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Das Kalte Herz
Kapitalismus: Die Geschichte einer andauernden Revolution

Das mediale Echo war nicht zu überhören, als Kevin Kühnert in einem Interview mit der Zeit seine Vorstellung über einen demokratischen Sozialismus erläuterte. Während die eine Seite, inklusive mancher SPD-Mitglieder, empört, gar schnappartig reagierte, erhielt der Juso-Vorsitzende andererseits erstaunlich viel Zustimmung; nicht nur an der Basis, sondern auch in großen deutschen Tageszeitungen. Nach dem Motto, man dürfe darüber ja wohl noch diskutieren, gab es viel Verteidigung für sein vermeintliches Anliegen, die Missstände des Kapitalismus anzuprangern. Dabei sind Kühnerts Thesen weder innovativ noch neu, sie zeigen aber die Sensibilität des Themas, obwohl die Kapitalismuskritik so alt wie der Kapitalismus selbst ist. Mantra-artig werden Ressentiments geschürt, dem Kapitalismus werden Gier und Egoismus unterstellt und je nachdem welches Thema gerade am meisten die öffentlichen Gemüter erregt, dient er als Sündenbock für Umweltverschmutzung oder soziale Schieflagen. Der Soziologe Thomas Cushman bezeichnet den Antikapitalismus sogar als „säkulare Religion der Intellektuellen“.

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Kapitalismus: Die Geschichte einer andauernden Revolution
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Der Landesstreik von 1918
Eine Finanzmarktperspektive

Im November 2018 jährt sich der Jahrestag zum Landesstreik zum hundertsten Mal. Das Ereignis hat längst seinen festen Platz in der nationalen Erinnerungskultur. So wie der vergleichsweise glimpfliche Ausgang des Aufstands Tatsache ist, bestand seit den 1960er-Jahren – massgeblich beeinflusst durch die Arbeiten Willi Gautschis – weitgehend Einigkeit über dessen Ursachen und die daraus abgeleitete Erzählung. Beim Landesstreik habe es sich nicht um einen von bolschewistischen Kräften angezettelten Umsturzversuch gehandelt. Vielmehr hätten sich darin die während des Krieges aufgestauten Missstände und Klassengegensätze entladen. Laut dem «Kulminationsnarrativ» stand die Schweiz damals nicht vor einer Revolution, sondern vor einem Wendepunkt, der dem sozialen Fortschritt in der Schweiz zum Durchbruch verhalf.

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Eine Finanzmarktperspektive
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Gastbeitrag
Warum Europas Rückkehr zur Finanzmarktrepression wenig erfolgsversprechend ist

Die Verschuldungssituation der Regierungen vieler großer Volkswirtschaften erinnert an die Zeit nach dem 2. Weltkrieg. In den 1940er Jahren lag die Verschuldung in den meisten Industrieländern bei weit über 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (im Vereinigten Königreich bei über 250 Prozent). Während z. B. Deutschland einen Schuldenschnitt (Währungsreform) vollzog, senkte die Mehrzahl der Länder die reale Verschuldung insbesondere in den ersten 10 bis 15 Jahren nach dem Krieg mittels finanzieller Repression.

Gastbeitrag
Warum Europas Rückkehr zur Finanzmarktrepression wenig erfolgsversprechend ist“
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Brexit: Von der Psychologie der Insellage

Europas Ursprung

So paradox es klingen mag: Europas Ursprung liegt in Asien – jedenfalls, wenn man auf die Sage der griechischen Mythologie rekurriert: Danach wurde bekanntlich das Mädchen Europa, eine bildhübsche phönizische Königstochter, vom Götterfürsten Zeus, der sich in einen strahlenden und gut riechenden Stier verwandelt hatte, von den Gestaden des heutigen Libanon nach Kreta, der ältesten Hochkultur auf europäischem Boden, entführt. Dort hatten sie drei Söhne miteinander, von denen zweien zuerkannt wurde, dass sie die gerechtesten Menschen auf der Welt wären. Sie führten auf Kreta, also auf europäischem Boden, Recht und Gesetz ein (und wurden im Übrigen deshalb zu Richtern im Totenreich erhoben). Manche Europarechtler leiten von diesem mythischen Ereignis ausgehend die Herrschaft des Rechts als den Kern des „Modells Europa“ ab, also der Rechtsgemeinschaft der Europäischen Union. Der phönizische Name „Europa“ bedeutete bekanntlich „Sonnenuntergang“, das Abendland also.

