So geht Wärmewende!
Das dänische Beispiel

RWI-Energieexperte Manuel Frondel plädiert dafür, die Wärmewende dem ab 2027 startenden zweiten EU-Emissionshandel und der kommunalen Wärmeplanung zu überlassen.

Mit der Reform des Gebäudeenergiegesetzes würde der Einbau von Öl- und Gasheizungen in den kommenden Jahren in Deutschland faktisch verboten werden, sowohl im Neubau als auch als Ersatz für alte Heizungen: Laut Gesetzesentwurf soll jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Hilfe von erneuerbaren Energien betrieben werden. Dies würde den Einbau von Heizungen, die ausschließlich auf Basis fossiler Brennstoffe betrieben werden, künftig ausschließen.

Damit könnten Millionen von Bürgerinnen und Bürgern künftig gezwungen sein, mangels Alternativen hohe Investitionen in eine Wärmepumpe tätigen müssen: Wärmepumpen können leicht doppelt bis drei Mal so teuer in der Anschaffung sein als beispielsweise herkömmliche Erdgasheizungen. Zwar sollen sich die Investitionen in Wärmepumpen langfristig als kostengünstiger erweisen als das Investieren in Gasheizungen, weil die Strompreise angeblich weniger stark ansteigen als die Preise für Erdgas und Öl — schließlich werden sich Öl und Gas durch die CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe zum Zwecke des Klimaschutzes absehbar verteuern.

Doch wie stark die Preise für Öl und Gas sich mittel- bis langfristig verteuern, ist unklar — trotz der Tatsache, dass die Etablierung eines zweiten EU-weiten Emissionshandelssystems bis zum Jahr 2027, das die Sektoren Verkehr und Wärme umfassen wird, von der Europäischen Kommission bereits gesetzlich beschlossen ist. Auch die Prognose, dass sich der Strompreis infolge des Ausbaus der Erneuerbaren langfristig verringern sollte, dürfte, wenn überhaupt, erst nach längerer Zeit eintreffen. Bis dahin könnte eine heute neu eingebaute Wärmepumpe das Ende ihrer Lebensdauer schon wieder erreicht haben. Tatsächlich ist nach den bisherigen Erfahrungen eher von einer weiteren erheblichen Verteuerung von Strom auszugehen als von einer deutlichen Senkung, nicht zuletzt aufgrund steigender Netzentgelte infolge des unabdingbaren Netzausbaus. Es ist angesichts der Unsicherheit über die künftigen Preisentwicklungen gut nachvollziehbar, dass Haushalte hohe Investitionen in Wärmepumpen scheuen.

Vor diesem Hintergrund ist die Furcht von Millionen von Bürgerinnen und Bürgern, dass Deutschland die ausschließliche Nutzung fossiler Brennstoffe bei neu installierten Heizungen bereits ab dem Jahr 2024 verbieten und damit die bislang verpasste Wärmewende über das Knie brechen möchte, sehr verständlich. Anstatt ein Verbot fossiler Heizungen zu erlassen, sollte sich Deutschland ein Beispiel nehmen an Ländern wie Schweden, Norwegen und Dänemark, in denen die Wärmewende über viele Jahrzehnte vorbereitet und durch CO2-Preise, Subventionen und viele andere Maßnahmen flankiert wurde, ehe dort erst vor wenigen Jahren Verbote ausgesprochen wurden.

So begann Dänemark schon im Zeichen der ersten Ölkrise in den 1970er Jahren, als 99 Prozent des dänischen Energieverbrauchs durch den Import von Erdöl und Kohle gedeckt wurden, mit dem Ausbau der Fernwärme. Heute sind rund 65 Prozent aller dänischen Haushalte daran angeschlossen, in Deutschland beträgt der Fernwärmeanteil weniger als 15 Prozent. Die Fernwärme stammt heute in Dänemark zu einem Großteil aus erneuerbaren Quellen wie Biomasse, Geothermie oder Abwärme von Industriebetrieben, nur ein knappes Viertel stammt noch aus fossilen Brennstoffen.

