Viele sehen im Klimawandel das größte Problem der Menschheit und wollen die Erderwärmung auf 1,5 oder höchstens 2 Grad begrenzen. Dafür müsste die gesamte Welt bis rund 2050 klimaneutral sein. Die dazu notwendige Dekarbonisierung verlangt einen präzedenzlosen politischen und wirtschaftlichen Kraftakt. Während sich ihre Vertreter fast ausschließlich auf die Klimawissenschaften berufen, betrachten wir die heutige Klimapolitik auch aus politisch-ökonomischer Perspektive. Dabei zeigt sich: Sie vernachlässigt das Konzept der Nachhaltigkeit sowie das reale menschliche Verhalten in Wirtschaft und Politik und ist insofern „klimanaiv“.
„Die Klimapolitik als Risiko?“ weiterlesenWarum die Klimapolitik bald wirksamer wird
Effiziente Klimapolitik ist im Grunde ein Klacks. Das Zauberwort heißt „Kostenwahrheit“. Mit Kostenwahrheit ist der Klimawandel erstaunlich leicht zu bewältigen. Für Kostenwahrheit in der Klimapolitik müssen zukünftige Schäden des Klimawandels wissenschaftlich geschätzt und ausnahmslos den heutigen Verursachern mittels Bepreisung von Treibhausgasen in Rechnung gestellt werden. Ein allgemeiner Preis von rund 50 Euro pro Tonne CO2 (genauer, 50 Euro pro Tonne CO2-Äquivalente) wäre der Einstieg. Bis 2030 müsste der Preis jährlich moderat steigen, um Kostenwahrheit dauerhaft sicher zu stellen.
„Warum die Klimapolitik bald wirksamer wird“ weiterlesenVerfehlte Klimapolitik im Verkehrssektor
Was sind die Hemmnisse für Effizienz und Effektivität?
Klimapolitik und Verkehr: Die Herausforderung
Ziel der europäischen Klimapolitik ist die (weitestgehende) Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft bis zum Jahre 2050. Dieses Projekt steht als „European Green Deal“ ganz oben auf der politischen Agenda der EU-Kommission. Unter den von der Klimapolitik adressierten Sektoren kommt dem Verkehr eine Schlüsselrolle zu, da in diesem Bereich die Minderungsziele bisher krass verfehlt wurden. Der Verkehr ist der einzige Sektor, in dem in der EU-27 die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Referenzjahr 1990 sogar gestiegen sind, während insgesamt bis 2020 eine Reduzierung um 31 Prozent realisiert werden konnte.
Bemerkenswert ist, dass es innerhalb des EU-Emissionshandelssystems (EHS) zu einer deutlichen Emissionsreduktion kam (43 Prozent seit 2005), während der Rückgang bei den nicht unter das EU-EHS fallenden Sektoren mit minus 16 Prozent geringer ausfiel. Die Emissionen des Landverkehrs lagen allerdings trotz der stark rückläufigen Verkehrsaktivitäten im Pandemiejahr 2020 mit 729 Mio. t immer noch 8 Prozent über dem Wert des Jahres 1990 [1]. Im Ergebnis war der Straßenverkehr im Jahre 2020 mit 26 Prozent Anteil der größte CO2-Emittent in der EU; 1990 lag dieser Wert noch bei 16 Prozent.
Die avisierten Treibhausgasminderungsziele bis 2030 zu erreichen und bis zum Jahre 2050 klimaneutral zu werden, stellt eine Mammutaufgabe dar. Dies gilt umso mehr für den Verkehrssektor, wo sich immer drängender die Frage stellt, wie auch nur ansatzweise der gewünschte Zielkorridor erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund entwickelt der vorliegende Beitrag eine kritische ökonomische Sicht auf die aktuell wichtigsten klimapolitischen Maßnahmen für den Verkehr und diskutiert alternativ die Einbeziehung des Verkehrssektors in den europäischen Emissionshandel. Im Mittelpunkt stehen die beiden zentralen Kriterien Effizienz und Effektivität der klimapolitischen Maßnahmen, die der Bundesrechnungshof jüngst wieder deutlich angemahnt hat. Wir analysieren weiterhin, warum Effizienz und Effektivität der klimapolitischen Maßnahmen in der Politik und in der Öffentlichkeit bisher kaum eine Rolle gespielt haben und zeigen Hemmnisse für eine marktwirtschaftlich ausgerichtete Klimapolitik auf.
