Seit Januar 2015 ist der allgemeine Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro politische Realität in Deutschland. Während hierzulande über die möglichen Beschäftigungseffekte des neuen Mindestlohns diskutiert wird und die verschiedenen Lohnsubventionsformen unabhängig voneinander evaluiert werden, befinden sich die Ökonomen auf der anderen Seite des Atlantiks bereits in Runde zwei der Mindestlohnkontroverse. Institute wie das Center on Budget and Policy Priorities sprechen sich für eine weitere Erhöhung des US-amerikanischen Mindestlohns aus, um die Effektivität des Earned Income Tax Credit (EITC) zu stärken. Diese kontraintuitive These gründet darauf, dass Lohnsubventionen wie der EITC positive Arbeitsanreize bei den Förderberechtigten setzt, indem diese bereit sind zu geringeren Marktlöhnen eine Beschäftigung aufzunehmen. Die Einführung eines bindenden Mindestlohns oder dessen Erhöhung kann diesen Effekt besonders für diejenigen Förderberechtigten stärken, die trotz Lohnsubventionen einen höheren Anspruchslohn aufweisen. Scheinbar liegt zwischen den beiden arbeitsmarktpolitischen Instrumenten eine verstärkende Beziehung vor. Lediglich das Augenmerk auf das Arbeitsangebot zu richten, greift jedoch zu kurz. Erstens wird außer Acht gelassen, wie eine solche Politikkombination die Arbeitsnachfrage beeinflusst. Zweitens wird der Beschäftigungseffekt auf Nicht-Förderberechtigte ausgespart. Mit Blick auf den neuen deutschen Mindestlohn, ist die US-amerikanische Debatte auch für Deutschland von Interesse. Durch die Mini- und Midijobs sowie die Kombilohnkomponente des ALG II existiert in Deutschland seit 2005 ein flächendeckendes Kombilohnmodell für Geringverdiener. Die Frage, wie Lohnsubventionen und Mindestlöhne in Bezug auf Beschäftigungschancen von Geringverdienern interagieren und wie diese Interaktionseffekte zwischen einzelnen Arbeitnehmergruppen variieren können, stellt sich seit Anfang 2015 auch hierzulande.
Die Theorie
Die Auswirkungen eines bindenden Mindestlohns und einer arbeitnehmerseitigen Lohnsubvention können innerhalb des Gewinnmaximierungskalküls eines repräsentativen Unternehmens näher untersucht werden. Hierzu werden vier verschiedene Arbeitnehmertypen in die Analyse integriert, um Substitutions- bzw. Komplementärbeziehungen zwischen diesen genauer zu bestimmten. Die Arbeitnehmertypen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Förderberechtigung und ihrem Grad an Berufserfahrung:
- Nicht subventionsberechtigte Berufsunerfahrene
- Subventionsberechtigte Berufsunerfahrene
- Nicht subventionsberechtigte Berufserfahrene
- Subventionsberechtigte Berufserfahrene
Bei allen vier Arbeitnehmertypen handelt es sich grundsätzlich um Geringqualifizierte bzw. Geringverdiener, die sich lediglich an der Länge ihrer Berufserfahrung und ihrer Förderberechtigung für eine Lohnsubvention unterscheiden. Der gemeinsame Effekt eines Mindestlohns und einer Lohnsubvention hängt von den Kreuzlohnelastizitäten zwischen zwei Arbeitnehmertypen ab, wobei sich die berufsunerfahrenen und berufserfahrenen Arbeitnehmer jeweils in der gleichen „Arbeitnehmergruppe“ befinden.
Ohne Mindestlohn und Lohnsubventionen werden auf dem Arbeitsmarkt Marktlöhne entsprechend der Produktivität der beiden Arbeitnehmergruppen realisiert. Berufserfahrene erzielen höhere Löhne als Berufsunerfahrene. Nun wird ein Mindestlohn eingeführt bzw. ausgeweitet, so dass dieser lediglich für die Berufsunerfahrenen bindend ist. Anschließend erfolgt die Einführung bzw. Ausweitung einer arbeitnehmerseitigen Lohnsubvention. Die Interaktionseffekte der beiden Politikinstrumente variieren zwischen den einzelnen Arbeitnehmertypen.
