Mangelnde Subsidiarität in der EU

Subsidiarität bedeutet institutioneller Wettbewerb

Der Europa-Wahlkampf ist in vollem Gange. Die politischen Bewerber um einen Sitz im Europa-Parlament positionieren sich für den Fall ihrer Wahl mit Lautstärke zu ihren intendierten Europa-Aktivitäten. Wie könnte es in einer national-politökonomisch angelegten wählerorientierten Bewerberprogrammatik innerhalb der heterogenen EU anders sein, sind sie zumeist gefärbt durch nationale Präferenzschwerpunkte, die von der Idee einer  homogenen europäischen ever closer union mehr oder weniger weit entfernt sind. Im politisch korrekten Mainstream, jedenfalls in Deutschland, gilt dieses Faktum als historisch überholt, als rückständig, als europafeindlich, als nationalistisch. Für manchen Einzelfall der Bewerber mag diese Klassifikation zutreffen, wenn ihr Nationales zum Nationalistischen überschießt. Aber nationale Positionen, die die Werte des Artikels 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) – u. a. Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtstaatlichkeit – nicht verletzen, sollten  selbstverständlich auch dann als europakonform gelten, wenn sie in einzelnen  Auslegungen einer gewissen Interpretationsheterogenität unterliegen, die nicht notwendigerweise dem Homogenitätsverlangen z. B. der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und/oder den Vorgaben der Europäischen Kommission entsprechen.

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Griechenland (5)
Scheidung auf griechisch
Wie realistisch ist der „Grexit“?

Seit Amtsantritt der neuen griechischen Regierung unter Alexis Tsipras wachsen Spekulationen, dass Griechenland aus der Eurozone ausscheiden und es zu einem „Grexit“ kommen könnte. Solche Befürchtungen wurden genährt durch die jüngsten Äußerungen von Finanzminister Yanis Varoufakis, der mit dem Austritt seines Landes aus der Gemeinschaftswährung drohte, sofern die Sparvorgaben beibehalten oder die Hilfsprogramme eingestellt würden. Offensichtlich betrachtet Athen den Grexit als eine realisierbare und für Dritte glaubwürdige Option, die die europäischen Partner in Angst versetzen muss und sie zwingt, Griechenland signifikante Zugeständnisse einzuräumen.

Griechenland (5)
Scheidung auf griechisch
Wie realistisch ist der „Grexit“?
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Junge Ordnungsökonomik
Das Scheitern historischer Währungsräume
Kann sich die Geschichte für die Eurozone wiederholen?

Die Gründung der Europäischen Währungsunion (EWU) war ein Meilenstein in der wirtschaftlichen und politischen Integration in Europa, ein Novum per se ist sie jedoch nicht. In den letzten 300 Jahren gab es mehrmals den Versuch einen stabilen Währungsraum aus souveränen Staaten zu bilden. Vier historische Beispiele sollen mit ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Zerfall Aufschluss darüber geben, welche Ursachen die Instabilität von Währungsräumen vorantreibt. Hierbei sollen insbesondere die speziellen Austrittsgründe und der Austrittseitpunkt einzelner Unionsmitglieder untersucht werden. Diese zusammengenommen überschneiden sich natürlich zum Teil mit Thesen der durch R. Mundell 1961 begründeten Theorie optimaler Währungsräume, die hier allerdings nicht Grundlage der Untersuchung sein sollen, da nicht die Situation vor Gründung der Union sondern vielmehr die Situation einzelner Mitglieder zum Ende der Währungsräume hin betrachtet und daraus länderspezifische Austrittsgründe ermittelt werden sollen. Denn jegliches Scheitern von Zusammenschlüssen beginnt mit divergierenden Interessen der Mitglieder. Zwar ist in den historischen Währungsräumen nicht immer eine eindeutige Austrittsreihenfolge der Staaten erkennbar, aber eine faktische kann konstruiert werden. Sie hängt von der Stärke der Austrittsbemühungen der einzelnen Mitglieder ab. Abschließend wird untersucht inwieweit sich die möglichen Austrittsgründe und Analogien im Verlauf der Unionen auch in der heutigen Situation der EWU wiederfinden lassen.

Junge Ordnungsökonomik
Das Scheitern historischer Währungsräume
Kann sich die Geschichte für die Eurozone wiederholen?
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Die Eurozone braucht eine langfristig ausgerichtete Wirtschaftspolitik

Nun scheint sie wohl doch zu scheitern, die Euro-Rettungspolitik des Durchwurschtelns. Zum wiederholten Mal wird darüber diskutiert, ob bzw. inwieweit Griechenland letztmalig Hilfszahlungen erhalten soll, die das Überschuldungsproblem lösen sollen. Von Mal zu Mal wird es schwieriger, Bundestagsmehrheiten für das nächste Rettungspaket zu organisieren, und die Ökonomenzunft kritisiert die Rettungspolitik gleich von zwei Seiten: Den einen sind die Hilfszahlungen zu gering, die anderen betrachten sie nur als Placebos. Vertrauen in Wirtschaftspolitik sieht anders aus. Fatal ist zudem, dass man der Opposition nicht wirklich glaubt, dass sie eine substantiell andere Politik betreiben würde. Was müsste man anders machen?

