Die Zukunft der Demokratie

Ungeachtet vielfältiger Klagen über unser Bildungssystem ist das Bildungsniveau in Deutschland heute höher als zur Gründungszeit der Bundesrepublik. Ob das für einen durchschnittlichen Abiturienten gilt, mag man diskutieren. Aber für einen durchschnittlichen jungen Erwachsenen trifft es zweifellos zu. Das gilt vor allem auch für die politische Bildung. Zumindest ist der durchschnittliche junge Mensch heute in seinem Urteil unabhängiger von Traditionen und hergebrachten Vorstellungen. Gab es noch zur Wiedervereinigung klar umrissene Milieus um die damals etablierten Parteien, so scheint heute alles frei von einengenden Grenzen zu sein. Und daraus könnte man schließen: Heute sind nicht mehr Traditionen oder Milieus und schon gar nicht mehr hergebrachte Vorurteile Grundlage für die politische Positionierung und für die Wahlentscheidung moderner Bürger. An ihre Stelle, so scheint es, ist das persönliche und ausgewogene Urteil getreten, basierend auf einem emanzipierten und politisch gebildeten Geist. Und wenn das alles auch noch wahr wäre, dann könnte das die Erwartung füttern, dass unser demokratisches Gemeinwesen immer neue und schönere Blüten treibt.

Stattdessen beobachten wir das Gegenteil. Moderate politische Positionen erodieren nicht allein zugunsten extremer Haltungen, sondern – vielleicht noch überraschender – zugunsten wüster Theorien großer Vereinfacher. Und man hat den Eindruck, dass viele Wähler schlicht den Halt verloren haben und weltanschaulich wild umhervagabundieren. Das nutzen neue politische Anbieter, die wie Pilze aus dem Boden schießen. Sie profilieren sich damit, dass sie alles, was den Bürgern einmal an politischer oder ökonomischer Bildung mit auf den politischen Lebensweg gegeben wurde, in Bausch und Bogen als Instrument einer herrschenden Elite diskreditieren. Ob es um Grundfragen der gesellschaftlichen Toleranz geht, um die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Pressefreiheit oder um ökonomische Einsichten wie jene rund um den freien Handel, alles wird zum Herrschaftsinstrument einer verschworenen politischen Klasse umgedeutet. Und das Schlimme ist: Die Leute kaufen es! Junge, Alte, mehr und weniger gut Gebildete, Wohlhabende wie Arbeitslose. Ein Drittel bis ein Viertel der Bevölkerung der klassischen westlichen Demokratien sind dafür empfänglich, Tendenz steigend.

Waren die ganzen Bildungsanstrengungen also für die Katz, wenn es um die demokratische und liberale Grundhaltung der Bürger geht? Waren sie vielleicht sogar kontraproduktiv? Wie immer man sich diesen Fragen zu nähern versucht, eines springt ins Auge: So weit, wie es den Anschein hatte, ist es offenbar trotz aller Bildung nicht her mit der geistigen Unabhängigkeit der Bürger von politischen Milieus. Nur haben sich die Quellen und Entstehungsgeschichten der jeweiligen Milieus verschoben. Es sind heute weniger familiäre Traditionen auf vorgezeichneten Wegen, in die man hinein geboren wird und denen man nur schwer entfliehen kann. Vielmehr kommt ein junger Mensch heute im Laufe seines Heranwachsens mit einer Vielzahl unterschiedlicher Milieus in Kontakt: in Kindergarten, Schule, Hochschule, Ausbildung oder Freundeskreisen – und das oft verstreut über verschiedene Regionen.

