Die Wärmewende gilt als eines der Sorgenkinder bei Deutschlands Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft. Ein Blick in die Zahlen zeigt jedoch: Dies ist wenig gerechtfertigt. So sind die Emissionen an Kohlenstoffdioxid (CO2) im Gebäudesektor seit dem Jahr 2010 um knapp 30 % gesunken, von 143 auf 101 Millionen Tonnen im Jahr 2024 (Abbildung). Durchschnittlich haben sich die CO2-Emissionen dieses Sektors, die durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe zur Wärmeerzeugung entstehen, um etwas mehr 2 % pro Jahr verringert. Der Anteil des Wärme- bzw. Gebäudesektors an Deutschlands gesamtem Treibhausgasausstoß beträgt gerade einmal knapp 16 %.

Dennoch mahnt der Expertenrat für Klimafragen Jahr für Jahr an, dass der Gebäudesektor die im Klimaschutzgesetz willkürlich festgelegten Ziele für diesen Sektor verfehlen würde, wenngleich oftmals nur knapp. Die in diesen Fällen vom Expertenrat qua Amt erhobene Forderung nach einem sofortigen Aktionsplan zur künftigen Erreichung der Emissionsziele des Gebäudesektors ist mehr als fragwürdig, wie mein Beitrag für die Wirtschaftliche Freiheit erläutert.
Ein solcher Aktionsplan wäre nicht zuletzt deshalb fragwürdig, weil in jüngster Vergangenheit zahlreiche Maßnahmen ergriffen wurden, um die Emissionen des Gebäudesektors zu verringern. Dazu gehören beispielsweise die steuerliche Förderung energetischer Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), die im Jahr 2020 eingeführt wurde, sowie die im Jahr 2021 in Kraft getretene sogenannte CO2-Bepreisung. Die nationale CO2-Bepreisung verteuert in zunehmendem Maße den Verbrauch fossiler Brenn- und Kraftstoffe zum Zweck der Treibhausgasminderung. Ausgehend von 25 Euro je Tonne CO2 im Jahr 2021 erhöht der aktuelle CO2-Preis von 55 Euro den Liter Diesel und Heizöl um jeweils rund 17 Cent, wenn die auch auf den CO2-Preis erhobene Mehrwertsteuer miteingerechnet wird. Der Preis für Benzin liegt um 15,5 Cent je Liter höher als ohne CO2-Bepreisung.
Noch ehe die Wirkung der zahlreichen zu Beginn der Dekade eingeführten Maßnahmen zur Senkung der Emissionen des Gebäudesektors deutlich erkennbar war, wurde im Jahr 2023 ein faktisches Verbot des Einbaus von reinen Öl- und Gasheizungen gesetzlich verankert. Dieses seit dem Jahr 2024 geltende Verbot wurde von rund vier Fünftel der Bevölkerung abgelehnt (ntv 2023) und hat zu einer vorhersehbaren Vorziehreaktion geführt: dem Rekordeinbau von 790.500 neuen Gasheizungen im Jahr 2023 sowie 112.500 neuen Ölheizungen. Eine ähnliche Vorziehreaktion des massiven Einbaus konventioneller Heizsysteme gab es vor der Einführung des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes in Baden-Württemberg, mit dem zum 1. Januar 2010 eine verpflichtende Nutzungsquote von 10 % an erneuerbaren Energien für den Gebäudebestand eingeführt wurde, die unter anderem greift, sobald eine Heizungsanlage ausgetauscht wird.
In einer von mir für den Wirtschaftsrat der CDU angefertigten Studie wird argumentiert, dass es angesichts der massiven Ablehnung des Verbots durch die Bevölkerung klüger und zudem ökonomisch vorteilhafter gewesen wäre, wenn die Wärmewende stattdessen dem künftigen zweiten EU-Emissionshandel für die Sektoren Wärme und Verkehr überlassen worden wäre: Mit Hilfe dieses neuen Emissionshandels, dessen Start auf das Jahr 2027 festgesetzt ist, können die Emissionen der beiden Sektoren entlang politischer Vorgaben sukzessive und in kosteneffizienter Weise gesenkt werden: Die Emissionen würden in diesen beiden Sektoren dort in Europa vermieden, wo es am kostengünstigsten ist.
Die kostengünstigsten C02-Einsparungen dürften jedoch kaum in der energetischen Sanierung von deutschen Altbauten und in deren Ausstattung mit teuren Wärmepumpen liegen. Zudem ist zu beachten: Maßnahmen, die nicht im Rahmen dieses zweiten Emissionshandels ergriffen, sondern zusätzlich auf nationaler Ebene verordnet werden, machen die Treibhausgasvermeidung allenfalls teurer, aber tragen nicht zur Verringerung der Emissionen im EU-weitem Maßstab bei: Die deshalb nicht benötigten Zertifikate werden von den am zweiten Emissionshandel beteiligten Inverkehrbringern fossiler Brenn- und Kraftstoffe erworben werden, wodurch andernorts in der Europäischen Union die Emissionen höher ausfallen werden — ein Effekt, der unter dem Namen Wasserbetteffekt in die Literatur einging (siehe zum Beispiel Perino 2018).