Ebenfalls im Zuge der ersten Ölkrise wurde im Jahr 1976 die Dänische Energieagentur gegründet. Diese begleitet seitdem die Umsetzung der dänischen Wärmewende. Auch der erste Energieplan stammt aus dem Jahr 1976. Die mehr oder weniger regelmäßig erscheinenden Energiepläne dienen seither als Grundlage der langfristigen Energiepolitik Dänemarks — auch hieran könnte sich Deutschland ein Beispiel nehmen: Mit der regelmäßigen Veröffentlichung von Energieplänen könnte Deutschland seine Energiepolitik zeitkonsistenter und unabhängiger von individuellen Regierungskonstellationen gestalten.

Um Anreize zu schaffen, auf alternative Heizungssysteme zu wechseln, wurde im Jahr 1977 eine Steuer auf Heizöl eingeführt. Diese Steuer wurde im Jahr 1985 als Reaktion auf sinkende Ölpreise erhöht, um die Anreize, auf Alternativen umzusteigen, aufrechtzuerhalten. Im Anschluss an die zweite Ölkrise wurden im Jahr 1981 Subventionen für die Installation alternativer Technologien eingeführt, insbesondere für Wärmepumpen. Bereits im Jahr 1992, und somit knapp drei Jahrzehnte eher als in Deutschland, führte Dänemark die CO2-Besteuerung fossiler Energierohstoffe ein, um deren Verbrauch weiter zu reduzieren.

Erst im Energieplan von 2012 wurde ein Installationsverbot von Öl- und Gasheizungen in neuen Gebäuden festgelegt. Dieses Verbot, das ab dem Jahr 2013 galt, wurde im Jahr 2016 auf bestehende Gebäude ausgeweitet. Die Ausweitung betraf jedoch nur Ölheizungen und galt auch nur in Gebieten, in denen Fernwärme oder Erdgasnetze vorhanden waren. Zudem durfte die Alternative zur Ölheizung nicht unangemessen teuer sein. Härtefälle wurden dadurch vermieden, das Verbot betraf letztlich nur einen Bruchteil aller dänischen Haushalte: Bei den insgesamt 2,8 Mio. Heizungsanlagen machten Ölheizungen im Jahr 2016 nur noch rund neun Prozent aus, Erdgasheizungen hatten einen Anteil von 15,2 Prozent; mit einem Anteil von 64,4 Prozent bestand die große Mehrheit der Heizungsanlagen aus Fernwärmeanlagen.

Schließlich wurde im Jahr 2017 ein Öl-Kesselverschrottungsprogramm gestartet, das Haushalten außerhalb von Fernwärmegebieten die durch staatliche finanzielle Hilfen unterstützte Anschaffung einer Wärmepumpe erlaubte. Anfänglich als Pilotprogramm begonnen wurde das Verschrottungsprogramm im Jahr 2020 auf Erdgasheizungen ausgeweitet. Der Charme des Programms liegt neben der staatlichen finanziellen Unterstützung darin, dass nicht die Haushalte sich um Installation, Betrieb und Wartung der Wärmepumpe kümmern müssen, sondern ein Energiedienstleister, den die Dänische Energieagentur beauftragt, wenn ein Haushalt sich für die Teilnahme an dem Programm entscheidet. Hierdurch werden sowohl die finanziellen als auch die organisatorischen und psychologischen Hürden für einen Umstieg auf eine Wärmepumpe minimiert.

Angesichts dieser Historie und der staatlichen Bemühungen Dänemarks, nicht nur soziale Härten zu vermeiden, sondern den Umstieg auf eine Wärmepumpe in jeglicher Hinsicht zu erleichtern und die finanziellen Belastungen der Haushalte so gering wie möglich zu halten, ist es wenig erstaunlich, dass die dänische Wärmewende keine Proteststürme auslöste. In Deutschland jedoch werden die Proteste angesichts des Hauruckverfahrens, mit dem die bislang versäumte Wärmwende in kürzester Zeit nachgeholt werden soll, umso stärker ausfallen, je besser die Konsequenzen für die Einzelnen zu Tage treten werden. Wenn die Regierung klug ist, wird sie dies vermeiden wollen, indem sie das faktische Verbot fossiler Heizungen nicht erlässt und die Wärmewende dem ab 2027 startenden zweiten EU-Emissionshandel und der kommunalen Wärmeplanung überlässt.

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