In einer im Juni 1995 veröffentlichten Entscheidung stellte das Bundesverfassungsgericht fest, daß die damalige Ausgestaltung der Vermögensteuer verfassungswidrig war. Das Gericht formulierte eine Reihe von Auflagen, die eine verfassungskonforme Vermögensteuer erfüllen müßte. Es setzte dem Gesetzgeber außerdem eine Frist, innerhalb derer er die gesetzlichen Grundlagen der Steuer entsprechend hätte reformieren müssen. Der Gesetzgeber tat dies nicht, und so ist die Erhebung der Vermögensteuer in Deutschland seit 1997 ausgesetzt. In Wahlkämpfen dreht dieser Steuerzombie allerdings regelmäßig eine Runde durch Talkshows und Parteiprogramme, auch auf Gewerkschaftstagen schaut er gerne immer wieder einmal vorbei. Die Vermögensteuer ist längst zum Symbol geworden. Es wird immer wieder suggeriert, sie sei ein geeignetes Instrument, um eine angeblich problematische Ungleichheit der Vermögensverteilung in Deutschland zu korrigieren. Ist dies wirklich der Fall?
Das Gerechtigkeitsargument
Zunächst ist es fraglich, ob eine Verteilung von Vermögen aufgrund ihrer Ungleichheit als ungerecht bezeichnet werden kann. Ungleiche Einkommen und damit auch ungleiche Vermögen resultieren in Marktwirtschaften aus den freien Entscheidungen heterogener Individuen. Diese haben unterschiedliche Fähigkeiten, auch unterschiedliche Risikopräferenzen, sie treffen auf verschiedenen Märkten auf heterogene Zahlungsbereitschaften. Hinter einem großen Vermögen können Fleiß, Beharrlichkeit und temporärer Konsumverzicht stehen, oder das unverschämte Glück, zufällig einen Klingelton komponiert zu haben, den Millionen Menschen auf ihrem Mobiltelefon haben wollen. Hinter völliger Vermögenslosigkeit können Faulheit und Einfallslosigkeit ebenso stecken, wie Pech und heroisches Scheitern. Die (Un-)Gerechtigkeit von Vermögensungleichheit scheint sich also nur im Einzelfall erweisen zu können. Nicht umsonst führen die Befürworter einer Vermögensteuer gerne das Beispiel von Investmentbankern an, die nach der Rettung ihrer Bank durch den Staat noch Millionenboni einstreichen und damit auch gestandenen Marktwirtschaftern die Zornesröte ins Gesicht treiben. Der Fiskus kann allerdings selbstverständlich nicht zielgenau nur die scheinbar unverdienten Vermögen abschöpfen, um diese dann ausschließlich an scheinbar unverdient Vermögenslose umzuverteilen. Moralische Einzelfallprüfungen sind im Steuerrecht aus guten Gründen nicht vorgesehen.
Die Freiheit des Einzelnen, von der jeder unterschiedlichen Gebrauch macht, generiert ganz automatisch Ungleichheit von Einkommen und Vermögen. Eine gesamtgesellschaftliche Ungleichheitsaversion als Orientierungspunkt des Steuerrechts wäre eine Gefahr für die Freiheit. Wie so oft ist es sinnvoll, Gerechtigkeit prozedual zu verstehen: Solange die Regeln, unter denen Vermögen gebildet wurden, fair sind, kann das Ergebnis nicht unfair sein, auch wenn es durch noch so viel Ungleichheit charakterisiert ist. In einem demokratischen Rechtsstaat sollte dies wohl bedeuten, daß Vermögensungleichheit kein Gerechtigkeitsproblem beinhaltet, solange die Vermögen legal erworben wurden. Die Vorstellung, daß die Primärverteilung von Einkommen und Vermögen unfair sei und daß es eine spezifische, sozial gerechte Sekundärverteilung gebe, die der umverteilende Staat herstellen müsse, erscheint aus einer solchen prozedualen Perspektive als völlig absurd und unbegründbar. Man kann über die Fairness konkreter Ordnungsrahmen der Wirtschaft diskutieren, aber nicht über die Fairness konkreter Verteilungen.