Das aber führt nicht notwendigerweise zu einem unabhängigen Geist, wie man es vielleicht annehmen könnte; und das gilt auch und vor allem für politische und gesellschaftliche Fragen. Aus ökonomischer Sicht könnte dem ganzen Spuk eine einfache Ursache zugrunde liegen, und die lautet: Es kostet ein Individuum nichts, an irgendeinen Unfug zu glauben. Dass Freihandel das Land ruinieren kann, dass Gewaltenteilung die Herrschaft des Volkes untergräbt und damit die Demokratie unmöglich macht, dass Rechtsstaatlichkeit nur dazu dient, das „wahre Volk“ von den Quellen der Macht fern zu halten; alles das und vieles mehr beruht auf Gedanken, welche schnell einmal einleuchten wollen, aber doch nichts weiter sind als reiner Unfug. Die daraus entstehenden Mythen weisen zwei sehr unangenehme Eigenschaften auf. Erstens: Es erschließt sich deren Unsinnigkeit nicht so einfach, sondern es kostet oft sogar erhebliche geistige Anstrengung, ihre Fehlerhaftigkeit zu erkennen. Zweitens: Man trennt sich von ihnen nicht gern, wenn man sie einmal – fälschlicherweise – als zutreffend anerkannt hat. Gehört man einmal zu einem Milieu, in dem eine oder mehrere dieser Mythen zum Standard gehören, so hängt gar die persönliche Zugehörigkeit zum jeweiligen Milieu davon ab, ob man diese Mythen anerkennt oder nicht.

Aber riskiert ein Wähler nicht fehlerhafte politische Urteile mit möglicherweise bösen Folgen für die Gesellschaft, wenn er oberflächlich einleuchtende Mythen pflegt, statt sie sorgfältig auf Stichhaltigkeit zu testen? Ja und nein! An der Universität Münster haben wir über tausend Studierende mit einer auf den ersten Blick einfachen Aufgabe aus dem Bereich der Logik konfrontiert. Die Aufgabe ist innerhalb weniger Minuten zu lösen. Das Problem dabei ist aber: Was auf den ersten Blick logisch erscheint, ist in Wirklichkeit falsch. Das erschließt sich allerdings nicht ohne weiteres. Nur wenige Probanden erkennen die korrekte Lösung sofort, viele erst mit mehr oder weniger intensiver Hilfe, und manche streiten die Richtigkeit der korrekten Lösung selbst dann noch ab. Die Aufgabe ist ein Klassiker in der Kognitionspsychologie. In einer Vielzahl von Experimenten, die über Jahrzehnte in vielen verschiedenen Ländern durchgeführt wurden, scheiterten stets rund 90 Prozent der Probanden daran, die korrekte Lösung zu finden.[1]

Weil wir aber Ökonomen sind, haben wir die Frage untersucht, ob materielle Anreize die Ergebnisse verbessern. Ob man vordergründig einleuchtende Scheinwahrheiten vielleicht dann einer näheren Prüfung unterzieht, wenn die Auswahl materielle Verluste an Einkommen oder Vermögen verursacht. Und weil wir an Politik interessiert waren, haben wir zusätzlich überprüft, ob es dabei einen Unterschied gibt zwischen solchen Kosten, die nur das Individuum betreffen, und solchen, die die Gesellschaft insgesamt zu tragen hat.

Neben anderen Dingen haben wir deshalb getestet, wie gut Probanden sind, wenn sie für die korrekte Lösung 100 € erhalten. Zusätzlich haben wir Gruppen – Gesellschaften, wenn man so will – gebildet, in denen jedes einzelne Mitglied nach wie vor für sich selbst entscheiden musste; aber nur, wenn mindestens zwei Drittel der Gruppenmitglieder ein korrektes Ergebnis gefunden hatten, bekam jedes Mitglied unabhängig von seiner eigenen Entscheidung wiederum 100 €. Mit dieser Gruppenkonstellation haben wir eine Wahl simuliert, in der jedes Mitglied 100 € gewinnt, wenn die Gruppe kollektiv korrekt entscheidet – in unserem Falle hieß das, wenn zwei Drittel richtig entschieden hatten. Ganz ähnlich also wie in einer politischen Wahl, nur mit höherem Quorum, und das hatten wir nur aus technischen Gründen so bestimmt.

