Gastbeitrag:
Frequenzauktionen, weiße Flecken und Wettbewerb im Mobilfunkmarkt

Am 12. April hat in Mainz in einer ehemaligen Kaserne die Auktion der neuen Mobilfunkfrequenzen begonnen, bei der unter der Leitung der Bundesnetzagentur Frequenzen von insgesamt 360 MHz versteigert werden. Ein Teil der Frequenzen stammt dabei noch aus UMTS-Auktionen aus dem Jahr 2000. Eine besondere Bedeutung kommt jedoch der heiß begehrten sogenannten Digitalen Dividende zu. Das sind insgesamt 60 MHz der TV-Frequenzen aus dem Frequenzbereich um 800 MHz, die bei der Umstellung auf DVB-T freigeworden sind, da hierdurch – im Gegensatz zum analogen Signal – deutlich geringere Kapazitäten benötigt werden.

Das dadurch freiwerdende Spektrum ist vor allem daher so attraktiv, da es zur Schaffung von breitbandigen Zugängen zum Internet eingesetzt werden kann. Dies ist vor allem dann interessant, wenn z.B. kabelgebundene DSL-Anschlüsse nur zu hohen Kosten zu realisieren sind. Gerade in ländlichen Gebieten könnte mit diesen Frequenzen also eine günstige Alternative zur Verfügung stehen. Geringere Kosten können deshalb realisiert werden, weil eine geringere Dichte an Sendemasten notwendig ist als bei höheren Frequenzen. Inhaber dieser Frequenzen können also zu deutlichen Kostenvorteilen ihre Breitband-Dienste anbieten, im Vergleich zu den Anbietern, die nicht mit einer entsprechenden Lizenz ausgestattet sind.

Zugelassen zur Auktion sind die vier Mobilfunkbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2. Aufgrund der bisherigen Ausstattung an Frequenzen im 900-MHz-Bereich und aufgrund der Vorteile der großen Anbieter ist die Vergabe der Digitalen Dividende mit einem Cap versehen. So können die Anbieter T-Mobile und Vodafone lediglich 2 Blöcke à 2 x 5 MHz ersteigern, während die kleineren Anbieter E-Plus und O2 auf 3 Blöcke à 2 x 5 MHz bieten dürfen. Insgesamt stehen jedoch nur sechs Blöcke à 2 x 5 MHz in diesem Bereich zur Verfügung. Aus technischer Sicht ist es aber wohl notwendig, mindestens zwei der 2 x 5 MHz Blöcke verwenden zu können, wenn eine bundesweite Abdeckung zu geringen Kosten erfolgen soll. Es ist also davon auszugehen, dass nach Ablauf der Auktion lediglich drei der vier Anbieter mit diesen Frequenzen ausgestatten sein werden. Ein wahrscheinliches Szenario ist, dass T-Mobile und Vodafone aufgrund ihrer Finanzkraft je zwei Blöcke ersteigern. Die beiden verbleibenden Blöcke könnten dann E-Plus oder O2 erhalten, der andere würde aber aller Voraussicht nach leer ausgehen. Dies könnte in der Folge einen deutlichen Wettbewerbsnachteil für dieses Unternehmen bedeuten.

Das geringe Angebot an attraktiven Frequenzen und das vorliegende Auktionsdesign hat erwartungsgemäß zu starker Kritik auf verschiedenen Ebenen geführt. So haben sowohl die kleineren Anbieter sowie die EU-Kommissarin Viviane Reding als auch die Monopolkommission die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur kritisiert. E-Plus und O2 haben (jedoch ohne Erfolg) gegen das Vergabeverfahren geklagt. Die Befürchtungen über mögliche negative Auswirkungen gehen z.T. so weit, dass mit einem Marktaustritt des Verlierers der Auktion gerechnet wird. Auch wenn es dazu nicht kommen sollte, ist eine Benachteiligung eines der Unternehmen im Wettbewerb jedoch wahrscheinlich.

Trotz dieser Kritik hat es die Bundesnetzagentur abgelehnt, das Auktionsdesign anzupassen. Denkbar waren hier verschiedene Optionen. So hätte z.B. die maximale Anzahl der zu ersteigernden Blöcke anders festgelegt werden oder eine Kombination mit den vorhandenen 900-MHz-Blöcken vorgenommen werden können. Eine weitere Möglichkeit hätte darin bestanden, die zu versteigernden Blöcke mit Roaming-Auflagen zu versehen, sodass die Nutzung durch den Verlierer der Auktion gesichert werden kann. Natürlich ist darüber hinaus denkbar, dass freiwillige Roaming-Vereinbarungen getroffen werden können. Welche Anreize dazu tatsächlich bestehen, wird sich nach Beendigung der Auktion zeigen. Als Ultima Ratio kann natürlich ebenso ein regulatorischer Eingriff erfolgen, falls es nach der Auktion zu massiven Wettbewerbsproblemen kommen sollte. Ein solcher Eingriff ist prinzipiell jedoch nicht wünschenswert, insbesondere dann nicht, wenn eine marktkonformere Lösung gefunden werden kann oder hätte gefunden werden können.

Interessant in diesem Zusammenhang ist vor allem die Frage, welche Ziele mit dieser Art der Versteigerung verbunden sind. So hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, darauf hingewiesen, dass die Versteigerung der 800-MHz-Frequenzen an hohe Ausbauverpflichtungen gebunden sind, um damit die sogenannten „weißen Flecken“ (also die für Breitbandanschlüsse bisher nicht erschlossenen Gebiete) zu schließen. Solche Auflagen erhöhen die Kosten für die Anbieter, da auch die unattraktiven Gebiete zu relativ hohen Kosten versorgt werden müssen. Gleichzeitig weist Kurth darauf hin, dass ein intensiver Bieterwettbewerb zu erwarten ist. Ein solcher Wettbewerb wird aber vor allem zu hohen Einnahmen durch die Versteigerungen und zu entsprechend hohen Kosten für die Gewinner der Auktionen führen. Während ein Bieterwettbewerb zwar gut für die Staatskasse ist, schlägt sich dieser (auch in Verbindung mit den vorhandenen Auflagen) auf der anderen Seite vor allem in hohen Lizenzkosten und damit in höheren Preisen für die angebotenen Dienstleistungen der Mobilfunkanbieter auf der Downstream-Ebene nieder.

Am 28. April 2010 lag die Summe der Gebote für alle zu vergebenden Frequenzen bei etwas mehr als 2 Mrd. Euro. Die mit Abstand höchsten Beträge entfielen dabei auf die sechs 2 x 5 MHz Blöcke der Digitalen Dividende, wobei jeweils Beträge um 300 Mio. Euro pro Block geboten wurden. Die Gebote für die Blöcke der anderen Frequenzen lagen dagegen bei maximal 23 Mio. Euro. Dieses Verhältnis macht deutlich, welchen Stellenwert die Digitale Dividende bei den Anbietern einnimmt. Auch E-Plus bietet kräftig um die TV-Frequenzen mit, obwohl vorher angekündigt wurde, darauf zu verzichten. Mit diesem Verhalten werden wiederum Spekulationen um eine mögliche Kooperation von O2 und E-Plus genährt, die schon seit einiger Zeit zu vernehmen sind. Wie auch immer: Es bleibt in jedem Fall spannend, wie die Auktionen enden werden und vor allem, welche Auswirkungen sich auf den Wettbewerb am Mobilfunkmarkt ergeben. Zu hoffen bleibt, dass zumindest ein regulatorischer Eingriff nicht notwendig sein wird.

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