Dann bliebe vielleicht noch das Leistungsfähigkeitsprinzip als altes, steuertheoretisches Kriterium. Sicherlich ist mit einem höheren Vermögen eine größere individuelle Leistungsfähigkeit verbunden, so daß derjenige, der über ein größeres Vermögen verfügt, relativ mehr zur Finanzierung der Staatsausgaben beitragen sollte? Durchaus, aber das Vermögen generiert Erträge, diese werden der Einkommensteuer unterworfen – und dem Leistungsfähigkeitsprinzip ist genüge getan. Ein Beispiel: Jemand wird mit 25 Jahren auf Lebenszeit verbeamtet, verfügt aber über kein Vermögen im üblichen Sinne. Der Gegenwartswert seiner zukünftigen, sicheren Gehalts- und Pensionszahlungen entspricht in diesem Fall schnell einem beachtlichen Lottogewinn, also einem erheblichen Vermögen. Sollte der junge Beamte dann, dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechend, nicht fairerweise ebenso eine Vermögensteuer zahlen wie jemand, der den Gegenwartswert der zukünftigen Einnahmen unseres Beamten bereits auf dem Festgeldkonto hat?
Die Vermögensteuer in Deutschland
Schon ganz allgemein bringen uns die Gerechtigkeitsargumente für eine Vermögensteuer also nicht weiter. Wenn man die besondere Situation in Deutschland betrachtet, dann fällt auf, daß hier eine Wiedereinführung der Vermögensteuer sogar noch schwieriger zu begründen ist. Dies liegt vor allem daran, daß, wie das Bundesverfassungsgericht 1995 festgestellt hat, das Grundgesetz den Spielraum für eine Vermögensteuer in der Praxis stark einengt. In der politischen Diskussion wird oft nur die Forderung nach einer einheitlichen Bewertung aller Vermögenswerte erwähnt. Es darf auf der Bewertungsebene keine Diskriminierung zwischen Vermögensarten geben. Die Verfassungsrichter fordern, möglichst alle Vermögensarten zum Ertragswert anzusetzen. Die Ermittlung und Überprüfung solcher Werte kann bürokratisch sehr aufwändig sein, die Erhebungskosten der Vermögensteuer wären also sehr hoch. Einige Schätzungen erwarten gar, daß Erhebungskosten in Höhe eines Drittels des Steueraufkommens einer wiederaufgelegten Vermögensteuer anfallen würden.
Dies ist auch den Befürwortern der Vermögensteuer bekannt, aber sie nehmen es hin. Sie argumentieren regelmäßig, daß man nur eine einheitliche Bewertung aller Vermögensarten gewährleisten müsse und damit bereits eine verfassungskonforme Vermögensteuer erheben könne. Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht aber weitere Hürden aufgestellt. Zu nennen ist vor allem der sogenannte Halbteilungsgrundsatz, der im Urteil von 1995 erstmals formuliert wurde: Die Steuerlast auf Vermögenserträge, die aus der Vermögensteuer und anderen Steuern resultiert, darf demnach 50 v.H. nicht übersteigen. Andernfalls wäre die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verletzt. Zwar wurde in einem späteren Entscheid zur Gewerbesteuer aus dem Jahr 2006 der Halbteilungsgrundsatz relativiert. Für die Vermögensteuer folgt aber dennoch jedenfalls, daß die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes einen steuerlichen Zugriff auf die Vermögenssubstanz ausschließt. Eine Vermögensteuer ist nur verfassungskonform als Sollertragsteuer, die so konstruiert ist, daß sie bei normalen Vermögenserträgen aus diesen Erträgen bestritten werden kann.
