US-Präsident Donald Trump betreibt in seiner zweiten Amtszeit eine beispiellose Disruption der amerikanischen Politik. Er steht für den gezielten Umbau des US-Systems in eine autoritär geführte Oligarchie – ganz im Sinne ultra-libertärer Tech-Milliardäre.
US-Präsident Donald Trump hat aus den Fehlern seiner ersten Amtsperiode gelernt. Damals wurde er selbst vom eigenen Erfolg überrascht – nun macht Trump vom ersten Tag an Nägel mit Köpfen. Zielstrebig hat der neue US-Präsident damit begonnen, die USA in eine autokratisch geführte Oligarchie umzuwandeln – mit gravierenden Folgen für die Zukunft des Landes. Mit einem Trommelfeuer von Dekreten und Exekutivverfügungen hat es „Trump reloaded“ innerhalb weniger Wochen geschafft, den Systemzustand der USA radikal zu verändern. Politik-Wüterich Trump agiert nun in der Herzkammer der US-Demokratie als oberster Systemsprenger – gleichsam als „Disruptor in Chief“.
Vormarsch der Tech-Oligarchen
Oftmals noch unterschätzt wird die Rolle einflussreicher Geldgeber hinter Donald Trump. An vorderster Front stehen schwerreiche Gründer US-amerikanischer Technologiekonzerne, allen voran Elon Musk (Tesla, X, SpaceX, Starlink etc.) und Peter Thiel (PayPal, Palantir etc.). Beide Multimilliardäre verfolgen eine ultra-libertäre Agenda, die demokratische Prinzipien ablehnt und einen massiven Abbau staatlicher Strukturen und Institutionen anstrebt. Dennoch sind beide Großunternehmer äußerst empfänglich für staatliche Subventionen (Tesla) und Regierungsaufträge (Palantir, SpaceX) und favorisieren unternehmerische Monopole gegenüber freiem Wettbewerb.
Diese milliardenschweren Tech-Oligarchen haben nun mit Donald Trump erstmals einen mächtigen Unterstützer im Oval Office, der nicht nur die gleichen politischen Ziele verfolgt, sondern sich dabei auch ungeniert bereichern wird. Nicht ohne Grund warnte der scheidende Präsident Joe Biden in seiner Abschiedsrede vor der „Entstehung eines technisch-industriellen Komplexes“ in den USA – und einer „heraufziehenden US-Oligarchie als Herrschaft weniger Superreicher“.
Der Einfluss oligarchischer Tech-Milliardäre wird die zweite Amtszeit von Donald Trump entscheidend prägen; einige haben ihre Unterstützung – finanziell und ideologisch – schon frühzeitig geleistet: Peter Thiel hat den US-Vizepräsidenten J.D. Vance seit vielen Jahren politisch aufgebaut und Elon Musk trieb als Großspender den Wahlkampf von Donald Trump voran. Mindestens ebenso wichtig war jedoch seine mediale Unterstützung. Spätestens im US-Wahlkampf wurde deutlich, welch wichtige Rolle Musks Social Media-Plattform X (ehemals Twitter) inzwischen einnimmt – als populistisches Megafon und Verstärker ideologischer Botschaften von Trump und dessen MAGA-Bewegung („Make America Great Again“).
Ideologische Disruption und wirtschaftliche Ziele
Die unheilvolle Verquickung der US-Politik mit wirtschaftlicher und medialer Macht, vorrangig aus dem Bereich der neuen Tech-Eliten, konstituiert in den USA eine neuartige Form der Oligarchie. Diese Transformation und deren Dynamik dürften prägend sein für die „Buddy Economy“ in Trumps zweiter Amtszeit.
Hinter der rasanten Entwicklung hin zu einer US-Oligarchie stehen vor allem ideologische Gründe: Die ultra-libertäre Agenda mächtiger Trump-Unterstützer zielt darauf ab, die administrativen Strukturen der US-Politik weitgehend zu zerschlagen. Diesen Ansatz umschreibt Donald Trump seit Jahren als „Deconstruction“. Ziel ist eine stark geschrumpfte – zugleich aber machtpolitisch stark konzentrierte – Regierung, die sich auf wenige staatliche Grundfunktionen beschränkt.
Statt über einen breit aufgestellten Staatsapparat sollen die USA künftig wie ein Unternehmen geführt werden – mit Donald Trump als allmächtigem CEO an der Spitze. Die verschärfte Machtkonzentration im Amt des US-Präsidenten wurde in den letzten Wochen bereits vehement in Gang gesetzt – oft im Widerspruch zu bislang geltenden Prinzipien einer demokratischen Gewaltenteilung. Mit ihrem aggressiven Vorgehen betreiben Trump und Musk im Rekordtempo eine rigorose Machtaneignung („Power Grab“), die von US-Juristen bereits als „administrativer Staatsstreich“ („State Capture“) interpretiert wird (vgl. Abb. 1).

