Gastbeitrag
Subventionen – sinnvoll oder fragwürdig?

Das Thema Subventionen dürfte in der öffentlichen Diskussion wohl nicht länger ein Mauerblümchendasein fristen. Denn in den öffentlichen Haushalten Deutschlands muss jetzt der Rotstift angesetzt werden, um einem Anstieg von Zinsen und Inflationsrate entgegenzuwirken, die mit vermehrter Staatsverschuldung einhergehen. Was haben Ökonomen heute zu den hohen Subventionen in Deutschland zu sagen, sorgte doch die ökonomische Wissenschaft aufgrund der wohlfahrtsanalytischen Basisarbeiten von Arthur Cecil Pigou (1877-1959) zusammen mit der hybriden Theorie des Marktversagens selbst dafür, dass Subventionen als legitimes Instrument der Wirtschaftspolitik salonfähig geworden und bei Politikern so beliebt sind. Claus-Friedrich Laaser und Astrid Rosenschon zeigen, dass die Subventionsrealität oft der ökonomischen Legitimationsgrundlage der Internalisierung externer Effekte entbehrt und dass selbst dort, wo der Pigou-Fall vorliegt, die Subventionsvergabe problematisch ist: Denn die Befürworter von Subventionen aus dem Lager der Ökonomen übersehen in ihrer zu partiellen Sicht der Welt die schädlichen Effekte in der zweiten oder dritten und jeder weiteren Runde und legen ihren Denkkonstrukten unrealistische und somit falsche Annahmen zugrunde.

Die Theorie: Wohlfahrtssteigerung durch Subventionen

Subventionen sind ein gern genutztes Instrument der Wirtschaftspolitik, weil sie den politisch Verant­wortlichen die Möglichkeit bieten, Aktivität zu entfalten und gestaltend in das Wirtschaftsgeschehen einzugreifen. Mittels Subventionen sollen tatsächliche (oder vermeintliche) Marktunvollkommenheiten beseitigt oder gemildert werden. Dabei greift die Politik durchaus auf den Instrumentenkasten zurück, den die ökonomische Wissenschaft entwickelt hat. Selbst in einem Lehrbuch, das sich mit Wohlfahrtsökonomie beschäftigt, werden Subventionen als ein legitimes Instrument der staatlichen Wirtschaftspolitik beschrieben. Wenn es dabei etwa um Anreize zu einer Anhebung des Produktions­niveaus bei vermuteten externen Erträgen geht – der Pigou-Subvention als Pendant zur Pigou-Steuer bei externen Kosten –, dann rechtfertigt die Wohlfahrtsökonomie einen fiskalischen Transfer zugunsten der Erzeuger der externen Erträge. Dies gilt spätestens seit den grundlegenden Arbeiten von Arthur Cecil Pigou (1920) und seinem Plädoyer für einen Ausgleich nicht-pekuniärer externer Nutzen, die bei rein marktgelenkter Produktion nicht abgegolten werden, so dass zu wenig von den entsprechenden Gütern produziert wird. Subventionen sind daher prinzipiell ein geeignetes Instrument, mit dem im theoretischen Idealfall ein Ausgleich zwischen privaten und sozialen Erträgen und damit eine Wohl­fahrtssteigerung herbeigeführt werden kann.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass selbst ökonomisch berechtigt erscheinende Subventionen Probleme mit sich bringen können. Denn in einer marktwirtschaftlichen Ordnung werden die wirtschaft­lichen Aktivitäten über den Mechanismus der relativen Preise gesteuert und koordiniert. Damit ist grundsätzlich alles schädlich für die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt, was die wichtige Informations-, Lenkungs- und Anreizfunktion der relativen Preise beeinträchtigt. Subventionen (Finanzhilfen oder Steuervergünstigungen) sind allokativ nur dann begründet, wenn (a) der Markt tatsächlich unvollkom­men funktioniert und (b) zugleich eine realistische Chance dafür besteht, dass Subventionen zu einem besseren wirtschaftlichen Ergebnis führen. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob diese Bedingungen vorliegen.

Probleme in der Subventionspraxis

In der Praxis haben selbst theoretisch durch eine Pigou-Situation gerechtfertigte Subventionen problematische Wirkungen:

