Im Mai 2026 sollen im Resorts World Las Vegas, einem Resort- und Kasino-Komplex mit modernen Wettkampfanlagen am Las Vegas Strip, die ersten Enhanced Games ausgetragen werden. Im Mittelpunkt des Wettbewerbs stehen die Disziplinen Schwimmen (z. B. 50 m und 100 m Freistil, 50 m und 100 m Schmetterling), Leichtathletik (100 m Sprint, 100/110 m Hürden) und Gewichtheben (Snatch, Clean & Jerk). Die Spiele konzentrieren sich somit auf Sportarten, bei denen die physische Leistungsfähigkeit besonders stark durch Training, Technologie und pharmakologische Unterstützung gesteigert werden kann. Das Konzept der Enhanced Games besteht darin, leistungssteigernde Substanzen kontrolliert, d.h. medizinisch begleitet, zuzulassen (Enhanced.com, 2024). Ob auf derartige Instrumente zurückgegriffen wird, bleibt jedoch dem einzelnen Athleten selbst überlassen (Enhanced.com, 2024). Das Format sieht eine umfassende medizinische Überwachung vor, deren Ziel darin besteht, bei den Athleten vor dem Wettkampf detaillierte Untersuchungen vorzunehmen, bei denen Herz-, Blut- und genomische Daten erfaßt werden, um etwaige gesundheitliche Risiken zu minimieren (Enhanced.com, 2024).
Das Projekt wird privatwirtschaftlich, insbesondere durch Risikokapitalgeber und private Investorengruppen, finanziert. Als Investoren werden etwa Peter Thiel und Donald Trump jr. genannt (Dixon, 2025; Nestler, 2025). Um entsprechende Anreize für die Teilnahme der Athleten zu setzen, werden sehr hohe Preisgelder ausgelobt: Pro Wettkampf sollen bis zu 500.000 US-Dollar ausgeschüttet werden; für das Brechen eines Weltrekords sind Boni von bis zu einer Million US-Dollar vorgesehen (Salley, 2025). Diese hohen Preisgelder haben dazu geführt, daß verschiedene bekannte Athleten wie etwa James Magnussen, Ben Proud und Marius Kusch ihre Teilnahme ankündigten (McCartney, 2025; Enhanced.com, 2025; Bohne, 2025).
Aus sportethischer Sicht wird dieses Vorhaben sehr kritisch gesehen, da es zentrale Normen der Fairness, der Chancengleichheit und des Gesundheitsschutzes untergrabe (CCES 2025) und ihm eine transhumanistische Denkfigur zugrunde liege, die den menschlichen Körper als technologisch optimierbares System begreift (Bostrom, 2005). Die nationalen und internationalen Sportverbände sowie die Anti-Doping-Agenturen (WADA, NADA, UKAD, USADA etc.) lehnen daher dieses Konzepts vehement ab. So sind nach Ansicht des DOSB die Enhanced Games ein „Sinnbild der Tendenz zu permanenter Grenzüberschreitung in unserer Gesellschaft“ (ran, 2025); die Athletenkommissionen von IOC und WADA sprechen von einem „betrayal of everything we stand for“ (IOC, 2025). Zudem drohen die einschlägigen internationalen Sportverbände World Aquatics und die World Athletics teilnehmenden Sportlern mit Sanktionen (Sanghera 2025; Ingle, 2024). Darauf haben die Veranstalter der Enhanced Games mit einer Anti-Trust-Klage gegen die World Aquatics, die WADA und USA Swimming reagiert (o. V., 2025).
Schiebt man die religiöse Überhöhung, die der Sport teilweise erfährt, einmal beiseite, stellt sich die Frage, wie das Format der Enhanced Games aus ordnungsökonomischer Sicht zu beurteilen ist.
Hierzu erweist sich zum einen ein Blick auf die Märkte des Sports (1) und zum anderen auf den einzelnen Athleten (2) als hilfreich.
