Kurz kommentiert
Ist die Krisenfestigkeit der Deutschen Bank im Falle einer Finanzkrise heute höher als Ende 2006?
Eine kapitalmarkttheoretische Sicht

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„Equity ratios based on accounting conventions do not always indicate solvency concerns in a timely manner. Such ratios would not always have pointed to problems through the fall of 2008 because (…) they are not adjusted to losses in a timely manner and banks may be able to manipulate them. Regulators should consider other information, such as stock prices and other market indicators, in trying to maintain the safety and soundness of the financial system.“ (Admati, A.R. / Hellwig, M.F. (2013), p. 190)

Das weltweite Bankensystem stand in den Jahren von 2007 bis 2009 am Rande des Zusammenbruchs. Wie ist es heute, rund zwölf Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise – aus kapitalmarktorientierter Sicht – um die Krisenfestigkeit bzw. Widerstandsfähigkeit der Deutschen Bank bestellt?

Am 31.12.2006 lag der Börsenwert des Eigenkapitals der Deutschen Bank bei 53 Milliarden Euro. Die Gesamtaktiva der Bank betrugen Ende 2006 1584 Milliarden Euro.

Die marktorientierte Eigenkapitalquote der Deutschen Bank lag folglich Ende 2006, kurz vor dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise im Jahre 2007, bei 3,4 Prozent.

Zum 30.06.2019 betrug hingegen der Börsenwert des Eigenkapitals der Deutschen Bank – trotz zahlreicher Kapitalerhöhungen zwischen 2010 und 2017 in Höhe von insgesamt rund 30 Milliarden Euro (!) – extrem niedrige 14 Milliarden Euro! Die Gesamtaktiva beliefen sich auf 1436 Milliarden Euro per Ende Juni 2019.

Die marktorientierte Eigenkapitalquote lag somit Ende Juni 2019 bei extrem gefährlichen 1,0 Prozent! Die marktorientiert Verschuldungsquote der Deutschen Bank belief sich entsprechend auf extrem gefährlich hohen 99,0 Prozent!

Zur zentralen Ausgangsfrage: Ist die Deutsche Bank heute krisenfester bzw. widerstandsfähiger als kurz vor dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise?

Die marktorientierte Eigenkapitalquote der Deutschen Bank ist heute, Ende Juni 2019, rund zwölf Jahre nach dem Ausbruch der Weltfinanzkrise, mehr als drei Mal niedriger (!) und damit erheblich schwächer als kurz vor dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise!

Somit ist die Deutsche Bank heute mit dieser extrem niedrigen marktorientierten Eigenkapitalquote von 1,0 Prozent extrem verwundbar, insbesondere für unerwartete, negative ökonomische Schocks – wie etwa im Falle einer erneuten Finanzkrise oder im Falle einer erneuten, unerwarteten, sehr hohen Bußgeld- bzw. Vergleichszahlung. Man denke nur an die im Jahr 2016 im Raum stehende, drohende Zahlung der Bank in Höhe von 14 Milliarden US-Dollar!

Leider keine gute Ausgangslage für die Deutsche Bank – wenige Monate vor ihrem 150- jährigen Gründungsjubiläum am 10. März 2020 – aus kapitalmarktorientierter Sicht!

Literaturhinweise:

Admati, A.R. / DeMarzo, P.M. / Hellwig, M.F. / Pfleiderer, P.C. (2018), The Leverage Ratchet Effect, Journal of Finance 73, 145 – 198

Admati, A.R. / Hellwig, M.F. (2013), The Bankers’ New Clothes: What’s Wrong with Banking and What to Do About It, Princeton University Press

Dowd, K. (2017b), How onerous are the Basel III´s Constraints on Bank Leverage?, Adam Smith Institute, Blog, 25 July 2017 (https://www.adamsmith.org/blog/how-onerous-are-basel-iiis-constraints-on-bank-leverage)

Dowd, K. (2017d), Northern Rock 10 Years on: Is the UK Banking System Resilient?, Presentation to the Durham Society for Economic Pluralism Seminar, St. Mary’s College, Durham University, December 2nd 2017 (https://drive.google.com/file/d/1sMdXNL6uQ7oRs0Xor1XexHJ-oNJWqyZK/view)