Eine Lohnförderung senkt grundsätzlich durch eine Rechtsverschiebung des jeweiligen Arbeitsangebots den Marktlohn. Da die Berufsunerfahrenen bereits zum Mindestlohn beschäftigt werden, hat die Lohnsubvention keinen Effekt auf den Marktlohn der förderberechtigten Berufsunerfahrenen. Für subventionierte Berufserfahrene hingegen senkt die Lohnförderung den Marktlohn. Die maximale Untergrenze dieser Lohnsenkung bildet auch hier die neue Mindestlohnhöhe. Durch die Politikkombination wird demnach der Lohnabstand zwischen den Berufsunerfahrenen und den Berufserfahrenen verkleinert. Das Lohnverhältnis zwischen den beiden Arbeitnehmergruppen verbessert sich Gunsten der Berufserfahrenen, welche nun vermehrt berufsunerfahrene Arbeitnehmer substituieren. Die Beschäftigungsmengen der Berufsunerfahrenen sinken.
Zwischen den subventionierten und den nicht subventionierten Berufserfahrenen wird der Lohnabstand jedoch ausgeweitet. Ob auch die berufserfahrenen, nicht subventionierten Arbeitnehmer ihre Beschäftigung ausweiten können, hängt gänzlich davon ab, ob ihre Kreuzlohnelastizität negativ ist. In diesem Fall wären die beiden Arbeitnehmertypen der Berufserfahrenen Nettokomplemente. Liegt dieser Umstand vor, können sie ihre Beschäftigung im Vergleich zum Ausgangszustand erhöhen. Bis hierhin sind die Berufserfahrenen, insbesondere die subventionierten Berufserfahrenen, Profiteure der Politikkombination. Zu den Verlierern aus einer Kombination von Mindestlöhnen und Lohnsubventionen gehören die Berufsunerfahrenen. Wird der Mindestlohn jedoch weiter angehoben, so dass er den Marktlohn der förderberechtigten Berufserfahrenen übersteigt, erfahren auch diese Beschäftigungsverluste. Der negative Mindestlohneffekt hebt dann den positiven Lohnsubventionseffekt vollkommen auf.
Die Empirie
Interaktionseffekte in den USA
In den USA koexistieren bereits seit über 40 Jahren arbeitnehmerseitige Lohnsubventionen und Mindestlöhne. Mit Hilfe des Current Population Surveys können die theoretischen Substitutionseffekte einer empirischen Überprüfung unterzogen werden (Abbildung 1). Hierzu werden bindende Mindestlöhne für die US-amerikanischen Bundesstaaten mit Beschäftigungsquoten verschiedener Arbeitnehmertypen in Verbindung gesetzt. Im Sinne der Theorie handelt es sich bei den High School Absolventen um „berufserfahrene“ Arbeitnehmer und High School Abbrecher stellen die Berufsunerfahrenen dar. In beiden Arbeitnehmergruppen befinden sich Personen, die eine Lohnsubvention in Form des EITC erhalten bzw. nicht erhalten.
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Die Beschäftigungsquoten der einzelnen Arbeitnehmertypen sind unterschiedlich mit der Mindestlohnhöhe korreliert. So weisen Bundesstaaten mit einem hohen Mindestlohn im Durchschnitt geringere Beschäftigungsquoten an nicht subventionierten High School Abbrechern auf. Auf die Beschäftigung an förderberechtigten High School Abbrechern hat der Mindestlohn jedoch keinen Einfluss. Ersteres bestätigt die theoretischen Überlegungen. Die Beschäftigung an nicht förderberechtigten Berufsunerfahrenen nimmt durch eine Kombination von Lohnsubventionen und höheren Mindestlöhnen ab. Letzteres kann jedoch nicht aus dem theoretischen Modell heraus erklärt werden. Dort bedingt der Mindestlohn eine Reduktion der Beschäftigung dieses Arbeitnehmertyps. Der empirische Tatbestand ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass in den USA in bestimmten Branchen und auch in bestimmten Bundesstaaten unterhalb der gesetzlichen Lohnuntergrenze vergütet werden darf. In diesen Fällen können sich subventionsberechtigte High School Abbrecher gegenüber den nicht förderfähigen High School Abbrechern besser stellen, indem sie ihren Reservationslohn senken und somit zu geringeren Marktlöhnen beschäftigt werden. Dieser Tatbestand wirkt dem negativen Mindestlohneffekt entgegen, so dass insgesamt keine Korrelation zwischen Beschäftigungsquote und Mindestlohnhöhe für diesen Arbeitnehmertyp vorliegt.