Kurz zusammengefasst fanden wir: Von jenen, die für eine individuell korrekte Entscheidung 100 € bekamen, haben 22 Prozent die richtige Lösung gefunden und damit rund doppelt so viele wie in all den vielen Experimenten, in denen es keine Belohnung gab und es deshalb auch nichts kostete, einer falschen Intuition zu folgen. Von jenen Probanden, die nur dann 100 € bekamen, wenn ihre Gruppenentscheidung korrekt war, fanden dagegen nur rund 8 Prozent das korrekte Ergebnis. Obwohl das falsche Gruppenergebnis also jedes einzelne Mitglied wiederum 100 € kostete, blieben die Bemühungen, das korrekte Ergebnis zu finden, sogar noch hinter den Bemühungen jener zurück, die überhaupt keine Belohnung erhielten.

Daraus lernen wir zwei Dinge. Erstens: Mythen bleiben unhinterfragt, wenn es die betreffenden Individuen nichts kostet, sie unhinterfragt zu lassen. Dagegen gilt: Kostet es etwas, einen Mythos unhinterfragt zu lassen, so schauen die Individuen zumindest genauer hin. Zweitens: Wenn es nur kollektiv, aber nicht individuell etwas kostet, einen Mythos unhinterfragt zu lassen, so schauen die Individuen nicht mehr genau hin. Vielmehr lassen sie den Mythos unhinterfragt. Ökonomen kennen das Ergebnis als Kollektivgutproblem. Weil jedes einzelne Gruppenmitglied mit seinem Verhalten nur einen winzigen Einfluss auf das Gesamtergebnis ausübt, hat keines von ihnen einen Anreiz, seinen Teil zum korrekten Ergebnis beizutragen. Folgt aber jedes Mitglied diesem Anreiz, so ist das Gesamtergebnis für alle ein Desaster. Für unsere Gruppen hieß das: Niemand bekam seine 100 €.

Wenn also ein Individuum im Zusammenhang mit einer wichtigen privaten Entscheidung an irgendeinen Unfug glaubt, der ihm nach erster Intuition fälschlicherweise korrekt erscheint, so kann das einen erheblichen Schaden für das Individuum anrichten. Daher wird es sich bemühen, diesen Schaden zu vermeiden, indem es die Dinge auf ihre Stichhaltigkeit überprüft. Wenn dasselbe Individuum aber mit demselben Unfug in der Rolle eines Wählers konfrontiert wird, dann muss es überhaupt nicht mit einem Schaden rechnen, wenn es seine Wahlentscheidung ungeprüft daran ausrichtet. Denn es ist extrem unwahrscheinlich, dass seine individuelle Wahlentscheidung das Gesamtergebnis der Wahl dreht. Und genau deshalb lohnt es sich für einen Wähler auch nicht, einen intuitiv einleuchtenden Unfug zu hinterfragen. Unterlassen es deshalb aber alle, den Unfug zu hinterfragen, so ist das Ergebnis für alle schlecht.

Im Ergebnis können die wildesten Mythen herumvagabundieren. Es können selbst gebildete Menschen überzeugt sein und bleiben von Dingen, die einer näheren Überprüfung nicht standhalten. Alles, was diese Mythen brauchen, ist, dass sie auf den ersten Blick einleuchtend erscheinen. Und davon gibt es leider reichlich Beispiele in der Welt der Politik und der Wirtschaftspolitik. Wilde Verschwörungen gehören dazu, scheinbare Zusammenhänge, die sich auf den ersten Blick aufdrängen, aber dann doch unsinnig sind, und vieles mehr. Und was die Sache nicht einfacher macht: Gerade die Sprachgewandten und Gebildeten unter uns sind besonders gut darin, Fakten, Daten und sonstige Informationen zu sammeln, die den unsinnigsten Mythen weitere Überzeugungskraft verleihen. Das tun sie häufig genug bereitwillig, denn man kann sich wunderbar damit profilieren, wenn erst einmal ein Milieu um einen absurden Mythos herum entstanden ist. Es winkt die Meinungsführerschaft und damit Prestige, und vielleicht winken auch Jobs und gesellschaftliche Positionen.

