Die Antwort vorneweg: nichts! Ich wollte nur beide Begriffe in eine Überschrift bekommen. Denn eigentlich wollte ich zur aktuellen Diskussion um das Betreuungsgeld schreiben (ich werde diesen Monat Vater und da bewegen einen solche Themen), doch bemerkte ich bei der Recherche recht schnell, dass das Thema vor Werturteilen und Meritorik nur so strotzt und deshalb Ökonomen, zumal Ordnungsökonomen, keinen Spaß macht. Wenn sich schon die Zunft der Kinderpsychologen nicht einig ist, wie sollen es dann die Volkswirte richten? Hier trotzdem die Kurzanalyse in einem Absatz:
Es gibt eigentlich drei ökonomisch saubere Ansätze für das Problem Betreuungsgeld. Der erste, ich will ihn libertär nennen, lautet: Der Staat soll sich vollständig auf das Existenzminimum im Steuerrecht zurückziehen und auch keine Kita-Plätze subventionieren. Der zweite, liberale Ansatz: Der Staat erkennt die Subventionsbedürftigkeit der Kindererziehung im Allgemeinen an und schüttet zusätzlich zu Kindergeld und Kinderfreibetrag (vulgo Existenzminimum) einen Betrag X für jedes Kind aus. Damit können die Eltern dann einen Kitaplatz (teilweise) bezahlen oder machen, was sie wollen (bspw. die Kinder selbst betreuen). Es gibt aber keine direkten Kita-Subventionen (für solch ein Modell hat sich bspw. Heike Göbel von der FAZ ausgesprochen, siehe hier). Der dritte und von mir präferierte „pragmatisch-liberale“ Vorschlag: Wir erkennen an, dass die Kosten einer professionellen Betreuung im Falle der Erwerbs- oder Ausbildungstätigkeit beider Elternteile als abzugsfähige Aufwendungen im Sinne des Steuerrechts zu gelten haben (wie es zum Teil bereits heute der Fall ist). Damit die Progression des Steuertarifs bei dieser Frage nicht zur Geltung kommt, wird in der Lohnsteuerkarte kein abzugsfähiger Freibetrag eingetragen, sondern eine auszahlbare Betreuungspauschale pro Stunde Arbeit und Betreuung (was im Einzelfall zu einer negativen Einkommensteuer führen kann). Kitas werden nicht direkt subventioniert und es findet somit keine Verzerrung von Preisen am Markt für Betreuung statt. Es wird auch kein Werturteil gefällt, welche Betreuungsform für unsere Jüngsten am Besten sei. Gemessen am Status Quo sind Eltern, die ihr Kind in die Kita geben, aber in dieser Zeit nicht beide arbeiten gehen, die Verlierer. Aber Finanzwissenschaftler wollen Freizeit schließlich auch lieber besteuern als subventionieren…
So, nun aber zum zweiten Teil der Überschrift. Eigentlich sollte dieser Beitrag nämlich „Eine Ehrenrettung für das Ehegattensplitting“ heißen. Im Zuge der Diskussion um das Betreuungsgeld, wo es ja nicht nur um Familien-, sondern vor allem auch um Frauenpolitik geht, wird von einigen Gegnern des Betreuungsgeldes nämlich auch die Legitimation des Instruments Ehegattensplitting in Frage gestellt. Als Grund wird zum Einen die angeblich schlechten Anreize für verheiratete Frauen zum Eintritt in den Arbeitsmarkt aufgeführt, zum Anderen diskriminiere das Ehegattensplitting die Wahl der Lebensform, da es auch Ehepaare ohne Kinder fördere (so z. B. ein Autorinnenpapier der Grünen-Politikerinnen Andreae und Deligoez und der Leitantrag „Familienland Deutschland“ der SPD). Den ersten – vermeintlichen – Kritikpunkt hat Thomas Apolte sehr schön in diesem Blog entkräftet. Dem Zweiten möchte ich mich widmen.