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Brauchen wir eine Revision der Entscheidungsregeln im EZB-Rat?

Seitdem die Europäische Zentralbank durch Ausbruch der Staatsschuldenkrise in schwere Gewässer geraten ist, mehren sich hierzulande die Stimmen, die eine Reform der Entscheidungsregeln im Eurosystem verlangen. Bislang gilt im EZB-Rat das Prinzip „ein Mitglied – eine Stimme“. Entscheidungen werden im Regelfall mit einfacher Mehrheit getroffen; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des EZB-Präsidenten. Nun wird beispielsweise vorgeschlagen, dem Vertreter der Deutschen Bundesbank ein Vetorecht, etwa gegen den Ankauf von Staatsanleihen, einzuräumen, weil die Bundesbank zu einem beträchtlichen Teil für die resultierenden Risiken haftet. Daneben wird gefordert, die Stimmen der NZB-Präsidenten im EZB-Rat entsprechend der ökonomischen Bedeutung der Mitgliedsstaaten im Euroraum zu gewichten. Schließlich gibt es Rufe, die mehr Transparenz über geldpolitische Entscheidungen einfordern und vorschlagen, der EZB-Rat möge die Protokolle seiner Ratssitzungen – einschließlich des individuellen Abstimmungsverhaltens –  veröffentlichen, wie das beispielsweise die US Fed, die Bank of Japan oder die Schwedische Reichsbank handhaben.

Was ist von solchen Vorschlägen zu halten?

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Die Euro-Zone wird sich gesundschrumpfen müssen

Es ist klug, sich auf den baldigen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone ökonomisch und politisch vorzubereiten. Es ist gut, daß man dies inzwischen nüchtern feststellen und fordern  kann, ohne daß man der Europafeindlichkeit verdächtigt wird. Es ist rational, nicht zu erwarten, daß die Exit-Option aus der Euro-Zone allein bei Griechenland hängenbleibt. Es ist vielmehr weitsichtig, davon auszugehen, daß weitere Krisenländer über kurz oder lang Griechenland folgen werden. Es ist deshalb vernünftig, für die mittlere und längere Frist zu erwarten, daß die Euro-Zone zusammenschrumpft auf einen Kern von Mitgliedern, die willens und in der Lage sind, die notwendigen Regeln für eine funktionsfähige Euro-Währungsunion zu erfüllen.  Es wäre erfreulich, diese Entwicklung nicht als Schwächung, sondern im Gegenteil als Stärkung des verbleibenden Euro-Währungsclubs zu klassifizieren. Es ist deshalb sachdienlich zu erkennen, daß ein solcher Euro  dann überhaupt keinen „Rettungsschirm“ welcher Art auch immer benötigt. Schließlich ist es ehrlich zuzugestehen, daß – wie die Erfahrung seit der Euro-Einführung 1999 zeigt – politischer Währungskonstruktivismus gegen marktliche Fundamentalprinzipien nicht erfolgreich ist: in der Vergangenheit nicht, heute nicht, zukünftig nicht.

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Gastbeitrag:
Anleihekäufe und Solvenz von Notenbanken
Wie viel quasi-fiskalische Aktivitäten verträgt die EZB?

Direkt nach dem dramatischen Rettungsgipfel für die Eurozone kündigte die EZB überraschend an, künftig erstmals öffentliche und auch private Anleihen zu kaufen, um eine „geordnete geldpolitische Transmission“ sicherzustellen.

Politische Unabhängigkeit?

Zwar ist ein direkter Kauf bei den ausgebenden Staaten (noch) nicht möglich. Jedoch erscheint angesichts der vielen bisher in der Finanzkrise schon gefallenen ordnungspolitischen Tabus nicht mehr ausgeschlossen, dass Regierungen heimische Banken zwingen, ihnen die eigenen Staatsanleihen direkt abzunehmen. Da die Banken diese direkt zur Refinanzierung an die Notenbank weiterreichen, käme dies einem direkten Kauf der Anleihen durch die Zentralbank und einer Umgehung des Verbots der direkten Staatsfinanzierung durch die Notenbank gleich. In den Tagen vor dieser Entscheidung mit enormer Tragweite entstand der Eindruck, die EZB werde nicht nur von den Märkten getrieben, sondern auch von der Politik. Durch den Anleihekauf könnte – so der Tenor – die nationale Fiskalpolitik zukünftig die gemeinsame Geldpolitik dominieren. Die EZB sei politisch abhängig geworden.

Gastbeitrag:
Anleihekäufe und Solvenz von Notenbanken
Wie viel quasi-fiskalische Aktivitäten verträgt die EZB?
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