Ein negativer Zusammenhang von Beschäftigung und Mindestlohnhöhe zeigt sich auch für High School Absolventen, die keine Lohnsubvention in Form des EITC erhalten. Demnach scheint die Kreuzlohnelastizität zwischen den berufserfahrenen Arbeitnehmern positiv zu sein. Förderberechtigte und nicht förderberechtigte Berufserfahrene sind somit Nettosubstitute auf dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt. Eine nicht-lineare Beziehung zwischen Beschäftigung und Mindestlohnhöhe zeigen High School Absolventen, die eine EITC-Förderung erhalten. Während Bundesstaaten mit geringeren Mindestlöhnen höhere Beschäftigungsquoten aufweisen, kehrt sich dieses Verhältnis für höhere Mindestlöhne um. Die Beschäftigungsquoten der Bundesstaaten zeigen in Abhängigkeit der Mindestlohnhöhe einen buckelförmigen Verlauf. Dieses Ergebnis ist auf die Auswirkungen des relativen Lohnverhältnisses zwischen Berufsunerfahrenen und Berufserfahrenen zurückzuführen. Steigende Mindestlöhne verringern den Lohnabstand zwischen den beiden Arbeitnehmergruppen und begünstigen insbesondere die subventionsberechtigten Berufserfahrenen, da diese niedrigere Reservationslöhne als nicht förderfähige Berufserfahrene aufweisen. Die Unternehmen strukturieren ihre Belegschaft um, indem Berufsunerfahrene durch subventionierte Berufserfahrene substituiert werden. Die Beschäftigungsquote für High School Absolventen, die einen EITC erhalten, ist somit höher. Steigt die Lohnuntergrenze weiter an und überschreitet die Grenzproduktivität der Berufserfahrenen, wird der positive Lohnsubventionseffekt durch den negativen Mindestlohneffekt überkompensiert. Die Beschäftigungsquote an förderberechtigten High School Absolventen ist rückläufig.
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Ein weiteres Indiz für Substitutionseffekte zwischen den verschiedenen Arbeitnehmertypen zeigt die Entwicklung der personellen Zusammensetzung des US-amerikanischen Mindestlohnsektors (Abbildung 2). Während 1992 auf zehn High School Absolventen ohne Förderung lediglich zwei mit Förderung kamen, liegt die Relation am aktuellen Rand bereits bei fast 0,6 und somit dem dreifachen Wert. Im Gegenzug dazu verblieb die Relation zwischen subventionierten und nicht subventionierten High School Abbrechern über die Zeit hinweg relativ konstant. Dies zeigt einen starken Umschwung innerhalb des Mindestlohnsektors zu vermehrt subventionierten High School Absolventen. Insbesondere der starke Anstieg bundesstaatlicher Mindestlöhne im Vergleich zum bundesweiten Mindestlohn begünstigte diese Entwicklung. Seit der Jahrtausendwende stieg die Anzahl an Bundesstaaten, die eine eigene Lohnuntergrenze oberhalb des Bundesweiten aufweisen, von elf auf zwanzig in 2013.
