Taxi-Deutschland: Der neue Wettbewerb

Firmen, die von staatlicher Protektion profitieren, scheuen den Wettbewerb, der von außen kommt. Sie sind deshalb die natürlichen Lobbyisten für staatlichen Schutz. Die institutionellen Arrangements für die Taxi-Branche in Deutschland sind wettbewerbsfeindlich, denn sie ähneln zunftähnlicher Protektion. Eine Welt der Zünfte mit hohen Eintrittsbarrieren ist immer nur gut für die Zunft-Mitglieder, aber immer schlecht für die Nicht-Mitglieder, die eine Dienstleistung außerzünftig  genauso gut oder besser anbieten und damit die Präferenzen der Nachfrager besser treffen können.

Protektion behindert als staatliches Regulierungssystem den institutionellen Wettbewerb und fördert die Sklerose im Dienstleistungsangebot: Grundsätzlich bleibt alles so, wie es war und ist, denn wettbewerbsgetriebene Innovation ist nie das Produkt staatlicher Protektion, sie ist vielmehr ihr Feind. Denn Protektion impliziert die Statik des institutionellen Bewahrens, aber in einer Welt des technischen Fortschritts, auch und besonders im IT-Bereich, und der durch ihn verursachten Änderungen von Nachfragepräferenzen ist die Dynamik der institutionellen Anpassung gefragt. Wenn diese nicht oder zu träge erfolgt, wenden sich die Nachfrager von den Anbietern innerhalb staatlich verordneter Regulierungssysteme ab und hin zu privat initiierten Alternativentwürfen, die ihren Präferenzen mehr entsprechen.

Das ist institutionelle Arbitrage, die, weil sie freiwillig erfolgt, für die Nachfrager nutzensteigernd wirkt. Nicht immer beteiligen sich alle Nachfrager gleichzeitig, aber – je nach Präferenzen – zunächst nur wenige, aber dann doch mit steigender Tendenz immer mehr, die irgendwann zur wahrgenommenen kritischen Masse werden, die die Exit-Option wählen, um das institutionell Neue zu testen. Hier gilt die Regelerfahrung, dass der Suchprozess nach besserem Regulierungswissen am effizientesten über die Freiheit der Marktteilnehmer gelingt, durch Exit-Optionen und best-practice-Vergleiche bessere Lösungen zu finden, die bisher unbekannt waren. Das entspricht dem Hayekschen Paradigma des dem Wettbewerb innewohnenden Entdeckungsverfahrens für Neues.

Wie im Taxi-Deutschland zu besichtigen, wehren sich nun die zünftigen Lobbyisten, indem sie nach Protektionsperpetuierung durch staatlich-gerichtliche Verfahren rufen, weil die amerikanische Smartphone-Anwenderfirma Uber mit ihrem Hauptsitz in San Francisco, also in unmittelbarer Nachbarschaft des wohl innovativsten IT-Standorts der Welt Silicon Valley, einen Personenbeförderungsservice anbietet, der in Deutschland zunehmend Akzeptanz erfährt. Kurz gesagt, handelt es sich um eine Uber-App, mit der jeder gegen Gebühr ein privates Taxi anfordern und umgekehrt, wenn er nicht vorbestraft ist und ein nicht älter als neun Jahre altes Auto besitzt, als ein solches fungieren kann. Uber agiert übrigens weltweit.

Bisher ist die Erfahrung, dass über das institutionelle Marktdesign von Uber die Organisation des Zusammenführens von Anbietern und Nachfragern im Regelfall mindestens so effizient und flexibel, wenn nicht regelmäßig flexibler als im Arrangement des offiziellen Taxi-Gewerbes erfolgt, dass je nach Angebot und Nachfrage die Beförderungstarife gegenüber den starren Taxi-Gebühren im allgemeinen, also nicht immer, niedriger liegen, dass das Problem der preistreibenden Taxi-Umwegfahrten nicht existiert, weil die Route im Voraus über die App mit Preisangabe kalkuliert wird, und dass Transportservice sowie zeitliche Verlässlichkeit stimmen. Auch spielt die im offiziellen Taxi-Gewerbe um sich greifende Unkenntnis der Taxi-Fahrer in Bezug auf Straßennamen und andere regionalen Gegebenheiten keine einschränkende Rolle mehr. Das alles sind institutionelle Vorteile.