  • Da Subventionen sich auf eine künftige Verbesserung der Allokation auf bestimmten Märkten richten, muss das Informationsproblem gelöst werden. Dieses Informationsproblem bei der Festsetzung einer Subvention kann gravierend sein. Die konkreten Angebots- und Nachfrage­bedingungen auf einem spezifischen Markt sind meist nicht in ausreichendem Maße bekannt. Der Staat verfügt nicht über das Wissen, das er haben müsste, damit im Falle des Markt­versagens öffentliche Mittel im richtigen Umfang und an der richtigen Stelle eingesetzt werden. Das trifft etwa auf die Technologieförderung zu. Wenn mehrere Technologien zur Verfügung stehen, kann man von staatlichen Stellen nicht erwarten, dass sie vorab „den Königsweg“ kennen und dann genau diesen gezielt fördern. Technologieförderung sollte, wenn sie denn sein soll, daher auf eine Technologieoffenheit setzen, damit eine Lösung im Sinne von Hayeks Wettbewerb als Entdeckungsverfahren gefunden werden kann. Bei niedrigeren Steuern wären die Unternehmen außerdem besser in der Lage, Forschung zu betreiben.
  • In dynamischer Perspektive verschärft sich das Informationsproblem noch dadurch, dass sich die Marktverhältnisse ändern. Eine ursprünglich berechtigte Subvention mag sich im Laufe der Zeit als ökonomisch nicht mehr notwendig erweisen, bleibt aber angesichts der Trägheit des politischen Prozesses oder infolge des Einflusses von Interessengruppen bestehen.
  • In einer anderen Konstellation des Informationsproblems kann es zu Mitnahmeeffekten kommen, nämlich wenn ein hinter der Subventionierung stehendes politisches Ziel sich ohne­hin am Markt durchzusetzen beginnt. Im Kontext des Pigou-Modells würde das bedeuten, dass sich die ursprüngliche Prognose eines deutlichen Auseinanderklaffens zwischen privaten und sozialen Erträgen als falsch erweisen kann und sich etwa durch ein Umdenken der Marktteilnehmer in der Fristigkeit der zu erwartenden Kosten und Erträge die soziale und private Ertragskurve einander annähern.
  • Zu bedenken ist weiterhin, dass externe Effekte dadurch verursacht sein können, dass Eigentumsrechte nicht oder nur unzureichend definiert sind. Ist es möglich, Eigentums- und damit Ausschlussrechte festzulegen, so können Verursacher und Betroffene externe Effekte durch Verhandlungen internalisieren, wenn die Transaktionskosten solcher Verhandlungen nicht sehr hoch sind. Nur bei hohen Transaktionskosten sowie in Fällen, in denen sich Eigentumsrechte nicht definieren lassen, mag die Gewährung von Subventionen – bei Beachtung der genannten Einwände – das angemessene Instrument sein.
  • Verwaltungskosten werden in der öffentlichen Debatte häufig übersehen. Aber Subventions­programme müssen ausgearbeitet werden, die Subventionsvergabe muss koordiniert und die Verwendung der Subventionen muss überprüft werden. All dies erfordert Personal im öffent­lichen Dienst, im Extremfall muss sogar eine neue Behörde geschaffen werden. Die zusätz­lichen Personalausgaben sowie der sonstige Aufwand für ein Programm sind in jedem Fall von den positiven Wirkungen einer Maßnahme abzuziehen, möglicherweise sind sie sogar größer als der Nutzen aus einer verbesserten Allokation. Zu beachten ist ferner, dass auch ein Eigen­interesse der Bürokratie eine Subventionsvergabe begünstigt, etwa um das Fortbestehen einer Organisationseinheit zu rechtfertigen.
  • Die kumulierten Wirkungen einer Finanzhilfe auf die gesamte Allokation der Ressourcen hängen letztlich auch von der Art der Finanzierung ab. Fiskalisch neutral wäre lediglich die Finanzierung über eine Kopfsteuer, eine Lösung, die in der deutschen Gesellschaft nicht mehrheitsfähig wäre. Die allokativen Verzerrungen infolge der Finanzierung über Steuern oder Verschuldung können ohne weiteres größer sein als die Effizienzvorteile infolge der Subvention. Denn durch die Subventionierung wird der Standort nicht als Ganzes attraktiver gemacht, weil die Finanzierungsseite einbezogen werden muss und die selektive Förderung zu Lasten der übrigen ökonomischen Aktivität geht.
  • Die Problematik nicht zielführender Subventionen ist aber letztlich noch komplizierter, wenn die Subventionierung zu Verhaltensänderungen führt. Zu bedenken ist nämlich, dass vor allem länger andauernde staatliche Hilfen derartige Verhaltensänderungen nach sich ziehen können. Subventionen vermindern die Anreize, Anpassungen vorzunehmen, die notwendig sind, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen. Dies betrifft die Kostenkontrolle sowie die Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung, die zu Prozess- und Produktinnovationen führen. Es kann sich eine Subventionsmentalität auf Seiten der unterstützten Unternehmen entwickeln.
  • Weitere Verhaltensänderungen sind auch auf benachbarten Märkten nicht auszuschließen. Subventionen verändern z. B. das Verhalten der Tarifvertragsparteien und provozieren lohnpolitisches „Moral-Hazard-Verhalten“. Sie versichern die Empfänger zumindest zeitweilig gegen die Folgen unternehmerischen Misserfolgs, lassen Arbeitsplätze sicherer erscheinen, als sie es tatsächlich sind, und setzen Anreize für marktwidrige Lohnabschlüsse
  • Für nichtsubventionierte Unternehmen, für Wirtschaftsverbände und für Arbeitnehmer­organisationen werden Anreize geschaffen, ihre Anstrengungen auf die Erzielung staatlicher Hilfe zu lenken („rent-seeking“). Es ist rational, Ressourcen für die Beeinflussung politischer Entscheidungen einzusetzen, wenn Regierungen zu erkennen geben, dass sie bereit sind, Hilfe zu gewähren. Politische Einflussnahme wird unter solchen Umständen zu einer wirtschaft­lichen Aktivität, die im Vergleich zu Anstrengungen, Markteinkommen zu erzielen, umso lohnender wird, je größer die Subventionsbereitschaft ist.
  • Ein weiterer Unsicherheitsfaktor bei der praktischen Subventionierung ist ein mögliches Auseinanderklaffen von Subventionsdestinatar, also derjenigen Aktivität, die man fördern möchte, und tatsächlichem Subventionsempfänger. Derartige Probleme können sich bei relativ starrem Angebot und differenzierten Wertschöpfungsketten ergeben, wie etwa in der Landwirtschaft, wo eigentlich die produzierenden Landwirte gefördert werden sollen, die Subventionen aber in Form von Bodenrenten letztlich bei den Bodeneigentümern ankommen, weil sie die Subventionen abschöpfen. Nutznießer der Finanzhilfen an die Landwirtschaft sind dann nicht die wirtschaftenden Landwirte, sondern vor allem die Bodeneigentümer, die in den Genuss erhöhter Bodenrenten gelangen.
  • Eine aus politischer Sicht unerwünschte Nebenwirkung von Subventionen kann schließlich darin bestehen, dass diese mit negativen Verteilungswirkungen verbunden sein können. Zum Beispiel begünstigen Subventionen über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) eher Großkonzerne. Vergleichbares gilt für die Förderung des Heizungstauschs, die Hausbesitzer begünstigt. Ähnliches lässt sich auch von der Entfernungspauschale sagen, die nicht zuletzt jenen Haushalten zugutekommt, die sich Wohneigentum in einiger Entfernung von den entsprechenden Arbeitsplätzen leisten können. Zwar sind die Verteilungswirkungen von Subventionen nicht zur Gänze abschließend erforscht, aber gerade die Debatte über umwelt­schädliche Subventionen hat einige Analysen angestoßen, die auch den Verteilungswirkungen Beachtung schenken und zahlreichen untersuchten Subventionen bescheinigen, dass ein Abbau sozialverträglich sei.

