“The government’s intervention into the monetary system is invariably inflationary.“ Murray N. Rothbard (1926 – 1995), Egalitarianism as a revolt against nature and other essays, 2000, S. 233.
I.
Im Euroraum sind die Preise der Lebenshaltung heute etwa 14 Prozent höher als Anfang 2007: Der Warenkorb, für den damals 100 Euro zu bezahlen war, kostet nun knapp 114 Euro. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sind die Lebenshaltungskosten folglich nicht gefallen, sie sind vielmehr gestiegen.
Gleichzeitig liegt das reale Einkommen, wenn auch nur leicht, heute unter dem Niveau, das Ende 2007 erzielt wurde. Da die Lebenshaltungskosten aber um 14 Prozent gestiegen sind, können sich die meisten Euro-Bürger heute weniger leisten als noch 2007.
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Auch die Preise für viele Anleihen sind deutlich höher als sie noch vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise waren. Zum Beispiel ist der Preis einer italienischen Staatsanleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren derzeit 19 Prozent höher als noch Anfang 2007.
Die Häuserpreise im Euroraum sind von Anfang 2007 bis heute nur um durchschnittlich 3 Prozent gesunken. Die Hoffnungen derjenigen, die auf immer weiter steigende Häuserpreise gesetzt haben, wurden enttäuscht. Ebenso enttäuscht wurden diejenigen, die gehofft hatten, durch die Krise würde Wohnraum günstiger.
Die Preise, die drastisch gefallen sind, sind die Aktienkurse. Die gesunkenen Aktienkurse reflektieren unmissverständlich die Kapitalfehllenkung und -zerstörung, die der vorgegangene Kreditgeldboom verursacht hat, und die durch die Krise schonungslos zutage befördert wurden.
II.
Dass die Preise seit Jahr und Tag immer weiter steigen, hat einen Grund: Die Geldmenge wächst immer weiter an. Von Anfang 2007 bis heute ist sie um knapp 23 Prozent gestiegen – während die Güterproduktion, wie gesagt, nahezu unverändert geblieben ist!
Vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise wuchs die Geldmenge (bereinigt um die Zunahme der Kassenhaltung) zudem merklich stärker als die Güterproduktion zunahm. Nicht nur die Endverbraucherpreise wurden auf diese Weise inflationiert, sondern vor allem auch die Vermögenspreise.
Nun aber sind Geschäftsbanken im Euroraum immer weniger bereit, fällige Kredite zu verlängern oder neue Kredite zu vergeben. Auch viele Investoren sind weniger kredithungrig. Setzt sich das fort, ist mit einem Schrumpfen der Geldmenge zu rechnen. Ein fortgesetztes Schrumpfen der Geldmenge sollte früher oder später auch die Preise auf breiter Front senken.
Was aber wird passieren, wenn die öffentliche Meinung vorherrscht, sinkende Preise seien schlecht? Antwort: Die Zentralbank beginnt alles zu tun, um die Geldmenge zu erhöhen, damit die Preise nicht sinken beziehungsweise weiter steigen. Und das wird ihr gelingen. Schließlich ist sie Geldproduktionsmonopolist.
Die Zentralbank kann die Geldmenge auf vielfältige Weise erhöhen. Wenn der herkömmliche Weg über die Bankkreditvergabe nicht mehr funktioniert, kann die Zentralbank Wertpapiere kaufen, und zwar von Nichtbanken (Versicherungen, Pensionskassen und privaten Sparern). Den Kaufpreis, den sie mit neu geschaffenem Geld bezahlt, überweist sie direkt auf die Konten der Verkäufer, und die Geldmengen M1 bis M3 steigen.
III
Die Politik der Geldmengenausweitung wird heutzutage mit dem – vermutlich wenig erhellenden – Begriff „Quantitative Easing“ (kurz: QE) belegt. QE wird seit geraumer Zeit in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Japan betrieben. Nun liebäugelt auch die Europäische Zentralbank (EZB) mit solch einem großangelegten Geldmengenausweitungsprogramm.
QE gilt bei vielen Marktkommentatoren, Finanzmarktteilnehmern und Gelehrten als „richtige“ und „überfällige“ Maßnahme im Euroraum. Schließlich hätte es ja auch in den Vereinigten Staaten Erfolg gehabt. Allerdings gibt es auch Erfahrungsberichte, die zur Vorsicht mahnen. Wie etwa aus Zimbabwe.