Vom ersten Tag an wollen Trump und seine Unterstützer nicht nur vollen Durchgriff auf alle politischen Entscheidungsprozesse, sondern gleichzeitig auch völlige Freiheit und maximale Disruption bei der Entwicklung und Vermarktung neuer Technologien. Sollten daraus neue wirtschaftlich-politische Monopole hervorgehen, wäre dies ganz im Sinne von Oligarchen wie Musk und Thiel.
Beispiellose Verknüpfung wirtschaftlicher Eigeninteressen mit der Politik
Neben dem radikalen ideologischen Umbau der USA verfolgen Trump und seine „Buddies“ handfeste wirtschaftliche Interessen. Trump selbst hatte bereits in seiner ersten Amtszeit keine Hemmungen, das Amt des US-Präsidenten mit privaten Eigeninteressen zu verbinden. Seine zweite Regierungszeit wird dies noch einmal auf eine ganz neue Ebene heben. Exemplarisch ist der enorme Interessenkonflikt, in dem sich Elon Musk – als Trumps neuer „First Buddy“ – durch seine Rolle als Chef der neuen Effizienzbehörde DOGE („Department of Government Efficiency“) laufend bewegt. Musk hat dabei nicht nur weitgehend unkontrollierten Zugang zu einer Vielzahl hochsensibler Finanzdaten, er kann auch staatliche Zahlungen an seine eigenen Unternehmen jeder kritischen Überprüfung entziehen. Über direkten Druck auf Ministerien kann Musk zudem konkrete Politik gestalten – und sich zugleich regulatorische Vorteile oder Regierungsaufträge für seine Unternehmen verschaffen, etwa in den Bereichen Raumfahrt oder Künstliche Intelligenz.
Für US-amerikanische Tech-Konzerne ist die zweite Trump-Präsidentschaft eine Wette auf ein massiv dereguliertes Umfeld. Die neuen politischen Rahmenbedingungen begünstigen eine Tech-Oligarchie mit wenigen, ultrareichen Profiteuren. Welchen Stellenwert die Tech-Bosse und deren Plattformen für Trump in seiner zweiten Amtszeit haben, zeigte sich eindrucksvoll bei seiner Vereidigung im Kapitol am 20. Januar: Direkt hinter Trumps Familienmitgliedern saßen Elon Musk, Amazon-Gründer Jeff Bezos, Meta-Chef Mark Zuckerberg und Google-Chef Sundar Pichai – die designierten Minister mussten eine Reihe weiter hinten Platz nehmen. Die Bilder der Amtseinführung symbolisieren plakativ das neue politische Paradigma: Die USA werden zu einer „Buddy Economy“, wo persönliche Nähe zur Familie des US-Präsidenten ungleich wichtiger ist als ein solides Geschäftsgebaren oder eine gute politische Amtsführung.
Tech-Konzerne und Medien-Plattformen im Fokus der „Buddy Economy“
Sowohl Donald Trump als auch seine reichen Unterstützer zeigen eine starke Präferenz für innovative Technologien – speziell Künstliche Intelligenz und Kryptowährungen – sowie digitale Social Media-Plattformen. Dahinter stehen sowohl politische als auch wirtschaftliche Ziele. Einerseits soll die Entwicklung und Kontrolle innovativer KI-Systeme den USA im globalen Hegemonialkonflikt einen Vorsprung oder zumindest eine dominante Stellung verschaffen. Aus diesem Grund hat die Trump-Regierung umgehend Einschränkungen und Auflagen bei der KI-Entwicklung abgeschafft. Mögliches Fernziel, angetrieben von Musk und dessen ultra-libertären „Tech-Buddies“: Die Errichtung einer neuen Form von „digitaler Regierung“, die anstelle traditioneller Bürokratien verstärkt auf KI-Werkzeuge setzt. Dieser Ansatz verspricht nicht nur Kosteneffizienz, sondern ermöglicht – vor allem! – den ungehinderten und vollständigen Durchgriff des „Chief Executive“ Trump auf alle Regierungsebenen.