Die Wärmewende über das Knie brechen zu wollen, weil in der Vergangenheit dafür wenig getan worden sei, könnte sich daher bei Etablierung des zweiten Emissionshandels als ebenso teuer wie nutzlos herausstellen. Die Wärmewende sollte in Deutschland auch vor diesem Hintergrund nicht überstürzt werden. Mit dem weitreichenden Verbot für den Einbau von konventionellen Heizungen auf Basis fossiler Brennstoffe wird hingegen der von der seit 2021 existierenden nationalen CO2-Bepreisung betroffene Gebäudesektor zusätzlich reguliert — und das auf unnötig teure Weise. Zu bedenken gilt dabei: Wenn sich Treibhausgase in anderen Sektoren deutlich kostengünstiger reduzieren lassen als durch den Austausch von Heizungen, ist dies für den Klimaschutz ebenso wertvoll.
Dass die Emissionen im Gebäudesektor eher langsam sinken, liegt an den hohen Kosten von energetischen Modernisierungen und den dadurch bedingten langen Investitionszyklen. Gerade deshalb ist es jedoch der falsche Weg, den Gebäudesektor mit teuren Maßnahmen wie Verboten, die die individuelle Freiheit von Eigentürmen deutlich einschränken, zu belasten — und davon sind Mieter wegen der Möglichkeit der Weitergabe der Kosten ebenso betroffen wie Eigentümer.
Spätestens ab dem Jahr 2030, wenn der separate EU-Emissionshandel ETS II für die Sektoren Verkehr und Wärme erfolgreich etabliert sein dürfte, sollte es weder zusätzliche nationale noch europäische Maßnahmen, geschweige denn sektorspezifische Ziele für diese beiden Sektoren geben, auch nicht auf europäischer Ebene, um die Kosteneffizienz dieses zweiten Emissionshandels nicht zu untergraben.
Eben dies geschieht allerdings durch die EU-EPBD-Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden, die aus ökonomischer Sicht eine ebenso unnötige wie teure Doppelregulierung darstellt: Spätestens mit der Etablierung des zweiten EU-Emissionshandels ETS II entfällt die Notwendigkeit der Feinsteuerung im Gebäudesektor durch das deutsche Heizungsverbot sowie durch die EU-EPBD-Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden. Deutschland sollte daher frühzeitig und proaktiv gegen die unnötige Doppelregulierung in Form der EU-EPBD-Richtlinie bei der EU-Kommission intervenieren.
Langfristig wäre es aus Effizienzgründen wünschenswert, dass die beiden Emissionshandelssysteme ETS I und ETS II zu einem einzigen Handelssystem zusammengelegt werden, sodass auch eine eigene Emissionsobergrenze für die Sektoren Verkehr und Gebäude, wie sie aus dem ETS II resultiert, obsolet würde. Das durch die Verschmelzung der beiden Emissionshandelssysteme mögliche Kosteneinsparpotential wäre immens. So finden Rickels et al. (2024), dass bei einer Koexistenz zweier separater Emissionshandelssysteme allenfalls etwa ein Viertel der Effizienzgewinne eines gemeinsamen Emissionshandelssystems erzielt würden, rund drei Viertel der durch die Verschmelzung von ETS I und ETS II möglichen Kosteneffizienzverbesserung würden verschenkt.
Nicht zuletzt sollte Deutschland seiner Wärmewende mehr Zeit verschaffen, um die Kostenbelastung der Gesellschaft zu dämpfen. Dies kann dadurch geschehen, dass Deutschland sein Ziel, im Jahr 2045 Klimaneutralität erreichen zu wollen, um 5 Jahre verschiebt und Klimaneutralität erst im Jahr 2050 anstrebt. Wie meine Studie für die FDP vom Januar zeigt, kann Deutschland mit seinem Bestreben, die Klimaneutralität bereits im Jahr 2045 erreichen zu wollen, wenig gewinnen, aber sehr viel verlieren. Es wäre daher ökonomisch rational, wenn Deutschland sein Zieljahr für die Klimaneutralität an das Zieljahr 2050 der Europäischen Union angleichen würde. Dies wäre nicht zuletzt auch deshalb geboten, weil eine effektive Klimapolitik, die etwas im globalen Maßstab bewirkt, nur in internationaler Kooperation möglich ist, nicht im nationalen Alleingang (Ockenfels, Schmidt 2019).
Referenzen
ntv (2023) Fast alle Ostdeutschen dagegen. Fast 80 Prozent lehnen Heizungsverbot ab. 20. April 2023. https://www.n-tv.de/politik/Vor-allem-Ostdeutsche-kritisch-Etwa-80-Prozent-der-Deutschen-gegen-Heizungsverbot-article24061064.html
Ockenfels, A., Schmidt, C. M. (2019) Die Mutter aller Kooperationsprobleme. Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 68(2): 122–130.
Perino, G. (2018) New EU ETS phase 4 rules temporarily puncture waterbed. Nature Climate Change 8(4), 262-264.
Rickels, W., Rischer, C. Schenuit, F., Peterson, S. (2024) Mögliche Effizienzgewinne durch die Einführung eines länderübergreifenden Emissionshandels für den Gebäude- und Straßenverkehrssektor in der Europäischen Union. Perspektiven der Wirtschaftspolitik 25(1): 70-80.