Ad 1) Die Nachfrage nach Sport kann in eine aktive (eigene sportliche Betätigung) und eine passive Nachfrage (Zuschauen bei Sportereignissen) unterteilt werden (Daumann, 2024). Daraus ergeben sich zwei zentrale Märkte: Der Sportlermarkt, auf dem sportliche Leistungen erbracht werden, und der Zuschauermarkt, auf dem diese Leistungen als Produkt – als Unterhaltungsdienstleistung – vermarktet werden. Beide Märkte sind eng miteinander verbunden, da erst durch aktive sportliche Leistungen ein Angebot für den Zuschauermarkt entsteht. Neben diesen Hauptmärkten existieren weitere Teilmärkte, etwa der Markt für mediale Übertragungsrechte, der für Sponsoringrechte oder der für Merchandisingartikel.
Die Sportverbände produzieren als Veranstalter von Wettkämpfen also eine Unterhaltungsdienstleistung, die sie sowohl auf dem Ticketing-Markt als auch auf dem Markt für mediale Übertragungsrechte – um die wichtigsten beiden zu nennen – anbieten. Die dabei erzielten Erlöse bewegen sich zwischen Beträgen von mehreren Milliarden (etwa beim IOC und bei der FIFA) bis zu sehr kleinen Erlösen bei Veranstaltungen mit Sportarten, die wenig Anklang beim Zuschauer finden. Der wichtigste Produktionsfaktor für die Erstellung dieser Unterhaltungsdienstleistung sind Athleten, die oftmals für ihre Beteiligung an der Produktion zumindest nicht direkt entlohnt werden. Teilweise haben die als Veranstalter auftretenden Sportverbände erhebliche Marktmacht sowohl auf dem Absatz- als auch auf dem Beschaffungsmarkt. Beim IOC mit den Olympischen Spielen könnte man gar von einem monopolistischen Wanderzirkus sprechen.
Um nun der Unterhaltungsdienstleistung eine bestimmte Qualität zu geben, setzen die Verbände Regulierungen ein. Eine maßgebliche Regulierung hierbei ist das Dopingverbot, das u.a. dem Zuschauer signalisieren soll, daß die sportliche Leistung mit natürlichen Mittel erbracht werde.
Die Veranstalter der Enhanced Games sind als Newcomer zu interpretieren. Sie brechen in den Zuschauermarkt ein, den die bisherigen Veranstalter wie das IOC, die World Aquatics oder die World Athletics dominieren. Durch den Verzicht auf die Regulierung Dopingverbot verändern sie die Qualität der Unterhaltungsdienstleistung und schaffen damit eine Alternative zu herkömmlichen Angeboten wie den Olympischen Spielen oder den Schwimm-Weltmeisterschaften. Es gilt nun abzuwarten, ob diese Unterhaltungsdienstleistung genügend Zuschauer findet, ob sie den bisherigen Veranstaltern Nachfrage abspenstig machen kann oder ob gar neue Konsumentenschichten erschlossen werden können.
Beschränkt man die ordnungsökonomische Beurteilung auf die Perspektive dieses Marktes für Unterhaltungsdienstleistungen, so ist das Auftreten dieses neuen Anbieters eindeutig zu begrüßen, da er teilweise monopolitische Marktstrukturen aufbricht und das Angebotsspektrum für den Zuschauer beträchtlich erweitert.
Ad 2) Der Einsatz von Dopingmitteln kann erhebliche Gesundheitsschäden nach sich ziehen (Daumann, 2013). Vor diesem Hintergrund stellt sich im Zusammenhang mit den Enhanced Games die Frage, ob Athleten vor der Verwendung dieser Mittel geschützt werden müssen. Legt man dieser Beurteilung das Bild eines freien und aufgeklärten Menschen zugrunde, wird man zu dem Schluß kommen müssen, daß ein derartiger Schutz nicht sinnvoll ist. Volljährige Athleten, die an den Enhanced Games teilnehmen wollen, sollten selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie Dopingmittel einnehmen und damit Gefahren für ihre Gesundheit in Kauf nehmen, zumal sie auch die Folgen ihrer Entscheidung größtenteils selbst tragen müssen. Zudem zeigt sich, daß der Konsum vieler Dopingmittel außerhalb des Settings des regulären Sports nicht verboten ist. Sicherlich ist dieser Sachverhalt gänzlich anders bei Minderjährigen zu beurteilen.