Auf dem Weg in die „Kubanisierung der individuellen Mobilität“?
Die Würfel sind gefallen. Mit seiner Entscheidung für ein faktisches Verbot der Neuzulassung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 hat das Europäische Parlament Anfang Juni die entsprechenden Pläne der EU-Kommission bestätigt. Im Vorfeld des EU-Umweltrates vom 28.06. gab es zwar noch einmal Aufregung um eine mögliche Enthaltung Deutschlands und einen Vorschlag von fünf Mitgliedsstaaten unter der Führung Italiens, die Deadline um 5 Jahre zu verschieben, doch wird nach dem Trialogprozess das Ende des Pkw mit Verbrennungsmotor in der EU politisch besiegelt sein. Eine beim Umweltministerrat auf politische Initiative der FDP ausgehandelte potenzielle Ausnahme für Fahrzeuge, die ausschließlich mit klimaneutralen synthetischen Treibstoffen betrieben werden, wird allenfalls in Nischenmärkten relevant werden, wenn überhaupt.
Scheinbar ist niemandem in der politischen Arena klar, dass solche pauschale Verbote oder Ultimaten die schlechtestmögliche Form der Klimapolitik darstellen. Sie bedeuten nicht nur einen unverhältnismäßigen und ungerechtfertigten Eingriff in die unternehmerische und persönliche Freiheit der Bürger, sondern ziehen auch erhebliche Effizienz- und Wohlstandsverluste nach sich. Die Anreize solcher Maßnahmen für die Pkw-Märkte, die Automobilindustrie und das Klima sind insgesamt kontraproduktiv.
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Klimaschutz durch Geldpolitik – Geht das?
Der EZB-Rat hat im Zuge der Neuausrichtung seiner geldpolitischen Strategie angekündigt, künftig Klimaschutzaspekte in seinen Handlungsrahmen einfließen zu lassen und bei geldpolitischen Geschäften stärker zu berücksichtigen. Er hält dies als mit seinem Mandat für vereinbar, das Preisstabilität als vorrangiges Ziel ansieht, aber das Eurosystem zugleich verpflichtet, die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union zu unterstützen, wozu auch der Klimaschutz gehört. Klimaschutzmaßnahmen fördern aus Sicht des EZB-Rats die Preisstabilität, weil sie stabilisierend auf die Inflations- und Outputdynamik wirken, die mit Klimawandel verbundenen physischen Risiken und Transitionsrisiken mindern und einen Rückgang des natürlichen Zinssatzes verhindern (Schnabel, 2021).
Podcast
Die Macht der Narrative
Narrative – also Erzählungen – sind zu einem wichtigen Instrument in der Politik geworden. Mit ihnen lassen sich Wähler für politische Botschaften und Konzepte gewinnen, ohne dass die Wähler die dahinter stehenden Problemlagen selbst verstehen müssen. Ihnen reicht oft eine plausible bzw. glaubwürdige Erzählung. Doch wie muss ein Narrativ gestrickt sein, um damit möglichst viele Menschen zu überzeugen?
Dr. Jörn Quitzau (Berenberg) im Gespräch mit Prof. Dr. Joachim Weimann (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg).
Gastbeitrag
„Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ und die ambivalente grüne Klimarhetorik
Eine Dechiffrierung der Sprache des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck
„Die Energiewende in ihrem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf“ (frei nach Erich H.)
Dass Sprache unser Handeln bestimmt, ist unstrittig. Ob in der Politik die Sprache aber das eigentliche Handeln ist, wofür Robert Habeck in seinem Buch „Wer wir sein könnten. Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht“ plädiert (2018, S. 17), darf man gewiss hinterfragen.
