Genossenschaften und Kartellrecht
Überlegungen für eine Leitliniendiskussion

Selbstverständlich unterliegen Genossenschaften dem Kartellrecht und ist das GWB auf sie anzuwenden. Dies ist ebenso wenig neu wie die Tatsache, dass Genossenschaften nicht gegründet werden, um sich dem Wettbewerbsrecht zu entziehen. Weshalb ist dieses Verhältnis aber nun zu einem aktuellen Thema geworden und wird es als notwendig erachtet, die Kompatibilität zwischen Genossenschaftsgesetz und Kartellrecht auszuloten? Erstens hat sich das Bundeskartellamt in den vergangenen Jahren mit mehreren Genossenschaften auseinandergesetzt und sich zu einzelnen Ausgestaltungsfacetten kritisch geäußert. Zweitens sind vor allem gewerbliche und landwirtschaftliche Genossenschaften aktuell einem deutlich gestiegenen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Drittens haben die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag die Klärung der Vereinbarkeit des Kartellrechts mit dem Genossenschaftswesen festgeschrieben. Diese drei Gründe sind nicht unabhängig voneinander.

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Die neue Industriepolitik und die Geringschätzung des Wettbewerbs

Woher wir kommen

Was macht den Erfolg der deutschen Wirtschaft aus? Vieles hängt an guten Standortbedingungen. Dazu gehören eine trotz mancher Schlaglöcher und verspäteter Züge immer noch gute Infrastruktur, im europäischen Vergleich immer noch gut ausgebildete Bürgerinnen und Bürger, ein funktionierender Rechtstaat und eine Steuer- und Abgabenlast, die zwar im internationalen Vergleich alles andere als niedrig, aber doch noch tragbar ist.

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Die Werte der Wirtschaft (13)
Von Wettbewerb und Statusstreben

Wettbewerb wird in Gesellschaft und Medien oft zwiespältig beurteilt. Denn im Wettbewerb wirken die Menschen nicht gemeinschaftlich oder kooperativ auf ein Ziel hin. Konkurrierende Menschen handeln nicht solidarisch. Vielmehr verfolgt jeder egoistisch seine eigenen Interessen. Wettbewerb kann daher Menschen schwer belasten oder gar in Not bringen. Daher wird Wettbewerb oft kritisiert.

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Schutz des Wettbewerbs oder Schutz der Wettbewerber

Am 12.4.2018 veröffentlichte die EU-Kommission einen Vorschlag zur Steigerung der „Fairness“ in der Lebensmittelversorgungkette.[1] Als Ziel wird unter anderem angegeben, dass Handelspraktiken in der vertikalen Versorgungskette, die Zulasten der Erzeuger, also insbesondere der Landwirte, gehen, verhindert werden. Das Echo, so wie es in den Medien dargestellt wurde, war wenig überraschend.[2] Während die Produzenten diesen Eingriff als nicht hinreichend erachteten, war auch die Kritik von Seiten der Wirtschaftsverbände, die Eingriffe in die Vertragsfreiheit als problematisch sehen, nicht überraschend.[3] Die Kommission sieht dabei diesen Eingriff als komplementär zum Wettbewerbsrecht, möchte allerdings bestimmte Praktiken mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle verbieten, ohne dass eine sogenannte dominante Position eines Unternehmens vorliegt.[4] Zur Begründung wird von der Kommission die Position des Handels per se als ausreichend stark und somit rechtfertigend gesehen.

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Hayek and the crowd

Nach Hayek ist die Informationsausstattung der Marktteilnehmer unvollständig; das Wissen ist nur dispers vorhanden und entzieht sich weitgehend einer Aggregation. Damit wird Wettbewerb zu einem Entdeckungsverfahren (Hayek 1969; 1976): Die Marktteilnehmer können durch Aufwendungen an neue, für ihr Handeln subjektiv relevante Informationen gelangen. Neben einem unvollständigen Informationsstand, dessen Beseitigung mittels individuell unterschiedlich intensiver Bemühungen durch die Marktteilnehmer versucht wird, kennzeichnet die Entscheidungssituation jedes Marktteilnehmers eine durch subjektive Kriterien geprägte Interpretation der verfügbaren Daten, woraus individuell verschiedenartige Kenntnislagen und Einschätzungen der Marktsituation resultieren.

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Markt und Moral

Ist der Markt moralisch?

In Deutschland verliert der Markt an politischer und gesellschaftlicher Reputation. Ganz gewiss nicht unschuldig am Sinken des Vertrauens in die Marktwirtschaft sind die internationalen Finanzkrisen ab 2007/08, ebenso auch die Betrugskrisen der Autobauer und erst recht die „klimaschädigende Profitgier“ der Energieproduzenten, ganz abgesehen von den sehr eigenständigen Politikvarianten der Marktwirtschaft des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Sie zeigten doch, dass es keine Moral im marktwirtschaftlichen Kapitalismus gebe.