Hellwig, M.F. (2016), Weniger Spielraum für Missbrauch, Der Volkswirt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 17.10.2016, S. 16

Hellwig, M.F. (2018), Germany and the Financial Crises 2007 – 2017, Preliminary Draft, June 2018 (https://www.riksbank.se/globalassets/media/konferenser/2018/germany-and-financial-crises-2007-2017.pdf)

Müller, J. (2018), Der Markt misstraut den Grossbanken, Neue Zürcher Zeitung, vom 29.10.2018 (https://www.nzz.ch/wirtschaft/der-markt-misstraut-den-grossbanken-ld.1431831)

Muth, R. (2018), Ist die Deutsche Bank eine gesunde, eine kranke oder eine Zombie-Bank?, Wirtschaftliche Freiheit, Blog-Beitrag vom 22.03.2018 (http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=22536)

Muth, R. (2018), Eine Warnung vor einem Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank, Wirtschaftliche Freiheit, Blog-Beitrag vom 13.09.2018 (http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=23638

Weber, A. (2019), Interview mit UBS-Präsident Axel Weber: „Messt mich daran, ob am Ende meiner Amtszeit die Bank besser dasteht als zu Beginn“, Neue Zürcher Zeitung vom 30.08.2019 (https://www.nzz.ch/wirtschaft/ubs-praesident-weber-messt-mich-am-ende-der-amtszeit-ld.1505395)

136 Antworten auf „Kurz kommentiert
Ist die Krisenfestigkeit der Deutschen Bank im Falle einer Finanzkrise heute höher als Ende 2006?
Eine kapitalmarkttheoretische Sicht

  1. Herr Martin Hellwig über die fulminanten Einlagenabzüge (Bank Runs), welche angeblich theoretisch auch ohne einen triftigen, d.h. ohne einen echten, finanzwirtschaftlichen Grund eintreten könnten, und damit angeblich den (großen) Banken – quasi wie ein Blitz aus heiterem Himmel – den Todesstoß versetzen könnten:

    „Der Mythos, dass es sich bloss um ein Liquiditätsproblem handelt, taucht immer auf, wenn es einen Bank-Run gibt. Und es mag vordergründig auch stimmen. Aber die Modelle, in denen ein Run aus heiterem Himmel und ohne tieferen Grund kommt, sind realitätsfremd, auch wenn sie letztes Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. In der Praxis haben Liquiditätsprobleme immer damit zu tun, dass es Informationen gibt, dass etwas faul ist. Meine Interpretation des CS-Kollapses ist, dass die Einleger beunruhigt waren, dass die Bank auf dem Weg war, insolvent zu werden.“

    Quelle:

    https://www.cash.ch/news/top-news/okonom-hellwig-ubs-muss-schrumpfen-oder-viel-mehr-eigenkapital-haben-603841

    in Verbindung mit:

    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/banken-ansturm-sozial-media-bankenaufsicht-bundesbank-100.html

    Die Kardinalfrage lautet daher in diesem Kontext:

    Steht der Präsident der Deutschen Bundesbank, Herr Dr. Joachim Nagel, wirklich fest auf dem Boden den Wissenschaft? Oder befindet er sich (eher) im Schlepptau der Interessen der Bankenlobby?

  2. Der zentrale Schwachpunkt der Deutschen Bank per 30.06.2023?

    Die vom Börsenwert abgeleitete Eigenkapitalquote der Deutschen Bank lag bei extrem schwachen 1,5 Prozent!

    Rechnung: 20 Milliarden Euro Börsenwert des Eigenkapitals der Deutschen Bank geteilt durch 1300 Milliarden Euro Gesamtaktiva jeweils per 30.06.2023.

    Die korrespondierende Verschuldungsquote der Deutschen Bank betrug somit extrem gefährliche 98,5 Prozent!

    Die Kardinalfragen lauten aus dieser Perspektive:

    Ist die Deutsche Bank gut kapitalisiert oder (völlig) unterkapitalisiert – 15 Jahre nach der Lehman-Brothers-Insolvenz am 15. September 2008 in New York?

