Das Europäische Parlament hat gerade über eine strengere Tabakrichtlinie abgestimmt, die unter anderem vorsieht, dass 65% der Vorder- und Rückseite von Zigarettenschachteln mit Warnbildern und -hinweisen bedruckt werden. Mentholzigaretten sollen ebenfalls in Zukunft nicht mehr verkauft werden dürfen. Auch wird in regelmäßigen Abständen über ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen diskutiert und dies, während gleichzeitig die US-Bürger des Bundesstaates Colorado seit diesem Jahr ganz legal Cannabis konsumieren und 1 Unze davon besitzen dürfen.
Während anderorts Verbote fallen, verabschiedet sich die EU weiter von der Idee des mündigen Bürgers. Grundlegend für das Verbot sind die hohen Todesfallzahlen und Gesundheitskosten, die der Tabakkonsum jährlich mit sich bringt: 700.000 Raucher sterben weltweit jährlichen an den Folgen des Rauchens, ihre Lebenserwartung liegt durchschnittlich 14 Jahre unter der eines Nichtrauchers (Europäische Kommission, 2014). Die Gesundheitssysteme werden zudem angeblich durch die Raucher mit etwa insgesamt 33,6 Milliarden Euro belastet, schließt man direkte und indirekte Kosten ein (Adams und Effertz, 2009). Auch zielt die Maßnahme darauf ab Jugendliche besser vor dem Rauchbeginn zu bewahren. Mentholzigaretten, die als leichter Einstieg zum Glimmstängel gelten, sollen deshalb ganz verboten werden. Schockbilder, so die Theorie, könnten hier den entscheidenden Unterschied machen.
Einen ähnlichen Hintergrund hat die Idee des immer wieder diskutierten Alkoholverbots auf öffentlichen Plätzen. Laut WHO weist die Europäische Region den höchsten Alkoholkonsum pro Kopf weltweit auf. Dabei entstehen jährlich (2003) (direkte und indirekte) Kosten in Höhe von 125 Milliarden Euro (WHO, 2011). Um dem Komatrinken in deutschen Städten Einhalt zu bieten, durch die auch „Dritte erheblich belästigt würden“, wurde 2012 in der Freiburger Innenstadt ein Alkoholverbot zwischen Freitag und Samstag von 22 Uhr abends bis jeweils 6 Uhr morgens des Folgetages eingeführt. Dabei galt das Alkoholverbot nicht für den Ausschank in Kneipen selbst. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim erklärte das Alkoholverbot nach einem Jahr als rechtswidrig (Menke, 2009).
Aus liberaler Sicht kann man die Entscheidung des VGHs nur unterstützen, die Entscheidung des Europäischen Parlaments aber gleichzeitig nur hinterfragen, da mit dieser Entscheidung sowohl die unternehmerischen Freiheiten eingeschränkt werden, als auch dem Bürger jegliche Mündigkeit abgesprochen wird. Wem die Zigarette an sich ein „Dorn“ im Auge ist, der sollte für ein striktes Rauchverbot kämpfen – mit allen Konsequenzen.
Bezüglich der Ordnungskonformität des Europäischen Anti-Raucherbeschlusses lässt sich feststellen, dass die Tabakkonzerne durch die Entscheidung des Europäischen Parlaments stark eingeschränkt werden. Tabakverpackungen werden sich zukünftig kaum mehr voneinander unterscheiden können. Während eine solche Einschränkung immerhin weder Preis noch Produkt an sich betrifft, kann das bereits angesprochene Verbot, das sich auf die Herstellung und den Verkauf von Mentholzigaretten bezieht, als nicht ordnungskonform angesehen werden.
Ein Verbot von Alkohol auf öffentlichen Plätzen entspricht ebenfalls einer – wenn auch nur geringfügigen – Freiheitseinschränkung. Diese aber, so auch der VGH in der Urteilsverkündung zum Freiburger Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen, ist nur durchsetzbar, wenn typischerweise jeder der Alkohol trinkt, dadurch gewaltbereit wird, was allerdings nicht der Fall ist.