Handeln jene, die an derart gepflegte Mythen glauben, also irrational? Keineswegs. Denn es kostet Zeit und Aufwand, die Dinge zu hinterfragen. Die meisten Rätsel, die uns in unserem Leben begegnen, versuchen wir deshalb auch gar nicht zu lösen. Wer von uns beschäftigt sich schon nur so zum Spaß mit Quantenphysik? Wer von uns hat sich ernsthaft mit der Allgemeinen oder auch „nur“ mit der speziellen Relativitätstheorie beschäftigt? Nicht einmal die Tatsache, dass die Erde rund ist, lässt sich für einen einzelnen von uns so ohne weiteres nachweisen. Dennoch glauben wir, dass das alles richtig ist. Hauptsächlich deshalb, weil man uns das so sagt und weil es uns vielleicht auch irgendwie einleuchtet.

Aber wirklich zu ergründen versuchen wir die Hintergründe dieser Dinge meistens nicht. Denn der individuelle Aufwand stünde zu dem individuellen Ertrag in den meisten Fällen in keinem vertretbaren Verhältnis. Würden wir versuchen, alle Rätsel, die uns in unserem Leben begegnen, zu lösen, wäre jeder von uns hoffnungslos überfordert. Also treffen wir eine Auswahl, und die treffen wir durchaus nach ökonomischen Kriterien. Erwarten wir einen persönlichen Schaden für den Fall, dass wir ein Problem nicht korrekt lösen, dann bemühen wir uns, das Problem zu durchdringen; erwarten wir keinen Schaden, dann verwenden wir unsere Zeit besser für andere Dinge.

Man hat argumentiert, dass auch schlecht informierte Menschen in der Gruppe die richtige Entscheidung treffen, und diese Idee geht schon auf das 18. Jahrhundert zurück. Das stimmt aber höchstens dann, wenn uns eine intuitiv einleuchtende, aber am Ende doch falsche Antwort auf eine politische Frage nicht systematisch in die Irre führt. Genau das geschieht aber allzu häufig. Und wo es geschieht, bedarf es besonderer Anstrengungen, um der korrekten Antwort auf die politische Frage näher zu kommen.

Freilich sollten wir vorsichtig sein, allzu schnelle Schlüsse aus diesen Dingen zu ziehen. Vor allem sollten wir nicht der Versuchung erliegen, das Demokratiekind gleich mit dem Bade auszuschütten. Denn das würde bedeuten, die Schwächen seiner Alternativen zu übersehen. Aber eines zeigen unsere Einsichten: Die Geschichte von den emanzipierten Geistern in der aufgeklärten demokratischen Gesellschaft ist noch nicht zu Ende erzählt. Das Bild von den traditionellen Milieus von früher darf nicht einfach ersetzt werden durch das Bild vieler emanzipierter und wohlabwägender Geister in einer aufgeklärten Gesellschaft – auch wenn es noch so schön klingt. Vielmehr müssen wir versuchen, die Entstehung von wesentlich komplexer gewordenen Milieus nachzuvollziehen und deren Dynamik zu verstehen.

Vielleicht können wir einen Schluss aber bereits jetzt ziehen. Die politische Bildung hat sich vielleicht zu sehr auf die Vermittlung der Idee der Volksherrschaft konzentriert, wenn es um die Vorzüge der Demokratie ging. Sie ist dabei aber immer der wichtigen Frage aus dem Weg gegangen, wer denn „das Volk“ überhaupt sein soll. Auf den – meist von politischen Ökonomen vorgetragenen – Einwand, dass „das Volk“ ein Produkt unseres Geistes ist, welches außerhalb unserer intellektuellen Welt überhaupt nicht existiert, weil das Volk wenig mehr ist als eine Vielzahl unterschiedlichster Individuen, hat man nicht selten allergisch reagiert. Der Grund ist einfach: Man hat ihn als einen potenziellen Angriff auf die Idee der Demokratie missverstanden. Denn wenn es „das Volk“ nicht gibt, dann kann es strenggenommen auch keine Herrschaft „des Volkes“ geben.