Wie schon bei geringen Steuersätzen einer Vermögensteuer gegen diese Bedingung verstoßen wird, rechnet Hans Peter Grüner in seinem Handelsblatt-Blog vor. Er bezieht sich dort auf den Vorschlag der Partei Die Linke, die eine Vermögensteuer für Vermögensmillionäre mit einem Satz von 5 v.H. fordert:
Wenn wir einmal grosszügig für ein Aktienportfolio von einer nominalen Rendite vor Steuern von 7 Prozent ausgehen, so blieben nach 2 Prozent Inflation und 25 Prozent Quellensteuer noch 3,75 % Rendite übrig. Ziehen wir die 5 % Millionärssteuer ab, verliert der Millionär pro Jahr etwa 1,25 Prozent seines Vermögens. Nach 15 Jahren blieben ihm etwa 80 Prozent seines anfänglichen realen Vermögens. Die Rechnung verändert sich, wenn zusätzlich die Quellensteuer erhöht wird, oder wenn der Anleger zum Beispiel Staatsanleihen mit einer niedrigeren Verzinsung von real unter 2 % erwirbt. Er kann dann in 10 Jahren 30 Prozent seines realen Vermögens verlieren, bei einer ungünstigen Inflationsentwicklung auch mehr.
Im Klartext: Der Vorschlag der Partei Die Linke zur Wiedereinführung der Vermögensteuer mag populistisch sein, er ist aber auch verfassungswidrig. Ganz allgemein zeigt sich, daß der Spielraum für eine Vermögensteuer gering ist. Eine verfassungskonforme Steuer könnte nur mit sehr geringen Sätzen arbeiten, würde auch nur ein geringes Aufkommen generieren, aber gleichzeitig – wie oben gesehen – durch die Bewertungsproblematik sehr hohe, fixe Erhebungskosten verursachen.
Integration von Vermögens- und Einkommensbesteuerung?
Ein weiterer, pragmatischer Vorschlag sieht schließlich vor, daß die Vermögensteuerlast von der zu zahlenden Einkommensteuer abgezogen werden kann, sofern die Einkommensteuerlast höher ist. Damit würde offensichtlich die Gefahr von Verstößen gegen den grundgesetzlichen Einkommensschutz entschärft. Eine solche Variante wäre gleichzeitig sinnvoll als zweite Verteidigungslinie gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung in der Einkommensteuer, vorausgesetzt daß alle Vermögenspositionen eines Steuerpflichtigen dem Fiskus bekannt sind. Selbst wenn es diesem Steuerpflichtigen gelänge, Einkommen aus seinem Vermögen (illegal) vor dem Fiskus zu verheimlichen oder (legal) in steuerbegünstigten Formen zu erhalten, würde der Fiskus zumindest noch Einnahmen in Höhe der als Sollertragsteuer gestalteten Vermögensteuer erhalten.
So sinnvoll dies auf den ersten Blick erscheint: Man muß bedenken, daß auch hier ein Preis in Form von exorbitant hohen Erhebungskosten der Vermögensteuer zu zahlen ist, während das zusätzlich zu erzielende Steueraufkommen wiederum eher gering bleibt. Mit der Abgeltungsteuer ist die illegale Verheimlichung von Vermögenserträgen ohnehin einerseits weniger lohnend, andererseits schwieriger geworden. Von dieser Situation ausgehend, ist der fiskalische Zusatznutzen dieser Variante der Vermögensbesteuerung daher ebenfalls äußerst fraglich.
Fazit: Begrabt die Vermögensteuer!
