Der Markt für Tauch-Zertifikate

Auf dem Markt für Tauchzertifikate dominieren insbesondere zwei Anbieter, so daß Nachteile für die Konsumenten zu befürchten wären. Aufgrund der Marktbesonderheiten gibt es aus ordnungsökonomischer Sicht keine Notwendigkeit für eine staatliche Intervention.

Tauchen hat sich von einer Randsportart zu einer mittlerweile stark nachgefragten Freizeitbetätigung entwickelt (Dimmock & Cummins 2013; Tunestad 2023). Fand das Tauchen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts aufgrund der begrenzten technischen Möglichkeiten und der daraus resultierenden Kosten vor allem im kommerziellen (Schwamm- und Perlentauchen) und militärischen Bereich Anwendung, änderte sich dies durch die Erfindung des Atemreglers (Georges Commeinhes, Émile Gagnan, Jacques Cousteau 1942/43) sowie durch die Verbesserung der Druckluftfaschen und der Tauchanzüge. In den 1950er Jahren führten erste Reiseanbieter Tauchsafaris durch. Eine Verbesserung des Equipments (Tauchcomputer etc.) sowie eine entsprechende mediale Verwertung (Spielfilme wie Abyss, Im Rausch der Tiefe etc.) führten dazu, daß sich Tauchen seit den 1980er Jahren zu einem Massenphänomen entwickelte. Seit den 2010er Jahren hat sich allerdings das Wachstum deutlich verlangsamt.

Nun ist es so, daß das Tauchen nicht gänzlich ungefährlich ist. So können gesundheitliche Probleme in Form der Dekompressionskrankheit (der Taucher taucht zu schnell auf), der Lungenüberdehnung (der Taucher hält den Atem beim Auftauchen), der Stickstoffnarkose (der Taucher begibt sich in eine zu große Tiefe), der Sauerstoffvergiftung (zu hoher Sauerstoffdruck bei tieferen Tauchgängen mit angereichertem Gasgemisch, Nitrox) und des mangelnden Druckausgleichs (Barotrauma im Ohr) auftreten (Lambert et al. 2024). Ebenso sind psychische Probleme wie etwa Panik oder Klaustrophobie denkbar (Kovacs 2023). Unzureichendes Equipment oder eine mangelhafte Bedienung desselben kann ebenfalls zu erheblichen Gefährdungen der Gesundheit führen. Schließlich können Gefahren durch Meereslebewesen (z. B. Feuerkorallen, Quallen, Muränen, Haie, Steinfische, Kegelschnecken) entstehen. Schließlich resultieren aus Strömungen und Wellen erhebliche Risiken. Alles in allem dürfte das Tauchen als gefährlicher als das Spazierengehen einzustufen sein.

Vor diesem Hintergrund verlangen Tauchbasen, die ein umfangreiches Angebot rund um Tauchgänge anbieten (Tauchausbildung, Verleih und Verkauf von Tauchausrüstung etc.), den Nachweis von entsprechenden Kompetenzen. Diese können vom Taucher in Form eines Zertifikats nachgewiesen werden. Neben dem Open Water Diver (Nachweis zur Befähigung des Tauchens mit einem Tauchpartner bis zu einer Tiefe von 18 Metern) sind dies der Advanced Open Water Diver (bis zu einer Tiefe von 30 Metern) und verschiedene Spezialnachweise etwa für Tieftauchen, Wracktauchen, Nitrox-Tauchen (Enriched Air Diver) und Rettungstauchen (Rescue Diver). Im kommerziellen Bereich werden zudem der Divemaster (Befähigung zur Leitung von Tauchgängen) und der Tauchlehrer (Instructor; Befähigung zur Unterrichtung von Tauchkursen) angeboten.

Für diese Tauchzertifikate zeichnet eine begrenzte Anzahl an großen, international anerkannten Tauchorganisationen verantwortlich. Dies ist zum einen die PADI (Professional Association of Diving Instructors) als größte weltweite Tauchorganisation, die in mehr als 200 Ländern tätig ist und im Zeitraum zwischen ihrer Gründung 1967 und 2017 mehr als 25 Mio. Zertifikate ausgestellt hat (PADI 2017). Jährlich stellt die Organisation etwa 1 Mio. Zertifikate aus (PADI 2019). Als Konkurrent der PADI tritt die SSI (Scuba Schools International) auf. Die SSI scheint im Hinblick auf die Anzahl der ausgestellten Zertifikate etwas kleiner als die PADI zu sein, aber deutlich mehrere Hunderttausende Zertifikate im Jahr auszustellen. Daneben treten als Anbieter von Tauchzertifikaten noch die CMAS (Confédération Mondiale des Activités Subaquatiques), die NAUI (National Association of Underwater Instructors), SDI/TDI (Scuba Diving International / Technical Diving International), die BSAC (British Sub-Aqua Club) und die IANTD (International Association of Nitrox and Technical Divers) auf, die aber nicht die Bedeutung der PADI und der SSI erlangen.

Um an das erforderliche Zertifikat zu kommen, muß sich der Interessent an ein zertifiziertes Tauchcenter oder einen zertifizierten selbständigen Tauchlehrer wenden. Dies setzt im Falle von PADI folgendes voraus: Das Center muß bei PADI offiziell registriert sein und als PADI-Dive Center oder PADI-Resort gelistet werden. Damit dies erfolgen kann, müssen nicht nur definierte Sicherheits- und Qualitätsstandards eingehalten und eine Ausrüstung vorgehalten werden, die den PADI-Anforderungen entsprechen, sondern es müssen von PADI zertifizierte Tauchlehrer (Instructors) beschäftigt sein. Diese müssen bei PADI registriert und versichert sein. Zudem macht PADI Vorgaben im Hinblick auf die Durchführung der Kurse etwa in Bezug auf die Sicherheit, Kursstruktur und die maximale Gruppengröße und verlangt, daß die offiziellen PADI-Lehrmaterialien (z. B. Handbücher, Videos, Online-Plattformen) verwendet werden. Um sicherzustellen, daß diese Standards eingehalten werden, führt PADI regelmäßige Inspektionen durch. Zudem können über PADI entsprechende Versicherungen abgeschlossen werden.

Für die Tauchcenter entstehen damit Kosten in Höhe der einmaligen Registrierungsgebühr (500 bis 1000 Euro), eine jährliche Mitgliedschaftsgebühr von 500 bis 1500 Euro, Gebühren für die PADI-Lehrmaterialien in Abhängigkeit von der Kursart (300 bis 1500 Euro) sowie Gebühren für jeden Tauchschüler in Höhe von 100 bis 200 Euro. Weiterhin entstehen Kosten für jeden Tauchlehrer, da dieser eine PADI-Instructor-Ausbildung durchlaufen muß, in Höhe von 2.000 bis 3.000 Euro. SSI hat eine ähnliche Gebührenstruktur, arbeitet aber stärker mit digitalen Lehrmaterialien (MySSI). Die Kosten eines Tauchcenters fallen bei SSI deutlich geringer als bei PADI aus.

Im Wettbewerb zwischen den Tauchzertifizierungsagenturen spielt insbesondere das Thema Sicherheit eine dominierende Rolle, wenngleich dessen Bedeutung von den Tauchern und auch von den Tauchcentern unterschätzt wird (Lucrezi et al. 2018). Die zunehmende Anzahl an Tauchern und der erleichterte Zugang zu Tauchrevieren führt zu Überfüllungsexternalitäten, die die Qualität des Taucherlebnisses reduzieren (Lucrezi et al. 2017; Cavallini et al. 2023). Die Freizeittaucher fragen daher verstärkt umweltfreundliche Taucherlebnisse nach (Roche et al. 2016). Auf diesen Sachverhalt haben die Anbieter der Scuba-Diving-Zertifikate reagiert, indem sie dem Aspekt der Nachhaltigkeit bei ihren Ausbildungsprogrammen verstärkt Aufmerksamkeit widmen.

Insgesamt zeigt sich jedoch, daß der Markt für Scuba-Diving-Zertifikate von einer geringen Anzahl von internationalen Organisationen wie PADI und SSI dominiert wird, die mehr oder minder als Marktführer agieren und die Standards für Tauchausbildung und Zertifizierung weltweit setzen. So werden von den meisten Tauchbasen weltweit insbesondere deren Zertifikate anerkannt. Dadurch können die Inhaber von Zertifikaten anderer Anbieter teilweise Probleme dergestalt bekommen, daß sie vor Ort einen zusätzlichen Nachweis erbringen müssen. Die Dominanz der großen Anbieter von Scuba-Diving-Zertifikaten resultiert in einer gewissen Intransparenz für die Nachfrager und damit verbunden mit erhöhten Preisen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich aus ordnungsökonomischer Sicht die Frage, ob hier regulierend eingegriffen werden sollte. In diesem Zusammenhang ist folgendes zu berücksichtigen:

Der Markt zeichnet sich dadurch aus, daß der Konsument nur mittelbar über die Tauchcenter oder selbständige Tauchlehrer mit den Anbietern der Zertifikate in Kontakt kommt. Scuba Diving stellt eine Freizeitbeschäftigung dar, für die es zahlreiche Substitutionsprodukte gibt. Von daher dürfte die Preiselastizität der Nachfrage relativ hoch sein und die Möglichkeit der Tauchcenter, Preissetzungsspielräume zu nutzen, nicht allzu groß ausfallen. Aufgrund ihrer Marktmacht und zumindest ansatzweise vorhandener Sunk costs kann es den Zertifikate-Anbietern gelingen, zumindest vorübergehend nicht-kompetitive Einkommensvorteile zu erzielen.