Die Empirie
Interaktionseffekte in Deutschland
Die Einführung des Mindestlohns im Januar 2015, wird auch in Deutschland Interdependenzen zwischen den Lohnsubventionen (Mini-/Midijobs und ALG II) und der allgemeinen Lohnuntergrenze auslösen. Bisher kann lediglich eingeschätzt werden, wie viele Arbeitnehmer von der geplanten Mindestlohneinführung betroffen und insbesondere welche Arbeitnehmergruppen im neuen Mindestlohnsektor stärker vertreten sein werden. Knabe et al. (2014) rechnen damit, dass rund 14 Prozent aller Beschäftigten ab 2015 einen Mindestlohn erhalten werden. In Ostdeutschland liegt dieser Wert sogar knapp über 20 Prozent. Den Großteil der Mindestlohnarbeitnehmer mit einem Anteil von 62 Prozent bilden die Minijobber im Haupterwerb. Auch knapp zwei Drittel der ALG II-Aufstocker fallen unter die neue Gesetzgebung. Subventioniert Beschäftigte sind demnach am häufigsten von der Lohnuntergrenze betroffen. Müller / Steiner (2011) simulierten bereits 2011 die Beschäftigungseffekte eines flächendeckenden Mindestlohns in Höhe von 7,50 Euro. Die Autoren ermitteln, dass bei einer Güterpreiselastizität von Null die Mindestlohneinführung eine Substitution von Minijobbern durch Teilzeitbeschäftigte bewirkt (Tabelle 1).
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Da die Unternehmen weiterhin ihre Produktion absetzen können, setzt eine Umstrukturierung der Belegschaft hin zu mehr Teilzeitbeschäftigung ein. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass jene Arbeitsplätze und / oder Arbeitnehmer eine höhere Produktivität aufweisen als Minijobber und somit ihr relativer Lohn im Zuge der Mindestlohneinführung sinkt. Der Mindestlohn liegt oberhalb des Marktlohns der subventioniert Beschäftigten. Im Gegensatz zu den USA erfolgt somit in Deutschland keine Bevorzugung der Förderberechtigten. Insgesamt beobachtet man trotz kompensierendem Effekt einen Beschäftigungsverlust in Höhe von 57.022 Arbeitnehmern. Geht man nun davon aus, dass die Unternehmen die Lohnsteigerungen aufgrund der Mindestlohneinführung nicht auf die Konsumenten voll abwälzen können (Tabelle 1, 2.Spalte), zeigen alle Arbeitnehmertypen einen Beschäftigungsverlust auf. Der vormalig kompensierende Effekt entfällt, da die Unternehmen einem negativen Güternachfrageschock gegenüberstehen, ihre Produktion senken und demnach Entlassungen vornehmen.
Die Französische Lösung
Eine Möglichkeit die negativen Beschäftigungseffekte des Mindestlohns abzuschwächen, könnte darin liegen Unternehmen mit Mindestlohnarbeitnehmern stärker zu subventionieren, um deren Arbeitskosten zu senken. Jedoch zeigen die Erfahrungen aus Frankreich, dass auch dieses Instrument keine ausreichende Kompensierung aufzeigt. Dort erhalten derzeit Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe von 26 Prozent des Bruttolohns je Mindestlohnarbeitnehmer. Aber auch Löhne oberhalb des Mindestlohns werden bezuschusst, wobei mit steigendem Lohnsatz die Subvention linear abgeschmolzen wird. Erst ab dem 1,6-fachen des Mindestlohns wird kein staatlicher Lohnzuschuss mehr gewährt. Die französische Kombination führt letztlich dazu, dass mit einem steigenden Mindestlohn auch zugleich die Lohnsubvention zunimmt. Bezahlen Unternehmen bereits oberhalb des Mindestlohns und erfolgt daraufhin eine Mindestlohnerhöhung, werden die nominalen Löhne zwar nicht tangiert, aber die Arbeitgeber erhalten nun höhere Lohnsubventionen. Mit einem Beschäftigungsabbau aufgrund von Mindestlohnerhöhungen kann man demnach hauptsächlich bei Arbeitnehmern, die zum alten Mindestlohn oder einem etwas höheren Lohn beschäftigt waren, rechnen.
Kramarz / Philippon (2001) kommen für Frankreich zum Ergebnis, dass die Mindestlohnanpassungen in den 1990er Jahren einen negativen Beschäftigungseffekt aufzeigen. Eine Erhöhung des Mindestlohns um 10 Prozent erhöht im Durchschnitt die Wahrscheinlichkeit für Geringverdiener ihren Arbeitsplatz zu verlieren um 1,5 Prozent. Außerdem weisen die Autoren nach, dass die Unternehmen Arbeitnehmer, die gerade nicht mehr subventioniert werden, durch subventionierte Arbeitnehmer substituieren. Somit lässt sich für Frankreich der gleiche Effekt wie in den USA beobachten. Förderberechtigte werden zu Lasten nicht förderfähigen Arbeitnehmern bevorzugt. Die französische Lösung wurde auch von Müller / Steiner (2011) für Deutschland evaluiert. Ihre Simulationsberechnungen für eine solche Politikkombination zeigen trotz der geringeren Arbeitskosten einen Beschäftigungsverlust in Höhe von knapp über 100.000 Personen auf. Auch in diesem Fall überkompensiert der negative Mindestlohneffekt die positive Wirkung der Lohnsubvention.