Politische Narrative finden sich ganz besonders in der Klimapolitik, in der fortwährend hehre Ziele („Rettung des Klimas“ und „Rettung der Menschheit“) für das Handeln der Politiker vorangestellt werden und die zu hinterfragen sich die politischen Akteure verbitten. Politische Narrative können die eigentlichen Zusammenhänge kaschieren und andere kritische Auffassungen gar nicht erst zulassen. So soll z.B. ein vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenes Forschungsprojekt gezielt die „Narrative einer erfolgreichen Transformation zu einem ressourcenschonenden und treibhausgasneutralen Deutschland“ erarbeiten (vgl. UBA 2021). Robert Habeck plädiert für mehr politische Sensibilität für das, was Sprache bewegen, aber auch anrichten kann: „Denn wie wir sprechen, entscheidet darüber, wer wir sind“ (Habeck 2018, S.11). In diesem Sinne wollen wir die „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“, die erste unter dem neuen Wirtschaftsminister Robert Habeck verfasste Publikation (BMWK 2022), auf logische Zusammenhänge und innere Widersprüche untersuchen.
Gastbeitrag
Mehr Fortschritt wagen – auch in der Klimapolitik?
Einige politökonomische Überlegungen zum Koalitionsvertrag und zur Klimapolitik der neuen Ampel-Regierung
„Ideologie ist, wenn man sich von Fakten nicht beirren läßt.“ (Eric Gujer, NZZ)
Der Schutz des Klimas wird – nach dem Überwinden der nächsten Welle der Corona-Krise – als große globale Herausforderung unter der neuen Bundesregierung aus SPD, GRÜNEN und FDP wieder stärker in den Fokus rücken. Mit dem Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ vom 24. November 2021 legen die Ampel-Koalitionäre einen Ziel- und Maßnahmenentwurf für die laufende Legislaturperiode vor. Im Oktober 2021 hatten wir „10 Thesen für eine nachhaltige Klimapolitik in Deutschland“ formuliert (vgl. Pritzl/Söllner 2021a), die aus unserer Sicht für eine Klimapolitik in Deutschland erfüllt sein sollten, die den Kriterien von ökologischer Effektivität, ökonomischer Effizienz und sozialer Ausgewogenheit entsprechen. Im Folgenden soll nun der Koalitionsvertrag sowie die damit zusammenhängenden Überlegungen anhand dieser 10 Thesen untersucht werden. Die Ampel-Koalitionäre scheinen zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik und zwischen Marktwirtschaft und staatlichem Dirigismus hin und her gerissen und so manches Mal in „Bullerbü-Vorstellungen“ (vgl. Reitzle 2021) verhaftet zu sein. Dies verspricht für die laufende Legislaturperiode spannend zu werden.
Video
Low Hanging Fruits der Klimapolitik und Opportunitätskosten
Das passt so nicht!
Was sollen eigentlich diese Low Hanging Fruits im Kontext der Klimapolitik sein? Wie so oft, nur ein Griff in die rhetorische Trickkiste. Wenn man sich das ganze ökonomisch anschaut, und dabei Opportunitätskosten mit betrachtet, sind es eher Wolkenkratzer.
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Low Hanging Fruits der Klimapolitik und Opportunitätskosten
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OrdnungsPolitiker
Die Staatsverschuldung wird künftig „grün“ etikettiert
Das Corona-Virus hat vielen Politikern und selbst manchen Ökonomen ganz offensichtlich den Verstand geraubt. Denn die jahrzehntelange Grundüberzeugung, dass eine überbordende Staatsverschuldung auf Dauer nicht mit der Leistungsfähigkeit des Staates in Einklang steht, ist in atemberaubenden Tempo verloren gegangen. Den Satz: „Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen“ unterschrieben viele Jahre lang nicht nur liberale und konservative, sondern auch viele grüne und sozialdemokratische Politiker. Die grundgesetzliche Schuldenbremse, deren kreative Umgehung jetzt im Mittelpunkt der laufenden Koalitionsgespräche der künftigen Ampel-Partner steht, wurde von den damaligen Verhandlungsführern der ersten Großen Koalition – Peter Struck für die SPD und Günther Oettinger für die Union – im Rahmen der Förderalismusreform vor rund eineinhalb Jahrzehnten vorbereitet.
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Die Staatsverschuldung wird künftig „grün“ etikettiert“ weiterlesen