Dennoch versucht der kontrollierende Staat in Gestalt der jeweiligen Ordnungsbehörde als Regulierungsinstanz, wie in Hamburg (bisher erfolglos) geschehen und in anderen Städten (etwa Berlin und München) geplant, dem Verlangen der protektionierten Taxi-Firmen durch Uber-Verbote zu entsprechen und zugleich sein Staatsmonopol des anmaßenden besseren institutionellen Wissens  zu demonstrieren, dass im Personenbeförderungsgewerbe zum angeblichen Wohle ausnahmslos aller zu befördernden Personen nicht jenseits der bestehenden Staatsregulierungen befördert werden darf. Uber agiere in einer institutionellen „Grauzone“, heißt es. Vor allem werden Bedenken in Bezug auf die mangelnde Sicherheit der beförderten Personen ins Feld geführt, was im Übrigen auch die deutsche Versicherungsbranche bedenkentragend so sieht. Aber das ist Staatspaternalismus pur, also erzwungener nudge, für den der Staat doch keine überschießende Legitimation besitzt, wenn und weil Uber glaubhaft machen kann, dass auch bei ihm ein Mindestmaß an Versicherungsschutz für die Passagiere geboten wird und diese das niedrigere Schutzmaß freiwillig und in vollem inhaltlichen Wissen akzeptieren.

Hier gilt es deshalb, im Sinne eines fruchtbaren institutionellen Wettbewerbs Warnungen gegenüber staatlichen Verboten auszusprechen, damit in der kommerziellen Personenbeförderung alles so zünftig kartelliert bleibe, wie es ist. Denn die Uber-Aktivitäten sind der beste empirische Anlass, den Nutzen des institutionellen Lernens und der innovationstreibenden yardstick-competition im Personenbeförderungsgewerbe zu erkennen und staatlich zu akzeptieren, wie dies im Übrigen als wettbewerbsorientierter Grundsatz ja auch in den Europäischen Verträgen kodifiziert ist. Es ist nicht sinnvoll, das gegenwärtige Beförderungsgesetz in allen seinen Details ohne Abstriche zum Maßstab zu nehmen, weil es die ihm innewohnende Überregulierung staatspaternalistischer Provenienz zementiert. Sie ist der Hauptgrund dafür, dass Uber mit seinen alternativen Arrangements bisher ziemlich erfolgreich agiert – und dies nicht nur in Deutschland.

Deshalb sollte man Uber gewähren lassen und Erfahrungen mit seinen Arrangements im Sinne einer intra-nationalen institutionellen yardstick-competition auswerten. Überregulierung führt stets zu Exit-Optionen, die durch Deregulierung bessere Lösungen in Bezug auf die Befriedigung der Bürgerpräferenzen generieren. Was ist dagegen einzuwenden, wenn ein Uber-Passagier auf den preistreibenden Sicherheitsstandard im offiziellen Taxi-Gewerbe zugunsten eines Preisnachlasses verzichtet, weil seine private Risikopräferenz inklusive persönlicher Haftungsbereitschaft größer ist als die staatlich zwangsverordnete? Und wenn er in gleicher Motivation auf das Vorliegen einer offiziellen Personenbeförderungslizenz des Uber-Fahrers verzichtet, weil er und andere zum Beispiel als Teilnehmer im Netzwerk der Mitfahrerzentralen diesbezüglich gute Erfahrungen gemacht haben? Wenn also Bürger in vielen Facetten auf staatlich verordneten überschießenden Zwangspaternalismus zugunsten von privat organisierten Alternativen verzichten?

9 Antworten auf „Taxi-Deutschland: Der neue Wettbewerb“

  1. Ich denke, die Verpflichtungen des Taxigewerbes sind weitgehender als hier im Artikel beschrieben. Prinzipiell wäre gegen Uber nichts einzuwenden, sofern sie ebenso an diese Bedingungen gebunden wären. Solange die nicht der Fall ist, wird Uber den Taxi-Markt auf Dauer nicht liberalisieren, sondern für weite Teile der Nutzer und Anbieter kaputt machen.

  2. Der Kommentar von KoJo übersieht einen wichtigen Punkt. Er unterstellt nämlich implizit, dass die jetzigen Zustände im Taxigewerbe im Großen und Ganzen als optimal anzusehen sind und dass das Auftreten von Uber zu einem Dumping auf Kosten der Qualität führt. Man kann aber mit gutem Recht fragen, ob nicht die jahrzehntelange Lizensierungspraxis das Taxigewerbe vom Wettbewerbsoptimum weggeführt hat. In einem solchen Fall wäre es geradezu kontraproduktiv, wenn Uber gezwungen würde, die verzerrten Standards des Taxigewerbes zu übernehmen.

  3. „Was ist das jetzt, wenn man sich per App bei Uber oder sonstwo ein Privat-Taxi bestellt: Eine Errungenschaft der Share-Ökonomie, in der man sich Dinge wie Autos teilt – oder ein Anschlag auf die Rechte von Arbeitnehmern?“ Roland Tichy: KAppitalismus: App-Kapitalismus in der Share-Ökonomie, in: Tichys Einblick vom 23. August 2014

  4. Pingback: Think Ordo!

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