Bezüglich der Zielkonformität der Maßnahme Zigarettenverpackungen mit Schockbildern zu versehen, ist diese nach wie vor strittig. Zwar ist in Kanada und Brasilien, wo bereits Schockbilder auf Tabakwaren gedruckt werden, der Tabakkonsum rückgängig, dabei ist jedoch teils die Kausalität der Ergebnisse nicht geklärt. Eine Studie von Levy et al. (2013) kommt beispielsweise auf andere Ergebnisse und bescheinigt Schockbildern prozentual die geringste Reduktion in der Anzahl an Rauchern im Vergleich zu anderen Maßnahmen, wie Angeboten von Programmen zur Nikotinentwöhung.[1] Bezüglich des von der EU angesprochenen Jugendschutzes, der durch die Maßnahmen gestützt werden soll, sollte einerseits davon ausgegangen werden können, dass Eltern für den entsprechenden Schutz ihrer Kinder Sorge tragen. Andererseits kann hier (neben dem eigentlich zu erwartenden Schutz der Eltern) auf bereits existierende Maßnahmen zurückgegriffen werden. So dürfen sowohl Tabakwaren als auch Alkohol nicht an Jugendliche verkauft werden. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass sich Rauchen unter Kindern und Jugendlichen einer immer geringeren Beliebtheit erfreut: 2012 rauchten so wenige Zwölf- bis 17-Jährige wie noch nie. Ebenfalls in der nächst höheren Altersgruppe bis 25 ergibt sich ein ähnlicher Trend. Auffällig ist, dass vor allem Haupt- und Realschüler eher zur Zigarette greifen als Altersgenossen, die das Gymnasium besuchen (o.V., 2013). Insofern wären verstärkte Nichtraucherkampagnen und Aufklärungsangebote in diesem Bereich wesentlich zielorientierter, da dadurch die entsprechenden Gruppen, die vom Rauchen abgehalten werden sollen, wesentlich direkter angesprochen werden können.
Zielkonformität bezüglich der Absicht Gewalttaten durch ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen einzuschränken, erscheint ebenfalls nicht gegeben, da Alkohol weiterhin ausgeschenkt werden darf (so auch in Freiburg), es also entsprechend auch weiterhin zu unter alkholmissbrauchssinduzierten Straftaten kommen kann und der Alkoholkonsum nur zurück in die Kneipen und Restaurants verlagert wird.
Betrachtet man die weiteren Ziele der Verordnungen der EU bzw. des Verbotes von Alkohol auf öffentlichen Plätzen, die in der Reduktion der Gesundheitskosten liegen, die von der Allgemeinheit scheinbar mitgetragen werden müssen, lassen sich zwei Gegenargumente anbringen. Raucher, die den Konsum von Zigaretten eventuell aufgrund von Schockbildern einstellen, oder Jugendliche, die auf Alkohol-/ Zigarettenkonsum verzichten, sind durchaus nicht vor Erkrankungen, die mit dem Rauchen bzw. Trinken in Verbindung gebracht werden, geschützt. Außerdem konnte mittlerweile gezeigt werden (u.a. van Baal et al (2008) oder Barendregt et al (1997)), dass Raucher das Gesundheitssystem weniger belasten als schlanke Nichtraucher mit einer durchschnittlich höheren Lebenswartung. So verursachen Raucher im Alter von 20 Jahren bis zu ihrem Tod durchschnittlich rund 220.000 Euro Behandlungskosten, gesunde, schlanke Individuen hingegen 281.000 Euro.
Fraglich ist zudem, wohin die getroffene Entscheidung des Europäischen Parlaments zukünftig führen wird. So müssten, analog zu Schockbildern in Form von Raucherlungen etc., auf Alkohol oder Fastfood zukünftig ebenfalls entsprechende Bilder zu sehen sein. Aus ordnungsökonomischer Sicht kann die Entscheidung des Europäischen Parlaments damit nur abgelehnt werden.
Literatur:
Adams, M. und Effertz, T. (2009): Die Kosten des Rauchens für Gesundheitswesen und Volkswirtschaft in Deutschland. Dkfz. Aus der Wissenschaft- für die Politik.
Barendregt, J. J., Bonneu, L. und van der Maas, P. J. (1997): The health care costs of smoking. The New Journal of Medicine 337, 1052-1057.
Europäische Kommission (2014): Statement by Commissioner Borg following the vote in Parliament on the revision of the Tobacco Products Directive. Online abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-14-30_en.htm (23.04.2014).
Levy, D.T., Ellis, J.A., Mays, D. und Huang, A. (2013): Smoking-related deaths averted due to three years of policy progress. Bullet of World Health Organization 91, 509-518.
Menke, B. (2009): Freiburg: Wie ein Doktorand das Alkoholverbot kippte. Online abrufbar unter: http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/freiburg-wie-ein-doktorand-das-alkoholverbot-kippte-a-638879.html (23.04.2014).
o.V. (2013): Studie: Weniger Jugendliche rauchen als jemals zuvor. Online abrufbar unter: http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/zigaretten-weniger-jugendliche-rauchen-als-jemals-zuvor-a-907576.html (23.04.2014).
Van Baal, P.H.M., Polder, J.J., de Wit, G.A., Hoogenveen, R.T., Feenstra, T. L., Boshuizen, H.C., Engelfriet, P.M. und Brouwer, W.B.F. (2008): Lifetime Medial Costs of Obesity: Prevention No Cure for Increasing Health Expenditure. PLoS Med 5(2): e29.
WHO (Regionalbüro für Europa) (2011): Europäische Region der WHO hat höchsten Alkoholkonsum weltweit. Online abrufbar unter: http://www.euro.who.int/de/media-centre/sections/latest-press-releases/european-region-has-heaviest-drinking-in-the-world (23.04.2014).
[1] Eine weitere Preiserhöhung durch höhere Steuern hingegen hätte die größten Auswirkungen bezüglich einer Reduktion von Rauchern.