In Zimbabwe wurde der Zimbabwe Dollar („Zim Dollar“) durch eine Hyperinflation von 2004 bis 2009 zerstört. Dabei hatte die Reserve Bank of Zimbabwe doch nur QE nach dem Vorbild der amerikanischen Federal Reserve (Fed) und der EZB betrieben.[1] Am 31. Juli 2012 erklärte der damalige Governeur der Reserve Bank of Zimbabwe, Dr. Gideon Gono, dazu:
2.14
„[T]he Government of Zimbabwe failed to meet fiscal obligations from budgetary allocations which were severely eroded by rising inflation. As such, the financing of recurrent and capital expenditures presented serious challenges to Government.
2.15
These negative developments threatened to bring the country’s social service delivery system and the economy at large to a complete halt, thereby further impoverishing the Zimbabwean people.
2.16
It is against this background that Government stepped in to save the situation through various interventions by the Reserve Bank of Zimbabwe.
2.16
These interventions which were exactly in the mould of bail out packages and quantitative easing measures currently instituted in the US and the EU, were geared at evoking a positive supply response and arrest further economic decline.“[2]
Doch, so Dr. Gono, geholfen hat das QE dann doch nicht so wie gehofft:
2.20
„Despite numerous intervention measures undertaken by Government through the Reserve Bank of Zimbabwe, economic activity continued to decline progressively with inflation peaking at 231 million percent by July 2008. Other challenges that affected the economy include the following:
- Frequent power outages;
- Cash shortages;
- Acute foreign currency shortages;
- Skills flight;
- Vibrant parallel market for goods and foreign exchange;
- Erratic fuel supplies;
- Endemic speculative and rent seeking behaviour; and
- Rapid rise in production costs.“[3]
Was sich in Zimbabwe zugetragen hat, wird hierzulande natürlich nicht passieren.[4] Schließlich setzen die Zentralbanken das QE ja nur ein, um Banken zu helfen und eine Deflation abzuwenden, nicht aber den Staat zu finanzieren, wie es in Zimbabwe der Fall war. Und die Verantwortlichen in den hiesigen Zentralbanken wissen bestimmt, wann mit QE aufgehört werden muss, damit der Geldwert keinen Schaden nimmt. Oder?
Fußnoten
[1] Gono bezieht sich in diesem Zusammenhang ganz offensichtlich auf die “Longer-term Refinancing Operations“ (LTROs) der EZB, die erstmalig im Dezember 2011 in Höhe von 489 Mrd. Euro durchgeführt wurden, gefolgt von einem weiteren LTRO im Februar 2012 in Höhe von 529,5 Mrd. Euro. Es handelte sich hier um Kreditgewährungen der EZB an die Banken, während es sich bei QE in der Regel um Aufkäufe von Anleihen handelt. Die LTROs führen jedoch zum gleichen Ergebnis: einer Ausweitung der Basisgeldmenge.
[2] Gono, G., Monetary Policy Statement, 2012 Mid-Term, 31 July 2012, S. 9 – 10; eigene Hervorhebung.
[3] Ebenda, S. 11 – 12.
[4] Siehe hierzu auch z. B. Hanke, S. H., Zimbabwe. From Hyperinflation to Growth, Cato Institute, Center For Global Liberty & Prosperity, Development Policy Analysis, No. 6, June 2008.
- Kurz kommentiert
Verbietet den Zentralbanken, Aktien zu kaufen - 12. September 2016 - Auf dem Weg in eine Welt ohne Renditen - 19. Juli 2016
- Frieden braucht Eigentum - 28. Mai 2016
Haha, ja es ist schockierend und verblüffend zugleich. Aber was solls, den Europäern ist nicht mehr zu helfen.
Sie müssen sich auch überlegen, dass das Geldsystem in Europa ein Ableger aus UK und USA ist. Ja, natürlich haben die „Deutschen“ und so weiter viel Geldvermögen etc. Aber das ist natürlich nur eine Verbindlichkeit einer anderen Einheit.
Die ganze Scheisse wird untergehen und die Ukraine ist nur ein Vorgeschmack. Es ist gewollt und alle Verantwortlichen wissen das auch – krank, einfach nur krank. Viel Spass !