Wer nicht gegen das Grundgesetz verstoßen will, würde an einer revitalisierten Vermögensteuer fiskalisch wenig Freude haben. Das Steueraufkommen wäre gering, die Kosten wären hingegen enorm. Sie bestünden nicht nur in den angesprochenen Erhebungskosten, sondern, noch viel wichtiger, auch in echten ökonomischen Zusatzlasten. Vor einigen Wochen geisterte, angeführt von der Financial Times Deutschland, die Meldung durch die Presse, das DIW befürworte nachdrücklich die Wiedereinführung einer persönlichen Vermögensteuer in Deutschland. Wer den entsprechenden Bericht des DIW liest, wird feststellen, daß der verantwortliche FTD-Redakteur nicht seinen besten Tag hatte. Immerhin wird Stefan Bach, der Autor der Studie, im DIW-Wochenbericht mit folgendem Statement zitiert: Eine Wiedereinfuhrung der persönlichen Vermögensteuer auf das gesamte Vermögen oder eine Vermögensabgabe sehe ich skeptisch. Wenn man das will, dann sollte man eher die Kapitalertragsteuersätze und die Gewinnsteuersätze wieder etwas anheben. Doch auch hier muss man sich der Diskussion stellen, ob das im internationalen Wettbewerb uberhaupt sinnvoll ist. Und genau das ist das Problem: Eine Vermögensteuer kann erhebliche Verzerrungen verursachen.
Nochmal in den Worten des DIW-Wochenberichts: Eine laufende Vermögensbesteuerung von einem Prozent auf die tatsächlichen Marktwerte bedeutet bei einer Rendite von drei Prozent eine zusätzliche Ertragsteuerbelastung von 33 Prozent. Entsprechend entwertet sie den Vermögenswert längerfristig um ein Drittel. Die Wirkung von Verzerrungen durch die Bewertungsverfahren, durch die unzulängliche Erfassung von Vermögensobjekten und durch Steuervergunstigungen wird sich dadurch deutlich verschärfen. Auch sind dämpfende Wirkungen auf Kapitalbildung und Investitionen im Inland möglich,...
Es ist völlig rätselhaft, wie man dies bei der FTD als nachdrückliche Empfehlung zur Wiedereinführung der Vermögensteuer lesen konnte. Selbst wenn man der Meinung ist, daß eine stärkere Umverteilung über öffentliche Budgets notwendig ist, wird man nach all diesen Überlegungen kaum der Auffassung sein können, daß eine neu aufgelegte Vermögensteuer in Deutschland ein hierfür geeignetes Instrument wäre.
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Interessanter Beitrag,
„Solange die Regeln, unter denen Vermögen gebildet wurden, fair sind, kann das Ergebnis nicht unfair sein“
Das scheint mir ein Kernpunkt zu sein. Ich wüsste nicht wie man es besser definieren könnte.
In diesem Beitrag wird mal wieder das wichtigste Vergessen. Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer müssen als Einheit begriffen werden die ein Ziel verfolgen: Die verhinderung eines Vermögensadels. Gibt es weder Vermögenssteuer noch Erbschaftssteuer ist es unvermeidlich, dass sich Vermögen auf wenige Personen über die Generationen hinweg immer stärker kummuliert. Also muss aus liberalser Sicht diesem Entgegengesteuert werden.
Hier ist natürlich zuerst die Erbschaftssteuer gefragt. Aus liberaler Sicht ist es sinnvoll, dass der Staat den Erben die Hälfte des Erbes abnimmt. Ist dies politisch nicht gewollt um z.B. Familienbetrieben nicht zu sehr zu schaden, muss eben die Vermögenssteuer ran. Die Vermögenssteuer soll dann die Funktion erfüllen, die die Erbschaftssteuer nicht erfüllen kann: Sie soll einen Geldadel verhindern. Die Nachteile der Vermögenssteuer wurden oben aufgezeichnet, aber wenn die Erbschaftssteuer versagt (und das tut sie in Deutschland) muss eben die Vermögenssteuer regulierent eingreifen.
Ein Volkswirtschaftlicher Vorteil wird in der Diskussion über die Vermögenssteuer völlig vergessen: Eine milde Vermögenssteuer, sagen wir 1% auf das Bruttovermögen, zwingt den Eigentümer sein Vermögen gewinnbringend anzulegen. Ohne Vermögenssteuer kann der Eigentümer sich zurücklehnen und auf risikolose Investments zurückgreifen die volkswirtschaftlich nicht immer gewünscht sind. Mit Vermögenssteuer muss er jedoch intensiver Investieren um sein Vermögen nicht über die Jahre zu verlieren.
