„Laudato Si“˜: Gelobt seist du, Herr!“. Dies ist der Titel einer von Papst Franziskus angeblich im Alleingang verfassten und im Juni 2015 veröffentlichten Enzyklika. Ist dafür auch Franziskus der Erste zu loben? Unbedingt!
Zum ersten Male in der Geschichte der katholischen Kirche spielt das Thema Umwelt- und Klimaschutz eine zentrale Rolle in einem päpstlichen Lehrschreiben, nicht nur eine Nebenrolle. Für eine Institution, für die die Bewahrung der Schöpfung Programm ist, kam das reichlich spät – einmal mehr ein Zeugnis für die verkrusteten Strukturen des Vatikanstaats. Das Erscheinen dieser Enzyklika zeigt die Reformbemühungen Franziskus und ist auch aus anderen Gründen ein wichtiges Ereignis in einem Jahr, in dem im Dezember auf dem Weltklimagipfel in Paris über das Zustandekommen eines globalen Klimaabkommens entschieden werden soll.
So wird in der „Umwelt-Enzyklika“ konstatiert, dass die Umwelt, insbesondere Ozean und Atmosphäre, gemeinschaftliches Eigentum der Menschheit sind. Aus der Kollektivguteigenschaft sollte man jedoch nicht schlussfolgern, dass jeder damit machen kann, was er will. Im Gegenteil: Es wird diesbezüglich an die Gemeinwohlpflichtigkeit des Privateigentums erinnert. Privateigentum ist demnach nur legitim, wenn es mit dem Gemeinwohl vereinbar ist. Dieses Prinzip wendet der Papst nun erstmals auf Atmosphäre und Ozeane an – klarer hat noch kein Papst vorher gesprochen. Damit wird das unbegrenzte Eigentumsrecht an der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas in Frage gestellt. Schließlich entsteht durch deren Verbrennung das Treibhausgas Kohlendioxid, das im Verdacht steht, den Klimawandel mit zu verursachen.
Neben den unbestreitbaren Stärken weist dieses ökologische Manifest allerdings auch gravierende Schwächen auf. Immer wieder verbinden sich der klassisch-katholische Skeptizismus gegenüber Markt und Technik mit den üblichen Verurteilungen des vermeintlichen Fehlverhaltens der Menschen, angefangen vom „unersättlichen Konsumismus“ über „Hedonismus“ bis zur „großen anthropozentrischen Maßlosigkeit“. Eine Hauptschuld wird dem Markt zugewiesen, da dieser dazu neige, „einen unwiderstehlichen Konsum-Mechanismus zu schaffen, um seine Produkte abzusetzen.“ Als Folge „versinken die Menschen schließlich in einem Strudel von unnötigen Anschaffungen und Ausgaben. Der zwanghafte Konsumismus ist das subjektive Spiegelbild des techno-ökonomischen Paradigmas.“ Diesem Paradigma wird vorgeworfen, sich das gesamte „Leben der Menschen und das Funktionieren der Gesellschaft“ zu unterwerfen. Bedauerlicherweise verwirkt Franziskus mit derlei Formulierungen sehr viel von der Autorität der Enzyklika.
Symptomatisch ist folglich auch, dass zur Lösung der durch die Menschen verursachten Umwelt- und Klimaprobleme nicht auf marktwirtschaftliche Instrumente der klassischen Umweltpolitik gesetzt wird, etwa auf eine Kohlendioxidsteuer oder einen Emissionshandel. Als Lösung wird vielmehr eine Einschränkung des Konsums vorgeschlagen: „Niemand verlangt, in die Zeit der Höhlenmenschen zurückzukehren, es ist aber unerlässlich, einen kleineren Gang einzulegen“. Franziskus wird hierzu sehr konkret und rät zur „Vermeidung des Gebrauchs von Plastik und Papier“, zur „Einschränkung des Wasserverbrauchs“, der „Trennung der Abfälle“ und empfiehlt, „nur so viel zu kochen, wie man vernünftigerweise essen kann, die anderen Lebewesen sorgsam zu behandeln, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder ein Fahrzeug mit mehreren Personen zu teilen, Bäume zu pflanzen, unnötige Lampen auszuschalten.“
Der Verzicht auf Konsum bzw. dessen Einschränkung als Lösungsvorschlag ist wenig überraschend für Franziskus, knüpft dieser doch gerne an Franz von Assisis Leitlinien für eine gute Lebensführung an: Ein einfaches Leben nahe der Natur und in Solidarität mit den Armen. Die lange, nicht immer glorreiche Historie der katholischen Kirche beweist jedoch die Untauglichkeit dieses Vorschlags. So hatte die katholische Kirche immer wieder erhebliche Schwierigkeiten, wenn es um Verzicht und Entsagen ging – auch Päpste bildeten da keine Ausnahme.
Hinweis: Den vollständigen Text können Sie in Heft 9 (2015) der WiSt lesen.