Wir Bankenhasser

Norbert Berthold wirft uns in seinem Ordnungsruf “Die Bankenhasser von der FAZ“ “Heuchelei“ vor und dass wir nur kurz und nicht lang springen können. Das lassen wir nicht auf uns sitzen.

1. Niemand hat behauptet, die Banken “allein“ seien für den “finanziellen Schlammassel“ verantwortlich. Wir auch nicht. Unser Beitrag hebt darauf ab, dass gute Ordnungspolitik nicht nur Staatskritik, sondern auch Bankenkritik sein muss. Ganz im Sinne der Devise von Rajan/Zingales: Saving Capitalism from the Capitalists (2004). Und die schlimmsten Kapitalisten dieser Tage sind nun einmal die Banken. Dass Sahra Wagenknecht dies auch sagt, stört uns nicht. Wo die Dame recht hat, hat sie recht.

2. Bertholds Behauptung, die Banken seien zwar in der Finanzkrise Täter, in der Eurokrise aber Opfer, können wir nicht nachvollziehen. Dazu fehlt uns nicht nur das nötige Mitleid, sondern auch ein gutes Argument. Dass Staaten aus Eigeninteresse kein Eigenkapital der Banken für ihr Geschäft mit Staatsanleihen verlangen, leuchtet uns ein. Dass aber die Banken – angeblich “Experten für das Risiko“ – ihrerseits keine Sicherheiten für diese Geschäfte getroffen haben, ist damit nicht entschuldigt. “Es wäre ihnen nicht verboten gewesen, Staatskredite mit Eigenkapital zu unterlegen“, hat Otmar Issing einmal lakonisch bemerkt. Dem ist nichts hinzuzufügen. Es sei denn unsere Conclusio, wenn sie es nicht freiwillig machen, muss man sie eben zwingen.

3. Die Eurokrise als tiefere Ursache der Bankenkrise zu identifizieren, überzeugt uns ebenfalls nicht. Fakt ist: Die Banken machen ihre Geschäfte, wo sie können. Das sollen sie auch, aber nicht auf unsere Kosten. Sie dürfen jedes Risiko eingehen und ihren “leverage“ vergrößern, solange sie für den Schadensfall gerüstet oder bereit sind unterzugehen. Wenn die amerikanische Politik aus sozialen Erwägungen viele Eigenheimbesitzer wünscht und die Hypothekenkredite künstlich verbilligt, lassen die Banken sich das nicht zweimal sagen und machen bei der Verbriefung der Kredite munter mit. Und wenn der Euro die Verschuldung für die Mitgliedsländer verbilligt, sind sie wieder dabei. Opfer sehen anders aus.

4. “Moral Hazard“ ist das Grundproblem, das Ordnungspolitik bekämpfen muss. Da sind wir uns mit Norbert Berthold einig. Der Anreiz der Banken, durch Wachstumsstrategien aller Art “too big to fail“ und “too interconected to fail“ zu werden, muss als gefährliche Machtstrategie entlarvt werden. Für das Phänomen der Macht sind Marktwirtschaftler (trotz Freiburger Schule und Public Choice) häufig blind, wie Lisa Herzog in ihrem neuen Buch “Freiheit gehört nicht nur den Reichen“ (http://www.chbeck.de/Herzog-Maria-Freiheit-gehoert-Reichen/productview.aspx?product=13061927) zeigt. Die Liberalen meinten, der Markt wirke allein durch das Gesetz des Wettbewerbs als “Entmachtungsstrategie“. Den Banken gelingt es offenbar (gewiss, mit tatkräftiger Unterstützung durch die Staaten), den Wettbewerb zu unterlaufen. Sie setzen ihr Drohpotential ein, den Steuerzahler als ewig währenden Outbailer an ihrer Seite zu ziehen. Wenn der Markt nicht imstande ist, das zu ändern, muss es der Staat tun. Da hat Eugene Fama recht. Der Mann steht nicht im Verdacht, ein Sozialist zu sein.

5. Aber wenn der Staat gar kein Interesse daran hat, die Banken zu regulieren? Dann haben wir ein Problem. Dass es ein teuflisches Bündnis zwischen Banken, Staaten und Bürgern gibt, bestreiten wir nicht. Womöglich hätte ein deutlicher Verweis auf diese Kumpanei unserem Artikel nicht geschadet. Daraus darf unseres Erachtens kein Fatalismus folgen. Das ist ja gerade die Aufgabe von Aufklärung, den Verblendungszusammenhang zu sprengen: Den Wirtschaftsbürgern zu zeigen, dass es wider ihre Interesse ist, dass die Wohltaten des Sozialstaats den teuren Bailout der Banken zur Voraussetzung haben. Aufgeklärte Bürger zwingen ihre Staaten, den Banken härtere Kapitalvorschriften zu machen. Naiv! Mag sein – so naiv wie jede gute Erkenntnis eben. Und übrigens: Selbst wenn wir im besten aller Staaten lebten, der verantwortlich mit seiner Verschuldung umginge, gibt es keinen Grund, den Banken zu trauen. Es bliebe in ihrem Interesse, die Gewinne riskanter Geschäfte in Boni zu verwandeln, wenn sie Fehlspekulationen auf die Bürger überwälzen können. Selbst der beste aller Staaten (von deutschen Ordnungspolitikern als Philosophen-Architekten konstruiert) muss dafür sorgen, dass bei den Banken das Haftungsprinzip durchgesetzt wird.

P.S. Die FAS führt am übernächsten Sonntag (5. Januar) die Debatte mit Beiträgen von Tom Mayer, Martin Hellwig und Lisa Herzog weiter.

Rainer Hank und Winand von Petersdorff
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