    Und: Ist die Deutsche Bank unverwundbar oder (eher) extrem verwundbar – insbesondere in Zeiten der digitalen Bank Runs und dem Kollaps der internationalen Großbank Credit Suisse?

  3. Ein erschreckender Befund – exakt 15 Jahre nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15.09.2008 in New York:

    Der Börsenwert der Deutschen Bank betrug am 15.09.2023 21 Milliarden Euro.

    Unterstellt man der Einfachheit halber Gesamtaktiva per 15.09.2023 in Höhe von 1300 Milliarden Euro (wie zum 30.06.2023 von der Deutschen Bank bereits veröffentlicht), dann lag die marktorientierte Eigenkapitalquote der Deutschen Bank zum 15.09.2023 bei extrem gefährlichen 1,6 Prozent!

    Die korrespondierende Verschuldungsquote der Deutschen Bank betrug somit extrem gefährliche 98,4 Prozent per 15.09.2023 – genau 15 Jahre nach der Lehman-Insolvenz!

    Ein erschreckender Befund!

  4. Der zentrale Schwachpunkt der Deutschen Bank per 30.09.2023?

    Die vom Börsenwert abgeleitete Eigenkapitalquote der Deutschen Bank lag bei extrem schwachen 1,5 Prozent!

    Rechnung: 21 Milliarden Euro Börsenwert des Eigenkapitals der Deutschen Bank geteilt durch 1358 Milliarden Euro Gesamtaktiva jeweils per 30.09.2023.

    Die korrespondierende Verschuldungsquote der Deutschen Bank betrug somit extrem gefährliche 98,5 Prozent!

    Die zentrale Frage lautet aus dieser Perspektive weiterhin:

    Ist die Deutsche Bank gut kapitalisiert oder (völlig) unterkapitalisiert – 15 Jahre nach der Lehman-Brothers-Insolvenz am 15. September 2008 in New York?

  5. Der zentrale Schwachpunkt der Deutschen Bank per 31.12.2023?

    Die vom Börsenwert abgeleitete Eigenkapitalquote der Deutschen Bank lag bei extrem schwachen 1,9 Prozent!

    Rechnung: 25 Milliarden Euro Börsenwert des Eigenkapitals der Deutschen Bank geteilt durch (vorläufig) 1312 Milliarden Euro Gesamtaktiva jeweils per 31.12.2023.

    Die korrespondierende Verschuldungsquote der Deutschen Bank betrug somit extrem gefährliche 98,1 Prozent!

    Die Schlüsselfrage lautet aus dieser – marktorientierten – Perspektive weiterhin:

    Ist die Deutsche Bank gut kapitalisiert oder (völlig) unterkapitalisiert – 15 Jahre nach der Lehman-Brothers-Insolvenz am 15. September 2008 in New York?

  6. „Deutschland braucht eine (…) globale deutsche Bank.“

    Schreibt die FAZ-Journalistin Frau Inken Schönauer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), vom Freitag, 2. Februar 2024, S. 17, in einem Kommentar über die Deutsche Bank.

    Fakt oder Quatsch?

    Aus theoretischer sowie aus empirischer Sicht gibt es allerdings massive Zweifel an obigem Satz von Frau Schönauer.

    Eine (Gegen-)Position von Herrn Martin Hellwig zu Frau Schönauers (verfehltem) obigem Satz:

    „Der Bericht der Expertengruppe Bankenstabilität betont den hohen Beitrag des Finanzsektors zur Beschäftigung in der Schweiz. Die Höhe sagt aber nichts über Kosten und Nutzen. Ist es wirklich sinnvoll, dass so viele Mathematiker und Physiker bei Banken Risikomodelle entwickeln und berechnen? Wären die nicht besser im IT-Sektor aufgehoben oder auch in der Forschung zu einer besseren Lagerbarkeit von Strom? Israel zum Beispiel hat keinen starken Finanzplatz, dafür aber einen weltweit führenden IT-Sektor. In Grossbritannien hat das Wachstum des Finanzplatzes massgeblich zur Verarmung der alten Industriegegenden geführt. Die skandinavischen Länder sind auch ohne grossen Finanzsektor ähnlich reich wie die Schweiz.“

    Quelle:

    Martin Hellwig, Die Credit Suisse als Menetel, in: Schweizer Monat, November 2023, Ausgabe 1111, hier S. 32

    Die Kardinalfrage lautet zudem in diesem Kontext:

    Möchte die FAZ nicht eine sogenannte Qualitätszeitung sein, die keinen ökonomischen Blödsinn bzw. Unsinn verbreitet bzw. veröffentlicht?