Nun fällt aber auf, dass sich die modernen Feinde der Demokratie anders als ihre alten Gesinnungsgenossen nach außen hin keineswegs als Feinde Demokratie präsentieren. Im Gegenteil: Sie behaupten unisono, die einzig wahren Demokraten zu sein, weil nur sie das Volk wirklich verträten und damit der wahren Volksherrschaft zum Durchbruch verhülfen. Und auch diesen Unfug verbreiten sie mit überwältigendem Erfolg, bei Jung und Alt, bei Reich und Arm, bei Gebildet und weniger Gebildet. Wie ist das möglich? Weil die modernen Feinde der Demokratie die übrigen Zutaten einer liberalen und rechtsstaatlichen Demokratie diskreditieren: allen voran die Gewaltenteilung und die rechtsstaatlichen Verfahren. Von denen ist in der politischen Bildung gewiss auch die Rede, aber vielleicht zu wenig. Denn die Idee der Volksherrschaft erschließt sich intuitiv sehr gut; bei näherer Betrachtung ist sie aber gar nicht unproblematisch, wie der neuerlich grassierende Missbrauch dieser Idee eindrucksvoll zeigt. Umgekehrt erschließt sich die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung intuitiv nicht so leicht – und doch ist sie überwältigend groß für den Fortbestand einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft.

Daher ist die Intuition, die die neuen Feinde der Demokratie mit ihrem Gerede von der einzig wahren Volksherrschaft errichten, leicht zu fassen, aber nicht ganz leicht zu widerlegen. Haben sich einmal Milieus gebildet, die dieser Intuition folgen und einen politischen Mythos darauf errichten, so ist dagegen nur noch schwer anzukommen. Das gleiche gilt für eine Reihe von wirtschaftspolitischen Grundfragen, allen voran jener des Freihandels. Es ist kein Wunder, dass dieser über viele Jahre mit ebenso simpler wie falscher Intuition von links angeschossen wurde. Denn der Mythos vom Freihandel als imperialistisches Machtinstrument des Westens war und ist einfach zu mächtig, als dass eine relevante Anzahl von Mitgliedern linker oder linksliberaler Milieus auch nur auf die Idee gekommen wäre, ihn infrage zu stellen. Vor diesem Hintergrund ist es gerade für diese Personenkreise sicher ein Ärgernis, im Übrigen aber alles andere als ein Wunder, dass es ausgerechnet die rechten Demokratiefeinde und die Trumps dieser Welt sind, die von dieser Saat nun die Ernte einfahren.

Literatur

Apolte, Thomas; Julia Müller (2018), Cognition for Sale! Can Incentives Diminish Reasoning Errors? Working Paper, Münster.

Müller, Julia; Apolte, Thomas (2018), The Dynamics of Political Myths and Ideologies, Working Paper, Münster.

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[1] Das Experiment findet sich bei Müller/Apolte (2018) und die Theorie dazu bei Apolte/Müller (2018).

Thomas Apolte

3 Antworten auf „Die Zukunft der Demokratie“

  1. Aber wo Demokratie draufsteht, ist meistens keine drin… Der Mensch ist dazu gepolt in gewisser Weise zu bescheissen. Meistens von vorn bis hinten. Es ist immer besser den Menschen zu suggerieren, sie lebten in einer „freien“ Gesellschaft, als ihnen die nackte Wahrheit von Knecht und Eigner vor Augen zu führen. DANN hat man nämlich erst Probleme… Tja, und so (be)scheisst sich jeder irgendwie durchs Leben. Hört sich schräg an, keine Frage, ist aber letztlich so. Vor allem ist Gefahr im Verzug, wenn man von irgendetwas von Morgens bis Abends zugedröhnt wird. Das ist beim Thema Demokratie in der heutigen Diskussion nicht anders…