Daher kann eine sinnvoll gestaltete Vermögenssteuer volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen haben.
Lieber Herr Schnellenbach,
auch von meiner Seite noch einige Anmerkungen zu dem Beitrag:
1.) Zur Rechnung von Herrn Grüner:
Redlicherweise müsste man bei einer Rendite vor Steuern zur Verdeutlichung der tatsächlichen Steuerlast auf die Rendite auch vor Unternehmenssteuern abstellen. Somit müsste dann m.E. gelten:
Gewinn v. Steuern
./. Gewerbesteuer
./. Körperschaftsteuer (+ Soli)
= Gewinn nach Unternehmenssteuern
./. Abgeltungssteuer (+ Soli; + evtl. KiSt)
= Gewinn nach Steuern
Ich denke, dass eine Rendite vor allen Steuern i.H.v. 7% als realistisch betrachtet werden kann.
Somit gilt für eine Anlage von 100 Euro:
Ertrag vor Steuern: 7 Euro
Ertrag nach Steuern: 7(1-0.17)(1-(.25*1.055))(1-(.25*1.055)) = 3.15
Vermögen nominal nach einem Jahr: 103.15
Vermögen Real nach einem Jahr (bei 2% Inflation)r: 103.15/1.02=101.13
Vermögenssteuer 5%: .05*103.15 = 5.1575
Vermögensteuer real: 5.1575/1.02= 5.07
Reales Vermögen nach Steuern nach einem Jahr: 101.13-5.07 =96.06
Vermögen nach 15 Jahren: .96^15*100 = 54.2 %
Nach dieser Rechnung hat sich das reale Vermögen nach 15 Jahren in etwa halbiert.
2.) Was ich persönlich jedoch als zweifelhafter Ansehe: wen trifft diese ominöse Vermögenssteuer? Der neo-liberale hartherzige Manager wird sein Vermögen auf einen Karren packen und sich aus Deutschland verabschieden. Es wird also eher den Mittelständler treffen, dessen Unternehmen durchaus ein paar Millionen wert sein kann. (Zumindest nach dem Ertragswertverfahren. Verkaufen kann er den Laden wahrscheinlich nur mit einem hohen Abschlag.)
3.) Die Sache mit dem Vermögen:
Sie haben in Ihrem Beamtenbeispiel ja zurecht angesprochen, dass die Definition des Vermögens problematisch ist. Ich würde diese Aussage verallgemeinern:
Humankapital. Dieses kann wohl kaum besteuert werden und dann stellt sich die einfache Frage: wie kann die einheitliche Bewertung und Besteuerung von Vermögenswerten gewährleistet werden?
zum Kommentar von Herrn Brunner:
Sie haben natürlich Recht: Wenn man die steuerlichen Belastungen noch realitätsnäher im Detail berücksichtigt, dann wird der Verlust an Vermögenssubstanz noch schneller vorangehen, als in dem zitierten Beispiel. Und auch bei den anderen beiden Argumenten würde ich zustimmen. Der springende Punkt ist glaube ich einfach, daß auch jemand, der eigentlich eine Vermögensteuer unter Umverteilungsaspekten befürworten würde, hier sehen muß, daß das Grundgesetz keinen Spielraum für eine solche Vermögensumverteilung im größeren Stil läßt. Man sollte das Thema daher einfach ein für alle mal begraben.
zum Kommentar von Herrn Hölzlein:
Es gibt eigentlich viel einfachere Mechanismen gegen die von Ihnen befürchtete Konzentration: erstens die Tatsache, daß große Vermögen meistens mehr als einen Erben haben, insofern also schonmal verwässert werden. Und zweitens den Buddenbrooks-Effekt, also die schlichte und empirisch ganz gut belegte Tatsache, daß häufig die späteren Generationen Schwierigkeiten haben, den Reichtum zu erhalten, den sie geerbt haben.
