verluste vermeintlicher Gegner eigene Gewinne bedeuten, widerspricht der Logik der gains from trade im internationalen Handel. Die Angst vor China sollte die Politik nicht dazu treiben, die Erfolge der Globalisierung zu verspielen.

Hinweis: Dieser Policy Brief entstand auf Grundlage des ECONWATCH-Meetings „To Trump or not to Trump? Ist Protektionismus ein guter Deal?“ mit Prof. Gabriel J. Felbermayr, Ph.D. (Institut für Weltwirtschaft Kiel) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin.

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