Die Zentralbank sollte sich auf ihr duales Mandat konzentrieren und nicht versuchen, alle Probleme der Wirtschaft zu lösen.
Die Drohung von Präsident Trump, einen neuen Vorsitzenden der Federal Reserve zu ernennen, der bereit ist, die Zinssätze zu senken, ist unangebracht. Die Geschichte lehrt, dass die Wirtschaft und die Finanzmärkte am besten funktionieren, wenn die Fed der Preisstabilität Priorität einräumt, und dass sich die Ergebnisse verschlechtern, wenn andere Ziele Vorrang bekommen. Eine unabhängig agierende Zentralbank liefert die besten Ergebnisse.
Alle Präsidenten wünschen sich niedrigere Zinssätze. Aber die Kontrolle der Zinssätze ohne Rücksicht darauf, wie sie sich auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Inflation auswirken, hat sich als kostspielig erwiesen. Präsident Richard Nixon arbeitete 1971 mit dem Fed-Vorsitzenden Arthur Burns zusammen, um Lohn- und Preiskontrollen einzuführen. 1972 ließ er Burns die Geldpolitik ankurbeln, um seine Wiederwahl zu fördern. Wirtschaftliches Chaos war die Folge.
Präsident Lyndon B. Johnson drängte den Vorsitzenden William McChesney Martin, die Zinssätze 1965 nicht zu erhöhen, was dazu beitrug, die große Inflation auszulösen, die bis 1982 andauerte. Präsident Harry Truman verlängerte die Forderung des Finanzministeriums, dass die Fed die Zinssätze während des Zweiten Weltkriegs festschreibt, und zwang sie, die niedrigen Zinssätze während des Wirtschaftsbooms der Nachkriegszeit beizubehalten, was die Inflation in die Höhe trieb. Argentinien, die Türkei und andere internationale Experimente mit staatlicher Kontrolle der Zentralbanken waren noch schlimmer.
Es ist nicht angebracht, die Fed zu politisieren oder sie unter Druck zu setzen, die Zinsen zu senken. Niedrigere Zinsen können keine dauerhaften Arbeitsplätze schaffen. Sie können auch nicht die negativen, verzerrenden Auswirkungen einer schädlichen Zoll- oder Einwanderungspolitik ausgleichen. Wer die Unabhängigkeit der Fed in Frage stellt, der riskiert, ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben, die die Grundlage für die Rolle des Dollars als Weltreservewährung darstellt. Diese Einsichten haben Vorrang vor irrigen Versuchen, die Wirtschaft anzukurbeln.
Leider ist das größere Risiko für die Unabhängigkeit der Fed die wachsende Staatsverschuldung. Sie resultiert aus der jahrzehntelangen fiskalischen Verantwortungslosigkeit beider Parteien. Das Aufblähen der inflationsindexierten Sozialprogramme überstieg die politische Bereitschaft, zur Finanzierung entsprechend hohe Steuern zu erheben. Trump hat bei der Verlängerung der Steuersenkungen von 2017 die Gelegenheit verpasst, die Ausgaben für künftige Rentenprogramme zu kürzen. Der Vorwurf, die Zinspolitik des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell sei kostspielig, ist ein populistisches Plädoyer für eine geldpolitische Lockerung.
Dies alles folgte auf die verschwenderische Finanzpolitik von Präsident Joe Biden. Etwa einen Monat nach der Verabschiedung seines 1,9 Billionen Dollar schweren „American Rescue Plan“ im März 2021 schlug Biden zusätzliche Ausgaben von 3,5 Billionen Dollar vor, die erhebliche Defizite beinhalteten. Das Team Biden argumentierte, dass die Fed die Zinsen bei Null belassen würde und es daher an der Zeit sei, „aus dem Vollen zu schöpfen“. Glücklicherweise wurde diese überzogene Gesetzgebung von Senator Joe Manchin blockiert.