Verwirrend diese Einleitung, sowohl von den unterschiedlichen Begrifflichkeiten in Text und Grafik als auch von der Logik. Vielleicht verstehe ich auch nur etwas oder eher so einiges falsch. Bitte aufklären.
Da ist die Rede von gestiegenen Lebenshaltungskosten (das wird wohl die Kurve der Konsumentenpreise in der Grafik sein, 14% seit 2007) und von realem Einkommen (nicht in der Grafik, oder soll das etwa durch das „reale Bruttoinlandsprodukt“ repräsentiert werden?).
Das eine gibt die Inflationsrate wieder, das andere ist – da „real“ – um eben diese Rate korrigiert, oder nicht?
Aus dem Vergleich von beiden, einmal inflationskorrigiert und einmal nicht, wird eine um 14% Kaufkraft gesunkene Kaufkraft behauptet.
Meine spontane Reaktion: wat en Unsinn.
Hoffen wir für die anderen Leser, dass ich irre.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe
Hallo Uwe,
nein, Irren tun Sie bestimmt nicht. Schauen Sie, die Lebenshaltungskosten sind natürlich ein Bestandteil von Preisberechnungen. Es ist jetzt die Frage, was in diese Berechnung einfliesst – das sind dann die Komponenten die von den Regierungen als „lebenswichtig“ erachtet werden, oder zumindest um einen größtmöglichen Bereich von den Lebensteilen preislich abzubilden, denen die allermeisten Menschen ausgesetzt sind. Sind nun diese Preiskomponenten höher als jene, die den Menschen als Einkommen zur Verfügung stehen ( hier also die Produktionsmengen oder auch das Faktoreinkommen ), dann haben wir kein gleichgewichtigen Markt mehr. Das meint der Autor auch mit Fehlallokationen durch die Variabilität in monetären Bilanzen ( was ist das für eine Ausdrucksweise … ) durch die Zentralbanken. Das erfolgt willlkürlich weil politisch bedingt. Wenn also die monetäre Seite von der realen Seite über einen längeren Zeitraum hinweg sich von diesem Gleichgewicht entfernt, kann es ( und kommt es meist ) zu irreparablen Schäden in der Volkswirtschaft, die sich dann durch Krisen in den verschiedensten Ausprägungen sichtbar machen. Beispiele dafür sind im Punkt 2.20 angeführt und müssen sich nicht nur in einer Hyperinflation zeigen – die können auch schon früher eintreten. WAS die Makroökonomie nun versucht ( und das trifft in diesem speziellen Fall für die Eurozone zu ), ist, dass sie kein Clearing der Ungleichgewichte im eigentlich Sinne ( Liquidationen, Umstrukturierungen oder strukturelle Reformen ) betreibt sondern alles über das Instrument Inflation versucht aus dem Weg zu schaffen. Aber das verändert natürlich rein gar nichts an den Problemen – im Gegenteil, sie werden immer größer. Die Ungleichgewichte verschwinden sozusagen nur unter dem Mantel der „relativen“ Preise.
Um die Probleme die sich aus dieser Art von Geldpolitik ergeben näher beleuchten zu können und auch zu verstehen ist ein Totalmodell der jeweiligen Ökonomie erforderlich. Nur dieses zeigt die, mit zeitlicher Verzögerung einsetzenden, Wirkungsmechanismen und Fehlallokationen der jeweiligen Marktteilnehmer ( und ihren Veränderungen im Preisniveau durch eigene Produktivität und Verfahrenstechnik ) auf. Vergessen wir nie: eine solche Politik versteht sich nicht mehr als Primat der Lösung von individuellen Fragen sondern gesamtwirtschaftlicher – und diese wiederum können nicht in die Entscheidungsfindung der Mikroökonomie eintauchen, weil sie nicht deren Entscheider sind, sondern nur nach „Plan“ steuern. Wir haben also in dieser Situation ein mismatch zwischen aufbauenden ( hier mikroökonomischen ) und verwaltenden / stabilisierenden ( hier makroökoomischen ) Verfahrensweisen. Beide können, wie die Geschichte uns zeigt, nur schwer mit einander auskommen und versuchen sich zuweilen, teils gewollt teils durch Idiotie, zu behindern.
Das Buch von Herrn Hanke ist gut. Lesen Sie es wenn Sie Zeit haben einmal ( oder auch ein zweites und drittes Mal 🙂 ).
Sorry, Buch ist natürlich falsch. Aber totzdem lesenswert.