Für einen liberalen Ökonomen sollte die Ehe eigentlich kein staatliches Institut sein. Wer warum wen und wie viele Personen wann und wo heiratet, sollte den Staat eigentlich nur im Rahmen von Lärmbelästigungsklagen aufgrund zu lauter Hochzeitskapellen interessieren. Denn eigentlich könnte die Ehe neben ihren moralischen und religiösen (und damit privaten) Aspekten auch als einfacher Zivilvertrag zwischen zwei (oder mehreren) erwachsenen Personen geschlossen werden. Punkt. Doch steht bei uns die Ehe laut Artikel 6 Grundgesetz unter besonderem Schutz des Staates, d. h. der elegante, einfache Zivilvertrag wird zum hoheitlichen Akt. Weiterhin definiert der Gesetzgeber die Ehe als Gemeinschaft eines Mannes und einer Frau. Warum dies so sein soll, dazu können Volkswirte nichts Intelligentes sagen (siehe oben). Nimmt man diesen Zustand als Fakt, an dem derzeit auch keiner politisch rütteln möchte, ergibt sich ein Dreiecksverhältnis, da nun nicht nur die Eheleute einen impliziten (neuerdings oft ergänzt durch einen expliziten) Vertrag miteinander schließen, sondern eben auch dem Staat gegenüber bestimmte Rechte, aber auch Pflichten bekommen. Eine dieser Pflichten ist die Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehepartner, welche insbesondere vor der Reform des Scheidungsrechts 2009 auch weit über den Bestand der Ehe hinaus reichen konnte (und auch heute noch kann).
Die Übernahme von Unterhaltspflichten ist ein Vorteil für den Staat, spart er doch im Falle längerer Erwerbslosigkeit und längerer Pflegebedürftigkeit (ein Aspekt der in kommenden Jahren an Bedeutung zunehmen wird) bares Geld. Diese Übernahme der Unterhaltspflicht gestehen auch die oben genannten Kritiker der Ehe zu, die beiden Grünen-Politikerinnen wollen diese jedoch mit einer Übernahme des Freibetrags abgegolten wissen (wenn beide also über 8.000 Euro verdienen kommt es zur Individualbesteuerung). Die SPD schweigt sich unterdessen über die Details aus. Der Vorschlag verkennt den Charakter der Unterhaltpflicht. Denn wenn ein Partner mehr verdient, so kann ihn der Staat bspw. im Fall der Pflegebedürftigkeit des schlechter verdienenden Partners auch stärker zur Beteiligung an den Pflegekosten heranziehen. Mit zunehmender Einkommensdifferenz steigt also die Intensität der Unterhaltspflicht. Genau dies wird über das Ehegattensplitting abgegolten. Vater Staat kauft sich sozusagen bei Eheschließung von seiner Unterhaltspflicht erst einmal frei und tut dies in Form einer mit der Einkommensdifferenz (und damit der möglichen Wahrscheinlichkeit) steigenden Prämie, dem Splittingvorteil. Es findet also keine Subventionierung eines Lebensmodells statt, sondern lediglich ein Ausgleich der Waagschalen. Die Waagschale des Staates wird leichter durch den Subsidaritätscharakter der Ehe und schwerer durch die Zahlung der oben beschriebenen Prämie (über das Ehegattensplitting). Bei den Eheleuten verhält es sich genau umgekehrt, und bei treffsicherer Ausgestaltung wäre die Waage wieder austariert.
Das Ehegattensplitting hat also nichts mit Kindern zu tun, sondern mit der Übernahme von Unterhaltspflichten. Somit geht die Kritik, es würden auch kinderlose Paare „subventioniert“ fehl. Vielmehr stellt sich die Frage nach einer sauberen, empirischen Evaluierung des Ehegattensplittings, also nach der Ausgestaltung und Höhe der Prämie. Ist die Übernahme der Unterhaltspflicht mit dem Splitting insbesondere nach Einführung des neuen Scheidungsrechts 2009 über- oder unterabgegolten? Muss die Abgeltung der Übernahme der Unterhaltspflicht im Steuerrecht erfolgen oder täte es auch ein entsprechender Pauschaltransfer in Höhe des Erwartungswerts? Nach Beantwortung dieser Fragen kann dann ein Aufruf zur Reform des Splittings erfolgen. Oder wir gehen eben gleich zum oben skizzierten libertären Ansatz der Ehe als reine Privatsache über, was von mir präferiert würde. Mit Arbeitsanreizen oder Kindern hat das alles aber nichts zu tun.
Der Autor ist verheiratet, trägt den geringeren Anteil zum Haushaltseinkommen bei, arbeitet nach eigener Einschätzung aber mehr als seine Ehefrau – welche dies wiederum bezweifelt.
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Eine Antwort auf „Was das Ehegattensplitting mit dem Betreuungsgeld zu tun hat“