Varianten des Kapitalismus
Die Mär vom besseren Kapitalismus

Gibt es einen besseren Kapitalismus? Die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/9 hat diese Debatte wiederbelebt. Manch einer nimmt an, dass es sich bei der Sozialen Marktwirtschaft um diesen besseren Kapitalismus handelt.[1] An die Spitze der Bewegung stellt sich kein geringerer als die deutsche Bundeskanzlerin. Eben erst warb sie auf ihrem Staatsbesuch in London für das „Europäische Wirtschaftsmodell“. Das ist nicht neu. Schon 2009 propagierte sie auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos das deutsche Modell als Alternative zur liberalen Marktwirtschaft. Die Briten wiederum stehen dem skeptisch gegenüber. So ist nicht zuletzt das Gefühl eines institutionellen Mismatch ein wichtiger Faktor für die Euroskepsis der Insel. Doch selbst der Papst fordert nun einen „besseren“ Kapitalismus.

Varianten des Kapitalismus
Die Mär vom besseren Kapitalismus“
weiterlesen

Gefährdet die Marktwirtschaft das Wohlergehen der Menschen?

„Das kapitalistische Wirtschaftssystem hat keine Zukunft mehr.“ (Heiner Geißler in einem ZDF-Interview am 19.10.2011)

Das Einprügeln auf die angebliche Gefährdung der Gesellschaft durch den ungezügelten Raubtierkapitalismus – das Kapitalismus-Bashing – gehört in Intellektuellenkreisen wohl inzwischen zum guten Ton. Wirklich bedenklich wird die wenig reflektierte Kapitalismuskritik jedoch erst dadurch, dass sie in den Massenmedien einen immer größeren Raum findet und – langsam aber sicher – die Soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung ihrer gesellschaftlichen Basis beraubt. Wenn der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer auf einem Parteitag (8.10.2011) behauptet „Marktwirtschaft pur ist Wirtschaft pervers“, so mag man dies als billigen Populismus abtun oder man mag es auch als Symptom für die reale Gefährdung der Grundlagen des Reichtums unserer Gesellschaft ansehen.
„Gefährdet die Marktwirtschaft das Wohlergehen der Menschen?“ weiterlesen

Der Kapitalismus: Das ungeliebte Kind der Deutschen

Gern einmal lässt sich Gregor Gysi mit dem Satz zitieren, dass der Kapitalismus sich nicht als das bessere System erwiesen habe, sondern dass er einfach nur übrig geblieben sei. Er weiß, warum er das gesagt hat, denn kaum etwas sichert den erheischten Applaus zuverlässiger als eine Spötterei über unser Wirtschaftssystem. Und in der Tat: Der Kapitalismus ist ein ungeliebtes Kind, ob man ihn nun mit diesem Begriff bezeichnet oder mit den Begriffen Marktwirtschaft, Soziale Marktwirtschaft oder was auch immer. Einer vom John-Stuart-Mill-Institut in Heidelberg in Auftrag gegebenen und vor einigen Tagen veröffentlichten Allensbach-Umfrage zufolge sehen 43 Prozent der Deutschen die Marktwirtschaft pauschal als Ursache sozialer Ungerechtigkeit. Nur 38 Prozent waren der Meinung, dass die Marktwirtschaft die Grundlage für soziale Gerechtigkeit lege. Andere Umfragen des Allensbach-Instituts kommen zu immer wieder vergleichbaren Ergebnissen. So hatten im Jahre 2010 38 Prozent der Deutschen keine gute Meinung von der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. Schließlich zitierte der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine weitere Allensbach-Umfrage aus dem Jahre 2010, wonach in Westdeutschland in den Jahren 2007/2008 rund 35 Prozent der Westdeutschen und nur 20 Prozent der Ostdeutschen eine gute Meinung zum Wirtschaftssystem in Deutschland hatten, während knapp 40 Prozent der Westdeutschen und rund die Hälfte aller Ostdeutschen keine gute Meinung davon hatten.