Aber ganz abgesehen davon, habe ich eine Frage: Werden Sie eigentlich persönlich in Ihren Möglichkeiten eingeschränkt, weil es vermögende Menschen gibt?
Der einzige Sinn, Bürger zu besteuern ist, dass die politischen Parteien sich dadurch eine Mehrheit erkaufen können. Das Problem ist nur: wenn kein Kapitalstock mehr vorhanden ist, der besteuert werden kann, dann bricht alles zusammen, denn dann wird nur noch Papier hin und her geschoben. Kommt einem das nicht irgendwoher bekannt vor ?
Ich kann mich Herrn Schnellenbach nur anschliessen; es ist sehr schwer Kapital ( Kapital im Sinne von Produktionsmitteln … ) zu erhalten, erst recht dann, wenn das gesamte Gebilde in dem man sich bewegt ständig ( zu Gunsten der politischen Mehrheit ) manipuliert wird.
Ich frage mich sowieso, wieso es noch eine Partei wie die Linkspartei gibt ?! Wir sind doch schon längst im Sozialismus-Kommunismus Sumpf gefangen. Letztens bin ich über eine Sendung bei N-TV gestoßen in der 2 Menschen miteinander über die heutige Situation diskutierten. Interessanterweise war eine der Beiden von der Linkspartei, die ironischerweise den Bailout von AIG kritisierte… da frage ich mich ob diese Menschen überhaupt die Welt einigermaßen begreifen und sehen, dass die Kapitalismuskritik, die Sie ständig äussern eigentlich eine Kapitalsozialismus Kritik ist. Ein grinsendes Kopfschütteln konnte ich mir allerdings bei all diesen Blödeleien nicht verkneifen.
@Jan Schnellenbach:
Ja, ich werde in meinen Möglichkeiten eingeschränkt, weil es Vermögende gibt. Das liegt in der Natur von Eigentumsrechten. Diese bestehen gerade darin, dass sie dem Eigentümer das Recht einräumen, über die Nutzung einer Sache zu bestimmen, mithin andere von dieser Nutzung auszuschließen. Besonders transparent ist dies im Fall von Eigentum an Grund und Boden – es ist aber auch grundsätzlich richtig.
Man muß nicht auf Mann zurückgreifen.
Glaubt irgendjemand hier ernsthaft, daß es einer Paris Hilton und eventuell ihren Kindern gelingen wird, das Hiltonvermögen zusammenzuhalten oder gar zu mehren?
In der Praxis: Wie will man denn Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer so synchronisieren?
Und drittens: Will man wirklich volkswirtschaftlich die Anreize verstärken, Kapital, oft die Kriegskasse hinter Betrieben, in höherriskante Investments zu verwetten?
Reicht denn die Gelddruckpolitik nicht aus? Müssen denn unbedingt noch größere Blasen in noch höherer Frequenz platzen?
Wo genau soll da der volkswirtschaftliche Sinn eigentlich liegen?
Verteilt Vermögen um, nicht Einkommen!
VON HANS-PETER GRÜNER (Frankfurter Rundschau)
… Zu den herausragenden Figuren der Debatte um die deutsche Soziale Marktwirtschaft gehört der Heidelberger Professor Alexander Rüstow. Er war sich der Tatsache bewusst, dass der Preismechanismus durch einen starken Staat vor Selbstzerstörung geschützt werden muss. …
Alexander Rüstows Variante der Sozialen Marktwirtschaft ist originell. Denn er sieht verteilungspolitische Eingriffe vor allem als Eingriffe, die Startgerechtigkeit herbeiführen sollen und nicht als solche, die permanent und in jeder Lebenslage umverteilen müssen. „Gleichheit am Anfang – als Startgleichheit – kann man im Namen der Gerechtigkeit fordern, Gleichheit am Ende nur im Namen des Neides.“
Rüstow sah die beachtliche Ungleichheit der Vermögen als unerwünschtes Relikt einer feudalen Ordnung an. Denn eine ungleiche Vermögensverteilung, kombiniert mit einer marktwirtschaftlichen Ordnung, schafft unakzeptable Ergebnisse. Die Umverteilung von Vermögen, insbesondere durch eine hohe Erbschaftssteuer betrachtet er als Schlüssel der sozialen Korrektur. …
Blog-Beitrag von H.-P. Grüner (Uni Mannheim)
„Die Diskussion zur Erbschaftsteuer wird zu einseitig im Hinblick auf denkbare Probleme beim Unternehmensübergang geführt. Die Frage nach der makroökonomischen Rolle der Vermögensverteilung in einer Volkswirtschaft bleibt außen vor.
