Es vergeht kaum ein Monat, in dem sich nicht eine neue Konjunkturprognose in den Medien wiederfindet, da Wirtschaftsforschungsinstitute, die Banken und viele andere Institutionen regelmäßig Prognosen zum zukünftigen Wirtschaftsverlauf herausgeben. Dabei sind Konjunkturprognosen in der Öffentlichkeit eher schlecht angesehen, da aufgrund vergangener Fehlprognosen „Kaffeesatzleserei“ unterstellt wird. Gleichzeitig sind sie wichtige Grundlagen für Planungen der Politik als auch der Wirtschaft. Doch wie werden Konjunkturprognosen eigentlich erstellt?
Grundlage jeder Konjunkturprognose ist Wissen über theoretische und empirisch beobachtbare Zusammenhänge im Wirtschaftsgeschehen, die – zumindest in der Vergangenheit –mit einer gewissen Zuverlässigkeit eingetreten sind. Dabei spielen Konjunkturindikatoren, die einen zeitlichen Vorlauf vor konjunkturellen Ereignissen aufweisen, eine wichtige Rolle. Typischerweise betrachtet man dabei makroökonomische Kennzahlen wie den Auftragseingang in der Industrie oder auch Befragungskennzahlen wie den auf Managerbefragungen basierenden Ifo-Geschäftsklimaindex. Das komplexe Geflecht an Zusammenhängen in der Vergangenheit wird statistisch analysiert und anschließend für die Zukunft fortgeschrieben. Dabei müssen Annahmen über erwartete Entwicklungen (zum Beispiel Staatsausgaben) berücksichtigt werden.
Dieses Vorgehen offenbart auch die Schwierigkeiten, denen Konjunkturprognosen unterliegen: Das statistische Modell kann schlichtweg falsch sein, das heißt Zusammenhänge sind nicht exakt so, wie sie für die Vergangenheit abgebildet wurden. Da wirtschaftliche Zusammenhänge keine Naturgesetze sind, können sich diese ändern, wie sich gerade im Zuge der Finanzmarktkrise gezeigt hat. Außerdem können die Annahmen über Entwicklungen, die in die Prognose einfließen, falsch sein. Zum Beispiel falsch vorhergesagte Staatsausgaben. Am schwerwiegendsten wirken sich aber so genannte exogene Schocks aus, wie sie die Ölkrisen der 1970er Jahre oder auch die aktuelle Schuldenkrise in Euro darstellen – ohne Vorahnung liegen Prognosen in diesen Fällen leicht vollkommen falsch.
Man könnte also zusammenfassen, dass Konjunkturprognosen immer dann besonders schwierig sind, wenn die Zeiten wenig verlässlich sind – also genau dann, wenn man sie besonders dringend bräuchte.
Hinweis:
Diese Kolumne erschien am 2. Februar 2013 im “Schleswig-Holstein Journal“, der Wochenendbeilage der Tageszeitungen im sh:z
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Wie funktionieren Konjunkturprognosen?“