Fazit
Lohnsubventionen an Arbeitnehmer erzeugen positive Beschäftigungseffekte, da sie die Reservationslöhne der Arbeitnehmer senken. Bindende Mindestlöhne hingegen führen zu einer Verknappung des Produktionsfaktors Arbeit. Die beiden arbeitsmarktpolitischen Instrumente lösen demnach entgegengesetzte Beschäftigungseffekte aus. Eine höhere Beschäftigungsquote für einen bestimmten Arbeitnehmertyp liegt lediglich dann vor, wenn der negative Mindestlohneffekt den positiven Subventionseffekt nicht aufhebt. Die Kombination der beiden Politikinstrumente löst dann eine Umstrukturierung der Belegschaft zu Gunsten von erfahreneren und subventionierten Arbeitnehmern aus. Verlierer in diesem Prozess sind für die USA insbesondere jüngere und alleinstehende Arbeitnehmer, die wenig Berufserfahrung mitbringen und keinen EITC erhalten.
In Deutschland greift der Mindestlohn sehr stark in die bestehende Lohnverteilung ein und betrifft unter anderem in Ostdeutschland jeden Fünften Beschäftigten. Am stärksten verlieren die aufstockenden Minijobber. Bereits das Arbeitslosengeld II und die Minijobs für sich zeigen keine verbesserten Beschäftigungschancen für geringqualifizierte Arbeitnehmer. Die vorhandenen Lohnsubventionen sind nicht anreizkompatibel und die Einführung eines Mindestlohns wird die Effektivität dieser Instrumente weiter senken. Bei einer negativen Güternachfrageelastizität ist über alle Beschäftigungsverhältnisse hinweg mit Beschäftigungsverlusten zu rechnen. Die größten Verlierer werden hier wiederum die weniger produktiven Aufstocker sein. Neben dem Verlust einer bestehenden Beschäftigung erschwert die einheitliche Lohnuntergrenze zudem den Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt.
Um die bereits heute schlechten Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen zu stärken, bedarf es statt des Mindestlohns einer effizienteren Ausgestaltung der Grundsicherung. Sowohl die geringfügige Beschäftigung als auch das ALG II müssen anreizkompatibel werden. Nicht der Verbleib in Arbeitslosigkeit, sondern der Verbleib in einer Beschäftigung und die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses sollten gefördert und gestärkt werden. Letzteres kann mit Hilfe einer überlegten Ausgestaltung und Konzertation der beiden Subventionsformen erreicht werden. Ein Kombilohnmodell, das die Reservationslöhne der Geringqualifizierten senkt und durch geringere Transferentzugsraten die Aufnahme bzw. die Ausweitung der Beschäftigung stärkt, ist ein weitaus zielführenderes und präziseres Instrument als ein flächendeckender Mindestlohn.
Eine ausführliche Darstellung der Interaktionseffekte ist in der „Zeitschrift für Wirtschaftspolitik“, Ausgabe1/2015, erschienen.
Literatur:
Knabe, A. / Schöb, R. / Thum, M. (2014): „Der flächendeckende Mindestlohn“, in Perspektiven der Wirtschaftspolitik, Vol. 15(2), S. 133-157.
Kramarz, F. / Philippon, T. (2001): „The Impact of Differential Payroll Tax Subsidies on Minimum Wage Employment“, in Journal of Population Economics, Vol. 82(1), S. 115-146
Müller, K.-U. / Steiner, V. (2011): „Beschäftigungswirkungen von Lohnsubventionen und Mindestlöhnen. Zur Reform des Niedriglohnsektors in Deutschland“, in Journal for Labour Market Research, Vol. 44(1/2), S. 181-195.
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