Insgesamt muß man aus ordnungsökonomischer Sicht wohl zu dem Schluß kommen, daß die Enhanced Games eine bereichernde Alternative für den Zuschauer darstellen und gefestigte Monopolstrukturen aufbrechen könnten. Ob durch derartige Angebote die vermeintliche Vorbildwirkung des Sports in Mitleidenschaft gezogen wird, scheint eher nicht zu befürchten zu sein, da der Zuschauer sicherlich gut zwischen den verschiedenen Settings, nämlich dem eines „reinen“ Sports und dem der Enhanced Games, unterscheiden kann.
Quellen
Bohne, M. (2025), Erster deutscher Athlet bestätigt Teilnahme an umstrittenen Dopingspielen. Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.merkur.de/sport/mehr-sport/erster-deutscher-athlet-bestaetigt-teilnahme-an-umstrittenen-dopingspielen-zr-93953731.html
Bostrom, N. (2005). In defense of posthuman dignity. Bioethics, 19(3), 202–214.
Canadian Center for Ethics in Sport (CCES; 2025), Statement on the Enhanced Games, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://cces.ca/cces-statement-enhanced-games
Daumann, F. (2013). Die Ökonomie des Dopings. 2., neubearbeitete Auflage, Berlin: Erich Schmidt.
Daumann, F. (2024), Grundlagen der Sportökonomie, 4. Aufl., München.
Dixon, E. (2025), Enhanced Games set for Las Vegas debut in 2026 with backing from Peter Thiel and Donald Trump Jr, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.sportspro.com/news/enhanced-games-2026-las-vegas-doping-prize-money-donald-trump-jr-may-2025/
Enhanced.com (2024), Enhanced Games Las Vergas 2026, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.enhanced.com/events
Enhanced.com (2025), Silver medalist and world champion Ben Proud joins Enhanced Games, setting stage for historic showdown. Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.enhanced.com/newsroom/silver-medalist-and-world-champion-ben-proud-joins-enhanced-games-setting-stage-for-historic-showdown
Ingle, S (2024), Sebastian Coe vows Enhanced Games athletes would be ‘banned for long time’, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.theguardian.com/sport/2024/feb/29/world-athletics-sebastian-coe-moronic-enhanced-games
IOC (2025), Statement …, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://x.com/iocmedia/status/1932494683294638100/photo/1
McCartney, D. (2025), ‚He’d smoke him‘: Bleak reality facing juiced-up James Magnussen as Aussie great takes fresh swipe, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.nine.com.au/sport/enhanced-games-news-2025-james-magnussen-cameron-mcevoy-comparison-ellie-cole-criticism-reaction-20250526-p5m2an.html
Nestler, S. (2025), Enhanced Games – Doping-Spiele mit deutscher Beteiligung, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.dw.com/de/enhanced-games-doping-spiele-mit-deutscher-beteiligung/a-74131850.
o. V. (2025), Enhanced Games Files $800 Million Antitrust Lawsuit Against World Aquatics, the World Anti- Doping Agency and USA Swimming, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.enhanced.com/newsroom/enhanced-games-files-800-million-antitrust-lawsuit-against-world-aquatics-the-world-anti-doping-agency-and-usa-swimming
Ran (2025), DOSB zum Fall Kusch: „Außerhalb der Gemeinschaft des Sports“, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.ran.de/sports/mehr/news/dosb-zum-fall-kusch-quot-ausserhalb-der-gemeinschaft-des-sportsquot–593768.
Salley, E. (2025), ‚Enhanced Games prize money worth 13 world titles‘, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.bbc.com/sport/swimming/articles/cz69pe53q3qo
Sanghera, M. (2025), World Aquatics to ban anyone from Enhanced Games, Zugriff am 25.10.2025 unter: https://www.bbc.com/sport/swimming/articles/c39x3ppx18jo#:~:text=World%20Aquatics%20has%20become%20the,%2C%20events%2C%20or%20other%20activities.
Gert G. Wagner (DIW, 2007): Stars und Steroide Doping aus ökonomischer Sicht
Frank Daumann (FSU, 2013): Sollte Doping im Leistungssport freigegeben werden?
- Die Enhanced Games 2026
Diabolus ad portam? - 29. Oktober 2025 - Die UEFA und die weitere Erosion des National-League-Principles - 18. Oktober 2025
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