Zu den Klagen mancher Sportarten über ihre Marginalisierung

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In der Sportszene wird häufig geklagt, daß auf der einen Seite in manchen Sportarten extreme Einnahmen generiert würden und diese Sportarten sich zunehmend professionalisierten. Auf der anderen Seite existierten dagegen Sportarten, die darben und in denen nur geringe Einnahmen erzielt würden. In diesen Sportarten könnten die Spitzenathleten nicht von ihrem Einkommen aus dem Sport leben, sondern seien oftmals gezwungen, noch einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Tatsächlich stellt der sich der bezeichnete Sachverhalt in der Realität so dar.

Aus ordnungsökonomischer Sicht sind in diesem Zusammenhang die folgenden Fragen interessant:

1. Warum gibt es derartige Einnahmengefälle zwischen den Sportarten?

2. Ist hier staatlicher Handlungsbedarf angezeigt?

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Bei der Nachfrage nach Sport kann die Nachfrage nach aktivem Sporttreiben von der Nachfrage nach passivem Beiwohnen an Sportereignissen unterschieden werden. Folglich läßt sich der Markt für den aktiven Konsum von Sport (Sportlermarkt) vom Markt für den passiven Konsum von Sport (Zuschauermarkt) abgrenzen (siehe Abb. 1). Beide Märkte sind jedoch stark interdependent. Erst wenn auf dem Sportlermarkt durch aktives Sporttreiben Leistungen generiert werden, können diese auf dem Zuschauermarkt angeboten werden. So ist es das Ziel der Anbieter auf dem Zuschauermarkt, diese Leistungen zu vermarkten und dem Konsumenten anzubieten. Die Anbieter auf dem Sportlermarkt schaffen indes die Möglichkeit zur aktiven sportlichen Betätigung.

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Um diese Leistungsgenerierung und -vermarktung zu gewährleisten, sind weitere Akteure auf dem Gesamtsportmarkt vertreten, so daß sich weitere Teilmärkte unterscheiden lassen. Neben den Märkten für die Sportinfrastruktur und für Sportartikel sind von besonderer Bedeutung die vom Zuschauermarkt abhängigen Märkte für TV-Rechte, Werberechte, Sponsoringrechte und Lizenzrechte.

Nun zeigt sich, daß die Einnahmengenerierung maßgeblich vom Zuschauer und dessen Zahlungsbereitschaft abhängt: Interessiert sich eine große Anzahl von Zuschauern mit einer hohen Zahlungsbereitschaft für einen sportlichen Wettkampf oder eine bestimmte Sportart, dann lassen sich durch den Veranstalter hohe Einnahmen über Ticketing und auch über die Veräußerung der TV-Rechte erzielen. Zudem versprechen viele Zuschauer auch verbesserte Möglichkeiten des Sponsorings und der Veräußerung von Merchandisingartikeln. Hohe Einnahmen der Veranstalter initiieren auch den Wettbewerb auf den Beschaffungsmärkten: Die Nachfrage nach Spielern – eine aus den Absatzmärkten der Veranstalter abgeleitete Nachfrage – steigt an, wodurch sich höhere Vergütungen der Spieler realisieren lassen und die Sportart sich sukzessive professionalisiert.

Ist das Interesse der Zuschauer an einem sportlichen Wettkampf gering, dann erlöst der Veranstalter lediglich geringe Einnahmen und die Nachfrage nach den zur Produktion dieser Unterhaltungsdienstleistung notwendigen Inputfaktoren fällt verhalten aus: Mitunter wird den beteiligten Sportlern nicht einmal ein Entgelt gezahlt. Auf diese Weise steuern die Zuschauer indirekt die Faktormärkte (hier insbesondere den Spielermarkt und damit die Verdienstmöglichkeiten der involvierten Sportler): Sportarten, die aus Sicht der Zuschauer uninteressant sind, verzeichnen geringe Einnahmen und Sportarten, die den Zuschauer interessieren, können sich über einen entsprechenden finanziellen Zufluß freuen. Gleichwohl besitzen Sportarten mit geringem Zuschauerinteresse die Möglichkeit, durch Innovationen die Zuschauer anzulocken. So wurde etwa im Tischtennis versucht, durch einen größeren Ball die Telegenität dieser sehr schnellen Sportart (der Ball ist auf dem Bildschirm oftmals nicht zu sehen) zu erhöhen. Das Einnahmengefälle zwischen den Sportarten ist damit letztlich ein Ergebnis des Zuschauerinteresses.

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Ein Einnahmengefälle zwischen den Sportarten unabhängig auf welcher Ebene (Verband, Club, Sportler) kann für sich allein genommen keine Rechtfertigung für eine staatliche Intervention darstellen, vielmehr ist ein derartiger Unterschied eben gerade charakteristisch für ein marktwirtschaftliches System.

Eine staatliche Intervention aus ordnungsökonomischer Sicht setzt das Vorliegen eines Marktversagens voraus (Grossekettler 1987). Im Bereich des Spitzensports handelt es sich im wesentlichen um die Produktion einer Unterhaltungsdienstleistung. Hierbei liegen weder nennenswerte externen Effekte vor, noch läßt sich auf Anbieterseite ein natürliches Monopol identifizieren. Lediglich eine Art Kollektivgut ließe sich konstruieren, daß von internationalen Siegen deutscher Athleten ausginge. Nun zeigt sich aber, daß das Zuschauerinteresse an einer bestimmten Sportart auch ein guter Präferenzaufdeckungsmechanismus bei einschlägigen Kollektivgütern ist. Mit anderen Worten: Ein Titelgewinn der deutschen Mannschaft bei einer Fußballweltmeisterschaft löst ein erhebliches Gefühl der Identifikation aus; eine große Anzahl von Zuschauern wäre bereit, für die Produktion dieses Kollektivguts größere finanzielle Summen bereitzustellen. Hingegen würde ein vergleichbarer Sieg im Curling vermutlich ohne größere Kenntnisnahme der Bevölkerung verpuffen. Den Gedankengang fortgeführt bedeutet das, daß zur Produktion der Kollektivgüter, an denen eine Vielzahl von Zuschauern ein großes Interesse haben, bereits erhebliche finanzielle Mittel aus komplementären Sportveranstaltungen generiert werden. In Sportarten mit geringem Zuschauerinteresse besteht auch folgerichtig nur ein untergeordnetes Interesse an der Produktion eines dazugehörigen Kollektivgutes auf internationaler Ebene. Demzufolge gibt es aus ordnungsökonomischer Sicht auch keine Notwendigkeit, mittels staatlicher Einflußnahme die bestehenden Einnahmendifferenzen zwischen den Sportarten zu ändern. Sie sind einfach ein Ergebnis des marktlichen Zusammenspiels.

Literatur

Daumann, F. (2019), Grundlagen der Sportökonomie. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, München.

Daumann, F., Langer, M. & Altmann, A. (2007), Zusammenarbeit zwischen den Olympiastützpunkten und der Wirtschaft, Entwicklung einer empirisch-basierten Vermarktungsstrategie, Köln.

Grossekettler, H. (1987), Der Beitrag der Freiburger Schule zur Theorie der Gestaltung von Wirtschaftssystemen, Münster.

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