(…) Oded Galor und Joseph Zeira [untersuchen], ob es in einer Volkswirtschaft zu persistenter Ungleichheit kommen kann, in dem Sinne dass Kinder aus armen Familien arm bleiben und Kinder aus reichen Familien reich werden. In ihrem Modell haben Familien die Möglichkeit, Geld in die Ausbildung ihrer Kinder zu investieren. Banken, die Ausbildungskredite zur Verfügung stellen gibt es zwar, allerdings verleihen sie wegen eines Moral Hazard Problems Geld zu einem Zins, der über dem Einlagezins der Bank liegt.
Diese Zinsdifferenz hat erhebliche Konsequenzen: Kinder aus armen Familien finden die Ausbildungsinvestition relativ unvorteilhaft, weil sie mit einer erheblichen Rückzahlung auf den recht hohen Kredit verbunden ist. Kinder aus reichen Familien können sich hingegen die Ausbildung ohne Umweg über die Bank leisten.
Das führt im Modell von Galor und Zeira zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft (…)
(…) Da die Produktivität ausgebildeter Arbeiter oder Angestellter höher liegt und sich die Kosten der Ausbildung amortisieren, findet sich diese ungleiche Volkswirtschaft in einem ineffizienten Zustand mit einem zu niedrigem Sozialprodukt.
Die Besteuerung großer Erbschaften würde im Modell von Galor und Zeira helfen, die Ineffizienz zu beseitigen, sofern die Erträge zu einer finanziellen Entlastung unterer Einkommensgruppen oder zur Subventionierung von Bildung genutzt würden. (…)“
http://hpg.blogg.de/eintrag.php?id=43
Entschuldigen Sie die späte Antwort, aber bekanntlich ist es nie zu spät, alte Kommentare zu lesen.
Nein ich persönlich werde natürlich nicht eingeschränkt, das ist hier auch gar nicht die Frage.
Das es mehrere Erben gibt, ist vor allem in unseren heutigen Zeit gar nicht mehr gewiss. Praktisch sind Stiftungen die das Problem ganz und gar umgehen (Lidl). Soll ja auch Leute geben die fürs Erben ins Ausland gehen, das kann hier aber auch nicht die Frage sein.
Und das spätere Generationen das Geld verjubeln mag ja empirisch bewiesen sein, aber warum sollte man das dem Zufall, bzw. den späterenn Generationen überlassen? Warum nicht dem Staate zugute kommen lassen. Wobei ich zugebe der natürlich auch nicht immer ein glückliches Händchen mit viel Geld hat.
Die damalige Entscheidung des Verfassungsgerichts zur Vermögensteuer war m.E. politisch geprägt.Das Grundvermögen läßt sich nie so genau wie das Geldvermögen bewerten. Bei der Erbschaftssteuer entspricht die Bewertung des Grundvermögens auch nicht den Vorgaben des Verfassungsgerichts.In ländlichen Gebieten werden für Grundvermögen Werte angesetz die beim späteren Verkauf nicht zu erziehlen sind.
Richtig ist aber, daß die derzeit enorme Umverteilung des Vermögens einen Ausgleich fordert.