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Kurz kommentiert
Der ausgabenstimulierende Effekt der Unternehmenssteuerreform III

Mitten im Weltkriegsjahr 1915 stimmten am 6. Juni 94.3% der an der Urne versammelten Schweizer und alle Stände der Erhebung einer einmaligen eidgenössischen Kriegssteuer zu – der ersten Einkommensteuer der Bundes. Was als einmalig gedacht war, blieb dauerhaft bestehen. Das gilt auch für Artikel 2 des Kriegssteuergesetzes, das den Bezug durch die Kantone regelte. Da der Erhebungsaufwand gemäss Artikel 41 durch die Kantone zu tragen war, überliess man den Kantonen im Gegenzug einen Fünftel des Bruttoertrags. Der Kantonsanteil an der Einkommensteuer des Bundes war geboren und zeigte ein erstaunliches Beharrungsvermögen in jeder neuen Finanzordnung seit Einführung der Kriegssteuer. Den Zweck des Kantonsanteils machte am 23. September 1915 der ständerätliche Kommissionsberichterstatter direkt nach der Eintretensdebatte klar. Peter Isler, einflussreicher Aargauer Standesherr, gab bei Artikel 2 zu Protokoll: „Die Verteilung des Ertrages der Steuer unter den Bund und die Kantone erfolgt auf Grundlage des Bruttoertrages, denn die Kosten der ganzen Erhebung sind von den Kantonen auf ihren Fünftel zu übernehmen.“

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Der ausgabenstimulierende Effekt der Unternehmenssteuerreform III“
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Die Transmission neuer Ideen von der Wirtschaftswissenschaft zur Wirtschaftspolitik
Deutschland, 1948 – 2015

Wie – wenn überhaupt – wirken sich wirtschaftswissenschaftliche Neuerungen auf die Wirtschaftspolitik aus? John Stuart Mill schrieb 1845: „Ideas, unless outward circumstances conspire with them, have in general no very rapid or immediate efficacy in human affairs“. Dennoch kann ihre Wirkung langfristig groß sein. Diese langfristige Wirkung hat ausgerechnet John Maynard Keynes (1936) betont:

„The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed, the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influences, are usually the slave of some defunct economist.“

Die Gegenposition hat zum Beispiel George Stigler (1982) vertreten: „Economists exert a minor and scarcely detectable influence on the societies in which they live“.

Dennoch ist nicht zu bestreiten, dass es in der Wirtschaftspolitik von Zeit zu Zeit grundlegende Neuerungen gibt und dass manchen dieser wirtschaftspolitischen Reformen entsprechende wirtschaftswissenschaftliche Neuerungen vorausgehen. Über welche Transmissionskanäle wirkt sich der wirtschaftswissenschaftliche Wandel auf die Wirtschaftspolitik aus? Welche haben sich in der deutschen Nachkriegsgeschichte als besonders wichtig erwiesen?

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The Failure of Historical Currency Areas
Can history repeat itself for the Eurozone?

The formation of the European Monetary Union (EMU) was a milestone in economic and political integration in Europe, however it was not a first per se. Several times in the past 300 years the attempt has been made to create a stable currency area among sovereign countries. Four historical examples and the stories of their origins and collapse should cast light on the causes of currency area instability. Here the special reasons for, as well as the date of exit of individual union members should be given particular attention. Of course when taken together these overlap in part with the theses of the theory of optimum currency zones established in 1961 by R. Mundell. This theory and its theses should not, however, be the basis of this examination, as it is rather the situation of the individual members towards the end the disintegration of the currency zones which is to be considered than the situation before the formation of the currency union. In doing so, the specific reasons for the exit of each country can be determined. Any failure of a union begins with the diverging interests of its members. Although in the historical currency areas a distinct order of the exit of the member countries is not always discernible, an effective order can be determined. The establishment thereof is dependent upon the intensity of the efforts of the individual members to exit the union. Finally, it will be examined to what extent possible reasons for the members’ exit – as well as other analogous situations which arose during the course of these unions – are also to be found in the current situation in the EMU.

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Can history repeat itself for the Eurozone?
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Wie gefährlich ist Deflation?

Unter den meisten Fachleuten herrscht Einigkeit: Deflation – verstanden als sinkende Preise bzw. negative Inflationsrate – stellt eine große Gefahr für die Entwicklung des Euro-Raums dar. Die Angst ist so groß, dass selbst eine positive Inflationsrate von 0,7 Prozent als Alarmsignal und Anlass zu geldpolitischen Maßnahmen verstanden wird.

Gleichzeitig wird beklagt, dass die europäischen Schuldenländer, hier ist natürlich vor allem Griechenland zu nennen, einen Ausweg aus der Krise nur durch eine „interne Abwertung“, also durch Lohn- und Preissenkungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Nationen wieder herstellen, erreichen können. Dies entspricht natürlich schlicht und einfach einer Deflation!

Diese Einschätzung der Deflation als größtmöglicher Gefahr steht außerdem im Gegensatz zu den Wahrnehmungen der Konsumenten, die sich regelmäßig freuen, wenn die Preise für Mobiltelefone, Tablets oder Fernsehgeräte fallen. Doch wie kann es sein, dass sich eigentlich alle über sinkende Preise freuen, sie aber zugleich die größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung sein sollen? Im Folgenden wird versucht, die wichtigsten Argumentationen der Konsequenzen einer deflationären Entwicklung zu skizzieren und anhand einiger Statistiken einzuschätzen.

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