- Wählerstimmenkauf in Sportvereinen ermöglichen? - 16. November 2024
- Der unendliche Raumbedarf in Universitäten - 4. September 2024
- Brauchen wir eine Negotiation List an den Universitäten? - 5. Juli 2024
Schockbilder auf Zigarettenschachteln, Helm- und Anschnallpflichten usw. usf. sind aus Sicht des (EU-)Politikers absolut folgerichtig. Ein kleiner Arbeitnehmer, der weniger als den Durchschnittslohn verdient, zahlt bereits seit Jahren ca. 70 % seines Eigentums an den Staat, wenn man alle Zwangsabgaben zusammenrechnet. Wobei „zahlen“ der falsche Ausdruck ist. 70 % werden ihm geraubt, denn weder wird er gefragt noch um seine Zustimmung gebeten. Notfalls holt sich der Staat die Abgaben mit Gewalt. Der Bürger gehört dem Staat also zu mindestens 70 %. Da ist es logisch, dass der Staat über sein „Eigentum“ auch auf anderen Gebieten bestimmen muss, schließlich muss die Einkommensquelle ja gepflegt und geschützt werden.
Ein Blick in die Zeit der Sklavenhaltung verdeutlicht dies. So war der Sklave Eigentum seines Herren/Besitzers. Er konnte mit ihm tun und lassen, was er wollte. Nun war es aber keineswegs so, dass alle Sklavenhalter ihre Sklaven misshandelten und vielleicht sogar wahllos töteten oder verletzten. Das taten die allerwenigsten Sklavenhalter. Denn die Sklaven waren ihr Eigentum und hatten je nach Sklave einen durchaus hohen Wert für den Sklavenhalter. Der Besitzer des Sklaven war also daran interessiert, seion Eigentum pfleglich zu behandeln und seine Arbeitskraft bestmöglich zu erhalten. Und das taten die meisten auch.
Natürlich mussten die Sklaven auf den Baumwollplantagen – um beim Beispiel der USA zu bleiben – schwer arbeiten und waren unfrei. Aber die meisten Sklavenhalter kümmerten sich um ihr Eigentum, ernährten die Sklaven ausreichend und sorgten für medizinische Versorgung. Denn ein kranker Sklave war wertlos für den Besitzer, ein toter Sklave war Verlust wertvollen Besitzes.
Wenn der Staat heute 70 % meines Eigentums raubt, was bin ich dann eigentlich anderes als ein Sklave? Sklaverei definiert sich ja nun keineswegs allein durch die Kette um den Hals oder das Fußgelenk. Das sind allenfalls die äußerlich sichtbaren Zeichen für Sklaverei oder Unfreiheit.
Folglich hat der deutsche Staat und die EU ein veritables Interesse daran, die Gesundheit seiner Sklaven bestmöglich zu erhalten, denn ei frühzeitiger Tod oder schwere Erkrankung lässt die Geldquelle versiegen, die die Politiker so sehr brauchen.
Das Traurige daran ist nur, dass der Sklave durchaus dazu neigt, sich mit seinem Herren zu arrangieren und ein auskömmliches, wenn auch unfreies Leben zu führen. Schon die alten Israeliten murrten gegen Mose auf, als sie, von der Sklaverei des Pharaos befreit, plötzlich frei und Brot und Spiele ebenso plötzlich nicht mehr vorhanden waren. So beschwerten sie sich bei Mose, dass sie wieder nach Ägypten zurück wollten, weil sie dort doch wenigstens genügend zu Essen gehabt hatten. Der Sklavenhalter sorgt sich halt um sein Eigentum. Damals wie heute.
Anders ist ist wohl kaum zu erklären, dass Millionen von Menschen bei einer jeden Wahl sich immer wieder voller Freude dieselben Sklavenhalter wählen. Man kennt das auch als Stockholm-Syndrom. Der Sklave/Gefangene arrangiert sich mit seinem Peiniger, damit er einigermaßen zurechtkommt. Sein Freiheitswille schwindet allmählich zugunsten eines Überlebenswillens. Dies bedarf aber eines Anpassens an den Peiniger. Diese Situation lange genug aufrecht erhalten, empfindet es das Opfer als zutiefst verstörend, wieder von seinem Peiniger getrennt zu werden.
Das ist auch der Grund, warum auf demokratischen Weg keine Änderungen zu erwarten sind. Die allermeisten Menschen sind dermaßen abhängig gemacht worden vom Staat, dass ihnen jedweder Gedanke auf Freiheit gerade zu als existenzielle Bedrohung erscheinen muss.
Ziel erreicht,ich bin total geschockt beim Einkaufen. Es sind Leichen zu sehen,Särge- wie furchtbar ist das denn? Solche Bilder in der Größe müssen nicht sein. Mehr kann ich dazu fast gar nicht sagen. Diverse Nahrungsmittel mit E-Zusätzen, selbst Zucker kann Gesundheitsgefährdender sein-von Alkohol möchte ich gar nicht schreiben, wie schlimm. Politik eben.