  2. Einleuchtende Mythen sind gewiss ein Problem. Politische Fragen haben jedoch in der Regel keine klaren Antworten, auf die jedermann mit gutem Willen und intensivem Nachdenken von selbst kommen könnte. Freihandel ist z.B. im Prinzip vorteilhaft, aber nicht unbedingt für alle. Verlierer können auch bei genauer Prüfung zu einer rationalen Ablehnung gelangen.

    Ebenso ist es bei der Flüchtlingskontroverse. Man kann keine ökonomischen Vorteile jedweder Spielart der Migration behaupten (auch ein Mythos). Zudem kann eine Gesellschaft bestimmte Zuwanderer aus guten Gründen ablehnen, insbesondere wenn diese die demokratischen und rechtsstaatlichen Spielregeln überdurchschnittlich missachten.

    In der Politik geht es meist nicht primär um die Logik eines Sachverhalts, sondern um unterschiedliche Präferenzen. Darüber entscheiden wir immer noch am besten demokratisch. Die „herrschende Elite“ wird eben abgewählt, wenn sie die Wählerpräferenzen missachtet. Sie hat freilich die Möglichkeit, ihr Personal- und Programmangebot zu überdenken und damit die Zustimmung abgewanderter Wählergruppen wiederzugewinnen. Was wir derzeit erleben, ist nicht zuletzt ein Aufstand der übergangenen Bürger gegen die schwarz-rot-grüne Kirchentagsfraktion.

    Als Liberaler sollte man den Enttäuschten eine Alternative bieten, die individuelle Freiheit mit einer erträglichen Migrationsperspektive verbindet: Strikte Begrenzung der Zuwanderung in die Sozialsysteme und stattdessen mehr qualifizierte Zuwanderung in die Beschäftigung.

  3. Ja, das Problem ist denke ich leider, dass ab einem gewissen Punkt im Leben bei allen Menschen eine Art Tunnelblick eintritt… Man kann und will dann irgendwie nicht mehr von seiner eigenen Anschauung abweichen. Das ist auch irgendwie verständlich, muss man sich doch sonst ständig neu anpassen und orientieren.

    Was das Thema Sozialsystem anbelangt… Ich denke die Politik hätte die Flüchtlingsproblematik auch anders lösen können, wenn eine andere Finanzarchitektur vorgelegen hätte. Wenn es nationalstaatlich organisiert wäre, könnte man gewisse Garantien auf Bankseite, für diese besondere Gruppe von Personen, austellen (oder gleiche eine Art „Flüchtlingsbank“ gründen). Sollten die Erwartungen an diese Personen nach einer gewissen Zeit nicht erfüllt werden, gibt es eben einen Verlust. Aber der muss nicht durch die Sozialsystem abgefedert sein, sondern geht über das Geldsystem. Wobei natürlich ein Verlust da einer Nutzung der Sozialsystem in gewisser Weise auch gleichkommt, da es ja über die Währungsseite dann läuft (und es so wiederum alle anderen betrifft), das ist mir schon bewusst… Aber die Ausgangssituation wäre eine andere. So hatte man von Anfang an einen moral hazard. An so etwas hat noch niemand gedacht, wohl auch weil es mehr Chancen bieten würde, als gewollt ist. Und das lockt dann bekanntlich noch mehr Leute an…

    Es ist schon so, dass meiner Meinung nach die „Führung“ hier verloren gegangen ist. Aber das ist ein Problem der Politik, sich selber diesen Schuh der Verantwortung angezogen zu haben (wobei ich hier nicht auf die internationale Verpflechtung Deutschlands eingehen will…). Nun sehen wir, was passiert, wenn es nicht so läuft und es letztlich alle betrifft. Schade! Good intentions pave the way to hell… wahrscheinlich richtig.

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