All dies verdeutlicht, dass ein Eingriff des Staates in Form von Subventionen nicht allein aus einem vorliegenden Marktversagen heraus legitimierbar ist. Ohnehin ist es in der Subventionspraxis so, dass viele Subventionen aus anderen Zielen heraus als der Internalisierung externer Effekte vergeben werden, wie dies etwa bei den Hilfen zugunsten notleidender Betriebe oder schrumpfender Branchen oder bei sozialpolitisch motivierten Subventionen der Fall ist. Und für den Pigou-Fall gilt: Interveniert der Staat trotz all der genannten Einwände, so kann es letztlich per Saldo zu Staatsversagen kommen. Damit ein Eingriff berechtigt ist, sollte sichergestellt sein, dass die Kosten des Staatsversagens die des Marktversagens nicht übersteigen. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob dies in der Subventionspraxis der Fall ist. Angesichts der vorgestellten Bedenken erscheint subventionspolitische Zurückhaltung angezeigt, zumal Subventionskürzungen im Falle von politischen Herausforderungen und zusätzlichem Verwendungswettbewerb um öffentliche Mittel ein nicht gering zu schätzendes Finanzierungsinstrument sind.

Aufgrund der dargestellten Problematik ist eine möglichst lückenlose Bestandsaufnahme aller Subven­tionstatbestände notwendig. Selbst wenn es dabei um Zweifelsfälle geht, inwieweit eine Maßnahme Subventionscharakter hat, trägt es zur Transparenz bei, wenn auch solche Grenzfälle auf den Prüfstand gestellt und dokumentiert werden. Der vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) seit langen Jahren turnusmäßig herausgegebene Kieler Subventionsbericht hat zur Transparenz über die deutsche Subventionslandschaft beigetragen. Er ist letztmals im Frühjahr 2025 erschienen, womit eine 40 jährige Tradition des IfW zu Ende gegangen ist. Freilich ist beabsichtigt, die Berichterstattung unter neuem Ortslabel fortzusetzen.

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