Der King bzw. die Queen of Beamtenversorgung

Abgesehen von Stefan Raabs Aufreger „King of Kotelett“ war es der Höhepunkt des Kanzlerduells: Auf die Frage, ob bei der Beamtenversorgung (vulgo Pensionen) Reformbedarf bestünde, antwortete Peer Steinbrück mit der Feststellung, zumindest die Entwicklung der Pensionen müsse mit derjenigen der Gesetzlichen Rentenversicherung einhergehen. Die Kanzlerin lehnte dies entschieden mit verteilungspolitischen Argumenten ab. Dabei wollte wohl auch Peer Steinbrück nicht Axt an die Mindestpension legen. Diese liegt bspw. in Berlin für Ledige bei 1.330 Euro und ist damit signifikant höher als jede Durchschnittsrente von Männern (von Frauen ganz zu schweigen). Die oft in diesem Zusammenhang bemühten Betriebsrenten können diese Lücken auch eher nicht ausgleichen (in den oberen Einkommensregionen schafft das dann die private Ersparnisbildung). Echte Altersarmut ist bei Beamten also kein Thema.

Das Spannende an der Diskussion war aber eigentlich, dass die Beamtenversorgung bzw. ihre langfristige Entwicklung nur ein kleines Problem für den Bund, aber das Hauptproblem für die Länder in den kommenden Jahren sein dürfte. Die Anzahl an Soldaten und Bundesrichtern ist gemessen an der Finanzkraft des Bundes eher gering. Die Heere an Lehrern und Polizisten (oder die in der Debatte herangezogenen Justizvollzugsbeamten) sind in aller Regel Landesbeamte. Seit der Föderalismuskommission II haben die Länder auch die Kompetenzen hier in Maßen selbstständig tätig zu werden, der Bund besitzt nur noch eine gewisse Richtlinienkompetenz.

Barwerte der schwebenden Versorgungsverpflichtungen
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Genauer gesagt ist es sogar fast nur ein Problem der westdeutschen Länder, wie die obenstehende Abbildung veranschaulicht. Zwar erscheint es ganz natürlich, dass die bevölkerungsreichsten Bundesländer die größten Anwartschaften aus Altersbezügen und Beihilfen angesammelt haben. Jedoch zeigt sich bereits hier, dass vor allem die Stadtstaaten massive Probleme bekommen werden. So sind bspw. die von Berlin zu stemmenden Versorgungsbezüge fast halb so groß wie die des Bundes. Aber auch das reichere Hamburg, derzeit noch Geberland im Länderfinanzausgleich, muss soviel stemmen wie das um eine Million Einwohner größere Nachbarland Schleswig-Holstein. Dass die Beamtenversorgung aber nicht ausschließlich ein Problem der Stadtstaaten ist, belegt die nächste Grafik. Hier wird deutlich: Auch die Länder mit heute relativ niedriger Verschuldung müssen sich enorm anstrengen um die Pensionslawine einigermaßen schadlos auszuhalten – und dies alles unter Einhaltung der teils verfassungsverankerten Schuldenbremsen.

Versorgungszusagen und Verschuldung des Bundes und der Bundesländer
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Was ist also zu tun? Herr Steinbrück lag mit der Qualität seiner Aussage gar nicht so falsch. Als erstes sollten alle Reformen der Gesetzlichen Rentenversicherung der letzten Jahre auch auf die Beamtenversorgung wirkungsgleich übertragen werden. Dies hieße: Die flächendeckende Anhebung des Pensioneintrittalters (teilweise in einzelnen Bundesländern bereits geschehen), die Abschaffung der Anrechnung von Ausbildungszeiten sowie die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors, welcher die spezielle Demografie der Beamtenschaft berücksichtigt.

Auch diese Schritte werden jedoch nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass die Beamtenversorgung tragfähig für die Bundesländer finanzierbar bleibt. Und hier kommt der Bumerang zurück auf die Bundesebene: Da Bundesländer keine Insolvenz anmelden können, sollte der zukünftige Bundeskanzler/die zukünftige Bundeskanzlerin eben doch ein Interesse an der Materie haben, auch wenn sein/ihr unmittelbarer Part eher gering erscheint.

Literatur

Benz, T., C. Hagist und B. Raffelhüschen (2011), Ausgabenprojektion und Reformszenarien der Beamtenversorgung in Deutschland, Studie im Auftrag des Bundes der Steuerzahler e. V.

2 Antworten auf „Der King bzw. die Queen of Beamtenversorgung“

  1. Bei den angeratenen Maßnahmen wurde leider eines vergessen: Massiver Abbau der Bediensteten (Beamte und Angestellte) im öffentlichen Dienst. Wo nötig muss es auch betriebsbedingte Kündigungen bei den Angestellten geben können. Beamte sind unkündbar und haben einen Rechtsanspruch auf ihre Anwartschaften. Dies gilt aber nicht für neue Beamte.

    Darüber hinaus sollte es aber erstes Ziel sein, den riesigen Apparat an öffentlich Bediensteten so schnell wie möglich zu verringern. Wegfallende Stellen sind nicht neu zu besetzen.

    Der Staat muss sich auf die Kernbereiche seiner Aufgaben beschränken: Justiz und Polizei, beim Bund darüber hinaus noch die äußere Sicherheit. Alle anderen Bereich sind nachhaltig und schnell zu entstaatlichen.

    Ich bin selbst Beamter eines Bundeslands. Ich bin in einem Bereich tätig, für den absolut keine Notwendigkeit besteht, dass sich dort der Staat betätigt. Meine Tätigkeit wäre problemlos zu privatisieren bzw. an private Unternehmen auszulagern.

  2. Also die von Ihnen genannte Zahl der Mindestpension darf ruhig in Frage gestellt werden. Zumal sie ja auch nicht pauschal für jeden Beamten gilt. Denn manch einer ist ja auch erst nach dem 30. Lebensjahr ins Beamtenverhältnis übernommen worden. Zudem ist die Pension voll zu versteuern und auch noch der Beitrag für die private Krankenversicherung abzuziehen. Realistischer wird daher dann eine mtl. Pension von evtl. 800,–EUR. Das ist alles andere als gigantisch. Wo Beamtenverhältnisse auf jeden fall unnötig sind:Professoren und sonstige Lehrende an Unis, Lehrer an Schulen, die Bediensteten der Bundesbank etc.. Die öffentliche Sicherheit, sowie die Geldeintreiber des Staates sollen auch weiterhin hoheitliche Aufgaben wahrnehmen.

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