Andererseits dienen die neuen digitalen Medien Trump und der MAGA-Bewegung als zentrales Instrument zur Festigung politischer Macht. Mit Musks Plattform X und seinem eigenen „Truth Social“-Kanal stehen Trump digitale Sprachrohre zur Verfügung, um autokratische Botschaften zu verbreiten und politische Deutungshoheit durchzusetzen. Wie wichtig mediale Reichweite für die politische Macht sein kann, wurde bereits vom ehemaligen italienischen Ministerpräsident und Medienunternehmer Silvio Berlusconi erkannt und erfolgreich ausgenutzt. Offensichtlich folgt Trump mit seiner „Buddy Economy“ – gestützt auf ultrareiche Tech-Unternehmer und einflussreiche Digital-Plattformen – nun einem sehr ähnlichen Konzept.

Entfesselung der Wirtschaft und Deformation der Politik
Generell zeichnen sich für die USA im Zustand einer „Buddy Economy“ massive Veränderungen ab, allerdings mit im Einzelfall sehr unterschiedlichen Ausprägungen (vgl. Abb. 2). Einerseits unterziehen die Disruptoren Trump und Musk die US-Wirtschaft einer radikalen Deregulierung, was zu einer „Entfesselung“ unternehmerischer Kräfte mit verstärkter Innovation und erhöhter Produktivität führen soll. Ziel ist dabei, zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht den globalen Führungsanspruch der USA auszubauen – speziell gegenüber dem Erzrivalen China. Zumindest in Teilbereichen könnte dieser Ansatz durchaus erfolgreich sein. Neben der Finanzindustrie, dem Energiesektor sowie dem Raumfahrtbereich dürften davon insbesondere KI-Anbieter, Social Media-Plattformen sowie große Technologieunternehmen profitieren.
Auf der Gegenseite zeichnet sich jedoch ein völlig anderes Bild ab: Politisch stehen die USA vor einer massiven Deformation, die den Kern der US-Demokratie schwer zerrütten und möglicherweise unwiederbringlich zerstören könnte. Die USA sind unter Donald Trump – angeheizt von ultra-libertären „Buddies“ – ganz klar auf dem Weg zu einer Autokratie, die für die gesamte Welt – so wie schon jetzt für die Ukraine und Europa – noch viele schmerzhafte Botschaften bereithält.
Nicht nur in den Vereinigten Staaten droht nun eine gefährliche Erosion des politischen Systems. Auch für Europa sind die Folgen der rasch heraufziehenden US-Autokratie zunehmend spürbar – die knallharte Ansage von US-Vizepräsident J.D. Vance in München hat dies bereits unmissverständlich klar gemacht. Hingegen ist Russlands Kriegsherr Putin schon jetzt ein klarer Gewinner der neuen US-Politik – er darf nach drei Jahren Angriffskrieg gegen die Ukraine auf reiche Beute hoffen. Insgesamt wird die Welt durch die politische Transformation der USA künftig deutlich unsicherer, speziell für die schrumpfende Gruppe liberaler Demokratien (vgl. Abb. 3).

Wohin driften die USA unter Trump und Musk?
Angesichts des Sturmangriffs der Trump-Bewegung gegen wichtige Grundpfeiler der US-Demokratie verändert sich das Bild der USA nahezu stündlich. Für die neuen US-Oligarchen ist jedoch nicht gewiss, wie lange sie von den neuen Verhältnissen tatsächlich profitieren werden. Oligarchien sind grundsätzlich fragil und leiden häufig unter internen Machtkämpfen. Zudem hat Trump bereits in seiner ersten Amtszeit mehrfach gezeigt, dass er selbst enge Vertraute abrupt fallen lässt (Elon Musk sollte sich dieses Risikos stets bewusst sein).
Hinter Trumps „Buddy Economy“ steht unverkennbar eine Geisteshaltung, die mit Grundprinzipien einer Demokratie nicht vereinbar ist. Es dürfte also kein Zufall sein, dass Donald Trump erst kürzlich – vom offiziellen Account des Weißen Hauses! – ein Bild verschickt hat, das ihn als König der USA zeigt. Interessant dabei: Elon Musk führt bei Tesla schon länger einen solchen Titel („Technoking of Tesla“).
Derartige Denkmuster bei zwei der mächtigsten Männer der Welt sind entweder unglaublich infantil oder explizit antidemokratisch. Die Zukunft wird zeigen, welche Variante die richtige ist. Unternehmer und Investoren sollten sich allerdings schon heute darauf einstellen, dass Trump und Musk mit ihrer „Buddy Economy“ noch ein enormes Ausmaß an globaler Disruption erzeugen werden. Nicht alles davon dürften die globalen Kapitalmärkte als positive Veränderung interpretieren.
Hinweis: Dieser Beitrag basiert in Teilen auf der Ausarbeitung „Big Picture: 2025“, die vom Verfasser im Januar 2025 veröffentlicht wurde.
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