„Der Kapitalismus: Das ungeliebte Kind der Deutschen“ weiterlesen

Der Primat der Politik und die Verschuldungskrise

Angesichts der politisch-ökonomischen Verwerfungen der Verschuldungskrise mehren sich in diesen Tagen besorgte Stimmen angesichts der vermeintlichen oder tatsächlichen Gefahr, die Demokratie könne auf dem Altar „ökonomischer Sachzwangsideologie“ geopfert werden. Der Souverän über Haushaltsfragen muss, so stellt es beispielsweise Frank Schirrmacher in der FAZ fest, allein das Volk sein, entweder direkt oder vertreten durch das Parlament (Frank Schirrmacher, „Demokratie ist Ramsch“, FAZ, 1.11.2011). Während es darüber in der Tat heute wie morgen keinen Zweifel geben darf, so fangen die Missverständnisse gleich im nachfolgenden Gedanken an. Denn Schirrmacher hält es ebenso wie viele andere für undemokratisch, wenn die Haushaltsentscheidungen überschuldeter Länder von Gläubigern und EU-Institutionen nach Maßgabe finanzökonomischer Vernunft „diktiert werden“, statt allein dem souveränen Volkswillen Ausdruck zu verleihen. Das klingt zunächst einmal wie eine zwingende Folge der beim Volk zu verortenden Haushaltssouveränität, und so glaubte Schirrmacher damit auch der „finanzökonomischen Ideologie“ zugunsten des Primats des Politischen über das Ökonomische die Stirn geboten zu haben. Altmeister Jürgen Habermas sekundierte sogleich und führte die Gedanken in einem eigenen FAZ-Artikel weiter aus (Jürgen Habermas, „Rettet die Würde der Demokratie“, FAZ, 4.11.2011). Weitere mehr und manchmal weniger prominente Kämpfer wider die Diktatur der Ökonomie sind leicht zu finden.

„Der Primat der Politik und die Verschuldungskrise“ weiterlesen

Seltsame Besatzer: Die „Occupy“-Protestbewegung

Eigentlich hat es erstaunlich lange gedauert, bis die Finanzkrise eine Protestbewegung hervorbrachte, aber nun ist es wohl soweit. Am 15. Oktober gingen von Tokyo über Frankfurt bis New York Demonstranten auf die Straße, um gegen die Banken, die Finanzmärkte, die Ungleichheit und manches andere zu protestieren. Seinen Anfang nahm all das in New York, mit der „Occupy Wall Street“-Bewegung, also: „Besetzt Wall Street!“. Kurz darauf gab es die ersten Ableger in anderen amerikanischen Städten, und nun also auch in anderen Kontinenten. Globalisierung funktioniert eben nicht nur mit Konsumgütern.

„Seltsame Besatzer: Die „Occupy“-Protestbewegung“ weiterlesen

Liberale Klassik: Zehn Gründe, David Hume zu lesen
Aus Anlass des 300. Geburtstages

Ideen- und Dogmengeschichte gilt in Politik und Ökonomie als unschick. Da muss man sich nicht wundern, dass selbst die „liberale“ FDP chronisch an „argumentativer Materialermüdung“ leidet und die Wirtschaftswissenschaften, weil geschichtsvergessen, Krisen gegenüber hilflos ist. Der 300. Geburtstag des schottischen Moralphilosophen David Hume (geboren am 7. Mai 1711 in Edinburgh) gibt Anlass, an das Erbe des klassischen Liberalismus zu erinnern.

„Liberale Klassik: Zehn Gründe, David Hume zu lesen
Aus Anlass des 300. Geburtstages
weiterlesen

Nach der Finanzmarktkrise: Ist der Kapitalismus in der Krise?

Ob die Finanzmarktkrise beendet ist, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, zumindest schwere Nachbeben halten an, wenn die Verschuldungskrise europäischer und anderer Staaten mit berücksichtigt wird. Ebenso wenig kann heute bereits eine belastbare Bestandsaufnahme der Vermögensverluste und der gesamtwirtschaftlichen Wirkungen gemacht werden, die der Finanzmarktkrise zuzurechnen sind. Zwei Auswirkungen können allerdings heute schon ausgemacht werden: Erstens ist ein ordnungspolitischer Schwenk festzustellen, bei dem noch nicht einzuschätzen ist, ob er vorübergehend oder anhaltend sein wird. Zweitens ist eine ordnungspolitische Differenzierung verloren gegangen, was als eine kommunikative Fehlleistung einzuschätzen ist, deren Folgen heute ebenso wenig beurteilt werden können. Diese beiden zusammenhängenden Tatbestände bilden den Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen, die institutionenökonomischer Natur sind.

„Nach der Finanzmarktkrise: Ist der Kapitalismus in der Krise?“ weiterlesen

Gastbeitrag:
Nach der Krise – vor der Krise

Aus der Bibel kennen wir den naturalen Rhythmus von sieben mageren und sieben fetten Jahren. Auch die Erfahrung mit der modernen Wirtschaftswelt scheint die ewige Wiederkehr eines Konjunkturzyklus zu bestätigen, der sich aber nicht auf die geheiligte Zahl sieben festlegen läßt und sich überdies verläßlicher Berechnung entzieht. Diese Unberechenbarkeit ist eine Frechheit, die sich der Geschichtsverlauf gegenüber den politökonomischen Technokraten herausnimmt. Mit den Konjunkturen und Strukturen wird man einfach nicht fertig. Wegen der „Imponderabilien“, hätte Bismarck gesagt. Und der war eher ein preußischer Staatssozialist als ein liberaler Kapitalist.

Gastbeitrag:
Nach der Krise – vor der Krise“
weiterlesen