Es war einmal ein König, der hieß Ludwig E. Der war politisch mutig und ökonomisch weise. In dessen Land gab es viele Straßen. Und diese Straßen hatten viele, viele Kurven. Und in diesem Land fuhren viele Leute mit ihren Autos herum. Und diese Autos waren recht mobil und wurden immer mobiler, denn sie hatten ausgezeichnete Lenkungen. Und immer mehr Autos bekamen sogar Servolenkungen. Die Autos nahmen alle Kurven, Ecken und Abzweige elegant und reibungslos. Die einen schneller, die anderen langsamer. Das spornte die Fahrer der Letzteren an, es denen der Ersteren gleichzutun. So strengte jeder sich an, und keiner jammerte über die vielen Biegungen. Der Wohlstand im Lande vermehrte sich sichtbar.
Nach dem Tod von König Ludwig E. hatte dieser manche Nachfolger. Willy B., Helmut I., Helmut II., Gerhard S. und auch Angela M. hießen einige. Königin Angela pries bei ihrer Thronbesteigung zunächst die Freiheit der Bürger, die sie unter ihrer Regentschaft mehren wollte. Und sie versprach noch flexiblere Servolenkungen in den Autos. Da freuten sich die Bürger sehr. So kam es aber auch, dass manche Untertanen Eingaben bei ihr machten: Liebe Königin, es ist sozial ungerecht, wenn einige schneller in den Kurven fahren können und dürfen als andere. Das leuchtete der Königin Angela, die den mutigen und weisen König Ludwig E. gar nicht mehr kannte, ein.
Unter ihrer Herrschaft geschah es dann auch mehr und mehr, daß in den Autos die Lenkungen durch königliche Order verklemmt wurden. Die Königin verkündete, dadurch würden die Freiheit der Bürger und die soziale Gerechtigkeit gefördert. Aber die Servos klappten nicht mehr. Das Lenken wurde immer mühsamer. Deshalb befahlen die Königin und ihr inzwischen immer größer gewordener Hofstaat, dass kein Auto ohne Beifahrer gelenkt werden dürfe. Das kostete natürlich viel Geld. Die Königin holte es sich von den Bürgern im Namen der sozialen Gerechtigkeit. Aber selbst wo die Beifahrer sich mit ans Werk machten mitzubestimmen, also mit am Lenkrade zu drehen, half das nichts. Die Karren waren immer schwerer in die Kurven zu kriegen. Die einen noch schwerer als die anderen. Da klagten die Bürger, das sei ja sozial noch ungerechter.
Königin Angela und ihr königliches Küchenkabinett sahen die Misere. Da die Königin es sich mit ihren Hofnarren nicht verderben wollte, tat sie, was man in derlei Fällen tut. Sie bestellte hochbezahlte königliche Gutachter in hochwichtige Kommissionen. Die besahen sich die Sache und kamen zu dem lichtvollen Ergebnis: Liebe Königin, was du da hast, sind ja wirklich arge Strukturprobleme. Und das Schlimme ist: Die sind nicht sozial gerecht auf alle verteilt. Katastrophal ist, wie krumm die Straßen im Lande sind! Wieviele schreckliche Kurven es gibt! Die können die Autos ja wirklich nicht mehr bewältigen. Du mußt gezielte und sozial gerechte Strukturhilfen geben! Und du mußt die Straßen begradigen, damit sie für alle gleich gerade sind.
Und so setzte die Königin ihre besten Beamten daran, erst einmal ein Verzeichnis der dringendsten sozialen Strukturprobleme anzufertigen. Daraufhin wurde ein integraler Plan gezielter Strukturhilfen und Straßenbegradigungen aufgestellt. In wohlorganisiertem Katastropheneinsatz dirigierte sie Männer und Gerät hin zu den Stellen mit den jeweils größten und ungerechtesten Strukturproblemen.
An den einen Stellen hoben sie mit schweren Subventionsgeräten im Sumpfe steckende Wagen zurück auf die Straße. An anderen Stellen gaben sie helfende Steuer-Schubs an Wagen, die gerade von der Straße abzukommen drohten. Und da die Königin ihren Ruhm mehren wollte, konzentrierte sie sich dabei vor allem auf die vielen, vielen Kleinwagen. Die wenigen größeren empfand die Königin wegen der sozialen Gerechtigkeit als für sie nicht so ruhmreich. Und wenn einzelne Wagen trotz all dieser Vorkehrungen immer wieder von der Straße abkamen, schickte man zu diesen Wagen kurzerhand gerechtigkeitsgeschulte muskelstarke Männer von der staatlichen Direktlenkungs-Abteilung. Die hatten königliche Order, sich vornehmlich den Fahrern in den Linkskurven helfend zu widmen. Die Privatfahrer wurden im Übrigen immer mehr vom Fahrersitz verdrängt und durch Staatsfahrer ersetzt. Und immer mehr Leute sagten dann: Warum soll ich denn überhaupt mühsam selbst fahren lernen, wenn ich doch bequem auf Staatskosten gefahren werden kann?