Allerdings ist der Markt sehr ausdifferenziert und die Nachfrager unterscheiden sich sehr stark hinsichtlich ihrer Bedürfnisse (Albayrak 2019; Zhang et al. 2022), was wiederum neuen Anbietern von Zertifikaten, die sich auf diese Zielgruppen differenziert einstellen können, den Zugang erleichtert. Weiterhin dürfte auf Ebene der Tauchcenter nur eine geringe Bereitschaft vorhanden sein, potentielle Kunden mit „falschen“ Zertifikaten abzulehnen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es regional eine starke Konkurrenz zwischen den Tauchbasen gibt, was regelmäßig in attraktiven und stark frequentierten Destinationen zu erwarten sein dürfte. Schließlich kann die Tauchszene als gut vernetzt gelten – was nicht nur an der Vielzahl an einschlägigen Fachzeitschriften und Blogs deutlich wird –, so daß Qualitätsmängel vergleichsweise schnell zu Sanktionen durch die Nachfrager führen dürften. Alles in allem besteht somit für die Tauchcenter ein erheblicher Spielraum, auf überzogene Preisforderungen der Zertifikate-Anbieter zu reagieren. Daher gibt es aus ordnungsökonomischer Sicht keinen Ansatzpunkt für eine staatliche Intervention, obgleich auf dem Markt der Scuba Diving-Zertifikaten insbesondere zwei Anbieter dominieren.

Quellen

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Cavallini, I., Marzo, D., Scaccia, L., Scipioni, S., & Niccolini, F. (2023). Scuba diving tourism and the challenge of sustainability: evidence from an explorative study in north african-mediterranean countries. Euromed Journal of Business. https://doi.org/10.1108/emjb-04-2022-0085

Dimmock, K., & Cummins, T. (2013). History of scuba diving tourism. In Scuba diving tourism (pp. 14-28). Routledge.

Kovacs, C. (2023). Scuba diving and the stress response: considerations and recommendations for professional and recreational divers. International Maritime Health, 74(3), 186-191. https://doi.org/10.5603/imh.91707

Lambert, D., Binkley, M., & Gaskill, Z. (2024). Underwater and scuba diving accidents. Emergency Medicine Clinics, 42(3), 551-563.

Lucrezi, S., Egi, S., Pieri, M., Burman, F., Ozyigit, T., Cialoni, D., … & Saayman, M. (2018). Safety priorities and underestimations in recreational scuba diving operations: a european study supporting the implementation of new risk management programmes. Frontiers in Psychology, 9. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2018.00383

Lucrezi, S., Milanese, M., Markantonatou, V., Cerrano, C., Sarà, A., Palma, M., … & Saayman, M. (2017). Scuba diving tourism systems and sustainability: perceptions by the scuba diving industry in two marine protected areas. Tourism Management, 59, 385-403. https://doi.org/10.1016/j.tourman.2016.09.004

PADI (2017), Worldwide Corporate Statistics 2017. Data for 2011-2016, Zugriff am 19.12.2024 unter: https://www.padi.com/sites/default/files/documents/2017%20PADI%20WW%20Statistics.pdf.

PADI (2019), Record Number of PADI Divers Across the Globe, Zugriff am 19.12.2024 unter: https://blog.padi.com/record-number-of-padi-divers-across-the-globe/

Roche, R., Harvey, C., Harvey, J., Kavanagh, A., McDonald, M., Stein-Rostaing, V., … & Turner, J. (2016). Recreational diving impacts on coral reefs and the adoption of environmentally responsible practices within the scuba diving industry. Environmental Management, 58(1), 107-116. https://doi.org/10.1007/s00267-016-0696-0

Tunestad, H. (2023). Serious leisure imaginaries: The construction of tourists, locals and localities in scuba diving tourism. Tourist Studies23(3), 247-265. https://doi.org/10.1177/14687976231193110

Zhang, K., Anson, T., Lam, T., Fang, W., & Cheung, L. (2022). The influence of sociodemographic characteristics and the experience of recreational divers on the preference for diving sites. Sustainability, 15(1), 447. https://doi.org/10.3390/su15010447

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