In diesem schwierigen Umfeld muss die Fed ihr duales Mandat – niedrige Inflation und maximale Beschäftigung – ohne Einmischung von außen weiterverfolgen. Die beste Reaktion der Fed auf Donald Trump besteht darin, ihre Ziele neu zu formulieren und sie in ihren kommenden Strategieplan aufzunehmen. Dazu müssen die Mängel des Strategie Reviews von 2020 behoben und die Kommunikation verbessert werden, damit die Exekutive, der Kongress und die Öffentlichkeit besser verstehen, wie die Fed ihre Ziele erreicht.
Die Fed sollte die Symmetrie ihres Inflations- und Beschäftigungsmandats wiederherstellen, ihr übermäßig komplexes „average inflation targeting“ abschaffen und eine präventive Straffung zur Steuerung der Inflationserwartungen wieder einführen. Sie muss sich verpflichten, sich auf ihr enges Mandat zu konzentrieren und sie darf nicht zulassen, dass ihre Politik in fiskalische und kreditpolitische Probleme hineingezogen wird.
Die Fed muss auch anerkennen, dass sie nicht immer richtig liegt, und sie muss überlegen, wie einfache Regeln ihren diskretionären Entscheidungsansatz ergänzen und verbessern können. Es wäre aufschlussreich, eine Schätzung nach der Taylor-Regel in die vierteljährliche Zusammenfassung der Wirtschaftsprognosen der Fed aufzunehmen, in der die Mitglieder des Offenmarktausschusses ihre Schätzungen („Dot Plot“) für den Leitzins abgeben, der zur Erreichung der Inflations- und Wirtschaftsziele erforderlich ist. Wenn die Schätzung nach der Taylor-Regel deutlich von den Schätzungen der FOMC-Mitglieder abweicht, sollte die Fed dies berücksichtigen.
Die Zusammenfassung der Wirtschaftsprojektionen könnten zudem verbessert werden durch mehr Informationen über die Bilanz der Fed sowie die Durchführung einer jährlichen Risikomanagementübung, bei der die Mitglieder des FOMC gebeten werden, Schätzungen der Leitzinsen für verschiedene Konjunktur- und Inflationsszenarien abzugeben. Eine genauere Erläuterung der Gründe für die Änderung der Leitzinsen würde dem Weißen Haus und dem Kongress helfen, die geldpolitischen Überlegungen der Fed besser zu verstehen.
Die Finanzpolitiker und die Fed müssen eine Strategie verfolgen, die im besten Interesse der jetzigen und künftigen Generationen liegt. Fiskalische Verantwortung und ein Abbau der Defizite sind notwendig. Sie können durch eine ernsthafte, parteiübergreifende Anstrengung erreicht werden, die das nationale Interesse über schmutzige Politik stellt. Diese Anstrengungen sind notwendig, um eine ausufernde Verschuldung und die fiskalische Dominanz der Fed zu verhindern.
Die Fed kann sich nicht auf ihre Unabhängigkeit verlassen und sich deshalb mit kleinen Anpassungen ihrer Strategie zufriedengeben. Sie muss deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einer robusten, systematischen Strategie der niedrigen Inflation machen, die mit nachhaltigem Wachstum und maximaler Beschäftigung vereinbar ist.
*Charles I. Plosser war Präsident der Federal Reserve Bank of Philadelphia. Beide, Charles I. Plosser und Mickey D. Levy sind Visiting Fellows am Hoover Institute at Stanford University und Mitglieder des Shadow Open Market Committee.
Hinweis: Jörn Quitzau hat den Beitrag, der am 23. Juli 2025 im Wallstreet Journal erschien, ins Deutsche übersetzt.
Blog-Beiträge zum Thema:
Uwe Vollmer (Uni Leipzig, 2024): Ist die Unabhängigkeit der US Fed in Gefahr?
Norbert Berthold (JMU, 2016): Die verlorene Unabhängigkeit der EZB. Zu mächtig oder nur ein Scheinriese?
Podcast zum Thema:
Donald Trump und die Unabhängigkeit der Notenbank. Dr. Jörn Quitzau (Bergos AG) im Gespräch mit Prof. Dr. Stefan Schäfer (Hochschule RheinMain)