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Strukturwandel (2)
Das Ende des Wettbewerbs?
„Super-Firmen“, Marktmacht und Ungleichheit

„Fortschritt ist ohne Veränderung unmöglich; und wer seine Denkweise nicht verändern kann, kann gar nichts verändern.“ (G. B. Shaw)

Der strukturelle Wandel hat viele Facetten. Meist steht der inter-sektorale Aspekt im Mittelpunkt. Ein Prozess der schöpferischen Zerstörung krempelt ganze Ökonomien um. Sektorale Ruinen pflastern seinen Weg. Unrentable Arbeitsplätze verschwinden, individuelle Lebensträume platzen, der Wohlstand der Verlierer erodiert. Das ist die eine, unerfreuliche Seite. Aus der sektoralen Asche entsteht allerdings Neues. Produktivere Beschäftigung in anderen Sektoren wird möglich, für viele eröffnen sich neue Chancen, der Wohlstand der Gewinner steigt. Das ist die andere, erfreuliche Seite. Sie ist die Quelle unseres Wohlstandes. Unter der Oberfläche des inter-sektoralen Wandels tut sich aber mehr, viel mehr. Im Strukturwandel gewinnen und verlieren nicht nur Sektoren. Auch intra-sektoral gibt es Gewinner und Verlierer. Das zeigt sich an den Gewinnen der Unternehmen, einem Indikator für Erfolg[1]. Sie streuen stärker als je zuvor. Das geht auch an den Verdiensten der Arbeitnehmer nicht spurlos vorbei. Die Einkommen ähnlich produktiver Arbeitnehmer sind ungleich verteilt. In wirtschaftlich stärkeren Unternehmen ist nicht nur ihre Beschäftigung stabiler als in schwächeren. Sie werden auch besser entlohnt. Die intra-sektorale Struktur der Unternehmen verändert sich. Große Unternehmen gewinnen. Die Beschäftigung verschiebt sich zu ihren Gunsten. Löhne und Arbeitseinkommen verteilen sich ungleicher.

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Wettbewerb der Stadtstaaten
Freiräume für italienische Humanisten

Im 15. Jahrhundert, lange vor der deutschen Reformation, wurden die Lehren, Institutionen und Amtsträger der Kirche bereits von verschiedenen italienischen Humanisten aufs Kühnste kritisiert. Das war nicht ungefährlich, waren doch gerade Jan Hus und Hieronymus von Prag 1415 bzw. 1416 auf dem Konzil von Konstanz als Ketzer verbrannt worden. Man vermied es deshalb, die Autorität der Kirche grundsätzlich in Frage zu stellen.

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Die Werte der Wirtschaft (7)
Wettbewerb jenseits der Grenzmoral

Das Jahr 2015 war kein gutes Jahr für den Respekt, der unserer gemeinsamen Werteordnung entgegengebracht wird. Nach dem Betrug des ADAC bei der Verleihung des Preises „Gelber Engel“ im Vorjahr 2014 haben sich in diesem Jahr insbesondere Volkswagen und der Deutsche Fußballbund als Sünder ertappen lassen, die in erheblichem Umfang unsere Werteordnung missachtet haben. Man fragt sich, warum diese Institutionen dies nötig hatten – ein Existenzkampf im intensiven Wettbewerb erklärt die Notwendigkeit der Missachtung wohl kaum. Denn alle drei genannten Institutionen hatten vor den Skandalen an sich ein gutes Image; und sie hatten und haben eine marktführende Stellung inne, ohne dass ein wirtschaftlicher Abwärtstrend erkennbar gewesen wäre.

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Gastbeitrag
Google im Visier der europäischen Wettbewerbspolitik
Zupackender Wettbewerbsschutz oder Neverending Story?

Am 15. April 2015 teilte die Europäische Kommission mit, dass Google ein sogenanntes Statement of Objections zugestellt worden sei. Damit beginnt eine neue Phase dieses bereits seit bald fünf Jahren andauernden Falles, welche in der Presse für großes Aufsehen sorgte und mit dem allgemeinen Tenor kommentiert wird, dass die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission unter der Leitung ihrer neuen Kommissarin Margrethe Vestager nun entschieden gegen die Marktmacht von Google vorgehen würde. Je nach politischer Überzeugung wird dies gerne mit einem „endlich“ versehen – schließlich hatten Politiker verschiedener Couleur in verschiedenen EU-Staaten (darunter auch der Bundeswirtschaftsminister) ein Eingreifen teils vehement gefordert – oder mit Sorge betrachtet. Was aber bedeutet dieser Schritt der Kommission nun? Wie im Folgenden ausgeführt wird, ist erst einmal eigentlich gar nicht so viel geschehen; insbesondere ist noch keine Entscheidung darüber gefallen, ob Google seine Marktmacht im Markt für Suchmaschinen missbraucht. Dennoch ist das Statement of Objections insgesamt eine gute Nachricht, denn nach Jahren des Stillstandes kommt endlich Bewegung in den Fall. Das sollte sowohl Google-Gegner wie Google-Befürworter freuen.

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Zupackender Wettbewerbsschutz oder Neverending Story?
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