  7. Droht ein Crash am Gewerbe- bzw. genauer: am Büroimmobilienmarkt in den USA?

    Viele deutsche Banken sind bekanntlich dort relativ stark mit Krediten engagiert – neben den US-(Regional-)Banken, welche dieses Kreditgeschäft dominieren:

    https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/us-immobilienkrise-auch-deutsche-banken-betroffen-ernsthafte-bedenken/ar-BB1hYiSQ

    sowie

    Hanno Mußler / Winand von Petersdorff (2024), Das große Zittern, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom Freitag, 9. April 2024, S. 27

  8. „So haben die Bankenaufseher ihre Lehren gezogen (…).“

    Schreibt der FAZ-Journalist Herr Markus Frühauf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), vom Freitag, 16. Februar 2024, S. 27, in einem Kommentar über die Krise bzw. Schieflage der Deutschen Pfandbriefbank (PBB), Garching bei München. Die PBB ist die Rechtsnachfolgerin der Hypo Real Estate (HRE), München, welche 2008 in der weltweiten Bankenkrise durch den Steuerzahler in Deutschland mit milliardenschweren Hilfen gerettet werden musste.

    Fakt oder Quatsch?

    Die internationalen Vorschriften zur Bankenregulierung (Fachjargon: „Basel III“) erlauben weiterhin eine extrem gefährlich hohe bilanzielle Verschuldungsquote von 97 Prozent bei Banken!

    Weltweit dürften nicht wenige Akteure massiv bezweifeln, ob die Bankenaufseher weltweit nach der globalen Bankenkrise 2007-2009 insofern die („richtigen“) Lehren gezogen haben, wenn sie (bizarrer bzw. toxischer Weise) weiterhin eine bilanzielle Verschuldungsquote von 97 Prozent (!) bei Banken erlauben!

    Die breite Bevölkerung dürfte dies genauso sehen.

    Die Schlüsselfrage lautet:

    Möchte die FAZ nicht eine sogenannte Qualitätszeitung sein, die keinen ökonomischen Unsinn verbreitet bzw. veröffentlicht – wie das obskure bzw. verfehlte bzw. deplatzierte sowie irreführende bzw. falsche FAZ-Eingangszitat von Herrn Markus Frühauf?

  9. Zur Deutschen Pfandbriefbank (PBB), Garching bei München:

    Der zentrale Schwachpunkt der PBB per 29. Februar 2024?

    Die vom Börsenwert abgeleitete Eigenkapitalquote der PBB lag bei extrem schwachen (geschätzten) 1,0 Prozent!

    Rechnung: 0,5 Milliarden Euro Börsenwert des Eigenkapitals der PBB per 29. Februar 2024 geteilt durch (geschätzte) 48 Milliarden Euro Gesamtaktiva, welche der Vorstand der PBB zuletzt per 30.09.2023 veröffentlichte.

    Die korrespondierende Verschuldungsquote der PBB betrug somit extrem gefährliche 99,0 Prozent!

    Die zentrale Frage lautet aus dieser Perspektive:

    Ist die Deutsche Pfandbriefbank (PBB) gut kapitalisiert oder (völlig) unterkapitalisiert – rund 16 Jahre nach der Lehman-Brothers-Insolvenz am 15. September 2008 in New York?

  10. Zur Deutschen Pfandbriefbank (PBB), Garching bei München:

    Sehr interessant hinsichtlich der IFRS-Konzernbilanz der PBB per 31.12.2023:

    Erhöhung des buchhalterischen Gewinns in der Konzernbilanz der PBB per Ende Dezember 2023 durch den Rückkauf (eigener) börsennotierter PBB-Anleihen, die (deutlich) im Kurs gefallen sind:

    https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/immobilien-pfandbriefbank-pbb-streicht-dividende-sonderertr%C3%A4ge-retten-gewinn/ar-BB1jt5FH

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