Aber trotz steigender Bequemlichkeiten wurde es nicht gut im Lande. Im Gegenteil: Die vielen Staatskostenfahrer verlangten nach immer aufwendigeren Staatskarossen. Und die Katastrophendienstleute brauchten ja auch Autos. Und für sie brauchte man ebenfalls, damit sie überhaupt einsatzfähig wurden, wieder soziale Strukturproblem-Helfer. So mussten von allen Männern und Frauen des Landes immer mehr in den Katastrophendienst. Und da die Katastrophen immer ungerechter verteilt waren, beschäftigte die Königin, um Abhilfe zu schaffen, immer mehr Leute in ihrer Gerechtigkeitsabteilung. Die war auch zuständig für das königliche Straßenbegradigungsprogramm.
Und um die Gerechtigkeit der königlichen Gerechtigkeitsabteilung überall im Lande auch durchzusetzen, stellte die Königin immer mehr Leute in ihre Sozialgerechtigkeits-Kontrollabteilung ein. Und immer weniger Untertanen blieben für wirklich nützliche Zwecke übrig. Und weil deshalb die Abgaben der Untertanen, mit denen die Königin ihren kontrollierenden Hofstaat finanzierte, immer mehr schrumpften, erhöhte die Königin die Strafgelder auf die wenigen Autos, deren Servolenkung noch halbwegs funktionierte. Starke Servos könnten schließlich mehr schultern als schwache. Aber immer mehr von den Starken verließen, entgegen der königlichen Order, das Land und fuhren lieber elegant und reibungslos im Nachbarland um die Kurven und mehrten dort den Wohlstand. Über all dem kam es dann, dass der Königin Land ärmer und ärmer wurde. Und über diese steigende Armut im Lande berichteten täglich sogar die Kommissionen der von der Königin eingesetzten hochhonorablen Gutachter.
Eines Tages kam der berühmte Prinz vom Nachbarland. Der sah die Misere auch. Aber er sah vor allem die verrosteten und verklemmten Servolenkungen. So kam er auf eine Idee. Und da die Königin sich auch außerhalb ihres Landes mit allen Herrschern gutstellen wollte, um bei ihren Untertanen international zu glänzen, konnte der Prinz bis zum Palaste vordringen. Und auf die fällige Frage der Königin: „Mein lieber Prinz, kannst du mir helfen, wenn ja, so sei meine hübsche Tochter dein“, hielt der Prinz der Königin Angela schweigend eine kleine Spraydose vor: Rostentferner, Caramba 2010. Und sagte dann nur: „Nimm dieses! Damit kannst du bewirken, dass die verklemmten Steuermechanismen in den Autos wieder funktionieren. Dann kannst du deine Männer und Frauen wieder nützlichen Arbeiten nachgehen lassen.“
Königin Angela erschrak: War dieser Rostentferner Caramba 2010 nicht das Teufelszeug, das König Gerhards Thron zerstörte? Und da die Königin, anders als sie dem Prinzen versprochen hatte, auch gar keine Tochter besaß, verspottete sie den Prinzen, wies ihn aus dem Palast und verjagte ihn aus dem Land.
Der Prinz aber ließ sich nicht verdrießen. Und da er von einer noch schöneren Tochter des Königs eines anderen sozial-strukturproblem-beladenen Nachbarlandes gehört hatte, versuchte er dort sein Glück. Hier überzeugte des Prinzen Rat den König, denn dieser König war, wie weiland König Ludwig E., mutig und weise. Und so geschah es: Die Steuerungen in den Autos dieses Landes wurden wieder leichtgängig und flexibel wie in den allerbesten Zeiten. Die Wagen nahmen die Kurven und Ecken ohne fremde Hilfe. Und der kluge König ließ immer mehr Caramba 2010 im eigenen Lande produzieren und verkaufte es sogar an andere Könige. Und da er auch an die Zukunft dachte, setzte er Forscher ein, um mit Caramba 2020 und 2050 zukunftsfähige Rostentferner zu entwickeln. So dieh und wuchs der Wohlstand im Lande und die soziale Gerechtigkeit auch. Keiner jammerte mehr über die vielen Kurven auf den Straßen. Hochzeit wurde gefeiert. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute und überleben Königin Angela und alle, die sie preisen.
(Frei nach Wolfgang Stützel)
- Ordnungsruf
Der Bundesfinanzminister ist kein Freund des Steuerwettbewerbs
Er verkennt die Realität - 22. Januar 2020 - Ordnungsruf
Warum gibt es keinen Ökonomen im Deutschen Ethikrat? - 13. Oktober 2019 - Bitte kein Zentralabitur in Deutschland! 10 Thesen - 26. Juli 2019
Herrlich!
Nachtrag: Es muss sich wirklich um ein Märchen handeln. In Deutschland gibt es ja gar keine Könige und die Namen sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit ….